Die Antipädagogik sieht die Erziehung als einen moralisch verwerflichen Eingriff in das Leben von Kindern an und fordert die Abschaffung der Erziehung. Sie stellt eine neue Lebensphilosophie dar, über die diese Hausarbeit berichten wird. ”Es ist seltsam, daß man seit man sich mit der Erziehung der Kinder beschäftigt hat, auf keine anderen Mittel, sie zu leiten, verfallen ist als auf Wetteifer, Eifersucht, Neid, Eitelkeit, Habgier, Feigheit, also gerade die gefährlichsten Leidenschaften, die am schnellsten emporschießen und am geeignetsten sind, die Seele zu verderben.” 1
”Schafft die Erziehung ab!” - so lautet die radikale Forderung der Antipädagogen. Was sich noch alles hinter diesem Begriff verbirgt, werden folgende Ausführungen versuchen, zu verdeutlichen.
Dem traditionellen pädagogischen Bild vom Menschen als ein erziehungsbedürftiges Wesen stellt die Antipädagogik eine radikale Antithese gegenüber: Kein Mensch ist erziehungsbedürftig. Die Erwachsenen sind nicht für die Kinder verantwortlich. Wenn man Kinder liebt, erzieht man sie nicht! Die Antipädagogik wendet sich von sämtlichen pädagogischen Theorien radikal ab und ersetzt das pädagogische Menschenbild durch ein antipädagogisches.2 Die Antipädagogik ist eine Bewegung, die heftig alle Erziehungsansprüche attackiert und die Notwendigkeit und den Nutzen von Erziehung verneint: ”Schafft die Erziehung ab!”3 Der Beginn der Antipädagogik im deutschsprachigen Raum liegt im Jahre 1975 und fällt mit der Veröffentlichung des Buches „Antipädagogik - Studien zur Abschaffung der Erziehung” (Braunmühl) zusammen. Dieses Buch ist ein kompromißloser, leidenschaftlicher Frontalangriff auf die Pädagogik und wurde in der pädagogischen Diskussion vorerst ignoriert. Anfang der 80er Jahre erschien das Buch „Am Anfang war Erziehung” von der Psychonanalytikerin Alice Miller. Dieser Bestseller sorgte für einen starken Aufschwung der Antipädagogik und somit war die Erziehungswissenschaft zum Handeln gezwungen. Ab den späten 70er Jahren wurde auch den griffigen und viel Staub aufwirbelnden antipädagogischen Postulaten in den Medien mehr Raum gewährt.
1 Zit. J. J. Rousseau aus Flitner, A. : Konrad, sprach die Frau Mama... Über Erziehung und Nicht-Erziehung. München 1985, S. 47
2 Vgl. Berner, H.: Aktuelle Strömungen in der Pädagogik. Stuttgart -Wien 1992, S. 222
3 Vgl. Flitner, A.: Konrad, sprach die Frau Mama... Über Erziehung und Nicht-Erziehung. München 1985, (Einleitung)
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- 1. DIE ANTIPÄDAGOGIK - ALLGEMEINE BETRACHTUNG
- 2. ENTWICKLUNG EINER ANTIPÄDAGOGIK
- 3. ANTIPÄDAGOGIK <-> ANTIAUTORITÄRE ERZIEHUNG
- 4. DIE PARALLELE ZUR ANTIPSYCHIATRIE
- 5. KINDERRECHTSBEWEGUNG BZW: DIE JURISTISCHE STATT PÄDAGOGISCHE BEZIEHUNG
- 6. DIE "SCHWARZE PÄDAGOGIK"
- 7. DIE PÄDAGOGIK DER ANTIPÄDAGOGIK
- 8. EINER DER HAUPTVERFECHTER: EKKEHARD VON BRAUNMÜHL
- 8.1. KINDERWUNSCHMOTIV UND KINDERFEINDLICHKEIT
- 8.2. AUTONOMIE
- 8.3. ERZIEHUNG UND IHR ERFOLG
- 8.4. UND DIE PRAXIS?
