Jakob Michael Reinhold Lenz wurde 1751 als Sohn eines pietistisch geprägten Pfarrers in Sesswegen (Livland) geboren. Ab 1768 studierte er in Königsberg Theologie, war aber schon seit frühester Jugend dichterisch tätig. Einen Wendepunkt in seinem Leben bedeutet 1771 die Begegnung mit Johann Wolfgang von Goethe während einer Reise nach Straßburg. Fortan versucht er, seinem Vorbild nachzueifern und sucht zudem die Bekanntschaft mit Friedericke Brion, Goethes ehemaliger Sesenheimer Geliebter.Sein dichterisches Talent entfaltet er derart, daß er „um 1775 neben Goethe als der zweite dt. Shakespeare angesehen“ 1 wird. Im Jahre 1776 folgt er Goethe nach Weimar, von wo er jedoch bereits wenige Monate später aufgrund vo n Streitigkeiten mit dem Dichterfürsten der Stadt verwiesen wird. Bei einem Aufenthalt im Hause Christoph Kaufmanns im schweizerischen Winterthur im Herbst 1777 zeigen sich offenbar erste Anzeichen einer psychischen Erkrankung. Laut Düntzer kann „auf einen ersten » Anfall von Wahnsinn « im Herbst geschlossen“ 2 werden. Am 8. Januar reist Lenz mit Kaufmann nach Emmendingen, wo ihn der im Vorjahr eingetretene Tod der dort ansässig gewesenen Schwester Goethes, Cornelia Schlosser, derart verstört, daß er gewalttätig gegen deren Arzt wird. Nach diesem Zwischenfall schickt man ihn voraus ins Steintal in die Obhut des Waldersbacher Pfarrers Johann Friedrich Oberlin, wo er am 20. Januar des Jahres 1778 eintrifft. Nach anfänglicher Besserung jedoch verschlimmert sich sein Zustand derart dramatisch, daß Oberlin sich in letzter Konsequenz gezwungen sieht, den Gast nach 19 Tagen wieder fortzuschicken. Nach einem weiteren Aufenthalt bei Georg Schlosser, dem Schwager Goethes, wo er „im März 1778 einen neuen starken Schub seiner im Vorjahr ausgebrochenen Psychose mit selbstzerstörerischen Rasereien“ 3 durchmacht, versucht er 1779 in Riga und 1780 in St. Petersburg vergeblich, im bürgerlichen Leben Fuß zu fassen. Ab dem Sommer des Jahres 1781 lebt er von Gelegenheitsarbeiten in Moskau, wo er am 4. Juni 1792 tot auf einer Straße gefunden wird. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Der historische Lenz
- Büchners Quellen
- Analyse des Textes im Hinblick auf die Entwicklung des Wahnsinns
- Zusammenfassende Übersicht der Symptome
- Lenzens Wahnsinn und die übersinnlichen Erscheinungen anderer Bewohner des Steintals
- Die gesundheitliche Entwicklung Lenzens aus medizinischer Sicht
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit analysiert die Entwicklung des Wahnsinns bei Georg Büchners Protagonisten Lenz. Die Arbeit untersucht die literarische Darstellung der psychischen Erkrankung im Kontext von Lenzens Biographie und Büchners Quellen. Es werden die Symptome des Wahnsinns im Text detailliert beschrieben und mit biografischen Informationen sowie medizinischen Perspektiven verglichen.
- Die historische Figur Jakob Michael Reinhold Lenz und seine psychische Erkrankung
- Büchners literarische Verarbeitung der Lebensgeschichte Lenzens und seine Quellen
- Analyse der Symptome und Stadien des Wahnsinns in Büchners Erzählung
- Vergleich der Darstellung des Wahnsinns mit anderen übersinnlichen Elementen im Text
- Psychopathologische Einordnung der literarischen Figur Lenz
Zusammenfassung der Kapitel
Der historische Lenz: Dieser Abschnitt zeichnet ein detailliertes Bild des Lebens von Jakob Michael Reinhold Lenz, beginnend mit seiner Geburt und Ausbildung bis hin zu seinem Tod. Besondere Aufmerksamkeit wird seinem zunehmenden psychischen Verfall gewidmet, der sich durch verschiedene Phasen und Episoden mit starken emotionalen Ausbrüchen und Verhaltensauffälligkeiten kennzeichnet. Der Abschnitt legt den Grundstein für das Verständnis des historischen Kontextes von Büchners Erzählung und ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der literarischen Figur Lenz im Lichte der biografischen Fakten. Die beschriebenen Ereignisse – wie Lenzens Begegnung mit Goethe, seine Aufenthalte in verschiedenen Orten und die wechselnden Beziehungen zu anderen Personen – werden als wichtige Kontextfaktoren für die Entwicklung seiner Krankheit dargestellt.
