Eugen Berthold Brecht wurde im Jahre 1898 in Augsburg geboren und verfasste bis zu seinem Tode im Jahre 1956 über 2300 Gedichte. Die Gedichte Brechts wandten sich stets dem allgemeingültigen literarischen Verständnis von Lyrik zugunsten des „empfindsam-subjektiven Ausdruck“ , der Kritik und Sachlichkeit ab.
Im Jahre 1926 noch unter dem Titel „Taschenpostille“ bekannt, fand die „Hauspostille“ ihre Betitelung 1956 mit der Publikation der endgültigen Ausgabe. Bertolt Brecht wurde im Edieren der „Hauspostille“ mit diversen Problemen konfrontiert. Der erste Versuch der Edition scheiterte im Jahre 1938 mit der Herausgabe nur zweier Bände auf Grund der damaligen politischen Probleme.
1953 erschien eine Ausgabe nach dem „letzte Hand“ – Prinzip; Überschriften änderten sich und machten dadurch historische Bezüge fraglich. So gelang es erst 1956 Eva Hauptmann postum die endgültige Fassung, mit einem neuen Inhaltsverzeichnis nach der Edition, nach dem Editionsprinzip der letzten Hand zu publizieren.
Die „Hauspostille“ ist in 5 Lektionen unterteilt und soll nach Brecht ein Gebrauchsbuch darstellen, da Lyrik gebraucht werden muss und nicht amüsieren soll. Aus diesem Grund fügt Brecht in der „Hauspostille“ so genannte „Schlusskapitel“ ein, um die „Ausflüge“ des Lesers zu unterbrechen.
Brechts provokante Aussage über den Gebrauch von Lyrik im Kontrast zu den allgemeingültigen Vorstellungen von Lyrik zieht sich durch die gesamte Sammlung hindurch. Eine weitere Spannung erzeugt Brecht in dem er das Werk, als Anspielung auf einen religiösen Ritus, in 5 Lektionen unterteilt; ein vollkommener Kontrast zum Inhalt über Gott Verlassensein und der Animierung zum reinen Genuss des Lebens.
1956 wurde die „Hauspostille“, ergänzt durch die Gedichte „Orges Gesang/ Wunschliste“, neu zusammengestellt. Brecht selbst sieht sein Werk nicht als verbindlich, es ist vielmehr, auch auf Grund Datierungsverschiebungen, in seinem Verständnis abhängig von aktuellen Zeitgeschehnissen und Bezügen, in die es vom Leser gesetzt wird. Weiter benennt Brecht seine Werke als unvollendete Versuche, die das Kennzeichen der Vieldeutigkeit beinhalten. Jedoch nicht nur Mehrdeutigkeit, sondern auch das Übersteigen von Realitätsbezügen lassen eine Transzendenz erkennen.
Dennoch sind Brechts Werke historische Dokumente, deren Texte durch jede Aufführung, durch Bühnenbilder, Schauspieler und diverse andere Parameter eine neue Interpretation erfahren. Die Wahl der Titel in der „Hauspostille“ zeigt auch die Haltung Brechts gegenüber seinem Werk. Er selbst sieht sich nicht primär als Autor des Werkes, sondern auch als Beisitzer von „Bertolt Brechts Hauspostille“. Einsichten in das gesellschaftliche Leben werden im Werk ebenso geboten, wie auch „spielerische Momente“ darin Einzug erhalten. Ernst und Spaß treten in eine Art Wechselspiel und somit in Kontrast zu einer reinen (einseitigen) Autorenmeinung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erste Schaffensperiode Brechts
- Formales
- Paraphrase
- Entstehung des Gedichtes „Erinnerung an die Marie A.“
- Interpretation
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Bertolt Brechts Gedicht „Erinnerung an die Marie A.“ im Kontext seiner frühen Schaffensperiode. Ziel ist es, das Gedicht formal und inhaltlich zu untersuchen und seine Bedeutung innerhalb des Gesamtwerks Brechts zu beleuchten.
- Brechts frühe Lyrik und die Verneinung der Liebe
- Formale Aspekte des Gedichtes „Erinnerung an die Marie A.“ (Metrum, Reimschema)
- Interpretation des Gedichtinhalts und seiner Mehrdeutigkeit
- Brechts Abgrenzung von traditioneller Liebeslyrik
- Der „antibürgerliche Gestus“ in Brechts Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und gibt einen Überblick über Bertolt Brecht, seine „Hauspostille“ und die Herausforderungen bei der Edition des Werkes. Sie hebt Brechts provokante Sicht auf Lyrik als Gebrauchsgegenstand und nicht als reine Unterhaltung hervor, sowie die fünf Lektionen umfassende Struktur des Werkes im Kontrast zum Thema Gottverlassenheit und Lebensgenuss. Die Vieldeutigkeit und der historische Kontext von Brechts Werken, seine Ansicht als unvollendete Versuche und die Rolle des Lesers bei der Interpretation werden ebenfalls angesprochen. Schließlich wird das Gedicht „Erinnerung an die Marie A.“ als wichtiges Beispiel der Liebeslyrik in Brechts früher Schaffensperiode vorgestellt.
