Stellen Sie sich vor, Sie könnten die literarische Landschaft durchqueren, von den epischen Versen Homers bis zu den experimentellen Ufern des modernen Romans. Dieses Buch ist Ihr Kompass auf dieser faszinierenden Reise, ein umfassender Leitfaden, der die Entwicklung erzählerischer Formen von ihren frühesten Anfängen bis zu den stilistischen Innovationen des 20. Jahrhunderts verfolgt. Entdecken Sie, wie sich der Roman von einer wenig beachteten Gattung zur dominierenden Kraft in der Literatur entwickelte, und tauchen Sie ein in die vielfältigen Techniken, die Schriftsteller im Laufe der Jahrhunderte eingesetzt haben, um Geschichten zu erzählen. Erforschen Sie die subtilen Unterschiede zwischen auktorialem, personalem und neutralem Erzählen, und lernen Sie, wie man die Kunst des inneren Monologs und der erlebten Rede beherrscht. Untersuchen Sie die Bedeutung von Zeitmanipulationen, Leitmotiven und Phasenbildung beim Aufbau einer fesselnden Erzählung. Von den klassischen Novellen Boccaccios und Kleists bis hin zu den bahnbrechenden Werken von Joyce und Proust bietet diese Studie einen detaillierten Einblick in die Meisterwerke der Weltliteratur. Analysieren Sie die Entwicklung des Briefromans und des Bildungsromans im Kontext der Aufklärung und Empfindsamkeit, und entdecken Sie die kritischen Perspektiven des Realismus und Naturalismus. Lassen Sie sich von den Epochenromanen des 20. Jahrhunderts herausfordern, die versuchen, die komplexen historischen und gesellschaftlichen Kräfte zu erfassen, die unsere Welt geformt haben. Ob Sie Literaturstudent, angehender Schriftsteller oder einfach nur ein begeisterter Leser sind, dieses Buch wird Ihr Verständnis für die Kunst des Geschichtenerzählens für immer verändern und Ihnen neue Perspektiven auf die Werke eröffnen, die Sie lieben. Tauchen Sie ein in die Welt der Epik, Novellen, Märchen und Romane, und entdecken Sie die unendlichen Möglichkeiten, die die Literatur zu bieten hat. Dieses Werk ist ein unverzichtbarer Begleiter für alle, die die Tiefen und die Vielfalt der erzählenden Literatur erkunden möchten und ein tieferes Verständnis für die Techniken und Strömungen suchen, die die Literaturgeschichte geprägt haben. Es bietet sowohl eine historische Einordnung als auch detaillierte Analysen einzelner Werke und Autoren, wodurch es zu einem wertvollen Werkzeug für jeden wird, der sich mit der Welt der Literatur auseinandersetzen möchte.
E p i k
Vor dem 18. Jh. galt der Roman als am wenigsten populäre Textgattung (vgl. z.B. Gottsched); zuvor fand man ihn hauptsächlich als Versroman: Homer, Vergil; Hartmann v. Aue, Wolfram
v. Eschenbach. Erst im späten MA kommt der Prosaroman auf. Zum Teil wurden
Versromane in Prosa überführt (Prosaauflösung), z.B. "Prosa-Lanzelot".
Die letzten Großformen in Versen zu finden bei Klopstock (Messias);Wieland; Goethe
(Hermann und Dorothea); Heine (Deutschland, ein Winternärchen). Seit Mitte 19. Jh. fast alle erzählende Literatur in Prosa, was in scharfem Gegensatz zur Lyrik steht:
1. Vorhandensein eines Erzählers
Dieser vermittelt zwischen Handlung und Rezipient, z.B.
- Thomas Mann: Dr. Faustus
- biographischer Erzähler ( Autor !); aus seiner Perspektive wird erzählt; der Autor enthebt sich der Verantwortung für die geäußerten Ansichten; ironische Selbstrelativierung des Autors: Alles Erzählen ist immer ein perspektivischer Akt.
- Goethe
verwendet eingeschobene Novellen, die von einer Figur des Romans erzählt werden und etwas über diese aussagen.
Auch unmarkierte Erzähler sind perspektivisch geprägt.
2. Zeitliche Dimension ist vielschichtiger
- z.B. episches Präteritum (=historisches Präsens): Erzählen hat retrospektiven Charakter (nicht präsentischen !)
- Unterschied zwischen Erzählzeit (z.B. 2 Seiten) und erzählter Zeit (z.B. 10 Jahre) (große Differenz z.B. bei James Joyce: Ulysses)
A) Grundformen des Erzählens
sind auktorial, personal und neutral - Mischformen sind an der Tagesordnung
1. Auktoriales Erzählen1
a) Der Erzähler spricht aus einer souveränen Überschau; er kann sogar allwissend sein (er kennt die Gedanken und Gefühle der Handelnden)
b) Der Erzähler kommentiert und bewertet das Erzählte; dies kann in einer Leseransprache begangen werden (der Erz. tritt aus dem fiktionalen Zusammenhang).
c) Kommentare können auch zur Art des Erzählens gegeben werden; eine Art Selbstreflexion (z.B. Jean Paul, E.T.A. Hoffmann, Thomas Mann)
Bsp.: Skript 1,3,4
-----> der Erz. kann ohne Rücksicht auf die Handlung abschweifen. Diese Eigenmächtigkeit bewirkt eine deutliche Distanzierung zu der von ihm dargestellten Welt bis hin zur Ironisierung.
Bsp. Skript 2
Lektüre - Kleist: Erzählungen; E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann
2. Personales Erzählen
Erzählen aus der Perspektive einer Figur des Handlungszusammenhangs selbst, also
- kein souveränes Wissen
- keine Distanz, sondern
a) ä ußerlich: Beschränkung der Wahrnehmung auf das, was sich im Gesichtsfeld der
erzählenden Figur befindet --> beschränkte Wahrnehmungsmöglichkeiten (zeitl./räuml.)
b) innerlich: Weitterreichende Möglichkeiten in der Darstellung innerer Vorgänge als beim aukt. Erz. Dieser kann zwar Gedanken und Gefühle mitteilen, jedoch nicht so subjektiv und emotional. Die Entfaltung der Innenwelt hat also gößere Bedeutung als die Darstellung der Außenwelt.
Bei Kafka reicht dies hin bis zu einer traumhaften Projektion der Innenwelt, einem
Ausgeliefertsein an die subjektive Innenperspektive, die kaum mehr Bezug zur Realität hat.
Ist die Personale Erzählperspektive totalisiert, sind ALLE Aussagen aus der Innenperspektive erzählt. Dies kann den Leser verwirren (vgl. Verfilmung von ,,Die Verwandlung").
Bsp. Skript 5,9
Kafkas personale Monoperspektive ist eine Ausnahme2. Öfters trifft man gemäßigtere Formen an. Wird aus der Erlebnisperspektive verschiedener Personen erzählt, nennt man das personale Multiperspektive (z.B. Virginia Wolf)
Häufig stößt man auf Übergänge zwischen auktorialem und personalem Erz. Bsp. Skript 12
Personales Erzählen erst seit 2. Hälfte 19. Jh.; aukt. Erz. bleibt jedoch weiterhin vorhanden.
3. Neutrales Erzählen
weder aus der Sicht einer Figur, noch In-den-Vordergrund-Rücken des Erzählers
a) Die Figur selbst spricht in direkter Rede (wie im Drama) --> Dialoge --> bewirkt Schein der Unmittelbarkeit, Dramatisierung.
