Das Bestreben, die menschliche Persönlichkeit zu erfassen und zu beschreiben, hat eine lange Tradition. So beschäftigt die Frage, was die menschliche Persönlichkeit, den Charakter oder das Wesen des Menschen ausmacht und wie sich diese Persönlichkeit beschreiben lässt, Philosophen, Schriftsteller und Wissenschaftler bereits seit der Antike. Beispielsweise beschrieb der griechische Arzt Hippokrates (460 bis 377 v. Chr.) für den Menschen insgesamt vier verschiedene Temperamentstypen: sanguinisch, phlegmatisch, cholerisch und melancholisch. Zwar hat in der Wissenschaft schon lange eine Abkehr von solchen allzu vereinfachenden Typologien stattgefunden, dennoch ist man in der Persönlichkeitspsychologie nach wie vor bestrebt, grundlegende Persönlichkeitsdimensionen zu definieren und diese in ein Modell zu integrieren, das eine umfassende Charakterisierung der menschlichen Persönlichkeit ermöglichen soll. Ein solches Vorhaben dient nicht nur einem rein wissenschaftlichen Interesse, sondern verspricht zudem vielfältige Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis. So gilt es in der Organisationspsychologie, die sich mit den Wechselwirkungen von Individuen und Organisationen befasst, mittlerweile als selbstverständlich, dass die Persönlichkeit eines Organisationsmitgliedes und dessen gezeigtes Arbeitsverhalten in einem Zusammenhang stehen. Fraglich ist dabei jedoch, wie dieser Zusammenhang zu charakterisieren ist und im Organisationskontext nutzbar gemacht werden kann.
Mit dem Fünf-Faktoren-Modell (FFM) der Persönlichkeit, das auch als „Big Five“- Modell bezeichnet wird, liegt seit den 1980er Jahren ein einflussreiches Eigenschaftsmodell der Persönlichkeit vor. Ziel dieser Arbeit ist es, dieses Modell als Instrument der Beschreibung grundlegender Persönlichkeitsmerkmale vorzustellen und seine Erforschung und Weiterentwicklung nachzuzeichnen. Darüber hinaus ist beabsichtigt, die relevanten Einsatzbereiche eines solchen Persönlichkeitsmodells in der Organisationspsychologie herauszuarbeiten. Hierbei wird insbesondere untersucht, welche Vorhersagen bezüglich verschiedener Aspekte des Arbeitsverhaltens eines Organisationsmitgliedes aufgrund vorhandener Persönlichkeitsmerkmale getroffen werden können. Schließlich wird angestrebt, neben den vielseitigen Möglichkeiten auch verschiedene Kritikpunkte bezüglich des „Big Five“-Modells und die Grenzen von dessen Anwendung im Organisationskontext zu diskutieren. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Die Begriffe Person und Persönlichkeit
- Die Persönlichkeit als Forschungsgegenstand der Psychologie
- Persönlichkeitsdefinitionen
- Perspektiven von Persönlichkeit
- Kontroverse: Person versus Situation
- Das „Big Five“- Modell und seine Entwicklungsgeschichte
- „Big Five“- Modell und NEO-PI-R- Persönlichkeitsinventar
- Entstehung des „Big Five“- Modells der Persönlichkeit
- Anwendung des „Big Five“- Modells im organisationspsychologischen Kontext
- Die Anwendung des „Big Five“- Modells in der Personalauswahl
- Das „Big Five“- Modell und weitere Aspekte des Arbeitsverhaltens
- Die „Big Five“ und Arbeitszufriedenheit
- Die „Big Five“ und Mitarbeiterabsentismus
- Die „Big Five“ und Führungserfolg
- Die „Big Five“ und freiwilliges Arbeitsengagement (OCB)
- Die „Big Five“ und kontraproduktives Verhalten
- Die „Big Five“ und Karriereerfolg
- Kritische Würdigung
- Kritik am „Big Five“- Modell
- Anzahl der Faktoren
- Benennung der Faktoren
- Wesenszüge („traits“) und deren Langzeitstabilität
- Methode der Faktorenanalyse
- Kritik am lexikalischen Ansatz
- Kritik an der Anwendung des „Big Five“- Modells in der Organisationspsychologie
- „Bandwith-fidelity“-Dilemma und Zeitaufwand
- Verfälschungstendenzen
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Fünf-Faktoren-Modell (FFM) der Persönlichkeit, auch als „Big Five“- Modell bekannt, und untersucht seine Anwendung im organisationspsychologischen Kontext. Das Ziel ist es, das Modell als Instrument zur Beschreibung grundlegender Persönlichkeitsmerkmale vorzustellen, seine Entstehung und Weiterentwicklung nachzuzeichnen und seine Einsatzbereiche in der Organisationspsychologie herauszuarbeiten.
- Das "Big Five"-Modell und seine Entwicklung
- Anwendung des Modells in der Personalauswahl
- Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Arbeitsverhalten
- Kritikpunkte und Grenzen der Modellanwendung
- Diskussion der Möglichkeiten und Herausforderungen des „Big Five“-Modells im Organisationskontext
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik der menschlichen Persönlichkeit als Forschungsgegenstand der Psychologie ein. Es werden verschiedene Definitionen und Perspektiven von Persönlichkeit vorgestellt, sowie die Kontroverse zwischen Person und Situation beleuchtet.
Kapitel 2 befasst sich mit dem „Big Five“- Modell und seiner Entstehungsgeschichte. Es wird das NEO-PI-R- Persönlichkeitsinventar vorgestellt und die Entwicklung des Modells anhand verschiedener Studien und Forschungen erläutert.
Kapitel 3 analysiert die Anwendung des „Big Five“- Modells im organisationspsychologischen Kontext. Es wird die Bedeutung des Modells in der Personalauswahl und seine Beziehung zu weiteren Aspekten des Arbeitsverhaltens wie Arbeitszufriedenheit, Mitarbeiterabsentismus, Führungserfolg, freiwilliges Arbeitsengagement und kontraproduktives Verhalten untersucht.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit dem „Big Five“- Modell der Persönlichkeit, NEO-PI-R- Persönlichkeitsinventar, Personalauswahl, Arbeitsverhalten, Arbeitszufriedenheit, Mitarbeiterabsentismus, Führungserfolg, freiwilliges Arbeitsengagement, kontraproduktives Verhalten, Karriereerfolg, Kritikpunkte, Organisationspsychologie, lexikalischer Ansatz, Faktorenanalyse.
- Quote paper
- Martin Maurer (Author), 2006, Das Big-Five-Modell der Persönlichkeit. Anwendung im organisationspsychologischen Kontext., Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/62871