Inhaltsübersicht
1 Einführung
1.1 (A-B)n Blockcopolymer-Architekturen
1.2 Strukturbildung in (A-B) Di-Blockcopolymerschmelzen
1.3 Grenzfall schwacher Segregation
1.4 Grenzfall starker Segregation
1.5 Phasendiagramme
1.6 Verhalten von Blockcopolymeren an Oberflächen
2 Monte Carlo Simulationen
2.1 Problemstellung: Phasentrennung in dünnen Filmen
2.2 Simulationsmodell
2.3 Algorithmus
2.4 Resultate
2.4.1 Ordnungsparameterprofile
2.4.2 Schichtdicken-Temperatur Zustandsdiagramme
3 Zusammenfassung
1 Einführung
Blockcopolymere sind Makromoleküle, die aus Blöcken jeweils chemisch unterscheidbarer Monomere bestehen. Sie finden zum Beispiel Anwendung, wenn gezielt Oberflächeneigenschaften verändert werden sollen. Beispiele sind klebende oder schmierende Oberflächen, die ihre Eigenschaften von an adsorbierten Blockcopolymeren erhalten. Sie können hergestellt werden, indem ein Ende des Copolymers so beschaffen ist, daß es adsorbiert und das freie Ende (oder auch mehrere) die gewünschten modifizierten Oberflächeneigenschaften erzeugt.
In der folgenden Arbeit sollen monodisperse Blockcopolymere mit wohldefinierten Architekturen und deren Verhalten an Oberflächen betrachtet werden. Wesentliche theoretische Beiträge zum Verhalten im Bulk lieferten L. Leibler1 und E. Helfand/Z. Wassermann2. Das Verhalten von symmetrischen Di-Blockcopolymeren wurde v on Fredrickson und Helfand3 betrachtet. Diese Arbeiten sind jedoch für unsere Zwecke zu umfangreich. Statt dessen wird im folgenden zunächst ein allgemeiner Überblick über die wichtigsten Eigenschaften von Blockcopolymeren. Im zweiten Teil werden dann interessante Monte Carlo Simulationen vorgestellt, in denen das Verhalten einer monodispersen Di-Blockcopolymerschmelze zwischen zwei harten Grenzflächen (Wänden) untersucht wird.
1.1 (A-B) n Blockcopolymer-Architekturen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Für das grundlegende Verständnis von Blockcopolymeren sind monodisperse (A-B)n Blockcopolymerschmelzen mit wohldefinierten Architekturen wichtig. Unter ,,monodispers ... mit wohldefinierten Architekturen" ist zu verstehen, daß die Schmelze nur aus einer einzigen Sorte Blockcopolymeren mit identischen Konfigurationen besteht. Der Index n bezeichnet die Anzahl der A-B Di- Blockcopolymere. Blockcopolymere, die aus zwei unterschiedlichen Monomerblöcken A und B bestehen, werden betrachtet. Im Gegensatz dazu gibt es auch (A-B-C)n Blockcopolymerschmelzen etc., die im folgenden aber keine Rolle spielen werden.
In Abbildung 1 sind Beispiele für n=1, n=2 und n=4 gezeigt. Die durchgezogenen Linien stellen zum Beispiel einen Block von Monomeren der Sorte A und die gestrichelten einen der Sorte B dar. Die einfachste und am häufigsten in der Praxis vorkommende Architektur ist das Di-Blockcopolymer mit n=1.
1.2 Strukturbildung in (A-B) Di-Blockcopolymerschmelzen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Di-Blockcopolymerschmelze im geordneten (mikrophasenseparierten) und ungeordneten Zustand.
Wie in den vorangegangenen Seminarbeiträgen schon ausführlich dargestellt, sind der Polymerisationsgrad N, die Komposition f (Volumenanteil der A Monomere an der Schmelze) und der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter _ für das Phasenverhalten einer Schmelze verantwortlich. _ bezeichnet in unserem Fall die Wechselwirkung zwischen benachbarten A und B Monomersegmenten und ist im allgemeinen umgekehrt proportional zur Temperatur. Analog gilt das auch für Blockcopolymere, wobei es nicht zu einer Phasenseparation im bisherigen Sinne kommen kann, da die A-Phase chemisch mit der B- Phase (mikroskopisch) verbunden ist. Die Polymerketten können sich jedoch in der Schmelze ausrichten, so daß sich lokale Bereiche mit einem Exzeß an A bzw. andere lokale Bereiche mit einem Überschuß an B-Blöcken ausbilden. Diese sogenannte Mikrophasenseparation ist für das Beispiel einer symmetrischen (A-B) Di-Bblockcopolymerschmelze in Abbildung 2 gezeigt. Rechts ist die Schmelze in der ungeordneten, entropisch günstigen Phase. Links ist der mikrophasenseparierte Zustand zu sehen, in dem die (repulsive) Segment-Segment Wechselwirkung dominiert. Es bildet sich eine lamellare Struktur aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Dichteschwankungen der Monomerblöcke vom Typ A. Im Grenzfall
schwacher Segregation (oben) variiert das Dichteprofil sinusförmig mit kleiner Amplitude, im Grenzfall starker Segregation fast rechteckförmig mit großer Amplitude.
