Seit es Erzählungen gibt, gibt es auch Überlegungen zum „Wie“ des Erzählens – man denke nur an die „Poetik“ des Aristoteles. Doch auch heutzutage gibt es immer wieder Autoren, die sich nicht damit zufrieden stellen, Prosa zu verfassen, sondern sich auch Gedanken darüber machen, wie diese entsteht. Sten Nadolny ist einer dieser Schriftsteller, die ihr literarisches Tun beständig reflektieren. Neben zwei Vorlesungszyklen (München 1990 und Göttingen 2000) sind es noch einige kleinere Aufsätze bzw. Vorträge, die Nadolnys Überlegungen zur Poetik beinhalten.
In dieser Arbeit soll Sten Nadolnys Roman „Ein Gott der Frechheit“ im Hinblick auf die von ihm in seinen Münchner Poetik-Vorlesungen formulierten Überlegungen zum Schreiben untersucht werden.
Zuerst soll die Funktion des Erzählers näher untersucht werden; da die Romanheldin Helga Herdhitze ihre Geschichte von Hermes nicht aufschreibt, sondern nur in Gedanken ausspinnt, ist es dazu nötig, die Figur des Erzählers vom schreibenden Autor abzugrenzen. Anschließend soll der Vorgang der Narrativierung beleuchtet werden, dem Nadolny lebenswichtige Bedeutung für jeden Menschen zuweist. In diesem Zusammenhang werde ich außerdem auf die Rolle der Biografie eingehen, die bereits in den Münchener Poetik-Vorlesungen einen breiten Raum einnimmt. Die Entstehung eines Textes wird immer miterzählt – auf diese These soll eingegangen werden, bevor schließlich der Entkoppelungsprozess der Binnengeschichte im Fortschreiten der Handlung aufgezeigt werden soll; besonders das achte Kapitel von „Ein Gott der Frechheit“ unterscheidet sich in dieser Hinsicht massiv vom Rest des Romans und ist letztlich nur in Hinblick auf Nadolnys poetologische Überlegungen erklärbar.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Fragestellung
- Warum der Vergleich?
- Autor und Erzähler
- Die Person des Erzählers
- Eine Frage des Blickwinkels
- Die Doppelstruktur im Roman
- Der Unterschied zwischen Autor und Erzähler
- Narrativierung
- Nadolnys Überlegungen
- Herstellen eines Zusammenhangs
- Identität
- Erzählen vom Erzählen
- Peilmarken
- Die Krise
- Die Verselbständigung des Erzählens
- Loslösung vom Schöpfer
- Ein Bilderbuchende
- Leben als Erzählung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Sten Nadolnys Roman „Ein Gott der Frechheit“ im Kontext seiner Poetik-Vorlesungen. Der Fokus liegt dabei auf der Beziehung zwischen dem Autor, dem Erzähler und dem Akt des Erzählens. Die Arbeit untersucht die Entwicklung des Romans aus der Perspektive von Nadolnys poetologischen Überlegungen.
- Die Rolle des Erzählers in „Ein Gott der Frechheit“
- Nadolnys Verständnis von Narrativierung
- Die Bedeutung der Biografie im Entstehungsprozess eines Romans
- Die Verselbständigung der Binnengeschichte
- Die Bedeutung von Nadolnys Poetik-Vorlesungen für die Analyse von „Ein Gott der Frechheit“
Zusammenfassung der Kapitel
Einführung
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erklärt, warum die Analyse von „Ein Gott der Frechheit“ im Licht von Nadolnys Poetik-Vorlesungen sinnvoll ist. Der Vergleich zwischen Roman und Vorlesungen wird als besonders relevant dargestellt, da Nadolny seine Werke als zusammenhängendes Ganzes betrachtet.
Autor und Erzähler
Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit der Figur des Erzählers in „Ein Gott der Frechheit“. Insbesondere wird die Unterscheidung zwischen dem Autor und dem Erzähler erläutert, wobei die Rolle der Romanheldin Helga Herdhitze und ihre Gedankenwelt im Fokus stehen.
Narrativierung
Das Kapitel analysiert den Prozess der Narrativierung, der für Nadolny von zentraler Bedeutung für den Menschen ist. Die Rolle der Biografie im Entstehungsprozess eines Romans wird in diesem Zusammenhang ebenfalls beleuchtet.
Erzählen vom Erzählen
Dieser Abschnitt behandelt Nadolnys Theorie des Erzählens vom Erzählen, insbesondere die Konzepte der „Peilmarken“ und der „Krise“. Die Verselbständigung der Binnengeschichte wird als wichtiger Bestandteil von Nadolnys poetologischen Überlegungen vorgestellt.
Die Verselbständigung des Erzählens
Dieser Abschnitt befasst sich mit dem Prozess der Loslösung des Erzählens vom Schöpfer. Das achte Kapitel von „Ein Gott der Frechheit“ wird als Beispiel für diesen Prozess und für Nadolnys poetologische Überlegungen analysiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Sten Nadolny, „Ein Gott der Frechheit“, Poetik-Vorlesungen, Narrativierung, Autor, Erzähler, Biografie, Verselbständigung, Binnengeschichte. Die Arbeit befasst sich mit Nadolnys literarischem Werk und seinen Gedanken zum Schreibprozess, insbesondere im Zusammenhang mit seinem Roman „Ein Gott der Frechheit“.
- Arbeit zitieren
- Johannes Prokop (Autor:in), 2005, Leben wie die Götter. Sten Nadolnys Roman 'Ein Gott der Frechheit' im Licht seiner Poetik-Vorlesungen, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/49950