Bertolt Brechts Hauspostille kann weder als reiner Zeitzeuge der Klassen- und Parteienkämpfe der Jahre zwischen dem Kriegsende 1918 bis 1927 verstanden werden, noch als ein der Bibel vergleichbares religiöses Gebrauchsbuch. Bis zu seinem Tod gab sich Brecht mit seiner Gedichtsammlung nicht zufrieden, veränderte, strich einzelne Gedichte oder fügte andere hinzu. Daraus könnte man schließen, dass die Hauspostille der jeweiligen historischen und persönlichen Situation immer wieder neu angepasst werden sollte. Nicht der Verfasser und der Titel des Werkes sind wichtig, sondern der Besitzer und Benutzer der Hauspostille. Erst am Ende des Buches, im Anhang erfährt man etwas vom Postillen – Verfasser, doch auch hier wird mitgeteilt: „Die stille Lektüre ist für denjenigen, welcher wenig Zeit hat, nicht unbedingt erforderlich.“ Um sein soziales Anliegen zu formulieren, benötigte Brecht ein Moralsystem. Er ist betroffen vom Elend und den Widersprüchen der Zeit nach dem ersten Weltkrieg. Er sucht nach einer Form, einem Stil, einer Diktion. Er will provozieren und schlägt unerhört neue Töne an. Dabei gelangte der Provokateur und große Erneuerer wie zwangsläufig zu einer der ältesten Quellen der abendländischen Kultur, zur Bibel.
Aus der reichhaltigen Auswahl der Hauspostille habe ich zur näheren Untersuchung das Gedicht Vom ertrunkenen Mädchen ausgewählt. Obwohl hier sofort das Wasser, in Seen, Flüssen und auf den Meeren, das Schwimmen und die Schiffe aufzufallen scheinen, blieb doch vieles an der Hauspostille beim ersten Lesen unzugänglich. Brecht wusste dies und riet daher dem interessierten Leser zu aufmerksamen, langsamen und vor allem wiederholtem Lesen. Das wiederum zeigt, dass die Hauspostille oftmals eben nicht das ist und das birgt, was sie auf den ersten Blick zu sein scheint. Diese Grundgedanken Brechts versuche ich im Folgenden aufzuzeigen. Zunächst widme ich mich der Entstehung und Komposition der Hauspostille.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Entstehung
- Religiöser Bezug
- Inhalt
- Gedichtinterpretation: Vom ertrunkenen Mädchen
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht Bertolt Brechts "Hauspostille" und konzentriert sich auf das Gedicht "Vom ertrunkenen Mädchen". Sie betrachtet die Entstehung und den religiösen Bezug des Werkes und analysiert das Gedicht im Kontext der Hauspostille.
- Brechts "Hauspostille" als literarisches Werk mit vielschichtigen Bezügen
- Die Bedeutung der Entstehung und Komposition der "Hauspostille"
- Der religiöse Bezug von Brechts Werk und seine Parodie auf christliche Erbauungsliteratur
- Analyse des Gedichts "Vom ertrunkenen Mädchen" im Kontext der "Hauspostille"
- Brechts Absicht, die Lyrik vor dem künstlerischen Konsum zu schützen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt Bertolt Brechts "Hauspostille" vor und erläutert die Schwierigkeiten, das Werk in einem einfachen Rahmen zu verstehen. Es wird hervorgehoben, dass die Hauspostille nicht nur ein Zeitdokument der damaligen Zeit ist, sondern auch durch die ständige Überarbeitung und Anpassung Brechts eine vielschichtige Bedeutung erhält. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem Gedicht "Vom ertrunkenen Mädchen".
2. Entstehung
Dieses Kapitel beleuchtet die Entstehungsgeschichte der "Hauspostille". Die meisten Gedichte entstanden zwischen 1916 und 1925. Die erste Auflage erschien 1927 im Propyläen-Verlag, nachdem Brecht zuvor eine Taschenausgabe in kleiner Auflage hatte drucken lassen. Der Text geht auf die verschiedenen Publikationsformen der Hauspostille ein und beschreibt die Herausforderungen, die mit der Veröffentlichung verbunden waren.
3. Religiöser Bezug
Der religiöse Bezug der Hauspostille steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. Es wird die ursprüngliche Bedeutung des Wortes "Postille" im christlichen Kontext erläutert und gezeigt, wie Brecht diese Begrifflichkeit neu interpretiert. Die Hauspostille wird als eine Parodie auf christliche Erbauungsliteratur verstanden, die den Glauben an Gott nicht stärken, sondern eher desillusionieren soll.
Schlüsselwörter
Bertolt Brecht, Hauspostille, "Vom ertrunkenen Mädchen", Gedichtinterpretation, Entstehung, Komposition, religiöser Bezug, Parodie, christliche Erbauungsliteratur, Lyrik, Balladenform, künstlerischer Konsum.
- Quote paper
- Julia Trefzer (Author), 2006, Bertolt Brechts Hauspostille, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/92754