Als Michel Foucault die Professur der „Geschichte der Denksysteme“ am Collège de France antrat, wählte er für seine Inauguralvorlesung einen Titel, der bereits Definition des Begriffs war, um den es ihm in den folgenden Stunden gehen sollte:„L’ordre du discours“meint die Fähigkeit, einen Diskurs ordnen, kontrollieren und in seinem Verlauf beeinflussen zu können. Foucaults Ausführungen in „Die Ordnung des Diskurses“ zeigen, dass er unter genau diesem Vermögen das Phänomen der Macht versteht.
Foucaults Schrift versteht sich als methodologisches Programm zur Diskursanalyse. Viel mehr noch als das ist sie jedoch eine Analyse der Macht und ihrer Wirkungsweisen, welche Foucault als „Prozeduren“ identifiziert. Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll die nach Foucaults eigener Aussage mächtigste Ausschließungsprozedur stehen: Der Wille zur Wahrheit und die mit ihm verbundene Grenzziehung zwischen dem Wahren und dem Falschen.
Was versteht Foucault in „Die Ordnung des Diskurses“ unter dem Willen zur Wahrheit? Welche Stellung nimmt dieser in seinem System ein? Welche historischen Diskurs des Willens zur Wahrheit greift Foucault auf? Wie lässt sich seine Theorie auf die Wirklichkeit anwenden, wie weit darf man Foucaults Theorie folgen? Das sind Fragen, denen in dieser Arbeit nachgegangen werden soll.
Forschungsliteratur zum Thema ist rar. Während einiges zur Gesamtheit der Schrift publiziert wurde (zum Beispiel von Hinrich Fink-Eitel und Clemens Kammler), hat der Wille zur Wahrheit in Foucaults System bisher wenig Beachtung gefunden (Urs Marti). Dies hat zwei Konsequenzen: Erstens bezieht der Verfasser verstärkt auch historische Diskurse des Willens zur Wahrheit in seine Überlegungen ein, zweitens versteht er den niedrigen Forschungsstand als Ansporn, soweit möglich auch eigene Erkenntnisse zu liefern.
Zur Einbettung der Theorie des Willens zur Wahrheit in den Argumentationsgang der Schrift soll eingangs eine knappe Erörterung des theoretischen Gesamtzusammenhangs gegeben werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der theoretische Kontext
- Das Verhältnis von Diskurs und Macht
- Die Prozeduren der Macht
- Die Prozeduren der diskursinternen Verknappung
- Die Prozeduren der Zugangsbeschränkung
- Die Prozeduren der Ausschließung
- Die den Prozeduren zugrundeliegenden Prinzipien
- Der Vorläufer: Nietzsches „Wille zur Wahrheit“
- Foucaults „Wille zur Wahrheit“
- Der „Wille zur Wahrheit“ als Prozedur der Ausschließung
- Form und Potenz des Willens zur Wahrheit
- Parallelen aus der Geschichtswissenschaft
- Zwei Anwendungen von Foucaults Theorie
- Ein Beispiel aus der jüngsten Geschichte
- Das Internet: Ein sich füllendes Machtvakuum
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den „Willen zur Wahrheit“ in Michel Foucaults Schrift „Die Ordnung des Diskurses“ und analysiert dessen Bedeutung im Kontext der Macht und ihrer Wirkungsweisen.
- Das Verhältnis von Diskurs und Macht in Foucaults Theorie
- Die Rolle des Willens zur Wahrheit als Ausschließungsprozedur
- Die Bedeutung der historischen Diskurse des Willens zur Wahrheit
- Die Anwendung der Theorie Foucaults auf aktuelle Phänomene
- Die Grenzen und Möglichkeiten von Foucaults Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die zentrale Fragestellung der Arbeit dar: Was versteht Foucault unter dem Willen zur Wahrheit? Welche Stellung nimmt er in Foucaults System ein? Welche historischen Diskurse des Willens zur Wahrheit greift Foucault auf? Wie lässt sich seine Theorie auf die Wirklichkeit anwenden?
Der theoretische Kontext beleuchtet Foucaults grundlegende Annahme, dass Diskurs und Macht untrennbar miteinander verbunden sind. Die Macht kontrolliert den Diskurs, um dessen Gefährlichkeit zu bändigen. Die Macht, so argumentiert Foucault, wirkt auf den Diskurs durch verschiedene Prozeduren, die er in drei Gruppen einteilt: die Prozeduren der Klassifikation, Anordnung und Verteilung, die Prozeduren der Zugangsbeschränkung sowie die Prozeduren der Ausschließung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf den „Willen zur Wahrheit“ in Michel Foucaults „Die Ordnung des Diskurses“, untersucht seine Funktion als Ausschließungsprozedur und beleuchtet die Beziehungen zwischen Diskurs, Macht und Wahrheit in Foucaults Theorie. Wichtige Schlüsselwörter sind: Diskursanalyse, Machtprozeduren, Ausschließung, Wille zur Wahrheit, historische Diskurse, aktuelle Anwendungen.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2003, Der "Wille zur Wahrheit" in Michel Foucaults "Die Ordnung des Diskurses", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/56079