Der Übergang von der ungeordneten zur mikrophasenseparierten Phase wird Order/Disorder Transition (ODT) oder Microphase Separation Transition (MST) genannt. Bei gegebener Architektur n und Komposition f ist die Freie Energiedichte des Systems nur noch durch das Produkt _N, die sogenannte Inkompatibilität, bestimmt. Das genaue Verhalten am ODT, beziehungsweise MST, ist komplex und zum Teil noch unverstanden. Zum Beispiel wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ob der Übergang von der geordneten in die ungeordnete Phase ein Phasenübergang erster oder zweiter Ordnung sei. Es lassen sich jedoch eindeutige Grenzfälle festlegen, wo Theorie und Experiment in guter Übereinstimmung. Für den Fall kleiner Inkompatibilität _N << 1 liefert die Entropie den entscheidenden Beitrag zur freien Energiedichte. Somit findet nur sehr schwache oder gar keine Mikrophasenseparation statt. Man spricht vom Grenzfall schwacher Phasentrennung, dem Weak Segregation Limit (WSL). Ist hingegen _N >> 10 wird die Entropie klein gegen die Mischungsenthalpie und es kommt zu starker Mikrophasenseparation. Man spricht vom Grenzfall starker Phasentrennung, dem Strong Segregation Limit (SSL), vergleiche Abbildung 3. Die Größe der lokalen mikroseparierten Bereiche entspricht etwa dem Gyrationsradius.
1.3 Grenzfall schwacher Segregation
Der Grenzfall schwacher Segregation dient als Ausgangspunkt unserer Überlegungen. Die Schmelze ist im ungeordneten (oder nur schwach) geordneten Zustand, wenn zum Beispiel entweder die Temperatur groß ist oder (und) die Polymerketten kurz sind. Das Dichteprofil für eine Segmentsorte variiert sinusföfmig mit kleiner Amplitude. Die Wellenlänge dieser Schwankungen ist von der Größenordnung eines Gyrationsradiuses. Wird die Inkompatibilität _N erhöht, beispielsweise durch Temperaturerniedrigung, vergrößert sich die Amplitude der Dichteschwankungen.
1.4 Grenzfall starker Segregation
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Struktur einer mikrophasenseparierten Blockcopolymerschmelze im Grenzfall starker Segregation (SSL). Je nach Konfiguration f bilden sich sehr unterschiedliche Phasen aus.
Im Grenzfall starker Segregation (SSL, _N >> 10) sind die Phasen fast komplett separiert. Die dicke der Grenzschicht zwischen zwei Mikrophasen ist im Verhältnis zur Mikrodomänengröße klein (_a _1 /2 _ 10 Å, wobei a die Länge eines Segmentes bezeichnet). Die Konfiguration einer Schmelze im SSL bei einer gegebenen Komposition f wird durch die folgenden drei konkurierenden Beiträge zur Freien Energiedichte bestimmt:
1. Die repulsive Wechselwirkung unterschiedlicher Segmente wird bei sinkenden Temperaturen mehr und mehr zur bestimmenden Größe. Ihr Beitrag zur Freien Energiedichte wird bei einer linearen Anordnung der Mikrophasen, wie zum Beispiel in Abbildung 2 skizziert, minimal.
2. Die Segment-Segment Wechselwirkungsenergie ist bei starker Segregation in der Grenzschicht zwischen A und B Phase lokalisiert. Das System strebt - analog einer Seifenblasenoberfläche - die Minimierung dieser Grenzflächen an.
3. Streckung oder Kontraktion der Polymerketten führt zu Entropieverlust. Die Polymerketten sind also bestrebt unter Entropiegewinn einen ,,Kneuel" mit dem Gyrationsradius der freien Polymerkette zu bilden.