Büchners Quellen: Dieser Abschnitt beleuchtet die Quellen, die Georg Büchner für seine Novelle „Lenz“ nutzte. Er beschreibt die Rolle von August Stoeber und dessen Vater, Ehrenfried Stoeber, als Vermittler von Informationen über Lenz und Oberlins Bericht über den Aufenthalt Lenzens im Steintal. Die Arbeit verdeutlicht, wie Büchner diese Quellenmaterialen verwendete, um seine Erzählung zu gestalten, und betont dabei die Bedeutung von Oberlins Bericht sowie Goethes "Dichtung und Wahrheit" und Schriften Lenz' selbst. Die Analyse der Quellen zeigt, wie Büchner biografische Fakten und literarische Gestaltungselemente miteinander verband und so eine eindrückliche Darstellung von Lenzens psychischem Zustand schuf.
Analyse des Textes im Hinblick auf die Entwicklung des Wahnsinns: Die Analyse gliedert Büchners „Lenz“ in vier Phasen, die durch Lenzens Aufenthaltsorte und die An- bzw. Abwesenheit einer Vaterfigur strukturiert sind. Die Arbeit beschreibt die Entwicklung von Lenzens Wahnsinn durch die einzelnen Phasen, beginnend mit den ersten Anzeichen in der Naturbeschreibung des Gebirges bis hin zu den drastischen Ausbrüchen während seines Aufenthalts im Steintal. Der Abschnitt stellt die psychologische Entwicklung dar und beleuchtet, wie die Naturbeschreibung und Lenzens Interaktionen mit anderen die Progression seines Wahnsinns spiegeln. Die psychologische Entwicklung Lenzens wird mit der Anwesenheit oder Abwesenheit von Vaterfiguren verknüpft.
Schlüsselwörter
Georg Büchner, Lenz, Wahnsinn, Psychische Erkrankung, Biographie, Literaturanalyse, Quellen, Goethe, Oberlin, Krankheitssymptome, Übersinnliches, Psychopathologie.
Häufig gestellte Fragen zu Georg Büchners "Lenz"
Was ist der Gegenstand dieser Seminararbeit?
Diese Seminararbeit analysiert die Entwicklung des Wahnsinns bei Georg Büchners Protagonist Lenz. Sie untersucht die literarische Darstellung der psychischen Erkrankung im Kontext von Lenzens Biographie und Büchners Quellen. Die Arbeit beschreibt detailliert die Symptome des Wahnsinns, vergleicht diese mit biografischen Informationen und medizinischen Perspektiven und ordnet die literarische Figur Lenz psychopathologisch ein.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: die historische Figur Jakob Michael Reinhold Lenz und seine psychische Erkrankung; Büchners literarische Verarbeitung der Lebensgeschichte Lenzens und seine Quellen; die Analyse der Symptome und Stadien des Wahnsinns in Büchners Erzählung; ein Vergleich der Darstellung des Wahnsinns mit anderen übersinnlichen Elementen im Text; und die psychopathologische Einordnung der literarischen Figur Lenz.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit umfasst Kapitel zu folgenden Themen: "Der historische Lenz" (detaillierte Biografie Lenzens mit Fokus auf seinen psychischen Verfall); "Büchners Quellen" (Analyse der Quellen, die Büchner für seine Novelle verwendete, inklusive Oberlins Bericht und Goethes Schriften); "Analyse des Textes im Hinblick auf die Entwicklung des Wahnsinns" (Gliederung von Büchners "Lenz" in Phasen, die Lenzens Wahnsinnsentwicklung beschreiben, beginnend mit den ersten Anzeichen bis zu den drastischen Ausbrüchen); und eine zusammenfassende Übersicht der Symptome sowie Lenzens Wahnsinn im Vergleich zu übersinnlichen Erscheinungen anderer Bewohner des Steintals und die gesundheitliche Entwicklung Lenzens aus medizinischer Sicht.
Welche Quellen wurden für die Analyse verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf biografische Informationen über Jakob Michael Reinhold Lenz, August Stoebers und dessen Vaters, Ehrenfried Stoebers, Berichte, Oberlins Bericht über Lenzens Aufenthalt im Steintal, Goethes "Dichtung und Wahrheit" und Schriften Lenz' selbst. Die Arbeit analysiert, wie Büchner diese Quellenmaterialien verwendete, um seine Erzählung zu gestalten.
Wie wird der Wahnsinn in Büchners "Lenz" dargestellt?
Die Arbeit analysiert die Entwicklung von Lenzens Wahnsinn in vier Phasen, die durch Lenzens Aufenthaltsorte und die An- bzw. Abwesenheit einer Vaterfigur strukturiert sind. Die Analyse beschreibt die Progression des Wahnsinns anhand der Naturbeschreibung, Lenzens Interaktionen mit anderen und verknüpft die psychologische Entwicklung mit der Anwesenheit oder Abwesenheit von Vaterfiguren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Georg Büchner, Lenz, Wahnsinn, Psychische Erkrankung, Biographie, Literaturanalyse, Quellen, Goethe, Oberlin, Krankheitssymptome, Übersinnliches, Psychopathologie.
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- Angela Schaaf (Author), 2002, Analyse der Wahnsinnsentwicklung in Georg Büchners 'Lenz', Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/44012