Sozialwissenschaftler benutzen viele Definitionen, um beispielsweise Länder zu kategorisieren. Die Republik Korea nannte man erst ‚newly industrialized country’ oder ‚Tigerstaat“ (als einen von vier ‚kleinen Tigern“ neben Hongkong, Taiwan und Singapur), dann ‚advanced economy’ und High Income Nation. Mit diesen Begriffen versucht man, der rasanten wirtschaftlichen Entwicklung des Landes gerecht zu werden, die innerhalb weniger Jahrzehnte aus einem bettelarmen Land ein OECD-Mitglied gemacht hat.
Das kleine Land auf der südlichen Hälfte der koreanischen Halbinsel im Pazifik hat eine beispiellose Entwicklung vollzogen: Die Wachstumszahlen der Wirtschaft waren enorm und die Exportlastigkeit erstaunte die Wirtschaftswissenschaftler, die solche Prozentsätze bisher nur bei Ländern erlebt hatten, die sehr viel bevölkerungsärmer waren. Die Politikwissenschaftler mussten sich die Frage nach einem Zusammenhang zwischen autoritären Systemen und der Entwicklungsleistung neu stellen, da die Republik Korea (im Folgenden: Südkorea) den längsten Zeitraum seiner Geschichte – immer von wenigen Wochen der Liberalisierung unterbrochen – von Militärs regiert und gelenkt worden ist. Seit seiner Gründung hat das Land neun offizielle Präsidenten an der Spitze der Regierung stehen sehen und neun Verfassungsänderungen erleben müssen. Drei der Präsidenten der Anfangsjahre, in deren Regierungszeit Südkoreas Aufstieg von einem der ärmsten zu einem der reichen Ländern der Erde fällt, hatten sehr autokratische Züge an den Tag gelegt, weswegen man auch von drei Diktaturen sprechen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichte
- Rahmenbedingungen und Strukturen der Anfänge
- Folgen der Fremdherrschaft und Fremdeinflüsse
- Konfuzianismus
- Japanisches Erbe
- US-Besatzung und -Hilfe
- Systemkonkurrenz mit dem Norden
- Entwicklungsdiktatur
- Das Militär als Entwicklungsvorantreiber
- Die Rolle des Staates im Entwicklungsprozess
- Importsubstitution (Rhees nationalistische Phase)
- Exportorientierte Entwicklung (Parks und Chens diktatorische Phase)
- „getting the prices right” versus „getting the prices wrong”
- Die Chaebŏl
- Repression
- Erfolge
- Kosten und Folgen der Entwicklung
- Änderung der sozialen Verhältnisse
- Umwelt
- Südkorea als ein Vorzeigeland der Modernisierungstheorie
- Die Modernisierungstheorie
- Anwendung der Theorie auf Südkorea
- Kritik an der Modernisierungstheorie im Bezug auf Südkorea
- Was macht das Südkoreanische Modell aus?
- Wichtige Komponenten des Erfolgs
- Gesonderter Blick auf den Konfuzianismus
- Konfuzianismus als Entwicklungsmotor
- Konfuzianismus als Entwicklungshemmnis
- Ist das südkoreanische Modell übertragbar bzw. wiederholbar?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die rasante wirtschaftliche Entwicklung Südkoreas von einem armen Land zu einem OECD-Mitglied zu analysieren. Der Fokus liegt dabei auf der Zeit der diktatorischen Regime von 1948 bis 1987. Untersucht werden die Besonderheiten des südkoreanischen Entwicklungsprozesses, die Rolle des Staates und des Militärs, sowie die Bedeutung des Konfuzianismus.
- Die Rolle des autoritären Staates in der wirtschaftlichen Entwicklung Südkoreas
- Der Einfluss des Konfuzianismus auf den Entwicklungsprozess
- Analyse der exportorientierten Entwicklungsstrategie
- Die Bedeutung der Chaebols für den wirtschaftlichen Erfolg
- Soziale und ökologische Kosten der Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt den beeindruckenden wirtschaftlichen Aufstieg Südkoreas und stellt die Forschungsfrage nach den Ursachen dieses Erfolgs in den Kontext der Beziehung zwischen autoritären Systemen und wirtschaftlicher Entwicklung. Die Arbeit konzentriert sich auf die Zeit der ersten fünf Republiken unter den diktatorischen Regimen und kündigt die Kapitelstruktur an, die die verschiedenen Aspekte des südkoreanischen Entwicklungsmodells beleuchtet.
Geschichte: Dieses Kapitel beleuchtet die geographische Lage Koreas zwischen China und Japan und die daraus resultierenden Herausforderungen. Es beschreibt die japanische Kolonialherrschaft mit ihren repressiven Maßnahmen und der Ausbeutung der koreanischen Bevölkerung. Der Zweite Weltkrieg und die Teilung Koreas entlang des 38. Breitengrades werden als entscheidende Weichenstellungen für die spätere Entwicklung dargestellt, die im Koreakrieg gipfelten und die Teilung zementierten.
Entwicklungsdiktatur: Dieses Kapitel analysiert die Rolle des Militärs und des Staates im Entwicklungsprozess Südkoreas. Es beschreibt die Strategien der Importsubstitution und der exportorientierten Entwicklung sowie deren Auswirkungen. Die Bedeutung der Chaebols als Wirtschaftskonglomerate wird ebenso behandelt wie die Repression und die sozialen sowie ökologischen Kosten des schnellen Wachstums. Die Zusammenfassung der verschiedenen Unterkapitel verdeutlicht das Zusammenspiel zwischen autoritärem Regime und wirtschaftlichem Erfolg.
