AG Rechtsgeschichte
Allgemeines Preußisches Landrecht 1794
A. Einleitung
?? Auftrag zur Durchführung einer Justizreform
?? Konkrete Anweisungen (Grundlagen und Ziele)
?? Adressat Großkanzler v. Carmer (seit 1780)
B. Historisches Umfeld:
I. Phase:
?? Kodifikationsbestrebungen seit 1714, unter Friedrich Wilhelm I (1713- 1740)
?? Problem: Preußen besteht aus vielen kleinen Provinzen, die alle eigene Rechte und Gesetze haben
?? Ziel: Vereinheitlichung des Territorialrechts
?? Kabinettsordre an die Juristische Fakultät Halle
?? Christian Thomasius hat jedoch keine Zeit, die Rechtsvereinheitlichung zu entwerfen
II. Phase
?? unter Friedrich Wilhelm II (der Große)
?? wieder Kabinettsordre
?? diesmal an Samuel von Cocceji
?? Anfänge eines „Corpus Iuris Fridericiani“
?? Dann kommt der 7jährige Krieg dazwischen
?? Danach Tod Coccejis
III. Phase
?? Auftakt bildet der Müller Arnold- Prozeß:
- Karpfenteich des Grafen von Schmettau oberhalb der Mühle bringt Müller Arnold zum Ruin
- Zahlt keine Pacht mehr
- Wird jedoch trotz Unmöglichkeit der Nutzung der Mühle zu Zahlung verklagt
- Auch Kammergericht Potsdam kommt zu selbem Urteil
?? 1779 wird der Prozeß durch einen Machtspruch des Königs beendet ?? der kerkert die Richter ein, gibt Müller Arnold recht ?? Platz des Großkanzlers wird frei
?? Johan Heinrich Kasimir von Carner nimmt 1780 den Platz des Großkanzlers ein
?? Sein Stab: Carl Gottlieb Suarez und Ernst Ferdinand Klein
?? erst soll die Prozessordnung reformiert werden
?? 1780-81: „Corpus Iuris Fridericianum“
?? 1786: Entwurf eines allgemeinen Gesetzbuches für die Preuß. Staaten
(Kommentar Fritz: „es ist aber sehr dicke“)
?? ABER: die Französische Revolution kommt dazwischen (Tod des Königs, Bürgerliches Gesetzbuch plötzlich sehr umstritten)
?? Zudem Tod Friedrichs vorher (1786)
?? Angst vor einer Revolution im eigenen Land
IV.Phase
?? Friedrich Wilhelm II (gest.1797) ist dem Programm gegenüber nicht aufgeschlossen
?? Verschiebt das Lebenswerk Suarez und Kleins
?? Die wehren sich erfolgreich
?? 1790: Fassung in revidierter Form (~ GVG und ZPO)
?? Preisausschreiben „für philosophische Juristen“
?? Suarez prüft 3 Jahre lang die Vorschläge (teilweise bizarrste Vorschläge, z.B. Vielweiberei wieder einzuführen etc.)
?? 1792 ist die Auswertung publizierbar (als allgem. Gesetzblatt der preuss. Staaten)
?? Vermeintlich aufrührerische Worte müssen entfernt werden
?? 05.02.1794: Beschluss
?? 01.06.1794: In Kraft (Umbenennung von AGB zu ALR)
?? 1805: Reform der CriminalO
C. Auslegung des Textes:
Sinn:
?? Rechtsunsicherheiten beseitigen
?? Rechtszersplitterung und Probleme in der Rechtspflege (Justiz) beseitigen
Normen:
1.) Sprache
?? soll für alle verständlich sein = Simplicitas (Klarheit)
?? es existieren zwar deutschsprachige Gesetze (Stadtrechte, Sachsenspiegel, Karolina)
?? Standesrechte und Kapitularien sind auf Latein verfasst ?? Bis ins 13.Jh. überwiegend Latein
?? Später dann Rezension des röm. Rechts (14. + 15. Jh.)
?? Ab Mitte des 18. Jhs. wieder Zurückdrängung der dtsch. Sprache! (mit dem Humanismus)
?? 1643 erhebt Conring bereits die Forderung nach Deutschsprachigkeit der Gesetze „De origine iuris germanici“
2.) Vollständigkeit
?? Simplicitas als Schlichtheit, Einfachheit
?? Eigentlich ist dies eine etablierte Forderung an Gesetze, hier soll das Gesetz aber auch nach Maßgabe der Vernunft erkennbar sein
?? Resultat: ungeheure Fülle von Gesetzen (19.000 §!!)
?? Aber auch Kenntnisnahme und Befolgung der Gesetze eher gewährleistet
?? Zugängigkeit allerdings nur eine theoretische!
Deutlich wird hier auch die Abneigung Friedrichs gegen die Juristen!
