Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen von großem Konsum neuer Medien auf die Ausbildung der Koordination haben kann. Dabei sollen auch auftretende Folgen dargestellt werden, denn ein Mangel an koordinativen Fähigkeiten und Bewegung hat weitreichende Folgen.
Das Recherchematerial aus anderen wissenschaftliche Arbeiten, ein eigenes Experiment, sowie eine Umfrage sollen Erkenntnisse bringen, wie groß der tatsächliche Effekt auf unsere körperliche und psychische Gesundheit sein kann. Die Analyse und Recherchearbeit legen die Grundsteine für das darauf aufbauende Experiment. Dieses soll das bisherige Wissen erweitern, indem es neue Ansätze für die Bewegungs und Medienpädagogik bietet.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Definition: Koordination
2.1 Kopplungsfähigkeit
2.2 Differenzierungsfähigkeit
2.3 Gleichgewichtsfähigkeit
2.4 Orientierungsfähigkeit
2.5 Rhythmisierungsfähigkeit
2.6 Reaktionsfähigkeit
2.7 Umstellungsfähigkeit
3 Kindliche Entwicklung und die Bedeutung von Bewegung
3.1 Physische Entwicklung
3.2 Aufbau und Funktionsweise des Gehirns unter motorischen Aspekten
4 Allgemeine Auswirkungen zu hohen Medienkonsums
5 Experiment
5.1 Hypothese und Vorüberlegung
5.2 Übungen zu den verschiedenen Koordinationsfähigkeiten
5.2.1 Reaktionstest
5.2.2 Überprüfung der Kopplungsfähigkeit
5.2.3 Test zur Differenzierungsfähigkeit
5.2.4 Test zur Orientierungsfähigkeit
5.2.5 Der Einbeinstand und das Gleichgewicht
5.2.6 Test zur Rhythmisierungsfähigkeit
5.3 Experimentieranordnung und Ablauf
5.4 Beobachtungen
5.5 Auswertung
6 Fazit
Anhang A: Fragebögen
Anhang B: Auswertung Experiment
Literaturverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Bewertung Reaktionstest
Tabelle 2:Bewertung Kopplungsfähigkeit
Tabelle 3:Bewertung Differenzierungsfähigkeit
Tabelle 4:Bewertung Orientierungsfähigkeit (Zeit)
Tabelle 5:Bewertung Orientierungsfähigkeit (Dreher)
Tabelle 6:Bewertung Einbeinstand
Tabelle 7: Bewertung Rhythmisierungsfähigkeit Versuche
Tabelle 8:Bewertung Rhythmisierungsfähigkeit Level
Tabelle 9:Bewertung Rhytmisierungsfähigkeit Geschwindigkeit
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: koordinative Fähigkeiten
Abbildung 2: VersuchsaufbauAusurheberrechtlichen Gründen entfernt
Abbildung 3: Probandengruppe "aktiv"
Abbildung 4:Probandengruppe "sehr aktiv"
Abbildung 5: Ergebnisse der Gruppen "höherer/geringerer Medienkonsum"
1 Einleitung
„Ziel und Hauptinhalt jeglichen sportlichen Trainings, insbesondere im Kinder- und Jugendbereich, muss die Entwicklung einer vielfältigen Bewegungs- und Körpererfahrung sein.“ (Dr.med.Nonnemacher, 2018) Denn koordinative Fähigkeiten bilden eine wichtige Grundlage für einen gut funktionierenden Bewegungsapparat. Dieser verleiht uns enorme Handlungskompetenzen, durch die wir Fertigkeiten und Techniken erlernen können. Durch gut ausgeprägte motorische Fähigkeiten werden Lernvorgänge beschleunigt und effektiver, der Wirkungsgrad bereits bekannter Fertigkeiten wird erhöht und die Techniken können situationsadäquat angewendet werden. Zudem können konditionelle Fähigkeiten besser genutzt werden, da der Körper lernt, seine Kräfte gezielt und energieeffizient einzusetzen.