Bsp. Skript 10
Durch szenisches Erzählen gerät der Erzähler für den Leser aus dem Blick. Kurze Dialogeinschübe bedeuten aber nicht unbedingt neutrales Erzählen, da der Erzähler im Blick behalten wird.
b) Der Erzähler enthält sich Kommentaren und Überblickswissen; er entpuppt sich als unbeteiligt, ist fast nur dokumentierend.
Das neutrale Erzählen hat keinen so großen Stellenwert wie das auktoriale oder personale Erz.
Fast immer mischen sich diese drei Formen; in der Analyse stellt sich die Frage, welche Funktion der Wechsel der Erzählform hat.
4. Ich-Erzählung3
Der Erzähler tritt als ,,Ich" hervor und ist zugleich eine Person der Erzählung, gehört zur Welt der Romancharaktere. Er muß dabei nicht immer die Hauptperson sein.
- Abenteuerroman Ich-Form hat Funktion der Beglaubigung
- Briefroman seit 2. Hälfte 18.Jh. (z.B. Werther 1774; Hölderlin: Superion), typisch
für Empfindsamkeit (Selbstaussprache des gefühlshaften Ich):
Subjektivität kommt ins Spiel
- Autobiographie eigene Identität wird dargestellt; Selbstinterpretation.
B) Erzählerische Darbietungsformen der Personenrede
Personenrede: alle Äußerungen, die einer Handlungsfigur entspringen; im engeren Sinn also direkte und indirekte Rede. Bezeichnendes Element sind die Inquit-Formeln, z.B sagte sie ... er meinte... Sie sind typisch für auktoriale Vermittlung. Während sie im Dialog wegfallen können, erfordert die indirekte Rede immer eine IF. Sie läßt sich besser in den Erzählfluß integrieren.
Direkte Rede ist stets unmittelbarer, während die indirekte Rede alle Aussagen in den
Konjunktiv und die 3.Person verschiebt; es entsteht der Eindruck einer stärkeren Distanz des Erzählers zum Erzählten, die Äußerungen der Protagonisten erscheinen relativiert:
Er sagte: Ich bin gestern angekommen.
Er sagte, er sei gestern angekommen.
Indirekte Rede bewirkt auch eine stärkere Distanz des Lesers, der nicht direkt konfrontiert wird.
Bsp. Skript 16 (dir. Rede bewirkt Dramatik), 17 (Mischung ind. und d. Rede)
Direkte und indirekte Rede zählen zu den alten Darstellungsmitteln. Seit 1850 unterscheidet man (nach Vorformen) den Inneren Monolog und die Erlebte Rede. Sie sind die wesentlichen Formen personalen Erzählens.
1. Innerer Monolog4
ist eine Art stummer Monolog, ohne Hörer. Steht immer in der Ich-Form und im Präsens.
Der Innere Monolog gibt innere Bewußtseinsvorgänge wieder und führt in die Innenwelt des
Protagonisten ein. Die Sprache des Ich wird von rationalen Steuerungen losgelöst, wird
unlogisch und emotional. Extreme Form: Bewußtseinstraum.
Funktionen
a) erzeugt größtmögliche Unmittelbarkeit (Erz. steht nicht mehr zwischen Romanfigur und Leser) --> nicht auktorial
b) Repräsentation des Inneren einer Person, was in der Wirklichkeit nicht vorkommt (Intimsphäre !), z.B. Assoziationen, Gefühle usw.5
Im 20. Jh. wird der IM zum zentralen Element:
- Joyce: Schlußmonolog Ulysses (40 Seiten) - eine Orgie des Inneren Monologs · Proust: IM wird zum Dauermonolog des Erzählers
- Döblin: Berlin - Alexander-Platz
- Broch: Tod des Vergil
TIP: · Arthur Schnitzler: Leutnant Gustel (1901)
Fräulein Else (1924) = Bsp. Skript 10
Übergangsformen
z.B. Selbstgespräch - hat meist dialogische Struktur; das Ich steht sich selbst als Du gegenüber (,,Wie konntest Du das nur tun ?"; z.B. Kafka: Verwandlung)
2. Erlebte Rede
ist das wichtigste Kunstmittel der Moderne.
Merkmale:
- Indikativ 3.Person
- episches Präteritum (meistens; hat keine zeitanzeigende Funktion (,,atemporal")) (z.B. Buddenbrooks)
- Wechsel zwischen direkter und indirekter Rede
,,[...] Der Konsul ging erregt hin und her. Er war bei Gott überhäuft. Sollte sie soch warten ! [...]"
Der Autor ,,steigt in den Erzähler hinein".
- gibt die Vorgänge im Bewußtsein einer Person wieder --- manchmal ist die Erlebte Rede
schwierig vom Erzählerbericht zu trennen. Die Aussageformen und -inhalte der ER sind im Erzählerbericht schwer vorstellbar (Obsession, Reflexion usw.). Hinweise: deiktische, argumentative, affektive. Bsp. Skript 5
Wie der Innere Monolog zählt die ER zum personalen Erzählen; der Autor läßt den Erzähler aus der auktorialen Außenperspektive in die intensivierende Innenwelt einer Handlungsfigur eintauchen (z.B. Thomas Mann, Kafka) Bsp. Skript 3,12
C) Bauformen des Erzählens
betreffen die zeitliche Ordnung:
- linear = chronologisch
a) epische Rückwendung : Der Erzähler greift zeitlich zurück, schildert die Vorgeschichte (,,Rückblende"). Die eR ist in jeder Phase des Handlungsverlaufs möglich:
-neu auftretende Personen können mit einer Vorgeschichte versehen werden, oder als eingeschobener Rückblick (Reflexionen des Protag. o.ä.)
-klassisches Mittel zur Eröffnung einer Erz./eines Romans (aufbauende Rückwendung)
-kurz vor Ende werden verdeckte Zusammenhänge ans Licht gebracht (z.B. Krimi: auflösende Rückwendung) Bsp. Skript 14
b) Vorausdeutungen (in die Zukunft)
große Rolle schon in Antike und MA: Odyssee; Nibelungenlied6, Parzival (12. Jh.). Auch im Märchen.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen
z.B. -Erzählung einer Vorgeschichte mit antizipatorischer Funktion (z.B. E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann). Diese Art der Vorausdeutung hat oft nicht den Charakter einer Vorgeschichte, sondern ist z.B. eine einfache Schilderung des Milieus, was Rückschlüsse auf die (noch einzuführende) Hauptperson zuläßt: prognostischer Charakter (z.B. Thomas Mann: Felix Krull)
-im Innern des Romans
Vorausdeutungen perspektivieren die Lektüre, stärken die Wahrnehmung von Kontinuitäten
(fasel).
