Die Nacht, jene dunkle Tageszeit, fasziniert seit jeher Menschen in allen Kulturkreisen. Sie ist Symbol für alles Chaotische, Ungeordnete und Unbekannte. Vor allem aber ist sie jener Raum, aus dem alles entstand. So heißt es in der Genesis: "Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe [...]" Und laut alten orientalischen Überlieferungen war im Anbeginn "alles gleich einem Meere ohne Licht" Man setzt die Nacht gleich mit dem Dämonischen, mit dem Unwissen, sieht sie als von feindlichen Mächten bevölkerten Raum. Doch nicht nur Bedrohung geht von ihr aus, die Nacht kann auch eine wohltuende und beruhigende Erfahrung sein.
Die Nacht als sinnliche Erfahrung war es, die Joseph von Eichendorff so sehr anzog, so sehr beeindruckt hat. Die Nacht war für ihn eine ambivalente Erfahrung. Erlebte er sie einerseits als tröstlich und schützend, so war sie ihm doch andererseits eine Unheimliche, eine Schaurige und Beängstigende. Bei Neunzig findet sich dazu folgende Stelle:
"[...] er, der die glücklichste Kindheit hatte, die sich denken läßt, kannte die Schwermut, kannte die Verlockung, sich fallenzulassen, die Lust, sich zu verirren. Das Dämonische war für ihn nicht nur ein Wort. Wer in der Lage ist, die Dinge und die Natur sprechen zu lassen, ist nicht nur tastselig und gescheit, er hat die Schatten des Unheimlichen gesehen.."
Die Ambivalenz, mit der Eichendorff dem Motiv der Nacht begegnete, soll Thema dieser Arbeit sein. Dabei muß unterschieden werden zwischen seiner christlichen und seiner romantischen Nachtanschauung, die er häufig auch untrennbar miteinander verband. Im folgenden möchte ich an einigen ausgewählten Beispielen zeigen, wann Eichendorff der mythisch-romantischen Nachtsicht verhaftet bleibt und wann er seinen Rezipienten einen neuen, den christlichen Weg des bedingungslosen Gottvertrauens anbietet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Nacht im Kontext romantischer Naturphilosophie
- Nächtliche Erfahrungen Eichendorffs
- Romantische Nachtsicht
- Sehnsucht
- Zwielicht
- Christliche Nachtsicht
- Der Einsiedler
- Der stille Grund
- Romantische Nachtsicht
- Schluß
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Motivkreis der Nacht in Eichendorffs Lyrik. Ziel ist es, die ambivalente Wahrnehmung der Nacht bei Eichendorff zu beleuchten und seine christliche und romantische Nachtsicht zu differenzieren. Die Arbeit analysiert, wie Eichendorff das Motiv der Nacht verwendet, um sowohl mythisch-romantische als auch christlich-gläubige Perspektiven auszudrücken.
- Die Nacht als Symbol des Chaotischen und Unbekannten
- Die romantische Naturphilosophie und ihre Interpretation der Nacht
- Eichendorffs persönliche nächtliche Erfahrungen und ihre literarische Verarbeitung
- Der Gegensatz zwischen romantischer und christlicher Nachtsicht bei Eichendorff
- Die Darstellung des Gottvertrauens in Eichendorffs Lyrik im Kontext der Nacht
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach der ambivalenten Darstellung der Nacht in Eichendorffs Lyrik vor. Sie skizziert die Bedeutung der Nacht als Symbol in verschiedenen Kulturkreisen und hebt Eichendorffs besondere Faszination für dieses Motiv hervor. Die Ambivalenz zwischen tröstlicher und unheimlicher Wahrnehmung der Nacht wird als leitendes Thema der Arbeit benannt.
