Mittwoch, 08. Juni 1966, Theater am Turm, in Frankfurt a.M.
Die Uraufführung ist so gut wie ausverkauft. Alle warten gespannt darauf, dass es losgeht. Keiner ahnt, was ihn hier gleich erwartet. Der Vorhang öffnet sich. Zu sehen sind vier Darsteller, welche seltsame Töne von sich geben und zu irgendjemandem sprechen. Das Bühnenbild wirkt chaotisch, unaufgeräumt und lässt keinen Sinn erkennen. Schließlich stellen sich die vier Männer frontal an den Bühnenrand und sprechen in kurzen Sätzen zum Publikum. Allerdings sind es keine üblichen Theatertexte oder nette Phrasen – es sind Aussagen, Unterstellungen und Beleidigungen.
Bei der beschriebenen Situation handelt es sich um das bekannte Sprechstück Publikumsbeschimpfung von Peter Handke. Durch die Vielzahl an postdramatischen Elementen, welche das Stück beinhaltet, wird die bisher bekannte Theatersituation radikal umgeworfen. Allerdings ist es hierbei wichtig zu erwähnen, dass Regietheater nur in Ausnahmefällen postdramatisches Theater ist, während postdramatisches Theater hingegen meist auch Regietheater ist. Bei Handkes Sprechstück braucht es also nicht mehr die Vermittlung einer Geschichte, um Theater entstehen zu lassen – es ist unmittelbares Theater, auf dessen Bühne es nur das Jetzt gibt, das gleichzeitig auch das Jetzt des Zuschauens ist. Im Fokus stehen nicht mehr der Dramentext oder die Figuren, die miteinander sprechen und deren Gesagtes einen Sinn ergibt. Bei dieser Inszenierung von Peymann wenden sich die Darsteller direkt an das Publikum. Sie geben rhythmische Laute, Verneinungen und provokative Äußerungen von sich, die fast musikalische Qualität aufweisen. Der Sinn ihrer Rede tritt hinter das Ereignis des Sprechaktes.
Diese aufgeführten Exempel dienen dazu, einen kurzen Eindruck zu erhalten, wie postdramatische Elemente auf der Bühne bislang umgesetzt wurden und werden. Eine andere, neue Art der Anwendung postdramatischer aber auch performativer (perf.) Elemente kann auf den Social-Media-Kanälen wahrgenommen werden. Durch die Entwicklung von Facebook und YouTube ist es heutzutage möglich, auf diesen Plattformen ebenfalls eine Art Theater zu spielen. Viele private Nutzer, aber auch bekannte Blogger, YouTuber und Influencer bedienen sich, permanent postdramatischer und perf. Elemente auf ihren Kanälen. In welcher Form also Postdramatik und Performativität auf den sozialen Netzwerken stattfindet, wird die folgende Hausarbeit thematisieren und mittels geeigneter Beispiele belegen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitungsgedanke
- Definition: Postdramatik
- Der Ursprung des postdramatischen Theaters: Hans-Thies Lehmann
- Definition Performativität
- Das Mitmach-Netz Web 2.0
- Entstehungsgeschichte und Entwicklung von Facebook und YouTube
- Postdramatische und performative Elemente auf den Plattformen
- Schlusswort und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung der postdramatischen und performativen Elemente auf den Social-Media-Plattformen Facebook und YouTube. Sie analysiert, inwiefern die Entwicklung des Web 2.0 und insbesondere die Plattformen Facebook und YouTube neue Möglichkeiten für die Anwendung postdramatischer und performativer Elemente geschaffen haben. Die Arbeit beleuchtet die Entstehungsgeschichte und Funktionsweise der Plattformen und zeigt auf, wie Nutzer diese für theatralische Inszenierungen nutzen.
- Postdramatisches Theater und seine Definition
- Performativität im Kontext von Social Media
- Analyse von postdramatischen Elementen auf Facebook und YouTube
- Bedeutung von Nutzerinteraktion und Partizipation
- Entwicklung neuer performativer Formen im digitalen Raum
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Thematik der Hausarbeit vor und skizziert die Relevanz postdramatischer und performativer Elemente im Kontext von Social Media. Das zweite Kapitel definiert den Begriff Postdramatik und setzt ihn in Beziehung zum Theater der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es werden verschiedene Erklärungsversuche und Definitionen von Theaterwissenschaftlern vorgestellt, um das Konzept des postdramatischen Theaters greifbarer zu machen. Im dritten Kapitel wird die Entstehung und Entwicklung von Facebook und YouTube im Zusammenhang mit dem Konzept des Web 2.0 erläutert. Es werden die wichtigsten Funktionen der Plattformen dargestellt und die Rolle der Nutzer in diesem digitalen Raum beleuchtet. Das vierte Kapitel widmet sich der Analyse postdramatischer und performativer Elemente auf den Plattformen Facebook und YouTube. Es werden Beispiele für postdramatische Inszenierungen auf den Plattformen vorgestellt und analysiert.
Schlüsselwörter
Postdramatik, Performativität, Social Media, Facebook, YouTube, Web 2.0, Nutzerinteraktion, digitale Inszenierung, theatralische Elemente, Performance Art, Videokunst.
- Quote paper
- Helena Merle (Author), 2019, Postdramatische und performative Elemente auf den Social-Media-Plattformen Facebook und YouTube anhand von "Bibis Beauty Palace", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/469740