Wie stark die obigen Punkte jeweils zur Freien Energiedichte beitragen, hängt von der Inkompatibilität _N ab. Die ersten beiden genannten Beiträge dominieren bei tiefen Temperaturen, letzterer bei hohen. Struktur und Größe der lokalen Bereiche können je nach Komposition sehr unterschiedlich sein. Helfand und Wassermannii haben eine Diffusionsgleichung aufgestellt, die diese drei konkurrierenden Kräfte berücksichtigt. Die Lösungen beschreiben die Mikrophasenseparation qualitativ richtig. Für f=1/2 (symmetrische Di-Blockcopolymere) ergibt sich, wie bereits gezeigt, eine lamellare Struktur.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: OBBD-Phase der Di-Blockcopolymerschmelze
Andere Beispiele sind in Abbildung 4 für eine Polystyrol-Polyisoprenschmelze gezeigt. Die weißen Raumbereiche bezeichnen die Polystyrolphase. Neben der sphärischen, der zylindrischen und der lamellaren Struktur wurde eine weitere, spektakuläre Konfiguration entdeckt, die sogenannte Ordered Bicontinous Double Diamond Phase (OBDD-Phase). In Abbildung 5 links ist eine Schnitt durch eine in die OBDD Phase separierte Schmelze gezeigt, welcher mittels Transmission Electron Microscopy (TEM) bestimmt wurde. Rechts ist ein analoger Schnitt durch eine OBDD Struktur dargestellt, der in einer Computersimulation gewonnen wurde.
1.5 Phasendiagramme
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Phasendiagramm für eine Di-Blockcopolymerschmelze4
Quantitative Aussagen zur Mikrophasenseparation erhalten Leibler et al. und Semenov et al.5 in ihren Berechnungen. Ausgehend vom WSL konstruierten sie eine Erweiterung zum klassischen Landauverfahren, das mikroskopische Fluktuationen einbezieht. Dadurch erhalten sie gute Resultate für den Dichteordnungsparameter in der Nähe der Phasenübergänge. In Abbildung 6 ist ein theoretisches Phasendiagramm (Leibler) gezeigt. Es ist in guter Übereinstimmung mit den bisher gezeigten Resultaten. Wird _N stetig erhöht passiert man die Phasengrenzen ungeordnet/BCC-sphärisch, sphärisch/hexagonal-zylindrisch und zylindrisch/lamellar. Im Gegensatz zur Theorie werden im Experiment die Phasenübergänge, wie bereits gesagt, erst für _N >> 10 beobachtet.
1.6 Verhalten von Blockcopolymeren an Oberflächen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In den obigen Abschnitten wurde das Verhalten von Blockcopolymerschmelzen in Abhängigkeit ihrer Inkompatibilität _N kurz skizziert. Dabei wurden nur Bulkeigenschaften diskutiert. In der Nähe einer Grenz-, beziehungsweise Oberfläche muß jedoch deren Wechselwirkung mit den Polymerkomponenten in Betracht gezogen werden. Im allgemeinen haben die Monomersorten eines (A-B) Diblockcopolymers unterschiedliche Affinitäten bezüglich einer Substratoberfläche und es kommt zu einer oberflächeninduzierten Mikrophasenseparation in Oberflächennähe. Im Grenzfall schwacher Segregation, WSL, _N < (_N)ODT, könnenen sich also trotz des ungeordneten Zustands im Bulk in einer dünnen Schicht an der Oberfläche separierte Mikrophasen ausbilden (siehe Abbildung 7). Im Falle des SSL, _N > (_N)ODT kann es zu einer oberflächeninduzierten Störung der (Bulk-)Ordnung kommen. Wichtig ist die Unterscheidung von freien und festen Oberflächen. An freien Oberflächen können Verformungen der Oberfläche auftreten, sofern sich dadurch eine Minimierung der Freie Oberflächenenergiedichte erreichen läßt. Andererseits zwingen ,,harte" Grenzflächen die Schmelze in eine feste Geometrie, wodurch es zum Konflikt zwischen der (eingeschränkten) Geometrie und dem Bestreben der Schmelze eine gewisse Struktur auszubilden, kommen kann.
