Im Rahmen des Blockseminars „Auschwitz – Signum des 20. Jahrhunderts“ hielt ich ein Referat über das Frauenorchester in Auschwitz-Birkenau. Das Referat beinhaltete zwei Teile: Die Darstellung des Orchesters mit seiner Entstehung, Zusammensetzung und seinen Einsatzbereichen sowie der kurzen Präsentation dreier Mitglieder, welche auf Grund ihrer Position im Orchester oder ihrer späteren Niederschriften über ihre Zeit im Arbeitskommando Lagerorchester von besonderer Bedeutung sind: Alma Rosé mit ihrer Arbeit als Dirigentin des Orchesters, Fania Fénelon mit ihrem Buch „Das Mädchenorchester in Auschwitz“ und Anita Lasker-Wallfisch mit ihrem Werk „Ihr sollt die Wahrheit erben“.
Da die Bearbeitung beider Bereiche in einer Hausarbeit lediglich eine oberflächliche Skizzierung, jedoch keine tiefergehende Betrachtung zuließe, werde ich einen einzelnen Aspekt zum Thema genauer betrachten.
Ab 1935 ließ die SS in den Konzentrationslagern Häftlingskapellen errichten, welche zu genau festgelegten Anlässen bestimmte Musik zu spielen hatten. Zwischen 1942 und 1944 verfügte beinahe jedes größere Konzentrations- oder Vernichtungslager über ein eigenes Lagerorchester.
Bei der Vorbereitung auf mein Referatsthema drängte sich mir die Frage auf, warum der Musik - für gewöhnlich ein Mittel der Entspannung und geistigen Zerstreuung - im Alltag eines Konzentrationslagers ein relativ hoher Stellenwert zugeteilt wurde. (Deutlich zu unterscheiden ist hierbei zwischen freiwilliger, oftmals heimlicher und von der SS befohlener Musik. Mein Interesse richtet sich auf den letztgenannten Gesichtspunkt.)
Aus diesem Grund werde ich mich im Folgenden unter Einbeziehung des ersten Referatsteils mit der Frage auseinandersetzen, welche Funktion bzw. Funktionen die auf Anweisung der SS gegründeten Lagerorchester erfüllten und dies am Beispiel des Frauenorchesters in Auschwitz-Birkenau untersuchen.
Die Darstellung der Entstehung und Zusammensetzung des Frauenorchesters in Auschwitz-Birkenau dient der allgemeinen Orientierung über das einzige offizielle aus weiblichen Mitgliedern bestehende Lagerorchester. Es folgt die Beschreibung des Alltags der Mitglieder, um in einem nächsten Schritt den Schwerpunkt auf die Spielanlässe des Orchesters zu legen, welche Hinweise darauf geben werden, welchen Sinn der befohlenen Musik im Lageralltag zukommt.
Vor diesem Hintergrund strebe ich im letzten Teil der Arbeit die Beantwortung meiner Ausgangsfrage an.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das Frauenorchester in Auschwitz-Birkenau
- Entstehung des Orchesters
- Mitglieder des Orchesters
- Alltag der Musikerinnen
- Der Musikblock
- Privilegien der Musikerinnen
- Tagesablauf
- Repertoire und Funktionen der Musikstile
- Spielanlässe
- Lagertor
- Krankenbau
- Sonntagskonzerte
- Ankunft von Deportationszügen an der „Rampe“
- Privatvorstellungen für die SS
- Offizielle Anlässe
- Ende des Orchesters
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Funktionen des Frauenorchesters in Auschwitz-Birkenau und beleuchtet den Einsatz der Musik im Kontext des Lageralltags. Dabei wird der Fokus auf die Frage gerichtet, welche Rolle die von der SS angeordnete Musik für die SS-Wachen, die Häftlingsfrauen und das Gesamtsystem des Konzentrationslagers spielte.
- Die Entstehung und Zusammensetzung des Frauenorchesters
- Der Alltag der Musikerinnen, ihre Privilegien und ihr Tagesablauf
- Die verschiedenen Spielanlässe des Orchesters, z. B. am Lagertor, im Krankenbau, bei Sonntagskonzerten und bei der Ankunft von Deportationszügen
- Die unterschiedlichen Funktionen der Musik für die SS-Wachen und die Häftlingsfrauen
- Die Rolle des Orchesters als Instrument der SS-Propaganda und zur Untermauerung der Machtverhältnisse im Lager
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema des Frauenorchesters in Auschwitz-Birkenau ein und erläutert die Motivation der Autorin, die Funktionen der Lagerorchestermusik genauer zu untersuchen. Im zweiten Kapitel wird die Entstehung und Zusammensetzung des Orchesters sowie der Alltag der Musikerinnen, ihre Privilegien und ihr Tagesablauf beschrieben. Im dritten Kapitel stehen die Spielanlässe im Vordergrund: Der Einsatz des Orchesters am Lagertor, im Krankenbau, bei Sonntagskonzerten und bei der Ankunft von Deportationszügen. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der unterschiedlichen Funktionen der Musik für die SS-Wachen und die Häftlingsfrauen. Das vierte Kapitel befasst sich mit dem Ende des Orchesters im November 1944. Im abschließenden Kapitel werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und es wird die Schlussfolgerung gezogen, dass das Frauenorchester als Instrument der SS-Propaganda und zur Untermauerung der Machtverhältnisse im Lager fungierte.
Schlüsselwörter
Frauenorchester, Auschwitz-Birkenau, Konzentrationslager, Musik, Funktionen, SS-Propaganda, Demütigung, Terror, Lageralltag, Spielanlässe, Privilegien, Machtverhältnisse, Vernichtungsapparat.
- Quote paper
- Birte Hundhammer (Author), 2007, Funktionen von Lagerorchestern am Beispiel des Frauenorchesters Auschwitz-Birkenau, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/72236