Was passiert jedoch, wenn diese sportliche Betätigung entfällt und Medienkonsum ihren Platz einnimmt?
Die Koordination hat nicht nur einen erheblichen physischen Aspekt, sondern auch einen entwicklungspsychologischen. Das zentrale Nervensystem eines Kindes entwickelt sich sehr rasch und ist oft anderen Wachstums- und Reifeprozessen weit voraus. Mit der bereits im Kleinkindalter beginnenden Entwicklung motorischer und koordinativer Fähigkeiten ist es dem Kind möglich, seine Wünsche und Ansprüche besser zu erfüllen. Anhand eines Beispiels kann dies verdeutlicht werden. Die erlernten Strukturen einer Sportart bilden hierbei das „motorische Vokabular“, die geschulten koordinativen Fähigkeiten die „motorische Grammatik“. Beide Teile ermöglichen nun die Bildung „motorischer Sätze“, das heißt, dass komplexe, koordinative Situationen besser gemeistert werden können. (Dr.med.Nonnenmacher, www.gesundpedia.de, 2018)
Im Rahmen dieser Arbeit, soll dargestellt werden, welche Auswirkungen der zu hohe Konsum neuer Medien auf die Ausbildung der Koordination haben kann. Dabei sollen auch auftretende Folgen dargestellt werden, denn wie bereits erwähnt, hat ein Mangel an koordinativen Fähigkeiten und Bewegung auch weitreichende Folgen.
Das Recherchematerial aus anderen wissenschaftlichen Arbeiten, ein eigenes Experiment, sowie eine Umfrage sollen Erkenntnisse bringen, wie groß der tatsächliche Effekt auf unsere physische und psychische Gesundheit sein kann. Die Analyse und Recherchearbeit legen die Grundsteine für das darauf aufbauende Experiment. Dieses soll das bisherige Wissen erweitern.
Die Leitfrage dieser Arbeit lautet dabei: „Konsum neuer Medien - Inwiefern beeinflussen Medien die Ausbildung koordinativer Fähigkeiten und die damit auftretenden Folgen?"
2 Definition: Koordination
Koordination wird die Wechselbeziehung zwischen unseren Rezeptoren (Sinnesorganen), unserem Nervensystem und unserer Muskulatur genannt. Laufen, Rennen, Springen und Toben, alle diese Tätigkeiten haben wir gelernt und sie sind wichtig, um unseren Alltag im weitesten Sinne meistern zu können. Dabei handelt es sich um sogenannte koordinative Fähigkeiten. Die Koordination wird in der Trainingslehre neben der Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit zu den motorischen Grundformen beziehungsweise Hauptformen gezählt. (Weineck, 1996)
Die Koordination wurde in vielen Versuchsreihen genauer definiert. Man versuchte diese zu charakterisieren und zu strukturieren. Hierbei sind mehrere Modelle entstanden, wobei im Folgenden Bezug auf Hirtz Theorie genommen wird, der fünf grundlegende koordinative Fähigkeiten definierte. Diese bilden die Basisfähigkeiten der Koordination. Hirtz Theorie wurde durch Blume um zwei ergänzende Fähigkeiten erweitert.(Dr.Grumper, 2018) Das untere Modell beruht auf diesen Beiden Theorien. Beide werden in wissenschaftlichen Arbeiten und Fachartikeln häufig verwendet und stellen die Basis vielen Wissens über die Koordination dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: koordinative Fähigkeiten
Damit bilden die räumliche Orientierungsfähigkeit, die Rhythmusfähigkeit, der Gleichgewichtssinn, die Reaktionsfähigkeit und die Differenzierungsfähigkeit die Basis unserer gesamten Bewegungsabläufe. Diese fünf Fähigkeiten wurden durch Blume 1978 durch die Kopplungs- und Umstellungsfähigkeit ergänzt, die ebenso als sehr bedeutsam eingestuft werden.