c) Leitmotiv7
einprägsame, immer wiederkehrende Aussage (oder nur ein Wort)
Funktionen:
1.) Herstellung eines sinnstiftenden Kontinuums (d.h., die Erzählung wird
zusammengehalten); die übergeordnete Bedeutung des Wesentlichen kann besser gedeutet werden, das LM dient als Leitfaden, als ,,roter Faden"
2.) Relativierung verschiedener Erzählphasen (markiert etwas gleichbleibendes (bei leichter Veränderung))
v.a. bei Thomas Mann: Der kleine Herr Freidemann; Tod in Venedig (mehrere LM --> übergeordnete Bedeutungskontinua entstehen)
auch in Lyrik/Dramatik, z.B. Schiller: Wallenstein
d) zeitliche Gestaltung
1.) Phasenbildung: innere Strukturierung des Geschehens durch Tempora
2.) Verhältnis von Erzählzeit zu erzählter Zeit: sie decken sich selten, nur in szenischen Darstellungen. Meist sind sie nicht kongruent:
I) Zeitdehnung: Überschreitung der eZ durch EZ (z.B. Joyce: Ulysses: 24h werden auf 10000 Seiten beschrieben), z.B. beim Inneren Monolog; Träume
II) Zeitraffung: Unterschreitung der eZ durch EZ (wichtiger) Methoden der erzählerischen Verkürzung (=Raffung):
- Aussparung (,,einige Zeit später", ,,5 Jahre danach")
- sukzessive Raffung = Aufreihung von Begebenheiten (,,dann...und dann...danach...") hohe Raffungsintensität: dramatisierende Funktion vs.
geringe Raffungsintensität: Angaben der Fortschreitung liegen weit auseinander
- iterative Raffung (,,Wiederholung") = großer Zeitraum wird zusammengefaßt
(,,immer wieder in dieser Zeit..." --> Pauschalisierung); einzelne, sich wiederholende Begebenheiten werden zusammengerafft, auch bei der
- durativen Raffung (,,die ganze Zeit hindurch...") = Angabe einer Dauer; Dinge, die
andauern, werden gerafft.
Die 3 Raffungsarten treten meist kombiniert auf. Erzählerische Formen
A) Kleine Erzählerische Formen
= Novelle (1), Märchen (2), Kurzgeschichte, Legende, Sage usw.
1) Novelle8
wird seit der Renaissance zum literarischen Begriff; der Titel impliziert das Versprechen an den Leser, etwas noch nie Gehörtes, gar Unerhörtes zu bieten. Die Novelle ist stets
- ereignishaft
- neu.
- Gegensatz zum Roman
- einsträngige, meist straff geführte Handlung · wenig Hauptakteure
- keine ausführliche Schilderung · keine psychischen Zustände · konzentriert, knapp
- scharf umrissenes Geschehen
- eingängige Handlung (z.B. ein einziger Konflikt)
- anderes Verhältnis von erzählter Zeit und Erzählzeit
- zeitliche Markierungen sind dichter aufeinander
- Gegensatz zu Kurzgeschichte
- die Kurzgesch. ist nicht auf das Neue, Unerhörte angelegt
- N. kann skizzenhaft sein, braucht Handlungsphasen nicht differenziert zu entfalten
- schärfer pointiert
Die Gattungstheorie ist hier unbrauchbar (??); bei Kleist findet sich z.B. exzessive Dramatik,
Eichendorffs Novellen hingegen sind äußerst undramatisch (gähn).
Geschichte der Novelle
Herodot lagert in seine Geschichtsdarstellung unterhaltsame Novellen ein (6. Jh. v. Chr.); erst seit der italienischen Renaissance gibt es eine bewußte, eigenständige Novellendichtung. Das Ur- und Vorbild aller europäischen Novellensammlungen ist das Decamerone von Giovanni Boccaccio (1350). Es handelt sich um eine Sammlung zyklischen Charakters, die in einen Rahmen eingebettet ist.
Rahmenhandlung: Eine Gesellschaft einigt sich, sich durch Erzählungen zu unterhalten; die Erzählkunst hat zu erheitern und zu erfreuen9 (höfisch stilisierter Rahmen). So finden sich insgesamt 100 Novellen; 10 Tage lang werden jeweils 10 erzählt (zyklischer Charakter). Doch die Novellen sind nicht technisch durchorganisiert wie die moderneren;10 sie sind unpsychologisch und von ihrer Handlung dominiert.
Mit Petrarca und Dante bildet Boccaccio die ,,Dreierspitze" des 14. Jh.. Seine
Novellensammlung beeinflußt u.a. Geoffrey Chaucer (Canterbury Tales), Margarethe v. Navara (Heptameron), Cervantes (Novelas ejemplares).
Im deutschsprachigen Raum ist Novellendichtung erst seit Ende des 18. Jh. zu finden; zuvor gab es nur Wielands Versnovellen. Dann: Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewanderter (1795), die sich stark an Boccaccio orientieren. Mit Kleists Novellen begann eine explosionsartige Vermehrung der Novellendichtung:11
E.T.A. Hoffmann: Nachtstücke; Phantasiestücke; Serapionsbrüder12 Tieck; Eichendorff; Stifter; Gottfried Keller; C.F. Meyer
Unterschiede
zwischen älteren Novellen in der Tradition Boccaccios und Novellen des 19.Jh.
ältere Novelle äußere Handlung; Ereignishaftes dominiert
Novelle des 19. Jh.
psychologische Vertiefung des Geschehens und der Gestalten (z.B. Kleist: Marquise von O.; Hoffmann: Der Sandmann13 ; Büchner: Lenz (psychopathologische Novelle);
Grillparzer; Stifter; Keller), also eine
differenziertere, individuellere Personengestaltung)
dreht sich immer nur um die Situationen der die geschichtliche Situation wird
Handelnden, bleibt immer am Vordergrund miteinbezogen, also Reflexion geschichtlicher und gesellschaftlicher Bedingungen, bis hin
zur Gesellschaftskritik
konzentriert sich auf Hauptgestalten Elemente aus der Umwelt der Protagonisten
werden aufgenommen (z.B. Natureindrücke, Details der beruflichen Umwelt usw.)
drastische, burleske Erotik Die Bürgerlichkeit untergräbt diese Erotik
Die Novelle des 19. Jh. ist umfangreicher, ausgebauter und hat enen weiterreichenden literarischen Anspruch.
Auswahl der wichtigsten Novellen Kleist: Das Erdbeben in Chili (1807)
Die Marquise von O.14
Michael Kohlhaas (1810)15
E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann (1815)
Das Fräulein von Scuderi (1818) Die Bergwerke zu [??]
Eichendorff: Der Taugenichts (1826) Büchner: Lenz (1835)
Grillparzer: Der arme Spielmann (1848)
Möhri />
Bergkristall (1853)
G. Keller: Romeo und Julia auf dem Dorfe (1856) Kleider machen Leute
Wollte jemand all diese Novellen strukturieren, müsste er sie z.B. historisch oder nach Problemperspektiven ordnen. Auch anderes wäre denkbar.
2. Das Märchen16
Die 3 berühmtesten Märchensammlungen sind
1.) 1001 Nacht
mehr als 300 Märchen, Fabeln, Gedichte, Geschichten in 6 Bänden; die erotischen
Geschichten fehlen bei den Ausgaben für Kinder meist völlig. Grundstock: indische
Sammlung des 8. Jh. (,,1000 Nächte"). Die Berühmtesten: Sindbad der Seefahrer, Aladin und die Wunderlampe, Ali Baba und die 40 Räuber
2.) Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm
Neben der Bibel das meistverbreiteste Buch der Welt (!), 60 Sprachen. Band 1:1812; Band 2:1815
3.) Hans Christian Andersen
Die Romantik kultiviert die Märchen, da sie als poetischste Gattung angesehen werden.
Besonders gefällt die Abhebung von der Wirklichkeit und dem Grundsatz der
Wahrscheinlichkeit. Denn die Romantiker lieben die ,,autonome Phantasie", das Unmögliche, das Antirealistische.