2 Monte Carlo Simulationen
Computersimulationen sind ein wichtiges Hilfsmittel der theoretischen Physik, insbesondere dann, wenn die Fragestellungen so komplex werden, daß analytische und andere numerische Lösungsverfahren nicht mehr möglich beziehungsweise schwer ausführbar, sind. In der Regel stecken vereinfachende Annahmen in einem Simulationsmodell, so daß häufig ergänzende theoretische und experimentelle Untersuchungen erforderlich sind, um die Qualität der Ergebnisse adäquat zu beurteilt. Im folgenden stellen wir die Arbeit von M. Kikuchi und K. Binder[[4]] vor, in der ein dünner Film einer symmetrischen Di-Blockcopolymerschmelze zwischen zwei harten Wänden simuliert wird. Wo es möglich ist, werden die Simulationsergebnisse im Zusammenhang mit analytischen Theorien und experimentellen Ergebnissen diskutiert.
2.1 Problemstellung: Phasentrennung in dünnen Filmen
Wie unter 1.4 beschrieben bildet eine symmetrische (A-B) Di-Blockcopolymerschmelze im SSL (zum Beispiel bei niedrigen Temperaturen) eine lamellare Struktur aus. Wird diese Schmelze an einer Seite von einem Substrat begrenzt, beziehungsweise darauf aufgebracht, so wird sich beim Abkühlen die Phase mit der größeren Affinität zur Grenzfläche dort lokalisieren. Ist die Zahl der Polymere unbegrenzt, geht die Dicke D des Filmes gegen unendlich. Ist sie begrenzt, dann bildet sich ein Film mit der Dicke , wobei l die Dicke einer Lamelle und n die Anzahl der sich ausbildenden lamellaren Schichten ist.
In der im folgenden vorgestellten Konfiguration wird die Schmelze von zwei parallel zu einander stehenden ,,harten Wänden" begrenzt. Ist die zweite in einem Abstand [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] angebracht, so wird sie vermutlich die Bulkordnung nicht störe und die Ränder nicht beeinflussen. Die Betrachtung unterscheidet sich bisher von der Situation im Bulk also nur dadurch, daß sich eine bestimmte Phase bevorzugt an den Rändern lokalisiert (Abbildung 8 a). Wird nun der Abstand D zwischen den beiden Wänden variiert, so daß er nicht mehr der ,,natürlichen" Schichtdicke D der Schmelze gleich ist, wird die Schmelze zwar beim Abkühlen bestrebt sein die lamellar geordnete Phase auszubilden, kann dies aber eventuell nur unter Aufwendung von Arbeit gegen die aufgezwungene Geometrie tun. Es sind verschiedene Strukturen denkbar:
- Es kommt zu einer Kontraktion oder Dehnung der Struktur, so daß die Dicke l einer Lamelle wächst oder kleiner wird. (Abbildung 8 b)
- Die Lamellen richten sich senkrecht zu den Wänden aus, da es eines größeren Energieaufwandes bedarf, die Struktur zu dehnen, als sie zu drehen. (Abbildung 8 c)
- Es kommt nicht mehr zur Phasenseparation (Abbildung 8 d). Die Schmelze bleibt auch nach dem Abkühlen in der ungeordneten Phase.
- Etwas ganz anderes, unerwartetes, passiert.
Die Frage nach der Struktur der Schmelze bei unterschiedlichen Temperaturen für jeweils unterschiedliche Schichtdicken [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] wird im folgenden mittels einer Monte Carlo Simulation untersucht.
Abbildung 8: a) Schmelze zwischen zwei identischen ,,harten Wänden" mit Affinität zu den B-Komponenten der Schmelze.[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]: b) Dehnung der lamellaren Struktur. c) Drehung lamellaren Struktur. d) ungeordnete Phase.
2.2 Simulationsmodell
In der Simulation von Kikuchi und Binderbedient wird die Polymeschmelze auf einem Gitter dargestellt (Abbildung 9). Jeder Gitterpunkt kann ein Monomer einer Polymerkette aufnehmen. Eine Polymerkette der Schmelze wird mittels eines Random-Walk-Verfahrens generiert: Dabei wird zufällig ein (noch nicht besetzter) Gitterpunkt ausgewählt und mit dem ersten Monomer der Kette besetzt. Nun wird ausgehend von diesem Punkt wiederum zufällig ein Vektor zu einem der benachbarten sechs Gitterpunkten ermittelt. Trifft man dabei auf ein schon besetztes Feld, muß die Kette verworfen und eine neue generiert werden. Alternativ kann auch nur der letzte Schritt verworfen und eine andere Richtung gewählt werden, um den Prozeß zu beschleunigen. Dadurch ergibt sich eine Wichtung einzelner Schritte, was allerdings unproblematisch ist, solange der Anfangszustand des Systems nicht interessiert. In Abbildung 10 ist ein zweidimensionales Gitter gezeigt, in das zwei symmetrische Diblockcopolymerketten gelegt wurden. Die Kreise bezeichnen A-Monomere, die Quadrate B-Monomere.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Die Schmelze wird auf einem Gitter simuliert. Die beiden harten Wände liegen in der x-y-Ebene. An den restlichen vier Seiten gelten periodische Randbedingungen.
