Zur Genealogie der Moral, jene von Nietzsches Schriften, die im Folgenden thematisiert werden wird, ist eine Polemik, wie ihr Untertitel nahelegt. Er wollte sich mit ihr streiten, wozu es kaum mehr kommen konnte, da die Schrift ein Spätwerk des Jahres 1887 war. Anderthalb Jahre nach Erscheinen des Buches endete Nietzsches produktives Leben. Er hinterließ damit ein Werk, das einen genealogischen Zugang für moralphilosophische Themen anwendete. Das Gewordensein von Werten hatte davor kaum Platz gefunden in der Betrachtung von zeitgenössischen moralischen Gegebenheiten. Genealogische Texte sind besondere Texte. Sie sind Geschichtsphilosophie genauso wie sie aufrüttelnde Kulturkritik sein sollen.
Grundlegende Konzepte in Zur Genealogie der Moral sind schwer verstehbar ohne tiefere Einsicht in das Bewusstsein der Träger von moralischen Regeln. Denn Machtwille und der latente Groll des Ressentiments basieren genauso auf Fundamenten von Subjekttheorien wie die aktiven oder reaktiven Naturen von „Herren-Mensch“ und „Heerden-Thier“. Hierfür bietet sich neben Nietzsche Paul-Michel Foucault an, denn dieser war derjenige Philosoph, welcher am dezidiertesten nach Nietzsche genealogische Texte eingesetzt hat. Und er betrachtete offener Fragen der Subjekte als Moralträger als dies im eigentlichen Sinne in der Genealogie der Moral der Fall ist. Für die Teilbetrachtung des Machtwillens als Sujet der Subjektivierung wird der von Martin Saar vorgeschlagene dreifache Machtbegriff zunutze gemacht. Inwieweit die reale, symbolische und imaginäre Macht teilhaben am Moralbildungsprozess der Subjekte, wird hiermit untersucht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Genealogien als subjektbasierte Machtgeschichten
- Die (christliche) Moral als Hemmnis für das Leben
- Die „Heerde“ und der „Herren-Mensch“ als Antagonisten
- Schlechtes Gewissen und Mitleid im Kontrast zu Versprechen und Grausamkeit
- Asketische Figuren
- Der Priester als paradoxer Anführer
- Philosophen und Wissenschaftler
- Ausgewählte biologistische Konzepte bei Nietzsche
- Moralphilosophie und die Evolutionstheorie
- Nietzsche als Dekadenzphilosoph und „tropikalistischer Autor“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit widmet sich einer Analyse von Friedrich Nietzsches „Zur Genealogie der Moral“ und beleuchtet das Werk als moralgeschichtliche Abhandlung auf subjekttheoretischer Grundlage, unter Berücksichtigung von Nietzsches Lebensphilosophie.
- Der genealogische Zugang zur Moralphilosophie
- Die Rolle der Subjektivierung in der Entstehung von Moral
- Kritik an der christlichen Moral und dem Ressentiment
- Die Bedeutung des Machtwillens und des „Herren-Menschen“
- Nietzsches biologistische Konzepte und ihre Verbindung zur Moralphilosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema der Hausarbeit ein und erläutert die Bedeutung von Nietzsches „Zur Genealogie der Moral“ als Spätwerk und dessen Fokus auf die genealogische Betrachtung von moralischen Werten. Die Arbeit verortet das Werk im Kontext der subjekttheoretischen Grundlage, wobei sowohl Nietzsche als auch Foucault als wichtige Denker für die Analyse herangezogen werden.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Konzept der Genealogie als subjektbasierte Machtgeschichte. Hier werden die Positionen von Nietzsche und Foucault vorgestellt, die beide die herkömmlichen Subjekttheorien als missverständlich ansehen. Die Arbeit erläutert, wie das Subjekt durch verschiedene Einflüsse und moralische Praktiken geformt wird.
Im dritten Kapitel werden die (christliche) Moral als Hemmnis für das Leben und die Figuren des „Herren-Menschen“ und der „Heerde“ als Antagonisten beleuchtet. Der Fokus liegt auf der Kritik an der christlichen Mitleidsethik und dem daraus resultierenden Ressentiment.
Das vierte Kapitel befasst sich mit asketischen Figuren und ihrem Stellenwert in Nietzsches Philosophie. Hier wird der Priester als paradoxer Anführer und Gegenspieler zum vitalen „Herren-Menschen“ betrachtet. Die Rolle von Philosophen und Wissenschaftlern als Profiteure von der ressentimentbeladenen Schwäche wird ebenfalls thematisiert.
Im fünften Kapitel werden ausgewählte biologistische Konzepte bei Nietzsche behandelt, darunter seine Rezeption der Evolutionstheorie und die Anwendung von Dekadenz als Kategorie der Moralphilosophie. Der Begriff des „tropikalistischen Autors“ wird in Bezug auf Nietzsche als Metapher für Eroberung und Machtwillen erläutert.
Schlüsselwörter
Schlüsselwörter, die in der Hausarbeit eine zentrale Rolle spielen, sind: Genealogie, Subjektivierung, Machtwille, Ressentiment, „Herren-Mensch“, „Heerde“, christliche Moral, Askese, Dekadenz, tropikalistischer Autor, Biologie, Evolutionstheorie, Lebensphilosophie.
- Quote paper
- Raimo Riedel (Author), 2017, Nietzsches "Zur Genealogie der Moral". Das Werk als moralgeschichtliche Abhandlung auf subjekttheoretischer Grundlage, unter Berücksichtigung von Nietzsches Lebensphilosophie, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/503030