Da Elternschaft bei geistig behinderten Menschen zunimmt, müssen die Themen Sexualität, Partnerschaft, Familienplanung, Geburt et cetera stärker in schulischen und nachschulischen Bildungsgängen berücksichtigt werden (Vgl. SPARENBERG 2001, 122). Dieser Forderung von Silke SPARENBERG möchte ich näher auf den Grund gehen beziehungsweise deren Umsetzung im schulischen Bereich betrachten.
Da es seit 1994 ein Rahmenkonzept zur Sexualaufklärung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung in Abstimmung mit den Bundesländern gibt, interessiert mich deren Umsetzung, das heißt ich möchte mehr über die Durchführung von Sexualerziehung an Schulen für geistig behinderte Menschen erfahren.
Hierzu werde ich vorab die beiden grundlegenden Begriffe meiner Arbeit klären - „geistige Behinderung“ und „Sexualität“. Das Hauptaugenmerk wird darin liegen, meine Meinung und die verschiedener Wissenschaftler vorzustellen und eine Verknüpfung der beiden Begriffe herbeizuführen. Dies liegt mir besonders am Herzen, da das Thema Sexualität bei geistig behinderten Menschen „trotz vieler Aufklärungskampagnen irgendwie anrüchig [und] geheimnisumwittert geblieben …“ (ACHILLES 2005, 11) ist und immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft darstellt. Hier wird schnell der Grund für die Wahl meines Titels „Darüber spricht man nicht!?“ deutlich. Ich möchte aufzeigen, dass Sexualität und erst recht Sexualerziehung für Menschen mit einer geistigen Behinderung ebenso ‚normal’ ist, wie bei nichtbehinderten Menschen. Für jedes Mitglied unserer Gesellschaft gehört die Entwicklung der eigenen Sexualität zur Persönlichkeitsentfaltung dazu, warum also wird das Thema scheinbar so vernachlässigt? Bernd RÖMER gibt in einem seiner Texte folgende Erklärung, welche für mich sehr plausibel erscheint:
Da in der Gesellschaft bezüglich des sexuellen Verhaltens von geistigbehinderten Menschen weitgehend Unkenntnis herrscht …, kann die Gesellschaft das teilweise andere sexuelle Verhalten geistigbehinderter Menschen oft nur als Fehlverhalten einordnen und gerät deshalb in Versuchung, Sexualität als etwas nicht Existentes bei geistigbehinderten Menschen abzulehnen. (RÖMER 1995, 20)
Diese teilweise ablehnende und tabuisierende Haltung werde ich in der vorliegenden Arbeit hinterfragen und versuchen mit diesen Vorurteilen aufzuräumen.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1. Begriffsklärung
- 1.1. Was ist geistige Behinderung?
- 1.2. Komplexität des Phänomens geistige Behinderung
- 1.3. Was ist Sexualität?
- 1.4. Sexualität und geistige Behinderung
- 2. Sexualerziehung und Sexualpädagogik
- 2.1. Geschichte der Sexualerziehung
- 2.2. Geschichte der Sexualpädagogik
- 3. Sexualerziehung bei Schülerinnen und Schülern mit Förderschwerpunkt geistige Behinderung
- 3.1. Allgemeines
- 3.2. Wer ist verantwortlich für Sexualerziehung?
- 3.3. Charakter der Sexualerziehung an Schulen mit Förderschwerpunkt geistige Behinderung
- 3.4. Ziele der Sexualerziehung
- 4. Themen der Sexualerziehung in der Schule - eine Analyse des Thüringer Lehrplans
- 4.1. Allgemeines
- 4.2. Analyse des Thüringer Lehrplans
- 4.3. Materialien zur sexuellen Aufklärung bei Schülerinnen und Schülern mit dem Förderschwerpunkt geistige Behinderung
- 5. Verknüpfung von Theorie und Praxis an ausgewählten Beispielen
- 5.1. Konzeption Stiftung Finneck
- 5.2. Lehrerinterviews Förderzentrum „Schule am Zoopark\" Erfurt
- 5.3. Unterrichtseinheit (Dokumentation)
- 6. Probleme, Grenzen und Unterschiede
- 6.1. Probleme und Grenzen der Sexualerziehung bei geistig behinderten Schülerinnen und Schülern
- 6.2. Unterschiede zwischen behinderten und nichtbehinderten Mädchen und Jungen
- 6.3. Unterschiede zwischen Aufklärung von Mädchen und Jungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit dem Thema Sexualerziehung an Schulen für Schülerinnen und Schüler mit geistiger Behinderung. Im Zentrum steht die Frage, wie Sexualität und Sexualerziehung in diesem Kontext angemessen thematisiert und umgesetzt werden können. Dabei werden die besonderen Bedürfnisse und Herausforderungen von Menschen mit geistiger Behinderung berücksichtigt und die Rolle der Schule als Ort der sexualpädagogischen Bildung beleuchtet.
- Die Bedeutung von Sexualität und Sexualerziehung für Menschen mit geistiger Behinderung
- Die spezifischen Herausforderungen der Sexualerziehung in der Schule für geistig behinderte Schülerinnen und Schüler
- Die Analyse des Thüringer Lehrplans für die Förderschule mit Förderschwerpunkt geistige Behinderung
- Die Umsetzung von Sexualerziehung in der Praxis an ausgewählten Beispielen
- Probleme, Grenzen und Unterschiede in der Sexualerziehung bei geistig behinderten Schülerinnen und Schülern
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Begriffsklärung von „geistiger Behinderung“ und „Sexualität“. Es werden die Komplexität des Phänomens geistige Behinderung und die Bedeutung von Sexualität im Leben von Menschen mit Behinderungen beleuchtet.
Im zweiten Kapitel werden die Geschichte der Sexualerziehung und der Sexualpädagogik in Deutschland betrachtet. Dabei wird die Entwicklung von pädagogischen Ansätzen und Konzepten für die sexuelle Aufklärung von Kindern und Jugendlichen dargestellt.
Das dritte Kapitel widmet sich der Sexualerziehung an Schulen mit Förderschwerpunkt geistige Behinderung. Es werden allgemeine Aspekte der Sexualerziehung für diese Zielgruppe, die Verantwortlichkeiten für die Sexualerziehung sowie die Ziele der sexualpädagogischen Arbeit in diesem Kontext beleuchtet.
Das vierte Kapitel analysiert den Thüringer Lehrplan für die Förderschule mit Förderschwerpunkt geistige Behinderung im Hinblick auf das Thema Sexualerziehung. Es werden die Inhalte des Lehrplans sowie die Materialien und Methoden zur sexuellen Aufklärung von Schülerinnen und Schülern mit geistiger Behinderung untersucht.
Das fünfte Kapitel zeigt die Verknüpfung von Theorie und Praxis an ausgewählten Beispielen. Hierzu werden die Konzeption der Stiftung Finneck zur sexualpädagogischen Arbeit, Lehrerinterviews und eine Unterrichtsdokumentation vorgestellt.
Schlüsselwörter
Geistige Behinderung, Sexualität, Sexualerziehung, Sexualpädagogik, Förderschule, Inklusion, Lehrplananalyse, Materialien zur sexuellen Aufklärung, Praxisbeispiele, Probleme, Grenzen, Unterschiede.
- Quote paper
- Silvana Lehmann (Author), 2007, Sexualerziehung an Schulen mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/69450