Die Dimension des Gitters ist in unserem Falle X*Y*Z = L*L*D = 16*16*D, wobei die Dicke D zwischen 8 und 32 Punkten variiert wird. An den Grenzflächen L*L gelten periodische Randbedingungen, D*L sind die beiden ,,harten" Wände.
Das Gitter wird zu 80% mit Polymerketten gefüllt, die restlichen Gitterpunkte bleiben leer. Der Polymerisationsgrad ist N=16. Eine Kette besteht somit aus acht A-Monomeren und acht B-Monomeren. Leider ist damit die Bedingung _N >>10 nicht erfüllt, so daß der SSL nur näherungsweise simuliert werden kann. Längere Polymerketten würden die Simulation erheblich verlangsamen. Es wurde gezeigt, daß ein höherer Polymerisationsgrad das Simulationsergebnis nur wenig verbessert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 10: Polymerketten auf dem Gitter. A und B-Segmente wechselwirken mit nächsten Nachbarn anderer Ketten, aber auch der eigenen.
Die Energiewechselwirkungsparameter werden wie folgt festgelegt _AV = _BV = _BS = 0, _AS /_AB = ½, wobei die Indizes A, B, V und S für A-Monomer, B-Monomer, Leerstelle V und Oberfläche S stehen. _AB definiert die natürliche Energieeinheit des Modells. Wechselwirkungen existieren nur zu nächsten Nachbarn. Wir bezeichnen den Gesamtzustand aller Polymerketten auf dem Gitter mit i. Die Energie des Systems im Zustand i ist dann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei _AB und _AS die Wechselwirkungsparameter der A mit den B-Monomeren beziehungsweise mit der Oberfläche sind und n die Anzahl der jeweiligen Wechselwirkung darstellt. Die (inverse) Temperatur des Systems wird zwischen _AB / kB T = 0.3 und 0.6 variiert.
2.3 Algorithmus
Um diese Strukturen zu erzeugen, wird das System in einer Vielzahl von Monte-Carlo- Schritten equilibriert. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob die einzelnen Schritte physikalisch sinnvoll sind. Vielmehr ist wichtig, daß durch die geschickte Wahl der Schritte möglichst schnell ein Gleichgewichtszustand gefunden wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 11: Monte Carlo Schritte: a) Reptation. b) symmetrische Vertauschung.
In Abbildung 11 sind die beiden in der Simulation benützten Schritte gezeigt. Ein Simulationsschritt besteht entweder
(a) aus einer Reptationsbewegung oder
(b) aus einer symmetrischen Vertauschung der A und B-Segmente. (Die Segmentvertauschung ist unphysikalisch, beschleunigt aber den Prozeß erheblich, da sie viele Reptationsschritte ersetzt.)
Der Zufall entscheidet, welche Polymerkette welchen Schritt und (bei der Reptation) in welche Richtung machen soll. Wird ein Übergang von einer Konfiguration i nach einer Konfiguration j zufällig ausgewählt, so wird er mit der Wahrscheinlichkeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wirklich ausgeführt, wobei Ej und Ei die Energien der Zustände j und i sind. Ist (Ej - Ei) negativ, wird der Schritt auf jeden Fall durchgeführt, sonst nur mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit. Dieses Verfahren wird Metropolis-Algorithmus genannt und begründet sich in folgender Überlegung:
Die Wahrscheinlichkeit, im Gleichgewicht das System im Zustand j zu finden, ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Entsprechend des oben beschriebenen Algorithmus gilt für einen beliebigen Nichtgleichgewichtszustand folgende Ratengleichung für die zeitliche Änderung von pj
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] die Wahrscheinlichkeit für den Übergang vom Zustand i in den Zustand j ist. Der erste Summand beschreibt die Zahl Übergänge aus einem Zustand j in den Zustand i. Der zweite beschreibt die Zahl der Übergänge in den Zustand j. Im stationären Grenzfall (t __) gilt,
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
und somit, wenn die Gleichgewichtsverteilung der stationären Verteilung entsprechen soll, ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Eine hinreichende Bedingung für obige Gleichung ist
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
womit eine Beziehung gefunden ist, die das System für große Zeiten in einen Gleichgewichtszustand überführt.
