Aufgrund der Komplexität des beamtenrechtlichen Pflichtenkreises ist die Regelung zur Bemessung von Disziplinarmaßnahmen stark abweichend von der des Strafrechts. Obgleich die Einleitung eines Disziplinarverfahrens dem Legalitätsprinzip unterliegt, ergeht die Entscheidung, welche und ob überhaupt eine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen wird, nach dem Ermessen der Disziplinarorgane. Dieses wird durch gesetzliche Regelungen nur sehr geringfügig eingeschränkt und so kann ein Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht disziplinarrechtlich völlig irrelevant sein, aber auch eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zur Folge haben.
Hier stellt sich nun die Frage, ob das Disziplinarrecht dem Rechststaatsprinzip nach Artikel 20 Absatz 3 GG genügend Bedeutung zukommen lässt, was eine Vorhersehbarkeit staatlichen Handelns erfordern würde.
Am 01.01.2002 ist das Bundesdisziplinargesetz in Kraft getreten und hat die alte Bundesdisziplinarordnung abgelöst. Durch die Neuregelung wurde das Verfahren nicht nur effektiver und kostengünstiger, es fand auch gleichzeitig noch eine weitere Konkretisierung des Ermessensgrundsatzes, besonders im Hinblick auf die schwerwiegendsten Maßnahmen, statt.
Trotzdem lässt das Gesetz noch viel Spielraum bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahmen. Ziel dieser Hausarbeit ist es deshalb, die gesetzlichen Grundlagen darzustellen und auszulegen, um so die Faktoren aufzuzeigen, die bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen. Gleichzeitig sollen die Grundsätze der Rechtsprechung herausgestellt werden.
Mittels einer Analyse der Gerichtsentscheide zu häufigen Dienstvergehen soll letztendlich die Frage beantwortet werden, ob es möglich ist, eine Disziplinarmaßnahme wenigstens ansatzweise vorherzusagen und somit gleichzeitig auch, ob das Rechtsstaatlichkeitsprinzip im Disziplinarrecht gegenwärtig ist.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Das Dienstvergehen
- 3. Die Disziplinarmaßnahmen
- 3.1 Verweis, § 6 BDG
- 3.2 Geldbuße, § 7 BDG
- 3.3 Kürzung der Dienstbezüge/Kürzung des Ruhegehalts, §§ 8, 11 BDG
- 3.4 Zurückstufung, § 9 BDG
- 3.5 Entfernung aus dem Beamtenverhältnis/Aberkennung des Ruhegehalts, §§ 10, 12 BDG
- 3.6 Aussprechungskompetenzen
- 4. Der Ermessensgrundsatz
- 4.1 Leitlinien / Bemessungsregeln
- 4.1.1 Schwere des Dienstvergehens
- 4.1.2 Persönlichkeitsbild des Beamten
- 4.1.3 Vertrauensschädigung
- 4.2.1 Spontane kurzschlussartige und persönlichkeitsfremde Tat
- 4.2.2 Psychische Ausnahmesituation
- 4.2.3 Unverschuldete ausweglose finanzielle Notlage
- 4.2.4 Beendete negative Lebensphase
- 4.2.5 Freiwillige Offenbarung/Wiedergutmachung vor Entdeckung der Tat
- 4.2.6 Sonstige
- 4.3 Unterschiede im Hamburger Disziplinargesetz
- 4.1 Leitlinien / Bemessungsregeln
- 5. Verfahrensgrundsätze
- 5.1 Einheit des Dienstvergehens
- 5.2 Ausdehnung und Beschränkung des Verfahrens
- 5.3 Das Beschleunigungsgebot
- 5.4 § 14 BDG – Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- und Bußgeldverfahren
- 5.5 §§ 23, 57 BDG – Bindung an tatsächliche Feststellungen aus Straf- oder anderen Verfahren
- 6. Die Rechtsprechung
- 6.1 Alkoholdelikte
- 6.1.1 Trunkenheitsfahrt
- 6.1.2 Trunkenheit im Dienst
- 6.1.3 Alkoholismus
- 6.2 Eigentumsdelikte
- 6.3 Fernbleiben vom Dienst
- 6.4 Bestechlichkeit
- 6.5 Betrug
- 6.6 BtM-Delikte
- 6.7 Sexualdelikte
- 6.1 Alkoholdelikte
- 7. Nachwort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen im öffentlichen Dienst anhand der disziplinargerichtlichen Rechtsprechung. Ziel ist es, die Kriterien und Prinzipien aufzuzeigen, die bei der Festlegung der Höhe und Art der Sanktionen eine Rolle spielen.
