In der sozialpsychologischen Forschung geht man vom Menschenbild des motivated social thinker aus. Dies bedeutet, dass der Mensch seine kognitiven Ressourcen intelligent, sparsam und zielgerichtet nutzt. Um die vorhandenen Kapazität seinen Wünschen entsprechend einsetzen zu können, steht ihm ein Arsenal von mentalen Strategien und shortcuts zur Verfügung, die diese Arbeit erleichtern können. Neben Stereotypen bedient sich der Mensch vornehmlich des Hilfsmittels der Urteilsheuristiken zur situativen und personalen Evaluation. Um einen Urteilsgegenstand auf einer Urteilsdimension einzuordnen, wird auf Urteilsstrategien zurückgegriffen. Das Hauptaugenmerk, auf welches bei der Wahl von Heuristiken Wert gelegt wird, sind die Erhöhung der Entscheidungsgeschwindigkeit und der Effizienz.
Entsprechend der Anzahl unterschiedlicher Situationen kommen unterschiedliche Heuristiken zum Einsatz. Man unterscheidet generell die availability heuristic (Faustregel bei der man sein Urteil auf Grund der Leichtigkeit des Erinnerns fällt), die representativeness heuristic (shortcut bei dem etwas entsprechend der Vergleichbarkeit mit einem typischen Fall beurteilt wird) und die anchoring and adjustment heuristic (mentale Strategie, bei der eine Einschätzung von einem Anfangswert beeinflusst wird). Ebenso werden counterfactual reasoning und in der neueren Forschung subjektive Empfindungen des Individuums als Hinweisreize (cues), die der Entscheidungsfindung dienen, zur Kategorie der Heuristiken gezählt.
Obwohl der positive Nutzen von Heuristiken im Vordergrund steht, sind es vor allem Fehlurteile, die zu wissenschaftlichem Erkenntnisgewinn führen. Das Zustandekommen solcher Fehler soll an dieser Stelle im Hinblick auf die Funktionsweise von Heuristiken genauer beschrieben und erläutert werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historische Einordnung
- Die Repräsentativitätsheuristik
- Die Verfügbarkeitsheuristik
- Verankerung und Adjustierung
- Kontrafaktisches Denken
- Heuristische Urteilsbildung durch Empfindungen
- Abschließende Bemerkungen und Alternativerklärungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Konzept der Urteilsheuristiken in der Sozialpsychologie. Es wird dargelegt, wie der Mensch seine kognitiven Ressourcen effizient nutzt, um schnell und zielgerichtet Entscheidungen zu treffen. Hierbei werden verschiedene Heuristiken vorgestellt und ihre Funktionsweise erläutert.
- Die Rolle von Urteilsheuristiken in der kognitiven Verarbeitung
- Die wichtigsten Heuristiken und ihre Anwendung in verschiedenen Situationen
- Die Auswirkungen von Heuristiken auf Urteilsfindung und Entscheidungsfindung
- Die Vor- und Nachteile des Einsatzes von Heuristiken
- Das Menschenbild des „motivated social thinker“ und seine Bedeutung für die Urteilsforschung
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Menschenbild des „motivated social thinker“ vor, das die Grundlage für die Verwendung von Urteilsheuristiken bildet. Es werden die verschiedenen Heuristiken wie Verfügbarkeitsheuristik, Repräsentativitätsheuristik und Verankerungs- und Anpassungsheuristik vorgestellt und deren Nutzen und mögliche Fehlurteile erläutert.
Historische Einordnung
Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der Forschung zu Urteilsheuristiken, beginnend mit der Bedeutung von Wahrscheinlichkeitstheorie und Glücksspiel in der Antike. Es wird der Fokus auf die frühen Studien von Meehl, Simon und Edwards gelegt, die zunächst von einem mathematisch-statistischen Ansatz ausgingen. Die Arbeit von Kahneman und Tversky, die die Verwendung von Heuristiken als „Faustregeln“ etablierten, wird ausführlich dargestellt. Schließlich werden die Entwicklungen der 90er Jahre, die sich auf subjektive Empfindungen als Hinweisreize konzentrierten, hervorgehoben.
Die Repräsentativitätsheuristik
Das Kapitel beschreibt die Repräsentativitätsheuristik, die auf dem Grad der Übereinstimmung zwischen einer Stichprobe und der Grundgesamtheit basiert. Es wird erläutert, wie Menschen prototypische Vorstellungen von verschiedenen Kategorien entwickeln und wie diese Vorstellungen die Urteilsbildung beeinflussen können. Die Arbeit geht auf die möglichen Fehler ein, die durch die Repräsentativitätsheuristik entstehen können, wie z. B. das Vernachlässigen von Basisraten.
Die Verfügbarkeitsheuristik
In diesem Kapitel wird die Verfügbarkeitsheuristik beleuchtet, die auf der Leichtigkeit des Abrufs von Informationen aus dem Gedächtnis basiert. Es wird gezeigt, wie die Verfügbarkeit von Informationen die Urteilsbildung beeinflusst und zu verzerrten Einschätzungen führen kann. Die Arbeit diskutiert die Rolle von Emotionen und Medienberichten bei der Beeinflussung der Verfügbarkeit von Informationen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt zentrale Themen der Urteilsforschung, wie z. B. Urteilsheuristiken, „motivated social thinker“, Verfügbarkeitsheuristik, Repräsentativitätsheuristik, Verankerungs- und Anpassungsheuristik, kontrafaktisches Denken, Fehlurteile und die Rolle subjektiver Empfindungen bei der Entscheidungsfindung. Die Arbeit beleuchtet die Bedeutung von Heuristiken als mentale Strategien zur Bewältigung kognitiver Anforderungen im Alltag und im wissenschaftlichen Kontext.
- Arbeit zitieren
- Henrik Peperkorn (Autor:in), 2002, Urteilsheuristiken, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/9041