Novalis; Tieck; E.T.A. Hoffmann (Der goldene Topf); Brentano (Rheinmärchen; Italienische Märchen); Hauff; Bechstein
Nach der Romantik werden kaum noch Märchen publiziert.
Man unterscheidet Kunstmärchen (von Dichtern) und Volksmärchen (aus mündlicher Überlieferung)
Grimms Märchen sind Volksmärchen; sie gründen auf einen romantisch verklärten
Volksbegriff, der ,,Urpoesie" (im Anschluß an Herder17 ). Dem Grundstock bilden mündliche
Überlieferungen des hessischen Bürgertums, ebenso literarische Quellen des MA und des
16.18.Jh. Nicht alles sind Märchen (auch Schwänke usw.).
Die Märchensammlung entstand durch bewußte Literarisierung und Stilisierung:
1. Ölenberger Urfassung von Jacob Grimm (als Stenogramm)
2. weitere Ausgestaltung von Wilhelm Grimm, die von Auflage zu Auflage immer besser wird (bis zur Endfassung 1858). Seit der 2. Aufl. 1819 wurde die Sammlung gezielt als Kinderbuch bearbeitet; gemüthafte, biedermeierliche Familienkultur ist Stilisierungsziel. Dies sind die Hauptursachen für den riesigen Erfolg.
Typischer Stil des europäischen Volksmärchens18
- einfache, linear voranschreitende Handlung
- Hauptträger ist ein deutlich abgehobener Held (oft Namensgeber)
- die wenigen Nebenfiguren haben kein Eigenleben, sondern erfüllen auf die Hauptfigur gerichtete Funktionen (der Helfer, der Neider, der Gegner - typisiert) · alles ist scharf und eindeutig konturiert (Opposition: gut-böse, schön-hässlich) · Kontraste zur realen Welt (Hexen, vergiftete Äpfel)
- Die Dinge sind immer eindeutig und scharf umrissen, ebenso die Farben, Formen,
Materialien (Metaphern ! (z.B. ,,Schneewittchen")). Dadurch wird der Märchenstil etwas
abstrakt, denn normale Eigenschaften fehlen. Diese scharfe Markierung trifft auch auf Zahlen zu (3,7,100), auch auf die Handlungsebene (wer die Aufgabe nicht löst, wird umgehend enthauptet). Alles ist klar und entschieden.
Markante Merkverse.
B) Große Formen
1. Epos19
ist in Versen geschrieben und bewegt sich (so auch) in abgehobenen Sphären. Während im
Roman die menschliche Durchschnittssphäre betrieben wird, sind die Hauptgestalten im Epos übernatürliche Helden. Es wendet sich an ein aristokratisches, kultiviertes Publikum (Unterhaltung; Repräsentation gesellschaftlicher Ideale) und präsentiert Götter- und Heldensagen. Das Tun des Helden ist durch Ehre bestimmt --> Bezug auf ritterliche Oberschicht (Tafelfreuden, Kampf, Jagd, Auftritte des Sängers)
Theorie zur Entstehung
Vorgänger: alte Heldenlieder. Im 18.Jh. dachte man an die Aneinanderreihung vieler Lieder (z.B. Homers Epen), und man entwickelte im 19.Jh. eine ,,philologische Jagdleidenschaft" nach Fugen zwischen den Liedern (z.B. für Nibelungenlied); Grimm, Lachmann 1905 formulierte Andreas Hensler (Heusler ?) seine Gegenthese: Die alten Heldenlieder sind nur die Quellen, nicht die unmittelbaren Bausteine; denn die Erzählweise ist beim Heldenlied liedhaft knapp, beim Epos jedoch von epischer Breite, ausmalend.
Epischer Stil20
- Formelhafte Elemente
1. stehendes Beiwort für Personen und Dinge (Odysseus ist ,,listig", die Göttermutter Hera ,,lilienhaft") --> schmückender Charakter EPITHETON ORNANS
2. feststehende Formeln für den Beginn und das Ende von Reden, Abläufen (Kämpfe usw.)
3. typische Szenen (Zweikampf, Mal, Opfer, Rüstung, Ausfahrt des Schiffes) durch wörtliche Wiederholung. Gründe:
- technisch: formelhafte Elemente sind Fertigbauteile
- substanziell: rituelle, archaische Ordnung, wo alles seinen festen Platz hat
4. großangelegte, weit ausladende Gleichnisse, die ein Eigenleben gewinnen
5. Geschehen ist episodisch aufgelockert und nicht auf die Haupthandlung reduziert; der Epiker hat Zeit zum Verweilen, ist nicht auf Spannung aus. Deshalb werden Gegenstände detailgenau und mit Liebe geschildert (Ehebett des Odysseus, Szepter des Agamemnon -> Ausmalen von Einzelheiten hat atmosphärische Wirkung
-> Alles, Menschen und Dinge, wird plastisch und deutlich, anschaulich
- Figuren
sind nicht individuell, sondern Typen, also fest geprägt, rollenhaft fixiert (alter Ratgeber, treuer Freund, Sänger, treue Frau usw.). Diese Rolleneigenschaften
sind unveränderliche Wesenseigenschaften, die sich nicht ändern (typenhafte
Fixierung)
Homer: Odysseus · Versübersetzung v. Voss in Hexametern (ca. 1800) · Prosa (Wolfgang Schadewaldt)
Nibelungenlied
2. Roman
Werke in der Vulgärsprache waren afrz. ,,romanz"; aus dieser sprachl. Charakterisierung
wurde eine Gattungsbezeichnung. In Deutschland gibt des ,,Roman" im heutigen Sinne seit dem 17.Jh. Seit Anfang des 19.Jh. hat der Roman sich von allen Fixierungen gelöst; wegen der vollkommen freien Gestaltungsmöglichkeiten ist eine genaue Definition eigentlich unmöglich.
Im MA war der Roman z.T. noch in Versform (Eschenbach: Parzival; Tristan & Isolde
(12.Jh.)). Im SpätMA dann Prosaauflösung dieser Versromane. Bis ins 18.Jh. war der Roman der ,,illegitime Bruder des Epos" (da die traditionelle Gattungspoetik weiter zurückgreift); man war gegen ihn, da er wegen seiner Liebesabenteuer als ,,Ablenkung vom wahren Heil" gesehen wurde.21 Man sprach vom ,,Lügencharakter" des Romans
Das erste romantheoretische Werk verfaßte Pierre Huet 1670: Abhandlung über den Ursprung des Romans (1782 dt.). Es war gleichzeitig die erste Abhandlung, die für die Anerkennung des Romans plädierte. Es vollzog die Abgrenzung vom Epos (das Liebessachen nur gelegentlich, Kriegs- und Staatsdinge jedoch ständig behandelt) und postulierte: ,,Der Roman hat die Liebe zum zentralen Objekt"
Grundprobleme des frühneuzeitlichen Romans: mangelnde Realitätsbezogenheit, wirre
Phantastik, denn durch die Prosaauflösungen im SpätMA hatten die (märchenhaften)
Ritterromane wie ihre Vorbilder phantastische Züge; der Amadis-Roman prägt die
Vorstellung vom Roman als etwas Unwahrscheinliches, Realitätsfremdes. Denn der Amadis- Roman (Montalvo; Amadis de Gaula22 ) war zuweit von allen Erfahrungsbereichen des Menschen entfernt, als daß er Identifikationen erlaubt hätte. Doch dann kam als Gegenpol zum Ritterroman der Schelmenroman23 als ,,Gegenschlag realistischer Desillusionierung". Die Hauptperson ist ein Antiheld niederster Abstammung, charakterlos, eine Mischung aus
Landstreicher und Gelegenheitsdieb. Er schlägt sich armselig durch eine Welt des Lasters und
der Armut. Es geht ihm nur um die Fristung seiner armseligen Existenz: ,,Das Fressen kommt vor der Moral".