Nach einer Vielzahl von Schritten kann so der Gleichgewichstzustand zu einer gegebenen Temperatur analysiert werden. Der Gleichgewichtszustand ist nach etwa vierzigtausend Schritten erreicht.
2.4 Resultate
Die Simulation liefert Ordnungsparameterprofile, die das System eindeutig beschreiben. Im folgenden werden drei Darstellungsarten für die Ordnungsparameterprofile verwendet:
1. __(z) = _A(z) - _B(z) aufgetragen gegen die z-Richtung (Abbildung 12 & Abbildung 13). Dabei ist _A(z) die Zahl der mit A-Monomeren besetzten Gitterpunkte, _B(z) die der mit B-Monomeren besetzten Gitterpunkten in der zu z gehörenden x-y-Ebene, jeweils normiert auf die Gesamtzahl der Gitterpunkte in dieser Ebene. Beispielsweise bedeutete __(1) = -1, daß die Grenzschicht bei z = 1 (linke Grenzfläche) zu 100 % mit B-Monomeren besetzt wäre. Es sind Ordnungsparameterprofile für Schichtdicken zwischen D = 8 und D = 32 gezeigt (Abbildung 12 a bis g). Für jede Schichtdicke wurden Simulationen bei vier unterschiedlichen Temperaturen durchgeführt. Die größte Temperatur ist stets größer als die Mikrophasenseparationstemperatur TMS und die kleinste Temperatur kleiner als TMS.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Dreidimensionale Darstellung des Gitters (Abbildung 14, Abbildung 15 ). Ein schwarzer Punkt bezeichnet einen mit einem A-Monomer besetzter Gitterpunkt. B-Monomere und Leerstellen sind nicht extra gekennzeichnet.
3. Zustandsdiagramme, in denen ein Ordnungsparameter gegen D und 1/T aufgetragen wird. Als Ordnungsparameter werden __ an den Rändern (Abbildung 17), __ in der Mitte (Abbildung 18) und der Gyrationsradius (Abbildung 19) gewählt.
2.4.1 Ordnungsparameterprofile
In Abbildung 12 und 13 sind die Ordnungsparameterprofile __(z) gezeigt. Bei D = 8 kommt es bei den tiefen Temperaturen zu einer eindeutige Mikrophasenseparation. An den Rändern bildet sich die B-Phase, im Innern die A-Phase (BAB). Mit steigender Temperatur tritt die Mikrophasenseparation schwächer auf. Die Domänengröße ist etwa d = 4 Gitterpunkte, was gerade dem Gyrationsradius entspricht und somit in guter Übereinstimmung mit der Theorie ist. Bei D = 10 ist die Domänengröße d = 5 (Bisherige Notation: Dicke l einer Lamelle) Gitterpunkte und der Übergang von der geordneten zur ungeordneten Phase bei steigenden Temperaturen deutlicher zu sehen. Bei D = 12 ist die Domänengröße d = 6 Gitterpunkte in der geordneten Phase. In der ungeordneten Phasen deutet sich jedoch schon die Ausbildung einer neuen, der größeren Schichtdicke eher angepaßten Struktur (BABAB) an (Domänengröße etwa d = 3). Die Profile sind sinusförmig, was ein Hinweis darauf ist, daß nicht genau der SSL simuliert wird (dazu sind die Molekülketten zu kurz). Trotzdem ist die erwartete lamellare Struktur in guter Näherung zu sehen. Für das Beispiel D = 30, das einen typisches Parameterprofil zeigt (Abbildung 13 l), ist in Abbildung 14 eine dreidimensionale Ansicht des Gitters gegeben. Darin ist die lamellare Struktur des Films bei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] mit einer Lamellendicke von d = 5 deutlich zu sehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12: Ordnungsparameterprofile D = 14 .. 20
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Abbildung 13: Ordnungsparameterprofile D = 22..32
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Abbildung 14: Schnitt durch einen Film der Dicke D = 32, thermalisiert bei der inversen reduzierten Temperatur von 0.6.
