Mit der Öffnung der Berliner Mauer und der Grenzen zur Bundesrepublik Deutschland am 9. November 1989 rückte eine Frage in den Vordergrund, mit der man sich nie zuvor beschäftigt hatte, da sie einfach viel zu hypothetisch erscheinen mußte. Niemand hat je daran gedacht sich einmal mit der Frage auseinandersetzen zu müssen, was im Falle der Wiedervereinigung mit den deutschen Streitkräften geschehen würde. Es gab viele unterschiedlichen Auffassungen zu dieser Situation. Nicht wenige rechneten mit der kompletten Auflösung der NVA. Andere wiederum sahen einen "Zwei-Armeen-Staat".
Die wohl naheliegendste Möglichkeit war die Integration der NVA in die Bundeswehr. Doch war es überhaupt möglich die Menschen zweier Armeen zusammenzuführen, die Jahrzehnte lang in völlig gegensätzlichen Systemen dienten, die sich in zwei feindlichen Lagern gegenüberstanden? War es realisierbar zwei Armeen mit völlig verschiedenen Zielvorstellungen unter einen gemeinsamen Auftrag zu stellen? Konnte man den Klassenfeind von einst ohne weiteres als Kameraden ansehen? All diese Fragen in ihrer Tiefgründigkeit zu beantworten ist nahezu unmöglich. Man kann sich nur mit der Materie befassen, um Verständnis und Einsicht entwickeln zu können.
Diese Fragen sind keine, die man aus dem geschichtlichen Geschehen beantworten kann, da sie sich nur in den Köpfen der Betroffenen abspielen. An ihren Aussagen und ihrer Situation kann man vermutlich Zusammenhänge und Deutungen aufstellen und versuchen sie zu erläutern. Meine Arbeit wird sich daher auf die Probleme der Betroffenen sowie auf die rechtlichen und strukturellen Regelungen zur Bildung gesamtdeutscher Streitkräfte beziehen. Dabei standen mir Bücher und Zeitschriften zur Verfügung, aus denen ich mein gesamtes Wissen zum Thema bezog.
Als besonders eindrucksvoll und aussagekräftig empfand ich die zahlreichen Interviews mit den Soldaten der NVA. Die Auseinandersetzung mit den Problemen der Soldaten scheint mir wichtiger als die Auseinandersetzung mit strukturellen oder organisatorischen Problemen, da man das Bewußtsein eines Soldaten nicht so einfach lösen kann wie einen Verband oder eine Einheit.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Probleme aus der Sicht der NVA-Soldaten
- Feindbild BRD
- „Bloß nicht anecken“ - Parteidisziplin
- Orientierungslosigkeit und fehlende Zukunftsperspektive
- Der Einigungsvertrag
- Bestimmungen für wehrpflichtige Soldaten
- Bestimmungen für SaZ und Berufssoldaten
- Ruhende Dienstverhältnisse
- Vorläufiges Wehrdienstverhältnis
- Soldat auf Zeit für 2 Jahre
- SaZ für die Dauer von mehr als 2 Jahren und Berufssoldaten
- Stimmen zum Vertrag
- Das Bundeswehrkommando Ost
- Zur Entstehung
- Struktur
- Aufgaben - Auftrag
- Personalfragen
- Ausstattung und Material
- Unterstützung der ehemaligen sowjetischen Truppen in Deutschland
- Bilanz - Was kam danach?
- Schluß
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Integration der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR in die Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland nach der Wiedervereinigung. Sie analysiert die Herausforderungen und Probleme, die sich aus der Zusammenführung zweier Armeen mit unterschiedlichen ideologischen und strukturellen Hintergründen ergaben.
- Die Sicht der NVA-Soldaten auf die Wiedervereinigung und ihre Rolle in der neuen Bundeswehr
- Die Bedeutung des Einigungsvertrages für die Integration der NVA in die Bundeswehr
- Die Herausforderungen der Vergangenheitsbewältigung und des Umgangs mit dem Feindbild BRD
- Die Rolle des Bundeswehrkommandos Ost bei der Integration der NVA-Soldaten
- Die strukturellen und organisatorischen Veränderungen im Zuge der Integration
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung liefert einen Überblick über die historische Situation vor dem Hintergrund der Wiedervereinigung und die verschiedenen Perspektiven auf die Integration der NVA in die Bundeswehr. Sie stellt die zentralen Forschungsfragen und die Methodik der Arbeit vor.
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Problemen der NVA-Soldaten aus deren eigener Sicht. Es werden die gegensätzlichen Systeme der DDR und der BRD sowie die Herausforderungen der Vergangenheitsbewältigung beleuchtet. Die Analyse konzentriert sich auf das Feindbild BRD, die Parteidisziplin in der NVA und die Orientierungslosigkeit sowie die fehlende Zukunftsperspektive der Soldaten.
Das dritte Kapitel behandelt die rechtlichen und strukturellen Regelungen des Einigungsvertrages. Es werden die Bestimmungen für wehrpflichtige Soldaten und für SaZ und Berufssoldaten erläutert. Die Zusammenfassung der Kapitel konzentriert sich auf die wichtigsten Punkte des Einigungsvertrages, ohne detaillierte Rechtsanalysen zu liefern.
Kapitel vier beschreibt das Bundeswehrkommando Ost, seine Entstehung, Struktur und Aufgaben. Es beleuchtet die Integration der NVA-Soldaten in die Bundeswehr sowie die Unterstützung der ehemaligen sowjetischen Truppen in Deutschland. Der Fokus liegt auf den Herausforderungen und Erfolgen des Bundeswehrkommandos Ost bei der Integration der NVA.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Integration, NVA, Bundeswehr, Wiedervereinigung, Einigungsvertrag, Feindbild, Parteidisziplin, Orientierungslosigkeit, Zukunftsperspektive, Bundeswehrkommando Ost.
- Quote paper
- Marco Markus (Author), 1997, Die Integration der NVA in die Bundeswehr, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/905