In jeder Gesellschaft gib es die unterschiedlichsten Verhaltensformen. Zum einen können sie der Gesellschaft dienen, zum anderem dem Individuum selbst. Es gibt aber auch Verhaltensweisen, die auf den ersten Blick weder für die Gesellschaft noch für den Einzelnen positive Folgen zu haben scheinen. Diese Verhaltensweisen werden allgemein als abweichendes Verhalten definiert. Es stellt sich also die Frage nach den Ursachen von abweichendem Verhalten und den darauf folgenden Reaktionen aus der Gesellschaft. Mittlerweile hat sich eine wahre Vielfalt an Theorien und Ansätzen zu diesem Thema herausgebildet. Sie alle versuchen, wenn auch oft aus unterschiedlichen und zum Teil konträren Richtungen, Erklärungen für Ursachen und Folgen zu finden.
Wissenschaftler aus verschiedenen wissenschaftliche Disziplinen beschäftigen sich mit diesen Frage, und immer wieder kommen neue Aspekte, Erweiterungen oder aber auch Modifizierungen der zahlreichen Erkenntnisse hinzu. Immer wieder wird versucht die Motive und eventuellen Abhängigkeiten von verschiedenen Faktoren zu verstehen und zu erklären. Dabei steht die Suche nach Aussagen über die Gründe und Prognosen über zukünftiges Verhalten im Vordergrund. Am Beispiel zweier bedeutender Ansätze - der Anomietheorie und dem labeling approach - sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede sowie Vorteile und Nachteile beider Positionen gezeigt werden. Lassen sich Überschneidungen und Übereinstimmungen finden, oder wiedersprechen sich Ansätze aus dem ätiologischen und interaktionistischen Lager vielleicht schon in ihren Grundgedanken?
Ätiologische Theorien versuchen Ursachen für das Zustandekommen abweichenden Verhaltens zu finden, das heißt Antworten auf die Frage warum sich Menschen abweichend verhalten. Interaktionistische Theorien dagegen beschäftigen sich mit den Prozessen der Normsetzung und deren Anwendung, durch die es erst zu einer Etikettierung eines Verhaltens als abweichend kommt. Sie fragen sich, warum Menschen von anderen als Abweichende gesehen werden.
Vertreter der ätiologischen Perspektive sind also der Meinung, dass soziale Arbeit auf abweichendes Verhalten mit Einzelinterventionen reagieren kann, Vertreter der interaktionistischen Perspektive dagegen sind der Auffassung, dass die soziale Arbeit im Umfeld intervenieren muss, um Normsetzung und Definition des abweichenden Verhaltens zu beeinflussen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmungen
- Überblick über die Entstehung und Entwicklung von Theorien abweichenden Verhaltens (Theorievielfalt, Modifikationen etc.)
- Die Anomietheorie
- Allgemeine Einordnung
- Der Anomie-Begriff bei Durkheim
- Erklärungspotential, Anwendbarkeit und Kritik
- Der labeling approach
- Allgemeine Einordnung
- Erklärungspotential, Anwendbarkeit und Kritik
- Fitz Sack als Vertreter der radikalen Perspektive
- Howard S. Becker als Vertreter einer gemäßigteren Perspektive
- Anomietheorie und Labeling-Approach im Vergleich
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert die Anomietheorie und den Labeling Approach als zwei bedeutende Ansätze zur Erklärung abweichenden bzw. kriminellen Verhaltens. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Perspektiven aufzuzeigen und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen zu beleuchten. Dabei werden die theoretischen Grundlagen, Anwendungsbereiche und kritische Aspekte der beiden Ansätze untersucht.
- Die Entstehung und Entwicklung von Theorien abweichenden Verhaltens
- Die Anomietheorie als ätiologische Erklärung für abweichendes Verhalten
- Der Labeling Approach als interaktionistische Perspektive auf die Entstehung von Devianz
- Der Einfluss von Normsetzung und sozialer Kontrolle auf abweichendes Verhalten
- Die Rolle von Sanktionen und Etikettierung in der Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik des abweichenden Verhaltens ein und stellt die Relevanz der Anomietheorie und des Labeling Approach für die Erklärung dieses Phänomens heraus. Das zweite Kapitel definiert grundlegende Begriffe wie Normen, Werte und soziale Kontrolle, um den Kontext für die folgenden Kapitel zu schaffen. Das dritte Kapitel gibt einen Überblick über die Entstehung und Entwicklung von Theorien abweichenden Verhaltens, um die Anomietheorie und den Labeling Approach in einen breiteren wissenschaftlichen Kontext einzubetten.
Die Kapitel vier und fünf behandeln die Anomietheorie und den Labeling Approach im Detail. Sie analysieren die theoretischen Grundlagen, die zentralen Argumente und die empirischen Befunde der beiden Ansätze. Zusätzlich werden die jeweiligen Stärken und Schwächen der beiden Perspektiven diskutiert.
Das sechste Kapitel vergleicht die Anomietheorie und den Labeling Approach, um herauszufinden, inwieweit die beiden Ansätze sich ergänzen oder widersprechen. Abschließend werden die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst.
Schlüsselwörter
Abweichendes Verhalten, Anomietheorie, Labeling Approach, Soziale Kontrolle, Normsetzung, Devianz, Etikettierung, Kriminalität, Sozialisation, Interaktionismus, Ätiologie.
- Arbeit zitieren
- Gesa Brüchmann (Autor:in), 2005, Anomietheorie und Labeling Approach, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/62648