Koordinativer Fähigkeiten in einfachen Situation ausüben zu können, ist jedoch nicht ausreichend. Nach Roth, 1998, muss die Ausführung dieser Fähigkeiten auch unter Zeitdruck, Präzisionsdruck, Komplexitätsdruck (sukzessiv), Organisationsdruck (simultan), Belastungsdruck (psychisch) oder Variabilitätsdruck (Umwelt) möglich sein.(Hanke, 2018)
Koordination und koordinative Fähigkeiten unterscheiden sich in einigen Punkten, so lautet die Definition für diese Fähigkeiten wie folgt:
„[Koordinative Fähigkeiten sind] eine Klasse motorischer Fähigkeiten, die vorrangig durch die Prozesse der Steuerung und Regelung der Bewegungstätigkeit bedingt ist. Sie stellen weitestgehend verfestigte und generalisierte Verlaufsqualitäten dieser Prozesse dar und sind Leistungsvoraussetzungen zur Bewältigung dominant koordinativer Anforderungen“ (Bewegungslehre Sportmotorik, 2004)
Resümierend aus dieser Definition ist zu sagen, dass eine gute Gesamtkoordination nur auftreten kann, wenn die einzelnen koordinativen Fähigkeiten stark genug ausgeprägt sind.In den folgenden Unterkapiteln werden die Aufgaben und Bedeutung jeder koordinativer Fähigkeit dargestellt. Wichtig ist vorher jedoch noch zu erwähnen, dass die einzelnen Teilfähigkeiten nicht tatsächlich isoliert werden können. Sie bilden vielmehr ein Beziehungsgeflecht, das in Abhängigkeit zu den anderen aufgelisteten Fähigkeiten steht.
2.1 Kopplungsfähigkeit
Der Körper führt viele, einzelne Teilbewegungen aus. Er ermöglicht es uns das Bein zu beugen und zu strecken oder den Arm zu heben und zu senken. Die Aufgabe der Kopplungsfähigkeit besteht darin, dass diese Bewegungen entweder gleichzeitig oder nacheinander erfolgen. Unter dieser ersten koordinativen Fähigkeit wird die Abstimmung von Teilbewegungen zu einem Großen und Ganzen verstanden.
Weitsprung, Hochsprung, der Angriff im Volleyball oder der Dunk im Basketball sind optimale Beispiele für diese Fertigkeit. Es erfolgen mindestens zwei Teilbewegungen: der Anlauf und der Absprung. Zusätzlich gibt es noch den Wurf oder den Schlag beim Volleyball. Auch wenn wir alle Teilbewegungen einzeln beherrschen, ist es für unseren Körper eine ganz neue Herausforderung diese miteinander zu kombinieren.
2.2 Differenzierungsfähigkeit
„Die kinästhetische Differenzierungsfähigkeit gilt als die sportliche Schlüsselqualifikation“(C.Anrich, 2015), denn sie bestimmt, wie gut wir unsere Bewegungen an eine bestimmte Anforderung adaptieren können. Dabei geht es um die Qualität der Bewegungsausführung. Mit zunehmender Übung wird ermöglicht, dass man seine Kraft situationsgerecht dosieren kann. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird sie auch als Hand-Augen-Koordination bezeichnet. Ein Beispiel aus dem Fußball wäre das Abstimmen der Härte eines Schusses, damit der Ball auch beim Partner oder im Tor ankommt.
2.3 Gleichgewichtsfähigkeit
Eine der wohl bekanntesten koordinativen Fähigkeiten ist das Gleichgewicht. Für viele ist es schwierig über einen schmalen Baumstamm zu balancieren. Diese Fähigkeit fordert uns nicht nur, sondern sie begeistert auch. So bewundern Kinder Seiltänzerinnen, die elegant über dünne Seile schweben können.