Der Schelm ist Produkt einer schlimmen Umwelt, der nur leben kann, wenn er mit den Wölfen heult; er ist ein passiv Duldender -> realistisch-pragmatische Haltung.
Während also der Ritterroman sich an das Epos anlehnt und die alten Werte übernimmt, zieht der Schelmenroman ihn in den Dreck, kehrt das Positive ironisch um (Standesstolz, ewiger Sieg der Gerechtigkeit, das Gute usw.)
1. Roman: Lazarillo de Tormes 1554 (anonym): episodenhaft; zentraler Begriff: desengaño (,,Enttäuschung") ---> desillusionierende Erkenntnis der Bosheit der Welt. Im Gefolge entstehen vielerlei Schelmenromane nach Art des Amadis: Grimmelshausen: Simplicius Simplicissimus
Th. Mann: Felix Krull
Günter Grass: Die Blechtrommel
Nicht ganz so extrem ist Cervantes ,,Don Quijote" (1605/15). Cervantes wollte ursprünglich das Unsinnige des Ritterromans darlegen: DQ ist benebelt von den unwirklichen Ritterromanen und imitiert diese. Doch seine hohen Ideale bringen ihn ständig in Konflikt mit der Realität. Im Gegensatz zum normalen Schelm wird er aber aus dem Schaden nie klug, erfährt nie das desengaño. Cervantes geht jedoch über sein Ziel, eine einfache Parodie zu schreiben, hinaus: er unterschiebt DQ hohe Ideale und erreicht eine Ambivalenz aus Komik und Tragik:
lächerlich groteske Realitätsverfehlung vs. Drang zu einer höheren, idealeren Form des Mensch- seins.
Wegen diesem Drang hängt Sancho Pansa so sehr an ihm; er, der Realist, bildet den
Gegenpart zum idealistischen DQ; v.a. in der Romantik wurde diese Spannung sehr geschätzt (Übers. v. Tieck)
,,DQ" ist also eine Verquickung beider Dimensionen, der ritterlichen und der schelmischen.
Der barock-höfische Roman des 17.Jh. geht Ende des 18. Jh. in den bürgerlichen Roman24 über; die höfisch repräsentative Öffentlichkeit wird zur bürgerlichen Privatheit. In dieser Epoche der Aufklärung und Empfindsamkeit entwickelten sich das Bürgertum und die
bürgerlichen Lesegesellschaften; die bürgerlichen Romanhelden wurden nun als
Identifikationsfiguren erwartet.
Es ergab sich folgender Wandel:25
1.) Die Polarisierung typisierter Figuren tritt zurück zugunsten einer Erfahrungsnormalität (Angleichung an die bürgerl. Erfahrungswelt) --> das Extreme verschwindet
2.) An den Personen treten individualisierende Züge hervor (obwohl Typisierungen noch lange von Bedeutung sind)
3.) -> So erhalten die Figuren zum ersten Male ein ausgeprägtes Innenleben: Psychologisierung; sie machen innere, empfindende Erfahrungen
4.) Die Struktur des Geschehens wird durch innere Impulse motiviert. Es entsteht eine
Kohärenz (bla ?), die sich an der psychischen Individualität der Hauptfigur orientiert. --> Homogenität
1.) Neu entsteht der Briefroman (gesamteuropäisch) während der Empfindsamkeit (1750- 1800)26 ; diese Epoche zeigt die Tendenz zur Kultivierung und Intensivierung des Gefühlslebens, zur Subjektivierung des Erlebens. In dieser Zeit werden fast alle Romane zur Gefühlsaussprache benutzt; vor allem der Briefroman eignet sich wunderbar als Medium gefühlshafter Aussprache.
Mit dem Werther (1774) begründete sich Goethes Ruhm; es handelt sich um einen einseitigen Briefroman (nur ein Schreiber, vs. mehrseitiger BR); es findet also keine intersubjektive Kommunikation statt, nur Monologie.
Werther stellt den Höhepunkt der Subjektivierung bzw. des Subjektivismus des 18.Jh. dar; er trifft ins Zentrum der Epoche. Der zweite Höhepunkt (und zugleich Ende des Briefromans) ist Hölderlin: Hyperion (2 Bde. 1797/9). Die Empfindsamkeit wirkt noch, doch der Sturm und Drang beendet den Kult des Unmittelbaren27, des Spontanen (-> Geniezeit): Hyperion liefert reflektierende Rückblicke an längst Vergangenes:
Spontaneität vs. Reflexion (neues Bewußtsein in der Zeit des dt. Idealismus)
2.) Vor allem in Deutschland kommt in der 2.Hälfte des 18.Jh. der Bildungsroman auf; er zeichnet das Hineinwachsen eines Menschen in die Realität, die Ausbildung einer eigenen Lebensform. Dabei stehen nicht nur positive Konzepte da, auch negative/skeptische (Prozeß der Desillusionierung). Der Bildungsroman ist im Gegensatz zum Gesellschaftsroman auf das Individuum und seinen Bildungsgang angelegt.
Wieland: Agathon (1766/7); Goethe: Wilhelm Meisters Lehrjahre (1796); Stifter:
Nachsommer; G. Keller: Der grüne Heinrich (beide Mitte 19.Jh.)
.Leitbegriffe sind Bildung und Individualität:
Bildung hat bis ins 18.Jh. ausschließlich religiöse Bedeutung.28 Mitte 18.Jh. folgt jedoch die Säkularisierung dieses Begriffs: Bildung ist nun Gestaltung, die eine Mensch durch Menschen und Welt erfährt -> er wird für die Welt gebildet.
Der Bildungsbegriff wird nun immanent verstanden:
a) Anbildung von äußeren Einflüssen, zugleich
b) Ausbildung der inneren Anlagen29
Der Bildungsroman sucht den Ausgleich dieser zwei Punkte:
Erziehung = von außen gesteuert, vs.
Entwicklung = Entfaltung einer vorhandenen Anlage (von innen gesteuert)
Bildung ist also Synthese von Innerem und Äußerem - ein ganzheitliches, ,,organologisches" (Herder) Denken mit Orientierung am zeitgenössischen Individualitätsdenken.
Der Bildungsbegriff unterliegt dabei einem Wandel:
- emanzipatorisch (Individuum hat ein Stück Autonomie gegenüber den Normen)
- ab 1793 eskapistische Züge (wegen politischer Machtlosigkeit - frz. Rev. !) · Besitz- vs. Bildungsbürgertum (ästhetischer Bildungsbegriff) · 19.Jh. verkommt Bildung zum Etikett höherer Stände
vgl. · Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-
sozialen Sprache in Deutschland. Hg. v. Otto Brunner, Werner Konce und Reinhart Koselleck
- Historisches Wörterbuch der Philosophie. Hg. v. Joachim Ritter
Das integrierende Schema des Bildungsromans stellt immer eine Lebensgeschichte dar, die
einen inneren Zusammenhang aufweisen muß (um psychologische Schlüssigkeit zu erzielen). So scheint die Romangattung eine Berechtigung zu erhalten (vorherige Kritik: Roman
beschäftigt sich mit äußeren Dingen, sei wirre Phantastik). Der Grad der Selbst- und
Fremdbestimmung kann dabei variieren: der Bildungsprozess kann ein Irrweg oder gar ein Verbildungsprozeß (Der grüne Heinrich) sein.
