Die Thematisierung der Schmierwelle in der BILD-Zeitung soll hier untersucht werden: eine nicht ignorierbare Erinnerung in einem Massenblatt einer
Gesellschaft, die die eigene Vergangenheit zu weiten Teilen am liebsten vergessen wollte,
verantwortet von einer durchaus widersprüchlichen Verlegerfigur zwischen dem
Engagement für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Juden und einer eher
rechtskonservativen Anti-Vordenkerrolle.3 Wie die Zeitung den Spagat bewältigte, zum
einen eine untadelige Haltung zu den Vorfällen einzunehmen, zum anderen auch die NSbelastete
Leserschaft nicht zu verprellen, und was sie ihren Lesern in diesem Kontext zur
Positionierung und für den Umgang mit der eigenen Vergangenheit und Schuld anbot, das
soll die zentrale Fragestellung dieser Untersuchung sein.
Zu diesem Zweck möchte ich zunächst die Bedeutung der antisemitischen Schmierwelle
für das deutsche Selbst- und Vergangenheitsbewusstsein verorten. In einem zweiten Schritt
erläutere ich die Rolle der BILD-Zeitung für die öffentliche Meinung, und damit
verbunden die Frage, welche Aussagen an Hand der Untersuchung möglich sind, und
welche nicht. Es folgt die eigentliche Analyse: die Darstellung der antisemitischen
Schmierwelle in der BILD-Zeitung4 und – einen kurzen Vergleich mit der
Darstellungsweise anderer Zeitungen eingeschlossen5 - eine Auswertung der Ergebnisse.
Zumindest wird eine Aussage darüber möglich sein, wie BILD die antisemitischen
Vorfälle thematisierte und gewichtete; möglicherweise können an Hand dessen in
gewissem Umfang Rückschlüsse gezogen werden auf die in der spezifischen – großen –
Zielgruppe der BILD-Zeitung verbreitete Haltung zu Rechtsextremismus, Antisemitismus
und der nationalsozialistischen deutschen Vergangenheit.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die antisemitische Schmierwelle 1959/60 im Kontext der deutschen Vergangenheitsbewältigung
- Öffentliche und veröffentlichte Meinung zu Antisemitismus und nationalsozialistischer Vergangenheit bis 1959/60
- Bedeutung der antisemitischen Schmierwelle für den Umgang mit der Vergangenheit
- Die BILD-Zeitung
- Bedeutung der BILD-Zeitung für die öffentliche Meinung
- Die antisemitische Schmierwelle in der BILD-Zeitung
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Berichterstattung der BILD-Zeitung über die antisemitische Schmierwelle 1959/60 zu untersuchen und deren potenzielle Bedeutung für die öffentliche Meinung zur NS-Vergangenheit zu analysieren.
- Die Rolle der BILD-Zeitung für die öffentliche Meinung in den 1950er und 1960er Jahren
- Die antisemitische Schmierwelle 1959/60 und ihre Relevanz für die deutsche Vergangenheitsbewältigung
- Die Darstellung der antisemitischen Schmierwelle in der BILD-Zeitung und ihr Einfluss auf die öffentliche Meinung
- Die Haltung der BILD-Zeitung zu Antisemitismus und der NS-Vergangenheit
- Die Strategien der BILD-Zeitung zur Lesergewinnung und Leserbindung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung präsentiert die BILD-Zeitung als ein wichtiges Medium für die öffentliche Meinung und stellt die Forschungslücke hinsichtlich der Inhaltsanalyse des Boulevardblattes heraus. Die Arbeit beleuchtet die antisemitische Schmierwelle 1959/60 im Kontext der deutschen Vergangenheitsbewältigung und diskutiert die öffentliche Meinung zu Antisemitismus und der NS-Vergangenheit vor diesem Hintergrund. Anschließend werden die Bedeutung der BILD-Zeitung für die öffentliche Meinung sowie die Darstellung der antisemitischen Schmierwelle in der Zeitung analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Antisemitismus, NS-Vergangenheit, Vergangenheitsbewältigung, öffentliche Meinung, BILD-Zeitung, Boulevardpresse, Medienanalyse und Leserbindung.
- Quote paper
- Katja Schmitz-Dräger (Author), 2006, Die antisemitische Welle 1959/60 in der BILD-Zeitung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/64990