Gleichgewicht zu besitzen bedeutet also den eigenen Körper sowohl in Ruhe und während dynamischer Bewegungsabläufe zu kontrollieren und die Körperposition aufrecht zu erhalten. Im weiteren Sinne ist der Gleichgewichtssinn die Fähigkeit den eigenen Körper im Raum einordnen zu können. Dieser Sinn wird durch unser Innenohr, unsere Muskeln, Sehnen und Bänder bestimmt. Aber auch starke visuelle Reize können ihn beeinflussen.
Eine starke Ausprägung des Gleichgewichts ist also nicht nur beeindruckend, sondern hat für uns vor allem einen präventiven Nutzen. So kann dieses zum Beispiel vor Stürzen schützen.
2.4 Orientierungsfähigkeit
Die Orientierungsfähigkeit erlaubt es uns, eine Person oder einen Gegenstand in Raum und in der Zeit einordnen zu können. Dabei spielen die Entfernung des Objektes zum Bezugspunkt, sowie Hindernisse und die Höhe des Raumes eine Rolle. Ziel ist, situationsadäquat reagieren zu können und den Raum optimal auszunutzen. Hierbei werden besonders die Augen und die Ohren als Sinnesorgane angesprochen.
Vor allem im Alltag, wenn man sich durch Menschenmassen schlängeln muss, kann diese Fähigkeit sehr hilfreich sein. Übertragen auf den Sport könnte man hier im Volleyball von taktisch entscheidenden Mitteln ausgehen. Nur wenn ich mich selbst auf dem Feld einordnen kann und die Entfernung zum Netz gut einschätze, kann ich den Ball in Lücken schlagen oder pritschen.
2.5 Rhythmisierungsfähigkeit
Viermal mit den Füßen zu stampfen, aber in der gleichen Zeit acht mal in die Hände zu klatschen, stellt für viele eine Herausforderung dar. Einfache Rhythmen zu klatschen, ist für einige bereit eine Herausforderung. Es ist nicht einfach den eigenen Bewegungsrhythmus einem vorgegebenen anzupassen. Genau das ist aber die Aufgabe der Rhythmisierungsfähigkeit.
Das beste Beispiel hierfür ist der Tanz. Der von der Musik vorgegebene Takt wird von uns wahrgenommen und wir versuchen unsere Bewegungen diesem anzupassen. Gelingt uns diese Aufgabe, wirken unsere Bewegungen harmonisch und rhythmisch.
2.6 Reaktionsfähigkeit
Die Reaktion eines Menschen ist dessen Verhalten auf einen Reiz oder ein Signal. Die Reaktionsgeschwindigkeit ist von Menschen zu Menschen verschieden und kann trainiert werden. Der Signalauslöser kann sowohl ein optischer oder akustischer Reiz sein. Auf dieses Signal kann eine Einfachreaktion, die vorgegeben ist, als auch eine Auswahlreaktion, bei der sich selektiv und in einem möglichst kurzen Zeitraum für die beste Reaktion entschieden werden muss, erfolgen.(Trainingslehre-Trainingswissenschaft: Leistung-Training-Wettkampf, 2011)
Die Reaktion wird stark durch unsere Umgebung beziehungsweise äußeren Umstände bestimmt. Im Tischtennis ist diese Fähigkeit von großer Bedeutung. Auch wenn ich den Ball zurückschlage, muss ich die Platte erst einmal treffen und am besten so, dass der Ball für meinen Gegner möglichst unerreichbar ist.
2.7 Umstellungsfähigkeit
“Eine gute Umstellungsfähigkeit kennzeichnet das rechtzeitige Erkennen der notwendigen Maßnahmen.”(Bormi, 2014) Diese siebente Fähigkeit ermöglicht einen bereits geplanten Bewegungsablauf zu korrigieren. Außerhalb sportlicher Tätigkeiten ist diese Fähigkeit besonders in Gefahrensituation von großer Bedeutung. Dem Körper muss es möglich sein, schnell reagieren zu können und erforderliche Muskelgruppen anzusprechen, um dieser zu entkommen.