Erste Schaffensperiode Brechts: Dieses Kapitel beschreibt Brechts erste Schaffensperiode (1913-1925) und charakterisiert seine frühe Lyrik als Verneinung der traditionellen, verklärten Liebe zugunsten einer Sichtweise der körperlichen Liebe in einer asozialen Welt. Das "Baalsche Lebensgefühl" wird als zentrales Motiv hervorgehoben, veranschaulicht durch einen Vergleich mit dem Sonett "Entdeckung an einer jungen Frau". Brechts parodistischer Schreibstil, der die Vergänglichkeit und den Verbrauch von Menschen thematisiert, wird im Kontext seiner Absicht, den Leser immer wieder vor neue Interpretationsherausforderungen zu stellen, diskutiert. Der "antibürgerliche Gestus" als Reaktion auf die Nachkriegsgesellschaft, die vom Überlebenskampf geprägt war, wird als weiterer wichtiger Aspekt behandelt.
Formales: Dieses Kapitel analysiert die formale Struktur des Gedichtes „Erinnerung an die Marie A.“. Es beschreibt das Gedicht als dreistrophiges Werk mit jeweils acht Versen und einem unregelmäßigen, aber bewusst eingesetzten Reimschema. Das Metrum wird als durchgängiger fünffüßiger Jambus mit elf oder zwölf Silben definiert. Die Verwendung von Hebungen zur Erreichung metrischer Formen in der deutschen Sprache wird erläutert, und eine schwebende Betonung in der ersten Strophe wird als Beispiel für die individuelle Gestaltungsmöglichkeit durch Tempo, Intonation und Lautstärke analysiert.
Schlüsselwörter
Bertolt Brecht, Hauspostille, frühe Lyrik, Erinnerung an die Marie A., Liebeslyrik, Verneinung der Liebe, formale Analyse, Metrum, Reimschema, Mehrdeutigkeit, antibürgerlicher Gestus, Baalsches Lebensgefühl, Interpretation.
Häufig gestellte Fragen zu Bertolt Brechts "Erinnerung an die Marie A."
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Bertolt Brechts Gedicht "Erinnerung an die Marie A." aus seiner frühen Schaffensperiode. Sie untersucht das Gedicht formal und inhaltlich und beleuchtet seine Bedeutung im Kontext von Brechts Gesamtwerk. Die Analyse umfasst Einleitung, eine Betrachtung von Brechts früher Lyrik, eine formale Analyse des Gedichtes, eine Interpretation und ein Fazit.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit Brechts früher Lyrik und deren Verneinung der traditionellen Liebeslyrik, den formalen Aspekten des Gedichts (Metrum, Reimschema), der Interpretation des Gedichtinhalts und seiner Mehrdeutigkeit, Brechts Abgrenzung von traditioneller Liebeslyrik und dem "antibürgerlichen Gestus" in seinem Werk.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in Kapitel zu Einleitung, Brechts erster Schaffensperiode, der formalen Analyse des Gedichts, der Interpretation und einem Fazit. Die Einleitung bietet einen Überblick über Brecht, seine "Hauspostille" und das Gedicht "Erinnerung an die Marie A.". Die Kapitel zur ersten Schaffensperiode und zur formalen Analyse liefern den Kontext und die analytischen Grundlagen für die Interpretation.
Was wird in der Einleitung besprochen?
Die Einleitung führt in die Thematik ein, gibt einen Überblick über Brecht und seine "Hauspostille", betont Brechts provokante Sicht auf Lyrik und die Struktur seines Werkes. Sie thematisiert die Vieldeutigkeit und den historischen Kontext seiner Werke, sowie die Rolle des Lesers bei der Interpretation und stellt das Gedicht "Erinnerung an die Marie A." vor.
Wie wird Brechts erste Schaffensperiode beschrieben?
Dieses Kapitel charakterisiert Brechts frühe Lyrik (1913-1925) als Verneinung der traditionellen, verklärten Liebe. Das "Baalsche Lebensgefühl" und Brechts parodistischer Schreibstil, der die Vergänglichkeit und den Verbrauch von Menschen thematisiert, werden hervorgehoben. Der "antibürgerliche Gestus" als Reaktion auf die Nachkriegsgesellschaft wird ebenfalls behandelt.
Wie wird das Gedicht formal analysiert?
Die formale Analyse beschreibt das Gedicht als dreistrophiges Werk mit acht Versen pro Strophe und einem unregelmäßigen, aber bewussten Reimschema. Das Metrum wird als fünffüßiger Jambus mit elf oder zwölf Silben definiert. Die Verwendung von Hebungen und eine schwebende Betonung in der ersten Strophe werden analysiert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Bertolt Brecht, Hauspostille, frühe Lyrik, Erinnerung an die Marie A., Liebeslyrik, Verneinung der Liebe, formale Analyse, Metrum, Reimschema, Mehrdeutigkeit, antibürgerlicher Gestus, Baalsches Lebensgefühl, Interpretation.
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- Tobias Müller (Author), 2006, Bertolt Brecht "Erinnerung an die Marie A." - Analyse und Interpretation, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/87454