Die Literaturverfilmung steht seit ihrem Beginn vor diversen Herausforderungen, die sich sowohl aus den spezifischen Charakteristika narrativer Texte an sich, als auch aus denen des Films ergeben. Sie findet sich schon immer als Sujet diverser Diskussionen wieder, besonders in Bezug auf ihr Gelingen oder ihre Werktreue. In seinen Anmerkungen zur Inszenierung von Heinrich von KleistsDie Marquise von O…erwähnt der französische Regisseur Eric Rohmer, die Novelle sei „schon ein echtes Drehbuch.“ Im Zuge dieser Arbeit soll analysiert werden, inwieweit sie eine ideale Vorlage für eine textgenaue Verfilmung darstellt, und welche filmischen Konsequenzen Eric Rohmer in seiner gleichnamigen Adaption von 1976 daraus gezogen hat. Die Verfilmung literarischer Vorlagen ist von Beginn des Films an ein wichtiger Bestandteil dessen gewesen. Im Zuge dieser Entwicklung sind verschiedene Arten der Literaturverfilmung entstanden die als Anhaltspunkt dienen sollen, um eine Einordnung derDie Marquise von O…zu ermöglichen. Borstnar spricht von drei Modi der Literaturverfilmung: der „illustrierten Version der Vorlage“, der „komplementären Gestaltung“ und der „Interpretation der Vorlage.“ Die „illustrierte Version der Vorlage“ versteht sich demnach eher als eine Bebilderung der Kernaussagen, die besonders dicht an der Vorlage zu bleiben versucht. Als eine „komplementären Gestaltung“ bezeichnet Borstnar eine Übernahme zentraler Strukturen und Elemente. Allerdings können oberflächentextuell deutliche Abweichungen realisiert werden. Die „Interpretation der Vorlage“ gilt als die freieste Umsetzungsform. Hierbei werden nur ein paar Elemente und Strukturen übernommen, aber auch neue hinzugefügt. Diese Einteilung ist nur bedingt in der Praxis anwendbar, da die meisten Literaturverfilmungen in ihrer Transformation nicht homogen sind, und demnach auch nicht nur einer dieser drei Arten zuzuordnen sind. Rohmers Die Marquise von O… bewegt sich in Bezug auf Borstnars Einteilung sicherlich weitestgehend im Bereich der „illustrierten Version der Vorlage.“ Dieser Aspekt wird in der später folgenden Analyse des Films sicherlich deutlich.
Nicht jede literarische Vorlage ist gleichermaßen filmisch umsetzbar, dies wird besonders anhand der einzelnen Gattungen deutlich. So begünstigen einige Formen die Transformation, während andere sie eher hemmen. Der Film selbst zeichnet sich durch seine Nähe sowohl zum Theater, also zum Dramatischen, als auch zum narrativen Text. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Voraussetzungen von Kleists Die Marquise von O...
- Strukturelle Charakteristika der Novelle
- Szenische Darstellung
- Erzählgestus
- Eric Rohmers filmische Konsequenzen aus der Kleistschen Vorlage
- Strukturelle Umsetzung von der Novelle zum Film
- Transformation der szenischen Darstellung
- Kameraführung als Erzählerinstanz
- Diskrepanzen zwischen Film und Novelle
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die filmische Adaption von Heinrich von Kleists Novelle „Die Marquise von O...“ durch Eric Rohmer im Hinblick auf die Eignung der Novelle als Vorlage für eine textgenaue Verfilmung. Darüber hinaus werden die filmischen Konsequenzen, die Rohmer in seiner Adaption gezogen hat, untersucht.
- Die spezifischen Charakteristika der Novelle im Kontext der Verfilmbarkeit
- Die Eignung von Kleists Novelle als Drehbuchvorlage
- Die Herausforderungen der Literaturverfilmung
- Die filmische Umsetzung von strukturellen Elementen der Novelle
- Die Interpretation der Vorlage in Rohmers Film
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung befasst sich mit den Herausforderungen der Literaturverfilmung im Allgemeinen und stellt die spezifische Fragestellung der Arbeit dar, die sich auf die Verfilmbarkeit von Kleists Novelle „Die Marquise von O...“ und die filmischen Entscheidungen von Eric Rohmer in seiner Adaption konzentriert.
Das zweite Kapitel analysiert die Voraussetzungen von Kleists Novelle im Hinblick auf ihre Verfilmbarkeit. Hierbei werden die strukturellen Charakteristika der Novelle, ihre szenische Darstellung und der Erzählgestus untersucht.
Im dritten Kapitel werden die filmischen Konsequenzen von Rohmers Adaption der Novelle analysiert. Es werden die strukturelle Umsetzung von der Novelle zum Film, die Transformation der szenischen Darstellung und die Kameraführung als Erzählerinstanz betrachtet. Zudem werden Diskrepanzen zwischen Film und Novelle beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Marquise von O..., Heinrich von Kleist, Eric Rohmer, Literaturverfilmung, Novelle, Drehbuchartigkeit, szenische Darstellung, Kameraführung, Erzählerinstanz, filmische Konsequenzen, Transformation, Interpretation, Diskrepanzen.
- Quote paper
- Kerstin Müller (Author), 2006, Die Marquise von O Drehbuchartigkeit vom Kleists Novelle und die filmischen Konsequenzen Eric Rohmers, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/61351