Im Gegensatz dazu ist bei der Schichtdicke D = 14 keine SSL-typische Mikrophasenseparation zu beobachten. Das liegt daran, daß die von der Schmelze bevorzugte lamellare Struktur mit der B-Phase an den Grenzflächen mit der typischen Domänengröße d = 5 nicht mehr vereinbar ist. Der offensichtliche Konflikt zwischen d und D führt dazu, daß sich scheinbar keine geordnete Phase mehr ausbildet. Betrachtet man die Konfiguration der Schmelze in allen drei Raumdimensionen, so sieht man, daß sich die lamellare Struktur mit der typischen Domänengröße trotzdem sehr deutlich ausgebildet hat. Diese ist jedoch nicht mehr parallel zu den Wänden, sondern um 90 Grad verdreht (Abbildung 15). Dabei muß das System zwar Energie aufwenden, da die B-Segmente die größte Affinität zur Wand haben. Der Energieaufwand ist jedoch größer, die (Gaußschen) Polymerketten so zu deformieren, daß die lamellare Konfiguration zwischen die beiden Wände paßten. Deshalb die gedrehte Konfiguration. Dieses Verhalten wird von Binder et al. in einer Abschätzung für sehr dünne Filme auch so vorausgesagt. Bisher konnte dieser interessante Effekt im Experiment nicht nachgewiesen werden, da es sehr schwer ist so dünne Filme zwischen zwei harten Wänden zu beobachten.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 15: D = 14. Die lamellare Konfiguration ist senkrecht zu den ,,harten Wänden" orientiert.
Läßt man die Schichtdicken weiter wachsen, so zeigt sich wieder das typische Bild, nun mit zwei A-Phasen im Innern. Für D _ 24 können sich drei A-Phasen ausbilden und entsprechend eine Vielzahl von A-Domänen bei größerem D. Analog zur Situation bei D = 14 verursacht der Konflikt zwischen der Schichtdicke und der natürlichen Domänengröße bei D = 24 eine Störung der typischen lamellaren Ordnung. Das Ordnungsparameterprofil ist unsymmetrisch, auf der rechten Seite ist deutliche Mikrophasenseparation in z- Richtung erkennbar, links nicht. Abbildung 16 zeigt die zugehörige dreidimensionale Konfiguration der Polymerketten. Man erkennt, daß eine Lamelle (im Bild oben) parallel zu den Wänden orientiert ist und unten drei Lamellen senkrecht zu den Wänden orientiert angeordnet sind. Diese Konfiguration ist ein Mischzustand der üblichen Anordnung und der gedrehten, wie in Falle D = 14. Die Orientierung der asymmetrischen Konfiguration ist zufällig, da keine der beiden Wände speziell ausgezeichnet ist. Ein Analogon hierzu ist die spontane Ausrichtung der magnetischen Dipole in einem Ising-Ferromagneten in einer zufälligen Richtung unterhalb der Curie-Temperatur. Durch Aufheizen verliert der Magnet seine Magnetisierung und die Dipole gehen in einen ungeordneten Zustand über, ähnlich dem hier untersuchten System der Diblockcopolymere.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16: D = 24. Konfiguration mit Lamellen parallel und senkrecht zu den Wänden.
Batrachtet man noch größere Schichtdicken, so werden keine gedrehten Strukturen mehr beobachtet. Der Energieaufwand für die notwendige Kontraktion der einzelnen Ketten wird bei zunehmender Schichtdicke relativ immer geringer.
Auch die oben erwähnte oberflächeninduzierte Mikrophasenseparation im WSL kann mittels der Simulation beobachtet werden. Am deutlichsten zu sehen ist sie bei einer Schichtdicke von D = 30 bei hohen Temperaturen.
Obwohl im Innern der Schmelze keine Mikrophasenseparation zu beobachten ist, gibt es in der Nähe der Ränder schwach geordnete Mikrophasen, die durch die Affinität der B-Monomere zur Wand verursacht wird.
2.4.2 Schichtdicken-Temperatur Zustandsdiagramme
Die Abhängigkeit der mittleren Ordnungsparameter an den Rändern, in der Mitte, beziehungsweise des Gyrationsradius, von der Schichtdicke und Temperatur wird in den folgenden Zustandsdiagrammen dargestellt (Abbildung 17, Abbildung 18 und Abbildung 19).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17: Mittlere Ordnungsparameter an den Rändern. Schwarze Bereiche bedeuten einen hohen Überschuß an B-Segmenten.