- 9. DIE PÄDAGOGISCHE ANTHROPOLOGIE ALS RECHTFERTIGUNG DER ERZIEHUNG
- 10. VERSCHIEDENE ERZIEHUNGSBEGRIFFE UND KRITISCHE STELLUNGNAHMEN
- 11. DIE UMRISSE DES ANTIPÄDAGOGISCHEN GEDANKENGEBÄUDES = DAS ANTIPÄDAGOGISCHE MENSCHENBILD
- 12. DIE UMSETZUNG DES ANTIPÄDAGOGISCHEN ANSATZES
- 12.1. GRENZVERLETZUNG
- 12.2. ÜBERLEGUNGEN
- 12.3. ERFAHRUNGEN
- 12.4. KONSTRUKTIONSVERSUCHE
- 13. DIE BEDEUTUNG DER ANTIPÄDAGIGIK FÜR DEN ERZIEHUNGS- AUFTRAG DER SCHULE
- 14. DIE ANTIPÄDAGOGIK ODER DIE KRAFT DER NEGATION
- 15. KRITIK AN DER ANTIPÄDAGOGIK
- 15.1. VEREINFACHUNGEN
- 15.2. WISSENSCHAFTSFEINDLICHKEIT
- 15.3. ATTRAKTIVITÄT
- SCHLUBWORT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Antipädagogik, einer Strömung, die die Erziehung als einen negativen Eingriff in das Leben von Kindern ansieht und ihre Abschaffung fordert. Die Arbeit analysiert die Entstehung, die wichtigsten Vertreter und die zentralen Argumente der Antipädagogik. Zudem wird die Beziehung zur Antipsychiatrie und der Kinderrechtsbewegung beleuchtet, sowie die Kritik an der Antipädagogik untersucht. Die wichtigsten Themenschwerpunkte sind:- Kritik an der traditionellen Erziehung
- Die Forderung nach Autonomie des Kindes
- Die Bedeutung der Antipädagogik für die Schule
- Die Kritik an der Antipädagogik
- Die Relevanz der Antipädagogik für das pädagogische Denken
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Antipädagogik als eine radikale Strömung vor, die die Abschaffung der Erziehung fordert. Sie zitiert Rousseau und stellt die zentrale These der Antipädagogik dar: "Schafft die Erziehung ab!".
- 1. Die Antipädagogik - Allgemeine Betrachtung: Dieses Kapitel bietet einen allgemeinen Überblick über die Antipädagogik und ihre Grundgedanken. Die Antipädagogik wird als eine radikale Kritik an der traditionellen Erziehung dargestellt, die den Menschen als autonomes Wesen sieht und die Erziehungsmaßnahmen als Eingriffe in seine natürliche Entwicklung kritisiert.
- 2. Entwicklung einer Antipädagogik: Hier werden die historischen Wurzeln der Antipädagogik beleuchtet und wichtige Denker und Strömungen vorgestellt, die die Entwicklung der Antipädagogik beeinflusst haben. Es wird deutlich, dass die Antipädagogik auf einer langen Tradition kritischer Denkens zur Erziehung beruht.
- 3. Antipädagogik <-> Antiautoritäre Erziehung: Dieses Kapitel setzt sich mit der Beziehung zwischen Antipädagogik und antiautoritärer Erziehung auseinander. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Strömungen analysiert. Die Antipädagogik wird in ihrer radikaleren Form als ein Bruch mit allen Formen von Erziehung dargestellt, während die antiautoritäre Erziehung eher eine Reform des Erziehungssystems anstrebt.
- 4. Die Parallele zur Antipsychiatrie: Dieses Kapitel untersucht die Parallelen zwischen Antipädagogik und Antipsychiatrie. Es wird die gemeinsame Kritik an den Machtstrukturen und dem autoritären Umgang mit Menschen, insbesondere Kindern und psychisch Kranken, aufgezeigt. Die Antipädagogik wird als ein Teil einer breiteren gesellschaftlichen Kritik an autoritären Strukturen verstanden.
- 5. Kinderrechtsbewegung bzw: Die juristische statt pädagogische Beziehung: Hier wird die Bedeutung der Kinderrechtsbewegung für die Antipädagogik beleuchtet. Es wird deutlich, dass die Forderung nach Autonomie des Kindes auch von der juristischen Seite her bekräftigt wird. Die Antipädagogik stellt sich in einen Dialog mit der Kinderrechtsbewegung und betrachtet die juristische Gleichstellung von Kindern als ein wichtiges Argument für die Abschaffung der Erziehung.
- 6. Die "Schwarze Pädagogik": Dieses Kapitel beleuchtet die "Schwarze Pädagogik" als eine Form der Erziehung, die die Antipädagogik scharf kritisiert. Die "Schwarze Pädagogik" stellt eine Kritik an Erziehungstechniken dar, die den Kindern Schaden zufügen und ihre Autonomie untergraben. Die Antipädagogik wird in diesem Kontext als ein Gegenentwurf zur "Schwarzen Pädagogik" verstanden.
