Die Dependenztheorie entsteht Mitte der 60er Jahre in Lateinamerika als Erklärungsversuch der spezifischen Unterentwicklung der Region und findet großen Anklang vor allem bei der linken 68er Bewegung Westeuropas sowie nach und nach in fast der gesamten Dritten Welt.Die dependencia-Schule bietet durch ihre alternative Perspektive, nämlich die der Peripherie, die nicht in der Lage ist sich in der gleichen Weise zu entwickeln, einen third world outlook.
Trotz ihrer neuen Perspektive entsteht die Dependenztheorie natürlich nicht aus dem Nichts, sondern beruht auf gewissen theoretischen und ideologischen Grundlagen. Hier ist vor allem die Rolle des Neomarxismus zu betonen, welcher in Form marxistischer Kapitalismuskritik ein wichtiger Bestandteil der Dependenztheorie ist. Die Dependenztheoretiker übertragen die marxistische Gesellschaftsanalyse zwar auf Lateinamerika, allgemein sind Klassenstrukturen in ihrem Entwicklungskonzept aber nicht sonderlich wichtig. Die Imperialismustheorie, wie etwa von Lenin formuliert dient den dependentistas als Grundlage ihres Analyse von Abhängigkeit. Die Dependenztheorie geht davon aus, dass Mechanismen der Abhängigkeit und Ausbeutung der Kolonialzeit auch nach dem Erlangen der formellen politischen Unabhängigkeit der Kolonien noch bestehen bleiben, wobei politische Abhängigkeit durch vor allem wirtschaftliche ersetzt wird. Die Entstehung der dependencia-Schule ist auch im Kontext der lateinamerikanischen strukturalistischen ECLA-Doktrin zu sehen, von welcher sie sich abgrenzen will, sie andererseits aber auch weiterentwickelt, da sie ihr zu begrenzt erscheint.
Die Dependenztheorie macht hauptsächlich externe Faktoren der Abhängigkeit, also Bedingungen des kapitalistischen Weltmarkts, für die Unterentwicklung Lateinamerikas verantwortlich. Es gilt nun zu untersuchen, in was genau diese Abhängigkeit der Region besteht und inwiefern die Ausbeutung der Peripherie nach der politischen Emanzipation noch andauert. Im Folgenden soll die Problemlösungskompetenz des dependencia-Ansatzes beleuchtet werden, also die Frage gestellt werden, inwiefern er dazu in der Lage ist, die Unterentwicklung Lateinamerikas aufgrund von Abhängigkeiten zu erklären. Nachdem die Dependenztheorie Diskussionen über Entwicklung und Unterentwicklung in den 70ern dominierte, ist sie heute fast völlig aus öffentlichen Diskursen verschwunden.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Ideologische Grundlagen der Dependenztheorie
- II.1 Neomarxistische Kapitalismuskritik
- II.2 Der Einfluss der Imperialismustheorie
- II.3 Kritik und Weiterentwicklung der ECLA-Doktrin
- III. Die Dependenztheorien
- III.1 Das Wesen der Dependenztheorie
- III.2 Die Bedeutung der Unterentwicklung für die Dependenztheorie
- III.3 Abhängigkeit: Unterentwicklung und das kapitalistische Weltsystem
- III.4 Abhängigkeit als Erklärung von Unterentwicklung
- III.4.1 Ausbeutungsthese
- III.4.2 strukturelle Abhängigkeit durch “deformierte Wirtschafts- und Sozialstrukturen”
- IV. Lösungsansätze der Dependenztheorien und ihre Rezeption
- V. Probleme und Grenzen der Dependenztheorien
- VI. Dependenztheoretische Argumentationen in heutigen Debatten – Globalisierung und Globalisierungskritik
- VI.1 Globalisierung und Globalisierungskritik in Lateinamerika – Auswirkungen, Reaktionen, Alternativen?
- VI.1.1 Der Globalisierungsprozess in Lateinamerika
- VI.1.2 Protest gegen und Kritik an Globalisierung in Lateinamerika
- VI.2 Die Dependenztheorie in der Globalisierungsdebatte
- VI.1 Globalisierung und Globalisierungskritik in Lateinamerika – Auswirkungen, Reaktionen, Alternativen?
