Die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts ist in Europa geprägt von einer rasanten technischen Weiterentwicklung mit tief greifenden sozialen Auswirkungen, an deren Ende der Übergang vom traditionellen Bürgertum zur modernen Gesellschaft steht. Beim Einsturz der Taybrücke am 28.12.1879 ist die gesellschaftliche Schockwirkung besonders groß und schlägt sich erstmals auch auf die zeitgenössische Literaturproduktion nieder. Noch unter dem Eindruck der Katastrophe verfasst Theodor Fontane seine berühmt gewordene Ballade >>Die Brück´ am Tay<<. Etwa zehn Jahre später erscheint die Novelle >>Die Brücke über die Ennobucht<< von Max Eyth, den das Ereignis zur Erzählung einer tragischen Brückenbauge-schichte anregt. Ausgangspunkt der Arbeit bildet die Frage nach der jeweiligen literarischen Verarbeitung des Unglücks. Beide Werke werden in dieser Arbeit entsprechend analysiert und in der Schlussbetrachtung vergleichend gegenüber gestellt. Auf diesem Wege komme ich zu folgendem Fazit: Die Zusammenschau beider Werke ermöglicht einen Blick auf die beiden Extreme der damaligen gesellschaftlichen Stimmungslage. Diese reichte einerseits von rückwärtsgewandter Skepsis gegenüber technischen Neuerungen, die durch den grund-sätzlichen Pessimismus der Ballade artikuliert wird, bis hin zu einem fatalistischen Fort-schrittsoptimismus andererseits, wie ihn der Dichter – Ingenieur Max Eyth in seiner Erzählung vertritt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- 1) Einsturz der Taybrücke: Ursache und Auswirkungen einer Katastrophe
- 2) >>Die Brück´ am Tay<<: Fortschritt als aussichtsloser Kampf des Menschen
- 2.1) Entstehungsgeschichte der Ballade
- 2.2) Funktion des Paratextes
- 2.3) Opposition von Rahmen- und Binnenstrophen
- 2.4) Die Binnenstrophen: Zug und Lokführer Johni als Personifikationen hybrider Fortschrittsgläubigkeit
- 2.5) Die Rahmenstrophen: Hexenwesen als Rächer menschlicher Hybris
- 3) Fazit aus Kapitel 2)
- 4) >>Die Brücke über die Ennobucht<<
- 4.1) Die wahrheitsgetreue Beschreibung eines Brückenbauprojektes
- 4.2) Hauptfigur Harold Stoß: Die Stilisierung einer Katastrophe zur modernen Heldengeschichte
- 4.2.1) Die >>Berufstragik<< des Ingenieurs
- 4.2.2) Der Held als Opfer äußerer Zwänge, die seinen tragischen Werdegang determinieren
- 4.2.3) Der Held im Kampf gegen eine dämonisierte Natur
- 4.3) Das Schlusskapitel: Abmilderung der tragischen Erzählung
- 5) Fazit aus Kapitel 4)
- Vergleichende Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit beschäftigt sich mit der literarischen Verarbeitung einer Technikkatastrophe, dem Einsturz der Taybrücke im Jahr 1879, in Theodor Fontanes Ballade >>Die Brück´ am Tay<< und Max Eyths Novelle >>Die Brücke über die Ennobucht<<. Das Ziel ist es, die unterschiedlichen Perspektiven auf das Unglück zu beleuchten und die beiden Werke in ihrer jeweiligen Zeit und ihrer gesellschaftlichen Relevanz zu analysieren.
- Der Einfluss der Industrialisierung und des technischen Fortschritts auf die Gesellschaft
- Die ambivalenten Reaktionen auf technische Neuerungen – zwischen Fortschrittsoptimismus und Skepsis
- Die Darstellung von Ingenieuren und ihrer Rolle im Kontext von technischen Katastrophen
- Die literarische Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Mensch und Natur im Industriezeitalter
- Die Frage nach der Verantwortung für technische Unfälle und deren Auswirkungen auf die menschliche Psyche
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen Kontext des Einsturzes der Taybrücke dar und erläutert die gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen im späten 19. Jahrhundert. Das erste Kapitel widmet sich der Katastrophe selbst, beleuchtet die Ursachen des Einsturzes und schildert die unmittelbaren Auswirkungen auf die Gesellschaft.
Kapitel 2 analysiert Fontanes Ballade >>Die Brück´ am Tay<< und untersucht die literarische Gestaltung der Katastrophe sowie die ambivalenten Reaktionen auf den Fortschritt. Die Entstehungsgeschichte der Ballade, die Funktion des Paratextes und die gegensätzlichen Perspektiven der Rahmen- und Binnenstrophen werden näher beleuchtet.
Kapitel 4 befasst sich mit Max Eyths Novelle >>Die Brücke über die Ennobucht<<. Die Darstellung des Brückenbauprojektes, die Charakterisierung der Hauptfigur Harold Stoß und die Analyse seiner „Berufstragik“ werden thematisiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit Themen wie Industrialisierung, Technikkatastrophe, Eisenbahn, Brückenbau, Fortschrittsgläubigkeit, Fortschrittskritik, Natur und Technik, Ingenieurswesen, literarische Verarbeitung von historischen Ereignissen, Theodor Fontane, Max Eyth, >>Die Brück´ am Tay<<, >>Die Brücke über die Ennobucht<<.
- Quote paper
- Ricarda Paas (Author), 2006, Die literarische Verarbeitung einer Technikkatastrophe bei Theodor Fontane ("Die Brück am Tay") und Max Eyth ("Die Ennobrücke"), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/71149