Um unsere eigene Umstellungsfähigkeit verbessern zu können, benötigen wir eine gute Reaktionsgeschwindigkeit, da wir schleunigst von der Straße kommen müssen. Auch die Orientierungsfähigkeit und der Gleichgewichtssinn spielen hier eine Rolle.
Man sieht, dass die einzelnen koordinativen Fähigkeiten wichtig sind. Von Bedeutung werden sie aber erst im Zusammenspiel.
3 Kindliche Entwicklung und die Bedeutung von Bewegung
Die Bewegung ist für viele Prozesse im Kindesalter von großer Bedeutung. Um dies zu verdeutlichen, werden Meinungen und Positionen unterschiedlicher Autoren die Grundlage der nächsten Analyse darlegen.
Balster, Sportpädagoge, Vorstandsmitglied der Sportjugend im Landes Sportbund Nordrhein-Westfalen e.V und Experte zum Thema Sport und Bewegung für Kinder, stellt zusammen mit Zimmermann zentral fest, dass Bewegung „für den ganzheitlichen Entwicklungsprozess des Kindes, für seine individuelle, harmonische Persönlichkeitsentfaltung, eine fundamentale Bedeutung”hat. (Zimmermann, 2005)
Für Balster bedeutet die Bewegung eines Kindes:
1. eine Auseinandersetzung mit sich selbst und
2. eine Auseinandersetzung mit seiner personellen, räumlichen und materiellen Umwelt.
Das Kind erhält also eine Zunahme an Erfahrungen und Eindrücken. Es entwickelt zunehmend mehr Sicherheit, Selbstständigkeit und Selbstvertrauen, was zur weiteren Auseinandersetzung mit sich selbst und der Umwelt anregt. Dies trägt erheblich zur Entfaltung der sich stetig entwickelnden eigenen Persönlichkeit bei.
Damit hat Bewegung nicht nur für die motorische Entwicklung des Kindes eine Bedeutung, sondern auch für die persönliche und geistige. Dr. prof. Renate Zimmer, Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt „Frühe Kindheit“ und Professorin für Sport- und Bewegungswissenschaft an der Universität Osnabrück, stellt fest, dass „durch und in Bewegung Kinder den eigenen Körper und sich selber kennen lernen, sie entwickeln ihre Persönlichkeit.” (Zimmer, 2005)
Allumfassend ist zu sagen, dass „ein umfassendes, breites Spektrum vielschichtiger Bewegungserfahrungen entscheidend für eine gesunde, ganzheitliche Entwicklung von Kindern ist“. (Klupsch-Sahlmann, 1992)
3.1 Physische Entwicklung
Während des ersten Lebensjahres eines Kindes beschränkt sich die motorische Entwicklung weitgehend auf das Ausleben der frühkindlichen Reflexe. Dazu gehört das reflexartige Greifen, der Versuch sich zu drehen oder zu krabbeln.(Ablinger, 2017) Ab dem vierten Lebensjahr beginnen sie ihre Umgebung zu erkunden. Durch kindliche Neugierde und Freude an der Bewegung wird das Gehirn weiter ausgebildet und erste motorische Grundfähigkeiten beginnen sich zu entwickeln. Entfällt dieser Bewegungsdrang oder wird er durch einen bereits übermäßig hohen Medienkonsum ersetzt, kann es zu Entwicklungsstörungen kommen und zu motorischer Hyperaktivität führen.(Ehemanns, 2003) Erstklässlern fällt es dann schwer, sich in der Schule zu konzentrieren oder einige Minuten still zu sitzen, um zuzuhören. Deshalb sollte gerade im Kleinkind- und Kindesalter der Medienkonsum durch die Eltern stark kontrolliert werden.
