Im Zuge der fortschreitenden Globalisierung der Güter- und Kapitalmärkte gewinnen internationale Rechnungslegungsvorschriften, speziell die IFRS, für deutsche Abschlussersteller und Abschlussadressaten seit einigen Jahren zunehmend an Bedeutung. Insbesondere der stark exportorientierte deutsche Maschinen- und Anlagenbau ist hiervon betroffen. Da es sich in der Vergangenheit abzeichnete, dass im internationalen Anlagengeschäft neben Bestellerkrediten gerade Lieferantenkrediten – und somit der internationalen Unternehmensfinanzierung über Eigen- und Fremdkapital – eine immer größere Bedeutung zukam, ist insbesondere für Anlagen- und Maschinenbauunternehmen eine Präsenz auf den internationalen Kapitalmärkten eine wesentliche Erfolgsbedingung.
Gemäß Art.4 der EU-Verordnung Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Ministerrats vom 19.07.2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards, müssen alle Unternehmen für Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2005 beginnen, ihren Konzernabschluss nach IFRS erstellen, falls am jeweiligen Bilanzstichtag ihre Wertpapiere in einem beliebigen Mitgliedstaat zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind. Für Unternehmen, die lediglich Fremdkapitaltitel handeln bzw. an einer Börse außerhalb der EU mit einem nach anderen Standards aufgestellten Jahresabschluss gelistet sind, gelten dabei bestimmte Ausnahme- bzw. Übergangsregelungen. Außerdem haben die Mitgliedstaaten gemäß Art.5 dieser IAS-Verordnung das Wahlrecht, die Anwendung der IFRS für Konzernabschlüsse nicht kapitalmarktorientierter Mutterunternehmen und/oder für Einzelabschlüsse aller Unternehmen zu gestatten oder vorzuschreiben.
Die Hauptproblematik der bilanziellen Abbildung langfristiger Fertigungsaufträge ergibt sich indes aus der Dauer der Auftragsdurchführung. Da das Intervall der Rechnungslegung nicht mit jenem der Herstellung eines langfristigen Fertigungsauftrags übereinstimmt, stellt sich die Frage welcher Jahresabschlussperiode der Gewinn bzw. der Verlust eines Fertigungsauftrags zuzurechnen ist. Während im System der IFRS mit IAS 11 eine explizite Vorschrift hierzu existiert, gibt es eine solche Vorschrift im deutschen Recht nicht. Insofern müssen sämtliche Lösungsansätze dem Realisationsprinzip gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB gerecht werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2 Verlauf der Untersuchung
- 2 Charakteristika langfristiger Fertigungsaufträge
- 2.1 Zeitliche und inhaltliche Abgrenzung langfristiger Fertigungsaufträge
- 2.2 Typische Merkmale der langfristigen Auftragsfertigung
- 2.3 Vertragsgestaltung und Preisklauseln bei langfristiger Auftragsfertigung
- 2.4 Risiken bei langfristiger Auftragsfertigung
- 3 Bilanzierung von Fertigungsaufträgen nach IFRS
- 3.1 Zielfunktionen von Jahresabschlüssen nach IFRS und ihre Bedeutung für die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen
- 3.2 Zusammenfassung und Segmentierung von Fertigungsaufträgen
- 3.3 Verfahren der Gewinnrealisierung bei Fertigungsaufträgen
- 3.3.1 Percentage-of-Completion-Methode
- 3.3.1.1 Anwendungsvoraussetzungen der Percentage-of-Completion-Methode
- 3.3.1.2 Ermittlung des anteiligen Gewinns aus Fertigungsaufträgen
- 3.3.1.2.1 Bestimmung der Auftragserlöse
- 3.3.1.2.2 Bestimmung der Auftragskosten
- 3.3.1.2.3 Schätzung des Fertigstellungsgrads
- 3.3.1.2.4 Berücksichtigung von Schätzungsänderungen
- 3.3.2 Ertragsrealisation im Umfang der angefallenen Auftragskosten (Zero-Profit-Margin-Methode)
- 3.3.3 Die bilanzielle Behandlung von Verlustaufträgen
- 3.4 Ausweis von Fertigungsaufträgen im Jahresabschluss
- 3.4.1 Ausweis in der Bilanz
- 3.4.2 Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung
- 3.4.3 Ausweis im Anhang
- 4 Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach HGB
