Gutes Benehmen, Anstand, Respekt und Sitte gelten als erstrebenswert und werden vor allem von der jungen Generation erwartet. Es handelt sich dabei um soziale Konventionen (z. B. sollen Kinder höflich sein) und Vorstellungen darüber, was ein gutes Leben oder was moralisch wichtig ist (z. B. soll man die Wahrheit sagen). Obwohl Werte in der Gesellschaft also große Beachtung finden, ist die Jugend im Bezug auf Wertorientierungen tief verunsichert. Die moderne Welt bietet den jungen Menschen ein Überangebot an Weltanschauungen und Identifikationsmustern. Zugleich nehmen die zum Teil gegensätzlichen Anforderungen und der Leistungsdruck zu und zwingen den jungen Menschen, aus dem Angebot der bestehenden, oft widersprüchlichen Werte zu wählen und seine eigene soziale Identität ohne Anleitung zu konstruieren. In dieser Situation ist es nicht erstaunlich, wenn Kinder überfordert resignieren und sich zu selbstgefälligen Widersachern ohne Antrieb und Moral entwickeln. Menschen, die in ihren Berufen mit Kindern oder Jugendlichen arbeiten, haben immer – wenn auch in vielen Fällen unbewusst – Einfluss auf deren moralische Entwicklung. Ihre Reaktionen auf das Sozialverhalten anderer beinhalten stets eine moralisch relevante Erfahrung für die Kinder. Soll dieser Einfluß bewußt zur Unterstützung sozialer und moralischer Kompetenzen eingesetzt werden, ist grundlegendes psychologisches Wissen erforderlich, das helfen kann, Konzeptionen der moralischen Erziehung auf ihre Angemessenheit hin zu überprüfen. Im Folgenden soll deshalb die Theorie der Entwicklung moralischer Urteilsfähigkeit von Lawrence Kohlberg, die seit Jahrzehnten in der Entwicklungspsychologie maßgeblich ist, vorgestellt werden. Vorweg sollen jedoch einige Definitionen und Begriffsklärungen, das weite Feld von ‘Moral’ und ‘Moralerziehung’ eingrenzen und die Voraussetzungen für Kohlbergs Theorienbildung genannt werden. Im Anschluss sollen die Ergebnisse ausgewertet und im dritten Kapitel für ein Modell einer Unterrichtsstunde fruchtbar gemacht werden. Neben einigen ergänzenden Ansätzen der moralischen Selbstbestimmung, soll mit einem Blick auf eine Dilemmageschichte im Religionsunterricht der Bogen zu einer christlichen Moral gespannt werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist mit 'Moral' und 'moralischer Erziehung' gemeint?
- Entwicklungspsychologische Vorraussetzungen für Lawrence Kohlbergs Theorienbildung.
- Methodologischer Rahmen
- Moralische Entwicklung nach Lawrence Kohlberg.
- Stufe 0 im frühen Kindesalter
- Stufe 1: Die heteronome (fremdbestimmte) Stufe
- Stufe 2: Die Stufe des Individualismus und des Austauschs
- Stufe 3: Die Stufe der interpersonellen Beziehungen
- Stufe 4: Die Stufe des sozialen Systems und des Gewissens
- Stufe 5: Die Stufe des Sozialvertrags mit Berücksichtung aller Rechte und aller Bedürfnisse
- Stufe 6: Die Stufe universeller ethischer Prinzipien
- Ergebnisse der empirischen Untersuchung
- Kritikpunkte an Kohlbergs Modell
- Erweiterungen - C. Gilligans „weibliche Moral“ oder eine „,Moral des Organismus“?
- Möglichkeiten der pädagogischen Umsetzung.
- Die Plus-eins-Regel
- Kooperation als Ziel und Methode moralischer Erziehung
- Beispiel für eine Dilemmadiskussion im Religionsunterricht.
- Möglichkeiten der Umsetzung in der Oberstufe
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Theorie der moralischen Entwicklung von Lawrence Kohlberg, analysiert deren Ergebnisse und zeigt Möglichkeiten für eine pädagogische Umsetzung auf.
- Definition und Abgrenzung von 'Moral' und 'moralischer Erziehung'
- Darstellung von Kohlbergs Stufenmodell der moralischen Entwicklung
- Kritikpunkte an Kohlbergs Theorie und alternative Ansätze (z.B. Gilligans „weibliche Moral“)
- Praktische Anwendungsmöglichkeiten der Theorie im Religionsunterricht
- Das Konzept der moralischen Selbstbestimmung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein, indem es die Begriffe 'Moral' und 'moralischer Erziehung' erklärt und die psychologischen Grundlagen von Kohlbergs Theorie erläutert. Das zweite Kapitel präsentiert Kohlbergs Stufenmodell der moralischen Entwicklung und diskutiert empirische Ergebnisse sowie Kritikpunkte. Das dritte Kapitel widmet sich der pädagogischen Umsetzung der Theorie und erläutert verschiedene Ansätze und Methoden, wie z.B. die Plus-eins-Regel und die Kooperation als Ziel moralischer Erziehung.
Schlüsselwörter
Moralische Entwicklung, Lawrence Kohlberg, Stufenmodell, moralische Urteilsfähigkeit, Gerechtigkeit, Werteerziehung, pädagogische Umsetzung, Dilemmadiskussion, Religionsunterricht, moralische Selbstbestimmung.
- Quote paper
- Anita Glunz (Author), 2003, Moralische Entwicklung und Erziehung in der Schule - Weiterführende Ideen zu Lawrence Kohlbergs Ansatz, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/46617