3.) In der 2. Hälfte des. 19.Jh. (Realismus) entsteht der Gesellschaftsroman. Nicht mehr der Einzelne ist Hauptsujet, sondern die Gesellschaft. Der Einzelne ist nun Repräsentant seiner Klasse. Der Spielraum für die Entfaltung individueller Eigendynamik ist somit stark geschrumpft; gesellschaftliche Verhältnisse und Normen sind nun bestimmendes Element:
Individualroman vs. Gesellschaftsroman
3 Hauptdimensionen:
1) Gesellschaftliche Verhältnisse
2) Gesellschaftlich geprägte Verhaltens- und Denkweisen (Konventionen)
3) Gestalten, die sich geistig und ethisch über die gesellschaftlichen Verhältnisse erheben, denen sie unterworfen sind.
Hauptvertreter dieser Gattung ist Fontane (Irrungen, Wirrungen; Effi Briest)
Merkmale Fontanes Realismus:
1.) Differenzierte Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit
2.) Darstellung der verschiedenen Milieus
3.) Menschen sind nichts besonderes, sondern eher Durchschnittsmenschen, die sich anpassen, da sie erkennen, daß das Gesellschaftssystem sie bestimmt --> realistisches Verhalten
4.) weitgehende Relativierung aller Phänomene und Figuren, also Darstellung ihrer Bedingtheit und ihrer Grenzen
5.) formal: Viele Gespräche (strukturbildend: kummunikative Funktion; Selbstcharakterisierung der Sprecher)
Im Gegensatz zu Fontanes Realismus ist der frz. Realismus wesentlich härter, entschieden desillusionierend
Balzac: Verlorene Illusionen (1837-44) Flaubert: Madame Bovary (1857?)
Das desillusionierende Element zeigt sich besonders bei Madame Bovary: Der Stoff ist
begrenzt und absichtlich banal.30 Emma ist eine banale Person in einem langweiligen Dasein; das reale Dasein erzeugt kompensatorische, romantische Phantasien, die das Leben zerstören (Eskapismus durch Kitsch, Vordergründigkeit) - Antiromantische Struktur des Realismus31 - Sie hat ihre Vorstellungen aus romantischen Romanen; Flaubert gibt so programmatisch zu erkennen, was sein Roman nicht sein soll.
Für ihn ist die Realität trist und medioker; dies zeigt er am Beispiel einer provinziellen Durchschnittsexistenz, die sich über diese auswegslose Wirklichkeit hinwegsetzen will.
Flaubert stellt die Wirklichkeit bloß; er ,,führt die Feder wie ein Skalpell", mit medizinischer Exaktheit; nichts wird beschönigt oder verhüllt -> dieser konsequente Realismus Flauberts führt zu Desillusionierung und Enttäuschung.32
4.) Auflösung des bürgerlichen Romans im Naturalismus
Der Naturalismus scheint zuerst wie eine Verschärfung des Realismus; es zeigt sich jedoch eine neue Grundperspektive, die Realität der sozialen Not in den untersten Schichten. Der Mensch ist nicht mehr überwiegend den bürgerlichen Wertungshorizonten unterworfen, sondern fremdbestimmt, determiniert, Opfer der sozialen Verhältnisse
Wendung nach dem Tod Hegels und Goethes um 1830 vom Idealismus zum Realismus, von Spekulation zu realistischer Beobachtung und Analyse, vom Religiösen und Metaphysischen (romant.) zum wissenschaftlichen Positivismus (=läßt nur das Gegebene, die ,,positiven Tatsachen" gelten); diese Position wird immer schärfer. Damit einhergehend ist eine markante Ideologiekritik an vorangegangenen Epochen (v.a. Romantik), die Destruktion aller religiösen und metaphysischen Dimensionen (<-Industrialisierung; Aufkommen der Naturwissenschaften).
Die deutsche Literatur hat kaum naturalistische Romane hervorgebracht33. In Frankreich
dagegen glänzte Emile Zola: Erbgut. Umwelt und Zeit bestimmen den Einzelnen. Der
Gesamtablauf ergibt sich zwingend durch diese Determiniertheit.34 Die Romangestaltung läßt dem Individuellen so keinerlei Spielraum.
Roman des Naturalismus vs. Roman des Realismus
- Erbgut
- Darstellung der Wirklichkeit:
Real.: mittleres Niveau der Darstellung
Nat.: niedriges Niveau (negative Wirklichkeit) <- Not der im 19.Jh. ausgebeuteten Industriearbeiter
- z.B. Zola: Germinal
Nat.: trifft nicht nur negative Selektion, sondern hat auch soziales Engagement poet. Real.35 bei Fontane: versöhnende Relativierung, immer wird etwas Gutes gefunden
frz. Real.: für Flaubert ist Wirklichkeit nicht sozial bedrängend; er ist vielmehr angewiderter Ästhet
Moderner Roman des 20.Jh.
Deuschland und Österreich sind im 20.Jh. geprägt vom 1.Weltkrieg, der
nationalsozialistischen Herrschaft und dem 2.Weltkrieg. Diese geschichtliche Katastrophen werfen die Frage auf, wie es dazu kommen konnte. Diese Frage zieht sich als Grundmotiv durch das Jahrhundert. Es kommt zu einer umfassenden Zeitdiagnose. Vor allem die deutsche und österreichische Literatur bringt Epochenromane hervor:
Heinrich Mann: Der Untertan (Diagnose des wilhelminischen Deutschland) Thomas Mann: Der Zauberberg (Vorabend des 2.WK.)
Doktor Faustus (1947) (NS und 1945 in der Gesamtheit der deutschen Geschichte)
Musil: Der Mann ohne Eigenschaften (Analyse der geistigen, kulturellen, psychosozialen Verhältnisse Österreichs vor dem 1.WK.)
Joseph Roth: Radetzkymarsch (1932) Hermann Broch: Die Schlafwandler
2 Hauptmerkmale des Epochenromans:36
1.) Es wird ein umfassendes Gesamtbild der Epoche, ihrer Voraussetzungen und Grundtendenzen entworfen (zumindest ansatzweise)
2.) Konzeption als Geschichtsroman; Wesen und tiefere Gründe sollen erfaßt werden, nicht der äußere Ablauf des geschichtlichen Geschehens. Die Gestalten werden figurenhaft,
Repräsentanten zeitgeschichtlicher Strömungen und geschichtlicher Befindlichkeiten. Ihr
Lebenslauf repräsentiert den geschichtlichen Prozeß selbst.
--> Grundzug zur Vergeschichtlichung, Aufarbeitung (exemplarische Aufarbeitungen an
einzelnen Figuren). Das Erzähöklima wird erheblich kälter und intellektueller, denn es geht mehr um Allgemeines als Persönliches, mehr um Analyse und Diagnose als um persönliches Erlebnis.