- 4.1 Zielfunktionen von Jahresabschlüssen nach HGB und ihre Bedeutung für die Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge
- 4.2 Ansatz langfristiger Fertigungsaufträge in der Bilanz
- 4.3 Methoden der Gewinnrealisierung bei langfristiger Auftragsfertigung
- 4.3.1 Bedeutung des Realisationsprinzips und mögliche Realisationszeitpunkte bei der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge
- 4.3.2 Completed-Contract-Methode
- 4.3.3 Ansatz aufwandsgleicher Selbstkosten
- 4.3.4 Teilgewinnrealisierung auf der Basis echter Teilabnahmen
- 4.3.5 Teilgewinnrealisierung auf der Basis kalkulatorischer Teilabrechnungen
- 4.3.6 Percentage-of-Completion-Methode
- 4.3.7 Bilanzielle Behandlung von Verlustaufträgen
- 4.4 Ausweis langfristiger Fertigungsaufträge im Jahresabschluss
- 4.4.1 Ausweis in der Bilanz
- 4.4.2 Ausweis in der Gewinn- und Verlustrechnung
- 4.4.3 Ausweis im Anhang und Lagebericht
- 5 Resümee und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Diplomarbeit befasst sich mit der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach IFRS und HGB. Ziel ist es, die unterschiedlichen Bilanzierungsansätze beider Regelwerke aufzuzeigen und deren Auswirkungen auf die Darstellung der finanziellen Lage eines Unternehmens zu analysieren.
- Charakteristika langfristiger Fertigungsaufträge
- Gewinnrealisierung bei Fertigungsaufträgen
- Bilanzierungsmethoden nach IFRS und HGB
- Ausweis von Fertigungsaufträgen im Jahresabschluss
- Vergleichende Analyse der Bilanzierungsansätze
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit dar und erläutert die Zielsetzung. Zudem wird der Verlauf der Untersuchung beschrieben.
- Kapitel 2: Charakteristika langfristiger Fertigungsaufträge: Dieses Kapitel befasst sich mit den zeitlichen und inhaltlichen Abgrenzungen von langfristigen Fertigungsaufträgen. Es werden typische Merkmale der langfristigen Auftragsfertigung sowie die Vertragsgestaltung und die Preisklauseln bei langfristiger Auftragsfertigung analysiert. Abschließend werden die mit langfristigen Fertigungsaufträgen verbundenen Risiken beleuchtet.
- Kapitel 3: Bilanzierung von Fertigungsaufträgen nach IFRS: In diesem Kapitel werden die Zielfunktionen von Jahresabschlüssen nach IFRS und ihre Bedeutung für die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen erläutert. Es werden die Verfahren der Gewinnrealisierung bei Fertigungsaufträgen nach IFRS, insbesondere die Percentage-of-Completion-Methode und die Zero-Profit-Margin-Methode, sowie die bilanzielle Behandlung von Verlustaufträgen vorgestellt. Abschließend wird der Ausweis von Fertigungsaufträgen im Jahresabschluss nach IFRS diskutiert.
- Kapitel 4: Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach HGB: Dieses Kapitel befasst sich mit der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach HGB. Es werden die Zielfunktionen von Jahresabschlüssen nach HGB und ihre Bedeutung für die Bilanzierung von Fertigungsaufträgen erläutert. Anschließend werden die Methoden der Gewinnrealisierung bei langfristiger Auftragsfertigung nach HGB, insbesondere die Completed-Contract-Methode, die Percentage-of-Completion-Methode und der Ansatz aufwandsgleicher Selbstkosten, vorgestellt. Abschließend wird der Ausweis von Fertigungsaufträgen im Jahresabschluss nach HGB diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach IFRS und HGB, wobei die folgenden Schlüsselbegriffe im Vordergrund stehen: Gewinnrealisierung, Auftragsfertigung, Percentage-of-Completion-Methode, Completed-Contract-Methode, Jahresabschluss, Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang, IFRS, HGB.
- Quote paper
- Marco Kienle (Author), 2006, Die Bilanzierung langfristiger Fertigungsaufträge nach IFRS und HGB, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/65425