- Die verschiedenen Arten von Dienstvergehen und ihre Einordnung
- Die verschiedenen Disziplinarmaßnahmen und ihre Anwendung
- Der Ermessensgrundsatz bei der Bemessung von Disziplinarmaßnahmen
- Relevante Verfahrensgrundsätze im Disziplinarrecht
- Auswertung der Rechtsprechung zu verschiedenen Delikten
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Diese Einleitung führt in das Thema der Bemessung von Disziplinarmaßnahmen ein und skizziert den Aufbau der Arbeit. Sie erläutert die Bedeutung der Thematik für den öffentlichen Dienst und die Notwendigkeit einer gerechten und nachvollziehbaren Sanktionierung bei Dienstvergehen.
2. Das Dienstvergehen: Dieses Kapitel definiert den Begriff des Dienstvergehens und beschreibt die verschiedenen Arten von Dienstvergehen, die im öffentlichen Dienst vorkommen können. Es werden Beispiele für verschiedene Delikte gegeben und deren unterschiedliche Schweregrade erläutert. Der Fokus liegt auf der Abgrenzung zu anderen Rechtsbereichen und den spezifischen Anforderungen an den Nachweis eines Dienstvergehens.
3. Die Disziplinarmaßnahmen: Hier werden die verschiedenen Disziplinarmaßnahmen im Detail vorgestellt, beginnend mit dem Verweis als mildeste Maßnahme, bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerste Sanktion. Die gesetzlichen Grundlagen (§§ 6-12 BDG) werden erläutert und die jeweiligen Kriterien für die Anwendung der einzelnen Maßnahmen werden detailliert beschrieben. Die unterschiedlichen Aussprechungskompetenzen werden ebenfalls thematisiert.
4. Der Ermessensgrundsatz: Dieses Kapitel analysiert den Ermessensgrundsatz bei der Bemessung von Disziplinarmaßnahmen. Es werden die wichtigsten Leitlinien und Bemessungsregeln erläutert, wie beispielsweise die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und die Schädigung des Vertrauens in die Behörde. Zusätzlich werden mildernde Umstände, wie spontane Taten, psychische Ausnahmesituationen oder finanzielle Notlagen, sowie die Bedeutung der freiwilligen Offenbarung und Wiedergutmachung diskutiert. Unterschiede zum Hamburger Disziplinargesetz werden ebenfalls beleuchtet.
5. Verfahrensgrundsätze: In diesem Kapitel werden die wichtigsten Verfahrensgrundsätze im Disziplinarverfahren behandelt. Es wird die Einheit des Dienstvergehens, die Ausdehnung und Beschränkung des Verfahrens sowie das Beschleunigungsgebot erläutert. Die Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- und Bußgeldverfahren (§ 14 BDG) sowie die Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren (§§ 23, 57 BDG) werden detailliert analysiert.
6. Die Rechtsprechung: Dieses Kapitel analysiert die Rechtsprechung zu verschiedenen Delikten, darunter Alkoholdelikte (Trunkenheitsfahrt, Trunkenheit im Dienst, Alkoholismus), Eigentumsdelikte, Fernbleiben vom Dienst, Bestechlichkeit, Betrug, BtM-Delikte und Sexualdelikte. Es werden verschiedene Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Gerichte vorgestellt und deren Argumentationslinien kritisch gewürdigt. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Rechtsprechungspraxis und der daraus abzuleitenden Konsequenzen für die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen.
Schlüsselwörter
Disziplinarmaßnahmen, Dienstvergehen, Beamtenrecht, Bundesdisziplinargesetz (BDG), Ermessensgrundsatz, Rechtsprechung, Alkoholdelikte, Eigentumsdelikte, Verfahrensgrundsätze, Vertrauensschädigung.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Bemessung von Disziplinarmaßnahmen im öffentlichen Dienst"
Was ist der Inhalt dieses Dokuments?