Erzählerische Innovationen
Heinrich und Thomas Mann z.B. folgen den konventionellen Erzähltraditionen; Th.Mann hat deshalb ein größeres Publikum als z.B. Proust, Joyce, Musil, Döblin, Kafka, Bachmann, Uwe Johnson usw.
Die stilistischen und strukturellen Neuerungen wurzeln in einer neuen Erfahrung und
Interpretation von Mensch und Welt. Der Mensch wird wieder zum Subjekt, komplexer als je zuvor; er ist instabil, inkonsistent und diffus (nicht mehr souverän). Er ist nicht mehr durch seinen Geist, Willen und sein Streben bestimmt, sondern aus der Tiefe des Unbewußten gesteuert (Freud); Erinnerungen, Reflexionen, Assoziationen machen das Subjekt vielschichtig, mehrdimensional, labyrinthisch. Die Folge ist der Zerfall der Wirklichkeit, denn die moderne Wirklichkeit ist chaotisch (die Großstadt ist ein Inbegriff dieser modernen Welt, z.B. John Dos Passos: Manhattan Transfer); es entsteht eine künstlich arrangierte Ersatzwirklichkeit.
Neuerungen
1.) Erzählen im zeitlichen Nacheinander (wie im konventionellen Roman) wird oft durch ein zeitliches Nebeneinander verschiedener Sphären ersetzt (Simultaneität); die Komplexität moderner Wirklichkeitserfahrung wird so erzählerisch dargestellt.
2.) Diskontinuierliche Erzählweise: Elemente aus verschiedenen Bereichen werden vermischt
-> Montagetechnik (Dos Passos: Manhattan Transfer). Die Welt ist desorientiert, heterogen, chaotisch, hektisch.37
[...]
1 Zunahme an auktorialer Extremeität von a)-c)
2 Gefahr der Monotonie, die jedoch bei Kafka zum Kunstmittel wird: die psychische Gefangenschaft des Ich in seiner Innenwelt wird deutlich.
3 Dieser Punkt ist in systematischer Hinsicht falsch: ein Ich-Erzähler kann sowohl auktorial (z.B. Kommentieren eines seiner Abenteuer - Münchhausen) als auch personal erzählen. Die Ich-Erzählung ist also kein Erzähltypus, der neben 1-3 gestellt werden kann. Sie hat jedoch gewisse Eigenheiten.
4 Nicht zu verwechseln mit dem Gedankenbericht. (mit Formeln wie ,,...dachte er..." markiert; auktorialer Kontext; rationale Argumentation)
5 Freud sieht den IM als Mittel, die Dinge, die das Subjekt nicht einmal sich selbst eingestehen will, darzustellen.
6 Vordeutungen auf ein böses Ende (Frauentraum usw.)
7 <Musik (1871 erstmals auf Wagners Opern angewandt)
8 urspr. juristisch: ,,nachträglich ergänzend", ,,erweiternd" (novella lex=nachträgliches Gesetz); novella (ital.)=,,Neuigkeit")
9 Horaz: prodesse & delectare (nützen & erfreuen)
10 außer z.B. 3. Nov. 1. Tag (Ringparabel -> Grundlage für ,,Nathan"); 9. Nov. 5. Tag (Falkennovelle)
11 zur gleichen Zeit auch in Frankreich, Rußland (Gogol, Turgenjew, Tschechow, Dostojewski)
12 ebenfalls Zyklen, wo zwischen den Geschichten über das Erzählte diskutiert wird.
13 Darauf basiert übrigens Freuds Theorie des Narzißmus
14 diese beiden sind Musterstücke für die dramatische Novelle
15 fast zu groß für eine Novelle
16 Verkl. v. ,,Märe" (MA) = Kunde, Bericht, Erzählung; urspr. mündliches Erzählgut, nicht explizit für Kinder !
17 vgl. Herders ,,Naturpoesie" (entspricht der romantischen Ideologie)
18 nach Max Lüthi
19 griech.= ,,Erzählung"
20 anhand Homers Epen (Ilias, Odysse (8.Jh.v.Chr.))
21 Der R hatte starke Gegner z.B. unter den Calvinisten, die auch gegen das Theater eingestellt waren.
22 Amadis v. Gallien
23 span.: novela picaresca. ,,Schelm" = urspr. Kadaver, Aas; später = Schimpfwort für Betrüger, Dieb, Verräter usw.; im 19.Jh. erst heutige Bedeutung von lose, neckisch usw. ALSO: Roman über einen Betrüger
24 zu diesem Zeitpunkt auch Entstehung des bürgerlichen Trauerspiels
25 Tendenz in der Aufklärung: - Gebot der Wahrscheinlichkeit wird dringender - vereinfachte Handlungsstrukturen
26 Entstehung in England: Samuel Richardson: Pamela (1740); Clarissa (1747/8); Sir Charles Grandison (1753). Dann Rousseau: La nouvelle H é loise (1759) - Natur als Medium und Stimulanz der Gefühlserregung
27 Werther schreibt immer aus dem Unmittelbaren, spontan
28 Umgestaltung des mit der Erbsünde belasteten Menschen; Bildung nach Gottes Bild
29 Die Erziehung ist ein zentrales Konzept der Aufklärung (Bildung des Verstandes, der Ratio --> Vorstellung des freien Individuums (vs. Normen der ständischen Gesellschaft)
30 Vorbild für den Roman war ein realer Vorfall, den Flaubert in der Zeitung gelesen hatte.
31 auch in Deutschland (Gottfried Keller)
32 auch in Lehrjahre des Herzens
33 außer z.B. Dramen v. Gerhart Hauptmann
34,,Determinismus bei Zola"
35 Tendenz zur Verklärung (im Ggs. zur russ. und frz. Lit.); Fontane findet Zolas Schreiberei ,,niedrig", zu häßlich
36 vs. speziellere Zeitromane (Kriegsroman; DDR-Roman)
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Unterschied zwischen Roman und Epos vor dem 18. Jahrhundert?
Vor dem 18. Jahrhundert galt der Roman als die am wenigsten populäre Textgattung. Er fand sich hauptsächlich als Versroman (Homer, Vergil). Erst im späten Mittelalter kam der Prosaroman auf.
Welche Merkmale kennzeichnen die Epik im Gegensatz zur Lyrik?
Im Gegensatz zur Lyrik zeichnet sich die Epik durch das Vorhandensein eines Erzählers und eine vielschichtige zeitliche Dimension aus.
Welche Grundformen des Erzählens gibt es?
Die Grundformen des Erzählens sind auktorial, personal und neutral. Mischformen sind üblich.
Was bedeutet auktoriales Erzählen?
Auktoriales Erzählen zeichnet sich dadurch aus, dass der Erzähler aus einer souveränen Überschau spricht, allwissend sein kann, das Erzählte kommentiert und bewertet, und Selbstreflexionen über die Art des Erzählens einfügt.
Was ist personales Erzählen?
Personales Erzählen erfolgt aus der Perspektive einer Figur des Handlungszusammenhangs. Es gibt keine souveräne Wissensbasis und Distanz.
Was versteht man unter äußerlicher und innerlicher Wahrnehmungsbeschränkung beim personalen Erzählen?
Äußerliche Wahrnehmung beschränkt die Wahrnehmung auf das, was sich im Gesichtsfeld der erzählenden Figur befindet. Innerliche Wahrnehmung ermöglicht die Darstellung innerer Vorgänge subjektiv und emotional.
Was bedeutet neutrales Erzählen?