?? Unbehagen über die Justizrealität
?? Juristen als negativer Beitrag für das Gemeinwohl der Gesellschaft (negatives Potential)
?? Ideal einer konfliktfreien Gesellschaft (sehr absolutistischer Gedanke = „ich bestimme- keiner gibt Widerworte“
3.) Festigkeit = Auslegungsverbot
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Gegen die Mental-gedachte Interpretation hatte Friedrich besondere Vorbehalte! [heute bei uns: Auslegungskanon: grammatisch, theleologisch, ev. historisch]
Wie leitet sich das Auslegungsverbot ab? Warum?
?? F. traute den Juristen nicht
?? Glaube, jeder Lebensbereich sei regelbar
?? „ICH bin unstreitiger Gesetzgeber“
?? alleinige Auslegungsmacht des Königs
?? DAS Mittel zur Staatslenkung
[nachlesen: HRG (Handbuch der Rechtsgeschichte) Artikel über Souverainität]
FAZIT: Hier liegt das Kodifikationsbild der Aufklärung vor!!!
Teil II
Das Naturrecht
A) Auszug aus „De iurea naturea et gentium“
B) Pflichtenlehre Pufendorfs
1.) Vernunft
2.) Pos. Recht
3.) Religion („göttl. Offenbarung“)
3 Wissenschaften
1.) Naturrecht
2.) Pos. Recht
3.) Moraltheologie
3 Methoden
1.) nach der Vernunft handeln = Vernunfterkenntnis
2.) Gesetz (Legitimation)
3.) Wort Gottes
c) Einordnung in das historische Umfeld
Pufendorf (1632- 1694)
?? Studium der Rechtswissenschaften und der Philosophie bei Erhart Weigel
?? Lernt dort Hobbes, Descartes, Spinoza etc. kennen ?? 1658 : Abschluß
?? Schweden: Arbeit als Hauslehrer (Kopenhagen/ Stockholm) ?? Gefangenschaft (dort Bücher geschrieben)
?? Berufen auf Lehrstuhl nach Heidelberg (erst für Natur-, und Völkerrecht 1661)
?? Kritik am Reich unter Pseudonym Severinus de Monzambano
?? „De statu imperii germanici“
?? 1670: Ruf nach Lund
?? schreibt dort sein Hauptwerk: “De ius naturale et gentium”
?? 1677: Stockholm
?? 1688: wieder zurück nach Berlin als Historiker
Das Denken der Zeit
Die Geschichte des Naturrechts
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Im MA: ?? Thomas von Aquin (1225)
?? Augustin: Konzentration auf das göttliche Recht
?? Sachsenspiegel gehört auch zu m göttl. Recht
Frühe Neuzeit:
Hugo Grotius (1583- 1645)
?? säkularisiertes Naturrecht
?? „De iure belli ac pacis“
Begrifflichkeit des Vernunftrechts entwickelt sich !
Weltsituation:
?? Neues Weltbild
?? Durch z.B. Entdeckung Amerikas
?? Neues geistiges Empfinden
?? Glaubensspaltung
?? Religiöse Wahrheitsfrage
Thomas Morus „Utopia“
D) Auslegung der Quelle
?? Licht der Vernunft macht uns gemeinschaftsfähig
Von welchem Naturzustand des Menschen geht Pufendorf aus?
?? Naturzustand (Denkfigur) = Schwäche (imbecilitas) ?? Mensch ist zunächst hilflos
?? Die Gemeinschaft macht ihn überlebensfähig
?? Prinzip der socialitas
?? Notwendigkeit der Geselligkeit
?? Vernunft CONTRA Neid, Begierde, Habsucht (z.B.)
?? Mensch muß sich fügen
?? In die allgemeinen Menschenpflichten, das Sozialitätsprinzip!
?? Friedenspflicht = goldene Regel
?? Jedem das seine gewähren
?? Gleichheit der Menschenpflichten
?? = gleiche Rechte!! (völlig neuer Gedanke)
?? aber keine Gleichheit der Menschen, sondern Gleichheit vor dem Recht
Für Territorialherren willkommene Theorien (nach der Glaubensspaltung sind Neuregelungen von Nöten)
Pflicht des Menschen = positives Recht
Unterscheidung Pufendorf - Hobbes:
?? bei P. Schließt der Gesellschaftsvertrag auch Pflichten des Souverain ein
?? Widerstandsrecht der Untertanen
[Vertreter des Unterwerfungsvertrages = Hobbes Gesellschaftvertrag = Rousseaus „contrat social“]
Moraltheologie
?? bindet nur noch den Menschen, der sich als Christ versteht
?? damit zog sich Pufendorf den Zorn der Leipziger Theologen zu!
F) Vergleich mit dem heutigen Recht
?? Schutz von Familie und Ehe ?? Elterliche Pflichten
?? Eigentumsverpflichtung ?? Wehrpflicht
?? Gesetzesbefolgungspflicht ?? Steuerpflicht
?? Schulpflicht
Häufig gestellte Fragen zum Allgemeinen Preußischen Landrecht 1794
Was ist der Auftrag zur Durchführung einer Justizreform?
