Die vorliegende Seminararbeit will vorwiegend die Ehrvorstellungen in der den mitteleuropäisch-deutschen Rechts- und Kulturkreis maßgeblich prägenden Religion, dem Christentum, darstellen. Darüber hinaus werden der wohl in Zukunft immer wichtiger werdende Islam und das in unserer Geschichte bedeutsame Judentum beleuchtet. Die östlichen Religionen können auf Grund des beschränkten quantitativen Umfangs einer Seminararbeit nur kurz in der Einführung angesprochen werden. Der Ehrbegriff ist in den westlichen Religionen viel ausgeprägter als in den östlichen. Der Grund liegt vor allem darin, daß es sich dabei um Religionen der geschichtlichen Gottesoffenbarung handelt. Der Glaube an den einen persönlichen Gott, der jeden einzelnen Gläubigen kennt und liebt, korreliert mit einer persönlichen Einstellung des Gläubigen zu sich selbst, zu seinem Ich, was die Grundlage für ein so ausgeprägtes Ehrverständnis ist. Die religiösen Bekenntnisse des Fernen Ostens werden auch Religionen des ewigen Weltgesetzes genannt. Dort findet sich weder in jenseitiger noch in diesseitiger Hinsicht ein derart ausgeprägter Individualismus, d.h. es gibt keinen persönlichen einzigen Gott und es gibt auch keine unzerstörbare, einzigartige, diesem Gott in einer Bezüglichkeit gegenüberstehende Persönlichkeit, die nach dem irdischen Leben zu ihrem Schöpfer zurückkehrt. Vielmehr ist jedes Lebewesen Teil des Universums, des ewigen Werdens und Vergehens. Ähnlichkeiten zum Ehrverständnis westlicher Denkungsart finden sich im Hinduismus; hier ist die Zuweisung gesellschaftlicher Anerkennung abhängig von der Kastenzugehörigkeit, die sich aus edler oder weniger edler Geburt ergibt. Im Buddhismus hingegen ist es das Ziel aller religiösen Praxis, das Selbst aufzulösen, um den Erlösten aus dem Ewigen Kreislauf der Wiedergeburten heraustreten zu lassen ins Nirwana, ins Erlöstsein, in eine Leerheit; alle Seinsformen sind flüchtig, veränderlich, vergänglich. Einen Ehrbegriff, wie er im Denken der Religionen der historischen Gottesoffenbarung entwickelt wurde, existiert dort nicht.
Inhaltsverzeichnis
- ZUR GESCHICHTE DES EHRENSCHUTZES IN EUROPA: RELIGION UND EHRE
- EINLEITUNG
- ALLGEMEINES ZUR EINFÜHRUNG
- ZUR ETYMOLOGIE DES WORTES EHRE
- GESCHICHTLICHE ENTWICKLUNG DES BEGRIFFSVERSTÄNDNISSES
- DIE GROBEN RELIGIONEN
- RELIGIONSWISSENSCHAFTLICHER ÜBERBLICK
- DAS CHRISTENTUM
- Entwicklung des Ehrbegriffes in der Geschichte des Christentums
- Systematisch-theologische Einordnung
- Die Anerkennung der sittlichen Bewährung durch Gott und die christliche Gemeinschaft
- Die Beurteilung durch Gott
- Die Beurteilung durch die Mitmenschen
- Grenzen des Christlichen Ehrstrebens
- Die Ehre im katholischen Kirchenrecht
- Straftaten und kirchliche Infamie
- Anforderungen an die Würdenträger
- Folgen der Ehrminderung
- Kirchengerichtlicher Ehrenschutz
- Wandel im Verständnis bei Martin Luther
- Ehre coram hominibus und coram Deo
- Coram hominibus
- Coram Deo
- DER ISLAM
- Ehre in der vorislamischen arabischen Gesellschaft
- Begriff und Bedeutung des Wortes Ehre im Islam
- Ehre in Koran und Hadith
- Rezeption von Ird durch Mohammed
- Parallelen zwischen Soziologie und Rechtssetzung
- Religiöses Flankierung der Ehre durch den Islam
- DAS JUDENTUM
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu christlichen Grundpositionen
- Begriff und Bedeutung des Wortes Ehre
- Ehre in der Thora
- Ehre im Talmud
- SCHLUBBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung des Ehrbegriffs in der Geschichte Europas, wobei der Fokus auf den Einfluss der großen Religionen, insbesondere des Christentums, liegt. Zusätzlich werden der Islam und das Judentum in ihrem Einfluss auf das Ehrverständnis beleuchtet. Die Arbeit zielt darauf ab, die historische Entwicklung des Ehrbegriffs im Kontext der Religionen zu analysieren und dessen Bedeutung für die Rechts- und Kulturgeschichte Europas zu beleuchten.
- Die Bedeutung von Ehre in verschiedenen Religionen
- Die Entwicklung des Ehrbegriffs im Laufe der Geschichte
- Der Einfluss von Religionen auf die rechtliche und kulturelle Bedeutung von Ehre
- Die Rolle von Ehre in der Geschichte des Ehrenschutzes in Europa
- Vergleichende Analyse des Ehrverständnisses in verschiedenen Religionen
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung führt in das Thema der Seminararbeit ein und stellt die Zielsetzung und den Fokus der Arbeit dar. Sie beleuchtet die Bedeutung des Ehrbegriffs in den westlichen Religionen und erklärt kurz die Unterschiede zu den östlichen Religionen.
- Im Kapitel zur Etymologie des Wortes Ehre wird die historische Entwicklung des Begriffs von seinen althochdeutschen Wurzeln bis zur heutigen Verwendung beleuchtet. Der Fokus liegt dabei auf der Bedeutung des Wortes im Kontext der sozialen und religiösen Verhältnisse.
- Das Kapitel zur geschichtlichen Entwicklung des Begriffsverständnisses betrachtet die Bedeutung von Ehre im germanischen Altertum. Es wird gezeigt, wie Ehre als ein zentrales Element der Gesellschaft galt und mit welchen Werten sie verbunden war. Die Bedeutung von Ehre für die Rechtsordnung und die Rolle von Selbstjustiz werden ebenfalls beleuchtet.
- Das Kapitel zum Christentum analysiert die Entwicklung des Ehrbegriffs im Kontext der christlichen Tradition. Es betrachtet die Rolle von Ehre in der mittelalterlichen Theologie und die Bedeutung von Ehre für die Kirchengemeinde. Das Kapitel beleuchtet auch den Wandel im Ehrverständnis durch Martin Luther und die Unterscheidung zwischen Ehre coram hominibus und coram Deo.
- Das Kapitel zum Islam betrachtet die Bedeutung von Ehre in der vorislamischen arabischen Gesellschaft und die Rezeption des Begriffs durch Mohammed. Es analysiert den Einfluss des Koran und der Hadithe auf das Ehrverständnis im Islam und zeigt die enge Verbindung zwischen Ehre und religiösen Normen.
- Das Kapitel zum Judentum analysiert die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des jüdischen Ehrverständnisses zum christlichen. Es betrachtet die Bedeutung von Ehre in der Thora und dem Talmud sowie die Rolle von Ehre für die jüdische Gemeinschaft.
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit beschäftigt sich mit den Themen Ehre, Ehrenschutz, Religion, Christentum, Islam, Judentum, Rechtsgeschichte, Kulturgeschichte, Etymologie, Historische Entwicklung, Vergleichende Analyse.
- Quote paper
- Jochen Müller (Author), 2005, Religion und Ehre, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/56981