Neutrales Erzählen vermeidet die Sicht einer Figur und das In-den-Vordergrund-Rücken des Erzählers. Die Figur spricht in direkter Rede, oder der Erzähler enthält sich Kommentaren und Überblickswissen.
Was ist die Ich-Erzählung?
In der Ich-Erzählung tritt der Erzähler als "Ich" hervor und ist zugleich eine Person der Erzählung. Er muss dabei nicht immer die Hauptperson sein.
Was sind Personenrede und Inquit-Formeln?
Personenrede sind alle Äußerungen, die einer Handlungsfigur entspringen. Inquit-Formeln sind Elemente wie "sagte sie..." oder "er meinte...", die typisch für die auktoriale Vermittlung sind.
Was ist der Unterschied zwischen direkter und indirekter Rede?
Direkte Rede ist unmittelbar, während die indirekte Rede Aussagen in den Konjunktiv und die 3. Person verschiebt und eine stärkere Distanz des Erzählers zum Erzählten bewirkt.
Was ist ein Innerer Monolog?
Der Innere Monolog ist eine Art stummer Monolog ohne Hörer, der immer in der Ich-Form und im Präsens steht. Er gibt innere Bewusstseinsprozesse wieder.
Was ist die Erlebte Rede?
Die Erlebte Rede ist ein wichtiges Kunstmittel der Moderne, gekennzeichnet durch Indikativ 3. Person, episches Präteritum und Wechsel zwischen direkter und indirekter Rede. Der Autor "steigt in den Erzähler hinein".
Was bedeuten epische Rückwendung und Vorausdeutungen?
Epische Rückwendung (Rückblende) bedeutet, dass der Erzähler zeitlich zurückgreift und die Vorgeschichte schildert. Vorausdeutungen blicken in die Zukunft und perspektivieren die Lektüre.
Was ist ein Leitmotiv?
Ein Leitmotiv ist eine einprägsame, immer wiederkehrende Aussage oder ein Wort, das ein sinnstiftendes Kontinuum herstellt.
Was bedeuten Zeitdehnung und Zeitraffung?
Zeitdehnung bedeutet, dass die Erzählzeit (EZ) die erzählte Zeit (eZ) überschreitet. Zeitraffung bedeutet, dass die EZ die eZ unterschreitet.
Was sind die Merkmale einer Novelle?
Eine Novelle ist ereignishaft, neu, einsträngig, konzentriert und pointiert. Sie unterscheidet sich von der Kurzgeschichte durch den Fokus auf das Neue und Unerhörte.
Was sind die Unterschiede zwischen älteren Novellen und Novellen des 19. Jahrhunderts?
Ältere Novellen fokussieren auf äußere Handlung und Ereignishaftes, während Novellen des 19. Jahrhunderts psychologische Vertiefung, Reflexion geschichtlicher Bedingungen und Einbeziehung der Umwelt der Protagonisten beinhalten.
Was sind die wichtigsten Märchensammlungen?
Die wichtigsten Märchensammlungen sind "1001 Nacht", "Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm" und die Märchen von Hans Christian Andersen.
Was unterscheidet Kunstmärchen von Volksmärchen?
Kunstmärchen stammen von Dichtern, während Volksmärchen aus mündlicher Überlieferung stammen.
Was sind die typischen Merkmale des europäischen Volksmärchens?
Typische Merkmale sind eine einfache, linear voranschreitende Handlung, ein deutlich abgehobener Held, typisierte Nebenfiguren, scharfe Kontraste und eindeutige Farben, Formen und Materialien.
Was sind die Merkmale des Epos?
Das Epos ist in Versen geschrieben und bewegt sich in abgehobenen Sphären. Die Hauptgestalten sind übernatürliche Helden, und das Tun des Helden ist durch Ehre bestimmt.
Was sind formelhafte Elemente im epischen Stil?
Formelhafte Elemente sind stehende Beinamen, feststehende Formeln für Beginn und Ende von Reden und Abläufen, typische Szenen und großangelegte Gleichnisse.
Wie kam es zur Gattungsbezeichnung "Roman"?
Der Begriff "Roman" entstand aus der sprachlichen Charakterisierung von Werken in der Vulgärsprache, afrz. "romanz".
Was waren die Grundprobleme des frühneuzeitlichen Romans?
Die Grundprobleme waren mangelnde Realitätsbezogenheit und wirre Phantastik. Der Amadis-Roman prägte die Vorstellung vom Roman als etwas Unwahrscheinliches.
Was ist ein Schelmenroman?
Der Schelmenroman ist ein "Gegenschlag realistischer Desillusionierung". Die Hauptperson ist ein Antiheld niederster Abstammung.
Wie unterscheidet sich "Don Quijote" vom reinen Schelmenroman?
Im Gegensatz zum normalen Schelm wird Don Quijote aus dem Schaden nie klug und erfährt nie das desengaño. Er vereint komische und tragische Elemente.
Wie entwickelte sich der bürgerliche Roman?
Der barock-höfische Roman ging Ende des 18. Jahrhunderts in den bürgerlichen Roman über. Bürgertum und bürgerliche Lesegesellschaften entwickelten sich, und bürgerliche Romanhelden wurden als Identifikationsfiguren erwartet.
Was ist der Briefroman und welche Bedeutung hatte er in der Empfindsamkeit?
Der Briefroman kultivierte und intensivierte das Gefühlsleben und subjektivierte das Erleben. Er diente als Medium gefühlhafter Aussprache.
Was sind die Merkmale des Bildungsromans?
Der Bildungsroman zeichnet das Hineinwachsen eines Menschen in die Realität, die Ausbildung einer eigenen Lebensform. Leitbegriffe sind Bildung und Individualität.
Was ist der Gesellschaftsroman?
Im Gesellschaftsroman ist nicht mehr der Einzelne Hauptsujet, sondern die Gesellschaft. Der Einzelne ist Repräsentant seiner Klasse.
Was sind die Merkmale von Fontanes Realismus?
Fontanes Realismus zeichnet sich durch differenzierte Darstellung der gesellschaftlichen Verhältnisse seiner Zeit, Darstellung verschiedener Milieus, Anpassung der Menschen an das Gesellschaftssystem und Relativierung aller Phänomene und Figuren aus.
Wie unterscheidet sich der frz. Realismus von Fontanes Realismus?
Der frz. Realismus ist wesentlich härter und desillusionierender als Fontanes Realismus.
Wie unterscheidet sich der Naturalismus vom Realismus?
Der Naturalismus zeigt eine neue Grundperspektive, die Realität der sozialen Not in den untersten Schichten. Der Mensch ist fremdbestimmt und Opfer der sozialen Verhältnisse.
Was sind die Hauptmerkmale des Epochenromans im 20. Jahrhundert?
Es wird ein umfassendes Gesamtbild der Epoche entworfen, und das Wesen und die tieferen Gründe sollen erfasst werden. Die Gestalten werden zu Repräsentanten zeitgeschichtlicher Strömungen und geschichtlicher Befindlichkeiten.
Welche erzählerischen Innovationen gab es im modernen Roman des 20. Jahrhunderts?
Zu den Innovationen gehören die Ersetzung des zeitlichen Nacheinanders durch ein zeitliches Nebeneinander, die diskontinuierliche Erzählweise und die Montagetechnik.
- Quote paper
- Berthold Metz (Author), 2000, Gattungen - Epik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/97524