Der Text bezieht sich auf einen Auftrag zur Durchführung einer Justizreform, wobei konkrete Anweisungen (Grundlagen und Ziele) an den Adressaten Großkanzler v. Carmer (seit 1780) gerichtet waren.
Welche Phasen der Kodifikationsbestrebungen gab es?
Es gab vier Hauptphasen. Die erste Phase begann unter Friedrich Wilhelm I mit dem Ziel der Vereinheitlichung des Territorialrechts. Die zweite Phase unter Friedrich Wilhelm II sah die Anfänge eines "Corpus Iuris Fridericiani" unter Samuel von Cocceji. Die dritte Phase wurde durch den Müller Arnold-Prozess ausgelöst und führte zur Einsetzung von Johan Heinrich Kasimir von Carmer als Großkanzler. Die vierte Phase sah die Überarbeitung und Verabschiedung des ALR unter Friedrich Wilhelm II.
Was war der Müller Arnold-Prozess?
Der Müller Arnold-Prozess war ein Rechtsstreit, in dem der Müller Arnold durch den Karpfenteich des Grafen von Schmettau ruiniert wurde. Trotz Unmöglichkeit der Nutzung seiner Mühle wurde er zur Zahlung verklagt, was letztendlich zu einem Machtspruch des Königs führte, der die Richter einkerkern ließ und Müller Arnold Recht gab.
Wer waren Carl Gottlieb Suarez und Ernst Ferdinand Klein?
Carl Gottlieb Suarez und Ernst Ferdinand Klein waren Mitarbeiter von Großkanzler Johan Heinrich Kasimir von Carmer und maßgeblich an der Ausarbeitung des Allgemeinen Preußischen Landrechts (ALR) beteiligt.
Warum wurde die Französische Revolution erwähnt?
Die Französische Revolution führte zu einer Umstrittenheit bürgerlicher Gesetzbücher und weckte Angst vor einer Revolution im eigenen Land, was die Entwicklung des ALR beeinflusste.
Welche Rolle spielte das Preisausschreiben "für philosophische Juristen"?
Das Preisausschreiben diente dazu, Vorschläge zur Gestaltung des ALR zu sammeln und zu prüfen, wobei Suarez die teilweise bizarren Vorschläge auswertete.
Wann wurde das Allgemeine Preußische Landrecht (ALR) beschlossen und in Kraft gesetzt?
Das ALR wurde am 05.02.1794 beschlossen und am 01.06.1794 in Kraft gesetzt (Umbenennung von AGB zu ALR).
Was waren die Ziele des ALR?
Die Ziele des ALR waren die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten, Rechtszersplitterung und Problemen in der Rechtspflege (Justiz).
Welche sprachlichen Anforderungen wurden an das ALR gestellt?
Das ALR sollte für alle verständlich sein (Simplicitas/Klarheit) und in deutscher Sprache verfasst sein, um die Zugänglichkeit zu gewährleisten.
Welche Rolle spielte das Auslegungsverbot im Kontext des ALR?
Friedrich II. misstraute den Juristen und glaubte, jeden Lebensbereich regeln zu können. Er beanspruchte die alleinige Auslegungsmacht als Mittel zur Staatslenkung, daher das Auslegungsverbot.
Wer war Samuel von Pufendorf und welche Bedeutung hatte er?
Samuel von Pufendorf (1632-1694) war ein bedeutender Naturrechtslehrer. Sein Werk "De ius naturale et gentium" beeinflusste das Denken der Zeit und das ALR. Er betonte Vernunft, positives Recht und Religion als Grundlagen der Pflichtenlehre.
Was ist das Sozialitätsprinzip nach Pufendorf?
Das Sozialitätsprinzip besagt, dass der Mensch im Naturzustand schwach und hilflos ist und nur durch die Gemeinschaft überlebensfähig wird. Es betont die Notwendigkeit der Geselligkeit und der Unterordnung unter die allgemeinen Menschenpflichten.
Wie unterscheidet sich Pufendorf von Hobbes bezüglich des Gesellschaftsvertrags?
Bei Pufendorf schließt der Gesellschaftsvertrag auch Pflichten des Souveräns ein, während Hobbes eher einen Unterwerfungsvertrag vertritt.
Welche Parallelen gibt es zwischen Pufendorfs Ideen und dem heutigen Recht?
Es gibt Parallelen im Schutz von Familie und Ehe, den elterlichen Pflichten, der Eigentumsverpflichtung, Wehrpflicht, Gesetzesbefolgungspflicht, Steuerpflicht und Schulpflicht.
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- Ida Schnulze (Author), 2000, Zusammenfassung zur Vorbereitung auf eine Klausur in Rechtsgeschichte, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/99399