Ab dem siebten Lebensjahr werden auf die vorhergehende Ausbildung des Gehirns und unserer motorischen Fertigkeiten aufgebaut. Das Gehirn kann einzelne Details besser verarbeiten und aus der Grobmotorik bildet sich die Feinmotorik heraus. Beim Spielen, Basteln, Malen oder Fußballspielen wird auch die Geschicklichkeit der Kinder verbessert. In diesem Alter trägt die Bewegung einen wesentlichen Anteil an der Entwicklung. (Ablinger, 2017) Um dem Kind eine gute motorische Entwicklung zu ermöglichen, ist es wichtig, dass das Gehirn zeitgleich entwickelt wird. Viele motorische Dysfunktionen deuten auf eine unterentwickelte Gehirnreife hin. Das Besondere hierbei ist, dass Bewegung und die Ausbildung des Gehirns einander bedingen. Das Gehirn kann sich nur vollständig entwickeln, wenn die Kinder ausreichend Bewegung erfahren, da diese zu einer schnelleren Verarbeitung und Weiterleitung von Information führt. Des Weiteren kann unser Hirn ohne die nötige Abwechslung und Anregung der Fantasie die motorische und geistige Entwicklung nicht tragen. Ein Mangel an Spielen, Laufen und Rennen kann in späteren Lebensjahren kaum oder nur schwer nachgeholt werden.
3.2 Aufbau und Funktionsweise des Gehirns unter motorischen Aspekten
Das Gehirn übernimmt eine Vielzahl an wichtigen Aufgaben während des Alltags. Für die Ausführung motorischer Aufgaben trägt die Sinneswahrnehmung eine besondere Rolle. Äußere Reize müssen aufgenommen und umgesetzt werden. Dieser Prozess findet auf vier verschiedenen Ebenen, der neuralen, der sensorischen, der kognitiven und zuletzt der motorischen, statt.
Die neurale Ebene nimmt äußere Reize auf und leitet die entstehenden Erregungen über das zentrale Nervensystem an das Hirn weiter. Die sensorische Ebene versorgt dieses währenddessen mit weiteren Informationen aus der Umgebung. Auf der kognitiven Ebene werden die Reize und Informationen bewertet, um dann durch sinnvolle und geplante Handlungen Probleme lösen zu können. Dabei dient die motorische Ebene als Vermittler zwischen den drei Ebenen und der Umwelt. Ist diese nicht komplett ausgebildet oder liegen Dysfunktionen vor, kann es zu Störungen des gesamten Systems kommen. Sinnesinformationen werden dann zwar verfeinert und an motorische Zentren weitergegeben, allerdings können diese nicht korrekt umgesetzt werden. Denn „während der Mensch sich bewegt, denkt, sich erinnert, körperlich oder geistig aktiv ist, werden ständig neue Dendriten und Synapsen gebildet. Dadurch bilden sich vermehrt zusammenhängende neurale Netzwerke” (Ablinger, 2017)
Die Ausbildung aller Gehirnregionen hat dabei eine zentrale Bedeutung. Für die motorische Entwicklung ist der Hirnstamm, der die Sicherung und Kontrolle des Körpers im Raum übernimmt, von Bedeutung. Auch das Kleinhirn, welches maßgeblich zur Erhaltung des Gleichgewichts, der Bewegungssteuerung und Koordination sowie der Bewegungsplanung, Speicherung und Erinnerung an Bewegungsmuster beiträgt, nimmt eine wichtige Rolle ein. Es ermöglicht uns die Orientierung im Raum. Des Weiteren können wir dank des Zwischenhirns diese automatisierten Bewegungen ausführen und über das limbische System grobmotorische Fähigkeiten abrufen. Erkennbar ist, dass die Gehirnentwicklung und das Ausleben einer aktiven Kindheit eng miteinander verbunden sind. Doch nicht nur Bewegung führt zur Ausbildung des Gehirns und motorischer Fähigkeiten. Auch Denkprozesse und kreative Aufgaben entwickeln das Gehirn in großem Maße weiter. Malen, Zeichnen, Rechnen, Lesen und Schreiben aktivieren verschiedene Gehirnhälften, die gleichermaßen ausgeprägt werden müssen. Die „häufige und intensive Aktivierung beider Hirnhälften führt zu einer vermehrten neuralen Verknüpfung, was sich sehr positiv auf die Lernleistung auswirkt“(Ablinger, 2017)
