Die Beschäftigung mit dem Tod als einem der grundlegendsten Probleme des Lebens zieht sich wie ein roter Faden durch die Philosophie der Antike. Insbesondere Epikureer und Vertreter der Stoa sahen sich angesichts der existentiellen Aufdringlichkeit und alltäglichen Präsenz des Themas zur Stellungnahme gezwungen. Was bedeutet es, gut zu sterben, und welches Leben soll der Mensch mit und trotz der Perspektive seines Endes führen? Warum wird der Tod gefürchtet? Was kommt nach dem Tod, und hat der Mensch die Freiheit, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen?
Mit der Beantwortung dieser Fragen wollten die Philosophen der Antike ihre Mitmenschen zur richtigen Erkenntnis, vor allem aber zur richtigen Lebensführung und zu einem würdigen und vernunftgemässen Sterben anleiten.
Eine besondere Ausformung erfuhr die Auseinandersetzung mit dem Tod im römischen Denken. Die Philosophen Roms empfanden den Tod als wesentlichen Bestandteil der menschlichen Existenz und zelebrierten das Ende auf dem Schlachtfeld als heroisches Schauspiel, die Selbsttötung als einen Akt der Freiheit. Trotz unterschiedlicher Traditionen und Vorstellungen im Bezug auf die Sinnhaftigkeit des Sterbens und die Existenz eines Jenseits zeigt sich an der grausamen Zurschaustellung des Todes in den Spielen der Arena beispielhaft dessen Faszination und ständige Gegenwart.
Stoisches und römisches Denken vereint finden wir bei Lucius Annaeus Seneca, dem Jüngeren. Der Philosoph, Literat, Politiker und Lehrer Neros, um die Zeitenwende geboren und 65 n. Chr. zum Selbstmord verurteilt, beschäftigte sich seit seiner Jugend mit dem eigenen und dem Sterben anderer. Als immer wiederkehrendes Thema ist der Tod in all seinen Werken, besonders aber in den Trostschriften und den epistulae morales präsent. Fast jeder zweite der 124 Briefe dieses Spätwerkes enthält das Todesmotiv.
In der vorliegenden Arbeit soll untersucht werden, zu welchen Resultaten Seneca in seiner intensiven Auseinandersetzung mit dem Thema Tod und Sterben kommt. Es werden dabei hauptsächlich die epistulae morales berücksichtigt. In den ersten beiden Teilen soll der Begriff des Todes und sein metaphysischer Aspekt beleuchtet werden, während im folgenden Teil der Umgang mit dem eigenen und dem Tod anderer im Zentrum stehen wird. Dabei wird insbesondere auf die „praemeditatio mortis“ eingegangen, Senecas Konzept zur Einübung des Todes.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist der Tod?
- Der Tod als Naturgesetz
- Der Tod als Prozess
- Was kommt nach dem Tod?
- Der Tod als Nicht-Existenz
- Der Tod als Rückkehr zur himmlischen Sphäre
- Der Tod als Reintegration in den Kosmos
- Umgang mit dem Tod
- Angst vor dem Tod
- Einübung des Todes
- Selbstmord
- Trauer
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Senecas Gedanken zum Tod und Sterben, insbesondere in seinen „Epistulae Morales“. Sie ergründet seine philosophischen Ansichten, die „praemeditatio mortis“ als Konzept zur Einübung des Todes und die Überwindung der Todesfurcht.
- Die Natur des Todes und seine metaphysischen Aspekte
- Die stoische Sichtweise auf den Tod als indifferentia
- Die „praemeditatio mortis“ als Vorbereitung auf den Tod
- Der Umgang mit dem eigenen Tod und dem Tod anderer
- Die Rolle der Vernunft und der Tugend im Angesicht des Todes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz der Thematik im Kontext der antiken Philosophie und insbesondere im Werk Senecas dar. Kapitel 2 erörtert verschiedene Definitionen des Todes, wobei die stoische Sichtweise als „indifferentia“ hervorgehoben wird. Kapitel 3 befasst sich mit den metaphysischen Aspekten des Todes, einschließlich der Konzepte der Nicht-Existenz, der Rückkehr zur himmlischen Sphäre und der Reintegration in den Kosmos. Kapitel 4 widmet sich dem Umgang mit dem Tod und analysiert Themen wie die Todesangst, die „praemeditatio mortis“ als Strategie zur Überwindung dieser Angst, den Selbstmord und die Trauer. Der Schluss des Textes bleibt in dieser Vorschau ausgeblendet, um keine Spoiler zu liefern.
Schlüsselwörter
Seneca, Tod, Sterben, Epistulae Morales, Stoa, „praemeditatio mortis“, Todesangst, Selbstmord, Tugend, Vernunft, metaphysische Aspekte, indifferentia.
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- Sara Stöcklin (Author), 2007, "Meditare mortem". Tod und Sterben in Senecas epistulae morales, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/80886