- VII. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Dependenztheorie als Erklärungsansatz für die spezifische Unterentwicklung Lateinamerikas zu analysieren. Sie beleuchtet die theoretischen und ideologischen Grundlagen der Dependenztheorie, untersucht ihre zentralen Argumente und untersucht ihre Relevanz in heutigen Debatten, insbesondere im Kontext der Globalisierung.
- Die Entstehung und Entwicklung der Dependenztheorie im Kontext der lateinamerikanischen Erfahrung
- Die Rolle des Neomarxismus, der Imperialismustheorie und der ECLA-Doktrin in der Entwicklung der Dependenztheorie
- Die zentralen Argumente der Dependenztheorie zur Erklärung von Unterentwicklung und Abhängigkeit
- Die Relevanz der Dependenztheorie in der heutigen Globalisierungsdebatte
- Die Auswirkungen der Globalisierung auf Lateinamerika und die Kritik an den Globalisierungsprozessen
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel I: Einleitung Die Einleitung stellt die Dependenztheorie als Erklärungsansatz für die Unterentwicklung Lateinamerikas vor und skizziert ihre Entstehung im Kontext der 68er Bewegung und der Dritten Welt. Sie hebt die Bedeutung des Neomarxismus und der Imperialismustheorie für die Dependenztheorie hervor und setzt den Kontext zur Entstehung der Theorie in der lateinamerikanischen ECLA-Doktrin.
- Kapitel II: Ideologische Grundlagen der Dependenztheorie Dieses Kapitel analysiert die ideologischen Grundlagen der Dependenztheorie, darunter der Einfluss des Neomarxismus, der Imperialismustheorie und die Kritik an der ECLA-Doktrin. Es beleuchtet die Verbindung zwischen marxistischer Kapitalismuskritik und der Analyse von Abhängigkeitsverhältnissen in Lateinamerika.
- Kapitel III: Die Dependenztheorien Kapitel III definiert das Wesen der Dependenztheorie und untersucht die Bedeutung der Unterentwicklung für ihren Ansatz. Es analysiert die Abhängigkeit zwischen Unterentwicklung und dem kapitalistischen Weltsystem und beleuchtet verschiedene Erklärungsansätze für die Unterentwicklung, darunter die Ausbeutungsthese und die These der strukturellen Abhängigkeit durch “deformierte Wirtschafts- und Sozialstrukturen”.
- Kapitel IV: Lösungsansätze der Dependenztheorien und ihre Rezeption In Kapitel IV werden die Lösungsansätze der Dependenztheorie für die Überwindung von Unterentwicklung und Abhängigkeit beleuchtet. Es wird die Rezeption der Theorie in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion untersucht.
- Kapitel V: Probleme und Grenzen der Dependenztheorien Kapitel V analysiert die Probleme und Grenzen der Dependenztheorie. Es beleuchtet kritische Einwände gegen den Ansatz und diskutiert seine Schwächen.
- Kapitel VI: Dependenztheoretische Argumentationen in heutigen Debatten – Globalisierung und Globalisierungskritik Dieses Kapitel untersucht die Relevanz der Dependenztheorie in heutigen Debatten, insbesondere im Kontext der Globalisierung. Es analysiert die Auswirkungen der Globalisierung auf Lateinamerika, die Kritik an den Globalisierungsprozessen und die mögliche Rolle der Dependenztheorie in der Analyse von Globalisierungsphänomenen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Begriffen und Konzepten der Dependenztheorie, wie z.B. Unterentwicklung, Abhängigkeit, Imperialismus, Neokolonialismus, Globalisierung und Globalisierungskritik. Sie untersucht die spezifische Situation Lateinamerikas in den Kontext dieser Konzepte und betrachtet die Rolle der Dependenztheorie in der wissenschaftlichen und politischen Diskussion.
- Quote paper
- Rebecca Richter (Author), 2006, Die Dependenztheorie als Erklärung von Unterentwicklung und dependenztheoretische Argumentationen in heutigen Debatten, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/68043