Dieses Dokument bietet einen umfassenden Überblick über die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen im öffentlichen Dienst. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter. Der Fokus liegt auf der Analyse der disziplinargerichtlichen Rechtsprechung und der Kriterien für die Festlegung von Sanktionen bei Dienstvergehen.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Das Dokument behandelt verschiedene Aspekte des Disziplinarrechts, darunter die Definition von Dienstvergehen, die verschiedenen Arten von Disziplinarmaßnahmen (Verweis, Geldbuße, Kürzung der Dienstbezüge, Zurückstufung, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis), den Ermessensgrundsatz bei der Sanktionsfindung, relevante Verfahrensgrundsätze und eine detaillierte Analyse der Rechtsprechung zu verschiedenen Delikten (Alkoholdelikte, Eigentumsdelikte, Fernbleiben vom Dienst, Bestechlichkeit, Betrug, BtM-Delikte, Sexualdelikte).
Welche Arten von Disziplinarmaßnahmen werden beschrieben?
Das Dokument beschreibt detailliert die verschiedenen Disziplinarmaßnahmen, beginnend mit dem Verweis als mildeste Maßnahme bis hin zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als schwerste Sanktion. Die gesetzlichen Grundlagen (§§ 6-12 BDG) werden erläutert und die Kriterien für die Anwendung der einzelnen Maßnahmen werden detailliert beschrieben.
Welche Rolle spielt der Ermessensgrundsatz?
Das Dokument analysiert den Ermessensgrundsatz bei der Bemessung von Disziplinarmaßnahmen. Es werden wichtige Leitlinien und Bemessungsregeln erläutert, wie die Schwere des Dienstvergehens, das Persönlichkeitsbild des Beamten und die Schädigung des Vertrauens. Mildernde Umstände wie spontane Taten, psychische Ausnahmesituationen oder finanzielle Notlagen sowie die Bedeutung der freiwilligen Offenbarung und Wiedergutmachung werden diskutiert.
Welche Verfahrensgrundsätze werden behandelt?
Das Dokument behandelt wichtige Verfahrensgrundsätze im Disziplinarverfahren, darunter die Einheit des Dienstvergehens, die Ausdehnung und Beschränkung des Verfahrens, das Beschleunigungsgebot und die Zulässigkeit von Disziplinarmaßnahmen nach Straf- und Bußgeldverfahren (§ 14 BDG). Die Bindung an tatsächliche Feststellungen aus anderen Verfahren (§§ 23, 57 BDG) wird ebenfalls analysiert.
Wie wird die Rechtsprechung behandelt?
Das Dokument analysiert die Rechtsprechung zu verschiedenen Delikten. Es werden Urteile des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Gerichte vorgestellt und deren Argumentationslinien kritisch gewürdigt. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Rechtsprechungspraxis und der daraus abzuleitenden Konsequenzen für die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Disziplinarmaßnahmen, Dienstvergehen, Beamtenrecht, Bundesdisziplinargesetz (BDG), Ermessensgrundsatz, Rechtsprechung, Alkoholdelikte, Eigentumsdelikte, Verfahrensgrundsätze, Vertrauensschädigung.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Beamte, Beschäftigte im öffentlichen Dienst, Juristen, die sich mit Beamtenrecht befassen, sowie für alle, die sich für die Thematik der Disziplinarmaßnahmen im öffentlichen Dienst interessieren.
Wo finde ich detaillierte Informationen zu den einzelnen Delikten?
Detaillierte Informationen zu den einzelnen Delikten (Alkoholdelikte, Eigentumsdelikte, Fernbleiben vom Dienst, Bestechlichkeit, Betrug, BtM-Delikte und Sexualdelikte) und der dazugehörigen Rechtsprechung finden Sie im Kapitel 6 "Die Rechtsprechung" des Dokuments.
Gibt es Unterschiede zum Hamburger Disziplinargesetz?
Ja, das Dokument thematisiert Unterschiede zwischen dem Bundesdisziplinargesetz (BDG) und dem Hamburger Disziplinargesetz im Kontext des Ermessensgrundsatzes bei der Bemessung von Disziplinarmaßnahmen.
- Quote paper
- Hendrik Thurnes (Author), 2006, Die Bemessung von Disziplinarmaßnahmen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/60118