Südkorea als ein Vorzeigeland der Modernisierungstheorie: Dieses Kapitel untersucht, inwieweit die Modernisierungstheorie auf den Fall Südkorea angewendet werden kann. Es analysiert die Theorie selbst und diskutiert ihre Stärken und Schwächen im Hinblick auf die südkoreanische Entwicklung. Es wird kritisch hinterfragt, ob die Theorie die Komplexität des südkoreanischen Erfolgs angemessen erklären kann.
Was macht das Südkoreanische Modell aus?: Dieses Kapitel untersucht die wesentlichen Faktoren des südkoreanischen Erfolgs. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Rolle des Konfuzianismus, der sowohl als Entwicklungsmotor als auch als Entwicklungshemmnis betrachtet wird. Es wird analysiert, wie die verschiedenen Komponenten des Modells zusammenwirken und zum wirtschaftlichen Aufstieg beigetragen haben.
Schlüsselwörter
Südkorea, Wirtschaftsentwicklung, Entwicklungsdiktatur, Modernisierungstheorie, Exportorientierte Industrialisierung, Chaebols, Konfuzianismus, Autoritarismus, Repression, Soziale Kosten, Ökologische Folgen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Text: Südkoreanisches Wirtschaftswunder
Was ist der Gegenstand des Textes?
Der Text analysiert die rasante wirtschaftliche Entwicklung Südkoreas vom armen Land zum OECD-Mitglied, insbesondere während der diktatorischen Regime von 1948 bis 1987. Er untersucht die Besonderheiten des südkoreanischen Entwicklungsprozesses, die Rolle des Staates und Militärs sowie die Bedeutung des Konfuzianismus.
Welche Themen werden im Text behandelt?
Der Text behandelt eine Reihe von Themen, darunter die Rolle des autoritären Staates in der wirtschaftlichen Entwicklung, den Einfluss des Konfuzianismus, die exportorientierte Entwicklungsstrategie, die Bedeutung der Chaebols, sowie die sozialen und ökologischen Kosten der Entwicklung. Die historische Entwicklung, beginnend mit der Kolonialzeit und dem Koreakrieg, wird ebenso beleuchtet wie die Anwendung der Modernisierungstheorie auf den südkoreanischen Kontext und die Übertragbarkeit des südkoreanischen Modells.
Welche Kapitel umfasst der Text und worum geht es jeweils?
Der Text gliedert sich in mehrere Kapitel: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Fokus auf die Zeit der ersten fünf Republiken unter diktatorischen Regimen vor. Das Kapitel Geschichte behandelt die geographische Lage Koreas, die japanische Kolonialherrschaft und die Teilung Koreas. Entwicklungsdiktatur analysiert die Rolle des Militärs und des Staates, die Strategien der Importsubstitution und der exportorientierten Entwicklung, die Bedeutung der Chaebols und die sozialen sowie ökologischen Kosten. Das Kapitel Südkorea als ein Vorzeigeland der Modernisierungstheorie untersucht die Anwendbarkeit der Modernisierungstheorie auf Südkorea. Was macht das Südkoreanische Modell aus? beleuchtet die wesentlichen Faktoren des Erfolgs, besonders die Rolle des Konfuzianismus. Schließlich wird die Frage der Übertragbarkeit des südkoreanischen Modells diskutiert.
Welche Rolle spielte der Staat und das Militär in der südkoreanischen Entwicklung?
Der Text betont die zentrale Rolle des autoritären Staates und des Militärs als treibende Kräfte der wirtschaftlichen Entwicklung. Der Staat lenkte die Entwicklung aktiv durch Strategien wie Importsubstitution und exportorientierte Industrialisierung. Das Militär agierte als Entwicklungsvorantreiber und spielte eine entscheidende Rolle in der Durchsetzung der staatlichen Politik.
Welche Bedeutung hatte der Konfuzianismus für die Entwicklung Südkoreas?
Der Text untersucht den Konfuzianismus sowohl als potenziellen Entwicklungsmotor (z.B. durch Betonung von Fleiß, Disziplin und Gemeinschaftsgeist) als auch als potenzielles Entwicklungshemmnis (z.B. durch Hierarchien und Autoritarismus). Die komplexe und ambivalente Rolle des Konfuzianismus im Entwicklungsprozess wird detailliert analysiert.
Welche Rolle spielten die Chaebols?
Die Chaebols, die großen südkoreanischen Familienunternehmen, werden als wichtige Akteure des wirtschaftlichen Erfolgs dargestellt. Der Text untersucht ihre Bedeutung für die Umsetzung der staatlichen Entwicklungspolitik und ihren Beitrag zum Wirtschaftswachstum.
Welche Kosten hatte die schnelle wirtschaftliche Entwicklung Südkoreas?
Der Text beleuchtet die sozialen und ökologischen Kosten des schnellen Wirtschaftswachstums, einschließlich der Repression, der Veränderung sozialer Verhältnisse und der Umweltbelastung.
Ist das südkoreanische Modell übertragbar?
Diese Frage wird im Text aufgeworfen und diskutiert, jedoch ohne eine definitive Antwort zu geben. Die Analyse der verschiedenen Faktoren des Erfolgs soll es dem Leser ermöglichen, selbst eine fundierte Einschätzung abzugeben.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren den Text?
Schlüsselwörter sind: Südkorea, Wirtschaftsentwicklung, Entwicklungsdiktatur, Modernisierungstheorie, Exportorientierte Industrialisierung, Chaebols, Konfuzianismus, Autoritarismus, Repression, Soziale Kosten, Ökologische Folgen.
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- Sarah-Anne Niggemann (Author), 2008, Der Entwicklungsfall Südkorea, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/91650