Ein weiterer Grund, weshalb aktive Kinder häufig bessere Schulnoten aufweisen. Dies wies auch eine Studie Josie Booth von der University of Dundee nach. Demnach habe eine höhere Aktivität vor allem bei Mädchen eine besonders positive Auswirkung auf das naturwissenschaftliche Verständnis.(Merlot, 2013)
4 Allgemeine Auswirkungen zu hohen Medienkonsums
Noch weitgehend unerforscht und neu sind die negativ auftretenden Folgen zu hohen Medienkonsums auf unsere physische Entwicklung. Der Begriff des übermäßigen Medienkonsums besitzt bisher keine Definition. Deshalb wird eine Definition dieses Begriffes für den folgenden Verlauf der Arbeit aufgestellt. Unter einem zu hohen beziehungsweise übermäßigen Medienkonsum ist in dem Alter von elf bis dreizehn Jahren zu verstehen, dass die Kinder mehr als 14 Stunden pro Woche oder zwei Stunden pro Tag vor neuen Medien verbringen. Mit zunehmendem Alter kann diese Zeit ansteigen. Jüngere Kinder sollten deutlich weniger Zeit vor digitalen Medien verbringen. In dem folgenden Kapitel sollen die Auswirkungen zu hohen Medienkonsums für den Körper und das Gehirn dargelegt werden.
Viele der physischen Auswirkungen resultieren aus neuralen Veränderungen oder Unterentwicklungen, die durch übermäßigen Medienkonsum entstehen können. Des Weiteren gibt es noch eine zweite Gruppe von Folgen, die indirekt aus einem Mangel an Bewegung und verändertem Essverhalten resultieren.
Hierzu zählt unter anderem Übergewicht, das durch zu viel Zeit vor dem Fernseher, Laptops oder Smartphones. Durch den übermäßigen Medienkonsum kommt es zu weniger Sport und einem Mangel an Bewegung. Oft wird währenddessen gegessen. Dieses Essen besteht meistens aus Snacks oder Fast Food. Diese führen zur bekannten Fettleibigkeit.
Die JIM-STUDIE von 2017 belegt, dass die Nutzung neuer Medien im Vergleich zum vorhergehenden Jahr erneut angestiegen ist. (Medienpädagogischer Forschungsverband Südwest, 2017). Der daraus resultierende Verlust an Aktivität führt nachweislich zu Bluthochdruck, ADS oder ein höheres Risiko für die Knochenminimalisierung. Auf kurze Dauer bewirkt dieser Medienkonsum zunächst “Aggressionen, Unruhe, Tollpatschigkeit, allgemeine Kreativitätsverluste und […], geringere bzw. suboptimale neuronale Verknüpfungen im Gehirn.”(Titzman, 2015)
Langfristig können diese Symptome bleiben, sich verstärken und auf weitere Lebensbereiche ausweiten und das Zusammenleben stören. Es kann zu Problemen bei der Identitätsfindung oder der Persönlichkeitsentwicklung kommen. In besonderem Maße soll hier die Tollpatschigkeit betrachtet werden. Diese entsteht dadurch, dass motorische und koordinative Fähigkeiten nicht häufig genug trainiert werden. Der Körper ist mit äußeren Einflüssen, unserer Umwelt, überfordert. Dadurch fällt es ihm deutlich schwerer, sich im Raum korrekt einzuordnen und zu bewegen. Einfache akustische Reize oder Bewegungen können das Gehirn bereits durcheinanderbringen und den Bewegungsablauf stören.
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- Quote paper
- Nell Ehrlinger (Author), 2018, Der Konsum neuer Medien und seine Folgen. Inwiefern beeinflussen Medien die Ausbildung koordinativer Fähigkeiten?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/470107