Die Nacht im Kontext romantischer Naturphilosophie: Dieses Kapitel untersucht die romantische Naturphilosophie und ihre Bedeutung für die Interpretation der Nacht in der Literatur. Es beschreibt den Wandel vom rein wissenschaftlichen Erleben der Natur hin zu einem sinnlichen und gefühlsmäßigen Erfassen des Geheimnisvollen. Die Nacht wird als ein besonderes Naturerlebnis betrachtet, das die alltägliche Welt in ein anderes Licht rückt und geistige und seelische Erfahrungen ermöglicht. Die Beiträge von Novalis mit seiner Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Nacht werden ausführlich diskutiert, wobei die innere Nacht als göttlicher Ursprung aller Dinge interpretiert wird.
Schlüsselwörter
Joseph von Eichendorff, Nacht, Romantik, Christentum, Naturphilosophie, Ambivalenz, Mythische Symbolik, Gottvertrauen, Lyrik, Sehnsucht, Dunkelheit.
Häufig gestellte Fragen zu: Eichendorffs nächtliche Lyrik
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das Motiv der Nacht in der Lyrik Joseph von Eichendorffs. Der Fokus liegt auf der ambivalenten Darstellung der Nacht und der Differenzierung zwischen Eichendorffs christlicher und romantischer Nachtsicht.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit untersucht, wie Eichendorff das Motiv der Nacht nutzt, um sowohl mythisch-romantische als auch christlich-gläubige Perspektiven auszudrücken. Sie beleuchtet die ambivalente Wahrnehmung der Nacht bei Eichendorff und differenziert zwischen seiner romantischen und christlichen Sichtweise.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Nacht als Symbol des Chaotischen und Unbekannten, die romantische Naturphilosophie und ihre Interpretation der Nacht, Eichendorffs persönliche nächtliche Erfahrungen und deren literarische Verarbeitung, den Gegensatz zwischen romantischer und christlicher Nachtsicht bei Eichendorff und die Darstellung des Gottvertrauens in Eichendorffs Lyrik im Kontext der Nacht.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Nacht im Kontext romantischer Naturphilosophie, ein Kapitel zu Eichendorffs nächtlichen Erfahrungen (unterteilt in romantische und christliche Nachtsicht), einen Schluss und ein Literaturverzeichnis. Es werden Kapitelzusammenfassungen angeboten.
Welche Rolle spielt die romantische Naturphilosophie?
Die romantische Naturphilosophie wird als wichtiger Kontext für das Verständnis von Eichendorffs Nacht-Darstellung untersucht. Der Wandel vom rein wissenschaftlichen zum sinnlichen und gefühlsmäßigen Erfassen der Natur und die Interpretation der Nacht als besonderes Naturerlebnis werden beleuchtet. Die Beiträge von Novalis, insbesondere seine Unterscheidung zwischen äußerer und innerer Nacht, werden ausführlich diskutiert.
Wie wird die Ambivalenz der Nacht dargestellt?
Die Arbeit betont die Ambivalenz der Nacht in Eichendorffs Lyrik. Die Nacht wird sowohl als etwas Tröstliches als auch als etwas Unheimliches dargestellt, wobei diese Ambivalenz ein zentrales Thema der Arbeit darstellt.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Joseph von Eichendorff, Nacht, Romantik, Christentum, Naturphilosophie, Ambivalenz, Mythische Symbolik, Gottvertrauen, Lyrik, Sehn-sucht, Dunkelheit.
Welche Kapitelzusammenfassungen werden gegeben?
Es gibt Kapitelzusammenfassungen für die Einleitung (Einführung in das Thema und die Forschungsfrage), das Kapitel zur romantischen Naturphilosophie (Untersuchung des Einflusses der romantischen Naturphilosophie auf die Interpretation der Nacht) und weitere Kapitel, welche die nächtlichen Erfahrungen Eichendorffs beleuchten.
- Arbeit zitieren
- Julia Irsch (Autor:in), 2000, Zum Motivkreis der Nacht in Eichendorffs Lyrik, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/8817