In neuester Zeit erhält die kognitive Neurobiologie ein großes Gewicht und Hirnforscher wie Gerhard Roth und Wolf Singer beeinflussen vor allem mit ihren philosophischen Reflexionen und Diskussionen über psychologische Grenzfragen wie Willensfreiheit und Determiniertheit des Menschen die Psychologie und Psychotherapie enorm. Zu nennen sind Damasios Ansatz, der sich Descartes Weisheit „cogito, ergo sum“ bedient und dessen Ansatz in „ich fühle., also bin ich“ (analog zu Descartes: sentio, ergo sum) oder „Descartes Irrtum“ abändert, und LeDouxs Lehren. Im Forschungsfeld dieser Erkenntnisse formten sich diverse Therapieansätze, die beim Menschen selbst ansetzen wie z. B. über das Selbstmanagement. Self-determination und self-efficacy werden zu wichtigen Fachbegriffen in Selbstmanagement-Modellansätzen. Hervorzuheben ist, dass sich die modernen Therapieansätze nicht ausschließlich mit der pathologischen Richtung zur Heilung von psychischen Krankheiten befassen, sondern den von der Gesellschaft als gesund definierten Menschen in seiner anthropologischen und biologischen Determiniertheit in das Zentrum rücken. Es geht primär um innere eigenständige Selbstentwicklung bzw. Selbstformung.
Self-determination kennzeichnet das Ausmaß, in dem die Verfolgung eines Ziels als frei gewählt erlebt wird, und self-efficacy ist die subjektive Einschätzung, dass man die Verfolgung und Verwirklichung der Ziele mit Hilfe des eigenen Verhaltens beeinflussen kann. Um diese Ziele nun gekonnt umsetzen zu können, ist es notwendig, Ressourcen im Menschen zu mobilisieren entweder extrinsisch oder intrinsisch motiviert. Der Ressourcenbegriff ist ein modernes Schlagwort behaftet mit vielen Facetten und Definitionsvarianten. In der Psychotherapie wird der Begriff primär von neurobiologischen Erkenntnissen abgeleitet und beim Zürcher Ressourcenmodell zur tragenden Säule des Therapieansatzes. In dieser Arbeit wird das Zürcher Ressourcen Modell, abgekürzt ZRM, nur in seiner neurobiologischen Fundierung und Herleitung vorgestellt. Auf die Darstellung der sehr interessanten, sozialpsychologischen und –therapeutischen Ansätze wird verzichtet, da es sich um eine wissenschaftliche Arbeit im Fach Biopsychologie handelt.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung: Historischer Abriss
- II. Der Basisbegriff Ressource: Versuch einer Etikettierung.
- II.1. Grawes Ansatz
- II.2. Die neurowissenschaftliche Sicht der Ressourcenorientierung
- III. Die neuronalen Netze
- IV. Das Gedächtnis als emotionales Bewertungssystem
- V. Die Bedeutung der somatischen Marker
- VI. Kritische Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert den Einfluss der Neurowissenschaften auf die Psychotherapie am Beispiel des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM). Sie verfolgt das Ziel, die neurobiologischen Grundlagen des ZRM aufzuzeigen und die Bedeutung von Ressourcenorientierung in der Behandlung psychischer Erkrankungen zu beleuchten.
- Die Entwicklung der Psychotherapie im historischen Kontext.
- Der Ressourcenbegriff und seine Bedeutung in der Neurowissenschaft.
- Die Rolle neuronaler Netze und des Gedächtnisses in der Verarbeitung von Emotionen.
- Die Funktion somatischer Marker bei Entscheidungen und Verhaltensregulierung.
- Die Bedeutung der Ressourcenorientierung im ZRM für die Selbstentwicklung und -steuerung.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Historischer Abriss: Diese Einleitung bietet einen Überblick über die Entwicklung der Psychotherapie, von der antiken Säftelehre bis hin zu modernen Ansätzen wie der Verhaltenstherapie und der kognitiven Neurobiologie. Sie zeigt die historische Entwicklung der Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen und den Wandel der Therapieansätze auf.
- Der Basisbegriff Ressource: Versuch einer Etikettierung.: Dieses Kapitel beleuchtet den Begriff "Ressource" aus unterschiedlichen Perspektiven. Es stellt den Ansatz von Grawes vor und analysiert die Sicht der Neurowissenschaft auf Ressourcenorientierung. Es fokussiert auf die Bedeutung von Ressourcen für die Bewältigung von Herausforderungen und die Förderung von Selbstentwicklung.
- Die neuronalen Netze: Dieses Kapitel erläutert die Funktionsweise neuronaler Netze und deren Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen und Informationen. Es behandelt die Verbindung zwischen neuronalen Prozessen und psychischen Phänomenen und zeigt die Relevanz dieser Erkenntnisse für die Psychotherapie.
- Das Gedächtnis als emotionales Bewertungssystem: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Gedächtnis als einem zentralen Element der emotionalen Verarbeitung. Es untersucht die Funktionsweise des Gedächtnisses und seinen Einfluss auf die Bewertung von Situationen und die Entstehung von emotionalen Reaktionen.
- Die Bedeutung der somatischen Marker: Dieses Kapitel analysiert die Rolle somatischer Marker bei Entscheidungen und Verhaltensregulierung. Es zeigt, wie körperliche Empfindungen und Emotionen bei der Entscheidungsfindung eine wichtige Rolle spielen und wie diese Erkenntnisse in der Psychotherapie eingesetzt werden können.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Neurowissenschaften, Psychotherapie, Zürcher Ressourcen Modell (ZRM), Ressourcenorientierung, neuronale Netze, Gedächtnis, Emotionen, somatische Marker, Selbstmanagement, Selbstentwicklung, Selbststeuerung.
- Quote paper
- Philumena Reiser (Author), 2007, Der Einfluss der Neurowissenschaften auf die Psychotherapie, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/74740