- 7. Die Pädagogik der Antipädagogik: Dieses Kapitel widmet sich der Frage, ob es eine "Pädagogik der Antipädagogik" geben kann. Es wird diskutiert, ob die Forderung nach Abschaffung der Erziehung mit einem pädagogischen Ansatz vereinbar ist. Die Antipädagogik wird hier als eine Kritik an der traditionellen Pädagogik dargestellt, die dennoch eigene Ansätze für ein alternatives pädagogisches Denken entwickeln muss.
- 8. Einer der Hauptverfechter: Ekkehard von Braunmühl: Hier wird die Person und das Werk von Ekkehard von Braunmühl, einem der wichtigsten Vertreter der Antipädagogik, vorgestellt. Seine zentralen Argumente, wie das Kinderwunschmotiv, die Autonomie des Kindes und die Kritik an der Erziehung werden beleuchtet. Es wird deutlich, dass Braunmühl die Antipädagogik als eine radikale Lebenshaltung und gesellschaftliche Reformbewegung vertritt.
- 9. Die pädagogische Anthropologie als Rechtfertigung der Erziehung: Dieses Kapitel untersucht die anthropologischen Grundlagen der Erziehung. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Erziehung notwendig ist, um den Menschen zu seinem Selbst zu führen. Die Antipädagogik stellt die anthropologischen Grundlagen der traditionellen Erziehung in Frage und argumentiert, dass der Mensch ohne Erziehung zu seiner vollen Entfaltung fähig ist.
- 10. Verschiedene Erziehungsbegriffe und kritische Stellungnahmen: Dieses Kapitel betrachtet verschiedene Erziehungsbegriffe und die dazugehörigen kritischen Stellungnahmen. Es werden unterschiedliche Ansätze zur Erziehung und deren Kritik aus der Sicht der Antipädagogik beleuchtet. Die Antipädagogik wird als ein kritischer Diskurs über den Begriff der Erziehung selbst verstanden.
- 11. Die Umrisse des antipädagogischen Gedanken Gebäudes = Das antipädagogische Menschenbild: Dieses Kapitel zeichnet die Umrisse des antipädagogischen Denkens nach. Es wird das antipädagogische Menschenbild vorgestellt, das den Menschen als autonomes und selbstbestimmtes Wesen sieht. Die Antipädagogik fordert die Anerkennung der Autonomie des Kindes und die Abschaffung aller Formen von Zwang und Manipulation.
- 12. Die Umsetzung des antipädagogischen Ansatzes: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit den konkreten Möglichkeiten der Umsetzung des antipädagogischen Ansatzes. Es werden konkrete Beispiele und Erfahrungen aus der Praxis beleuchtet. Die Antipädagogik wird als eine Strömung dargestellt, die sich nicht nur auf theoretische Überlegungen, sondern auch auf praktische Erfahrungen stützt.
- 13. Die Bedeutung der Antipädagogik für den Erziehungs- Auftrag der Schule: Dieses Kapitel untersucht die Relevanz der Antipädagogik für die Schule. Es werden die Auswirkungen der Antipädagogik auf die Bildung und die Organisation von Bildungseinrichtungen diskutiert. Die Antipädagogik wird als eine Herausforderung für das traditionelle Schulsystem verstanden, das sich an die Bedürfnisse des Kindes und seine Autonomie anpassen muss.
- 14. Die Antipädagogik oder die Kraft der Negation: Dieses Kapitel beschäftigt sich mit der Kraft der Negation in der Antipädagogik. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Antipädagogik als eine rein negative Strömung verstanden werden kann. Die Antipädagogik wird hier als eine Kraft der Veränderung und des Aufbruchs dargestellt, die das traditionelle Denkmuster in Frage stellt und neue Perspektiven eröffnet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter der Antipädagogik sind Autonomie, Selbstbestimmung, Erziehungskritik, Kinderrechte, Antipsychiatrie, "Schwarze Pädagogik", und Lebenswelt. Die Arbeit untersucht die Argumentation der Antipädagogik, die sich auf die Forderung nach Autonomie des Kindes und die Abschaffung der Erziehung konzentriert. Dabei werden verschiedene Ansätze und Kritikpunkte beleuchtet und die Relevanz der Antipädagogik für die pädagogische Praxis und das Bildungssystem diskutiert.- Quote paper
- Dana Bochmann (Author), Sylvia Dreßler (Author), Chr. Schaan (Author), 1998, Das Konzept der Antipädagogik im Überblick, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/6450