In Abbildung 17 ist das Phasenverhalten an den Wänden dargestellt. [__(1) + __(D)]/2 ist gegen die Schichtdicke und die Temperatur aufgetragen. Die schwarze Fläche steht für [__(1) + __(D)]/2 = -0.8, also komplette Mikrophasenseparation, maximaler Exzeß an B-Segmenten. Die weißen Bereiche stehen für [__(1) + __(D)]/2 = 0, der ungeordnete Zustand. Dazwischen sind ,,Äquipotentiallinien" (Ordnungsparameter konstant) gezeichnet, bei deren Übertritt von links nach rechts [__(1) + __(D)]/2 sich um 0.2 erniedrigt. Bei hohen Temperaturen ist bleibt der Ordnungsparameter an den Oberflächen für alle Schichtdicken nahezu konstant, die Schmelze befindet sich im ungeordneten Zustand. Bei tieferen Temperaturen sind drei große ,,schwarze" Bereiche zu beobachten, bei denen starke Mikrophasenseparation auftritt. Getrennt sind diese Bereich durch schmale Kanäle bei D _ 14 und D _ 24, wo es auch bei tiefen Temperaturen nicht zur Mikrophasenseparation (entlang der z-Richtung) kommt.
Eine ähnliches Diagramm ist in Abbildung 16 gezeigt. Hier ist [__(D/2) + __(D/2 + 1)]/2 als Ordnungsparameter gegen die Schichtdicke und die Temperatur aufgetragen. Helle Bereiche bezeichnen [__(1) + __(D)]/2 = +0.8 (A-Phase), dunkle Bereiche [__(1) + __(D)]/2 = -0.8 (B-Phase). Entlang der gestrichelten Linien ist [__(1) + __(D)]/2 = 0 konstant. Wiederum sind die drei Bereiche starker Mikrophasenseparation zu erkennen, getrennt durch die Bereiche um die gestrichelte Linie bei D _ 14 und D _ 24. Die gestrichelte Linie ist näherungsweise eine Gerade mit kleiner positiver Steigung. Das heißt, daß die (natürliche) Domänengröße bei sinkenden Temperaturen in z-Richtung leicht ansteigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: Ordnungsparamener in der Mitte. Schwarze Bereiche stehen für einen Überschuß an B-Segmenten, weiße für einen Überschuß an A-Segmenten. Entlang der gestrichelten Linien ist das System komplett im ungeordneten Zustand
Im letzten Diagramm (Abbildung 17) ist der Gyrationsradius (wiederum entlang der z-Achse) gegen die Schichtdicke und die Temperatur aufgetragen. In hellen Regionen ist der Gyrationsradius groß (d=6), in dunklen klein (d=4). Im Vergleich mit Abbildung 15 und Abbildung 16 zeigt sich, daß der Gyrationsradius im Zustand starker Mikrophasenseparation groß ist im Vergleich zu ungeordneten Zuständen.
3 Zusammenfassung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 19: Dunkle Bereiche stehen für kleinen, helle für großen Gyrationsradius.
Dibolockcopolymere können unterhalb der Mikrophasenseparationstemperatur Tmsfaszinierende Strukturen ausbilden, da dann die Inkompatibilität _N die Freie Energiedichte dominiert und die Mikrophasen zur Separation zwingt. Die beschriebenen komplexen Konfigurationen sind Minimalzustände der Freien Energiedichte des Systems. Bestimmend sind die drei Terme, welche die repulsive Segment-Segment-Wechselwirkung, das Bestreben des Systems die Grenzfläche zwischen den Phasen zu minimieren und die Kettenentropie beschreiben.
In der vorgestellten Arbeit von Kikuchi & Binder wird eine symmetrische Di- Blockcopolymerschmelze zwischen zwei harten Wänden mittels einer Monte Carlo Simulation untersucht. Der Abstand zwischen den Wänden und die Temperatur werden variiert. Bei tiefen Temperaturen separiert das System in lamellare Mikrophasen. Die sich ausbildende Ordnung wird jedoch gestört, wenn die vorgegebene Filmdicke nicht einem Vielfachen der Größe einer Mikrophase entspricht. Dramatische Auswirkungen hat die Störung nur bei dünnen Filmen (zwei, bzw. vier Gyrationsradien). Hier kommt es ganz, beziehungsweise teils, zur Drehung der Struktur.
Literaturangaben
1 Leibler, L. 1980. Macromolecules 13. Seite 1602.
2 Helfand, E., Wassermann, Z.R. 1982. Developements in Block Copolymers-1. New York: Applied Sciences. Seite 733.
3 Fredrickson, G. H., Helfand, E. 1988. J. Chem. Phys. 89. Seite 5890.
4 Bates, F. S., Rosedale, J. H., Fredrickson, G. H. 1990. J. Chem. Phys. 92. Seite 6255.
5 Semenov, A. N. 1989. J. Chem. Phys. 22. Seite 2849
- Quote paper
- Stefan Hirscher (Author), 1998, Blockcopolymere an Oberflächen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/96357