Der Birkenspanner, ein nachtaktiver Falter, der sich am Tag meist auf Birken oder ähnlichen Bäumen aufhält, war ein sehr wichtiger Beweis für die Selektionstheorie und vor allem für die Bedeutung von Tarnung im Tierreich. Neben dem hellen und gemusterten und somit an den Bäumen gut getarnten Birkenspanner gibt es eine Mutation des Falters, der durch den Farbstoff Melanin einfarbig dunkel gefärbt ist. Diese Falter traten jedoch nur in sehr geringen Menge auf, da sie durch die dunkle Farbe vor den hellen Birken deutlich herausstachen und somit häufiger Opfer von Fressfeinden wurden.
Ende des 19. Jahrhunderts, zu Beginn der Industrialisierung, änderte sich das Verhältnis der Anzahl der beiden Birkenspanner Varianten innerhalb kürzester Zeit stark, da die Rußablagerungen der zahlreichen Fabriken die Birken schwarz färbten und somit die weißen Birkenspanner nicht mehr so gut getarnt waren und ihre Überlebenschancen stark verkleinert wurden. Die schwarzen Exemplare konnten jetzt auf den Bäumen kaum noch erkannt werden und hatten nun den Selektionsvorteil, den vorher die weißen Birkenspanner hatten. Sie konnten somit ihre Anzahl extrem vermehren.
Bei Messungen in Manchester um 1895 machten sie etwa 95-98% der Gesamtpopulation aus. Diese Entwicklung wurde später unter dem Namen Industriemelanismus sehr bekannt und dient als klassisches Beispiel für die Selektionstheorie. Auch wenn sich die dunkle Form durch den Rückgang der Schadstoffbelastung nicht durchsetzen konnte, kann an diesem Beispiel verdeutlicht werden, dass Tarnung (Mimese), sowie Warnung und Mimikry im Tierreich sehr nützlich sind, um einen Selektionsvorteil zu erlangen und dadurch die Überlebenschancen zu erhöhen.
Im Folgenden möchte ich daher Mimese und Mimikry genauer erläutern, indem ich auf die Entstehung, die unterschiedlichen Formen und den daraus resultierenden Selektionsvorteil eingehe. Zum Schluss werde ich Mimikry beim Menschen näher betrachten.Unter Mimese versteht man die Tarnung von Tieren vor ihren Fressfeinden „durch Nachahmung belebter oder unbelebter Gegenstände, die für den zu täuschenden Feind uninteressant sind. Der Körper oder einzelne Organe werden in Form und Farbe dem nachgeahmten Objekt angepasst, wodurch das Tier nicht als solches erkannt wird.“ Man unterscheidet zwischen Zoomimese, Phytomimese und Allomimese.
Inhaltsverzeichnis:
1. Die Veränderung der Population von Birkenspannern durch die Industrialisierung
2. Mimese und Mimikry als Selektionsfaktor
2.1 Tarnung als Überlebensstrategie: Mimese
2.1.1 Zoomimese: Übereinstimmung mit einem anderen Tier
2.1.2 Phytomimese: Ähnlichkeit mit Pflanzen oder ihren Teilen
2.1.3 Allomimese: Tarnung als unbelebter Gegenstand
2.2 Täuschen im Tierreich: Mimikry
2.2.1 Der Anfang: Bates'sche Mimikry
2.2.2 Peckham'sche oder Angriffsmimikry als Jagdstrategie
2.2.3 Mertensche Mimikry: Die Mitte machťs
2.2.4 Signalnormierung oder Müller'sche Mimikry
2.2.5 Spezialmimikry: Optische, chemische und akustische Mimikry
3. Evolution bei Nachahmern und Fressfeinden und Nachweis für Mimese und Mimikry
4. Mimikry beim Menschen
5. Anhang
5.1 Literaturverzeichnis
5.2 Internet Quellen
5.3 Abbildungsverzeichnis
1. Die Veränderung der Population von Birkenspanner durch die Industrialisierung
Der Birkenspanner (lat. Biston betularia[1] ), ein nachtaktiver Falter, der sich am Tag meist auf Birken oder ähnlichen Bäumen aufhält, war ein sehr wichtiger Beweis für die Selektionstheorie und vor allem für die Bedeutung von Tarnung im Tierreich. Neben dem hellen und gemusterten und somit an den Bäumen gut getarnten Birkenspanner (lat. B.b typica) gibt es eine Mutation des Falters, der durch den Farbstoff Melanin einfarbig dunkel gefärbt ist (lat. B.b carbonaria). Diese Falter traten jedoch nur in sehr geringen Menge auf, da sie durch die dunkle Farbe vor den hellen Birken deutlich herausstachen und somit häufiger Opfer von Fressfeinden wurden.[2] Ende des 19. Jahrhunderts, zu Beginn der Industrialisierung, änderte sich das Verhältnis der Anzahl der beiden Birkenspanner Varianten innerhalb kürzester Zeit stark, da die Rußablagerungen der zahlreichen Fabriken die Birken schwarz färbten und somit die weißen Birkenspanner nicht mehr so gut getarnt waren und ihre Überlebenschancen stark verkleinert wurden. Die schwarzen Exemplare konnten jetzt auf den Bäumen kaum noch erkannt werden und hatten nun den Selektionsvorteil, den vorher die weißen Birkenspanner hatten. Sie konnten somit ihre Anzahl extrem vermehren. Bei Messungen in Manchester um 1895 machten sie etwa 95-98% der Gesamtpopulation aus.2’[3] Diese Entwicklung wurde später unter dem Namen Industriemelanismus sehr bekannt und dient als klassisches Beispiel für die Selektionstheorie. Auch wenn sich die dunkle Form durch den Rückgang der Schadstoffbelastung nicht durchsetzen konnte, kann an diesem Beispiel verdeutlicht werden, dass Tarnung (Mimese), sowie Warnung und Mimikry im Tierreich sehr nützlich sind, um einen Selektionsvorteil zu erlangen und dadurch die Überlebenschancen zu erhöhen.2
Im Folgenden möchte ich daher Mimese und Mimikry genauer erläutern, indem ich auf die Entstehung, die unterschiedlichen Formen und den daraus resultierenden Selektionsvorteil eingehe. Zum Schluss werde ich Mimikry beim Menschen näher betrachten.
2. Mimese und Mimikry als Selektionsfaktor
2.1 Tarnung als Überlebensstrategie: Mimese
Unter Mimese versteht man die Tarnung von Tieren vor ihren Fressfeinden ״durch Nachahmung belebter oder unbelebter Gegenstände, die für den zu täuschenden Feind uninteressant sind. Der Körper oder einzelne Organe werden in Form und Farbe dem nachgeahmten Objekt angepasst, wodurch das Tier nicht als solches erkannt wird.“[4] Man unterscheidet zwischen Zoo- mimese, Phytomimese und Allomimese.[5]
2,1.1 Zoomimese: Übereinstimmung mit einem anderen Tier Bei der Zoomimese ähnelt sich das Erscheinungsbild anderen Tieren, um für Fressfeinde uninteressant zu werden oder unbemerkt in deren Nestern leben zu können. Das bekannteste Beispiel sind die Ameisengäste (lat. Myrmekophilie). Diese leben in den Nestern von Ameisen und fallen dabei nicht auf, da sie sich im Äußeren stark ähneln. Dabei stehlen sie den Ameisen weder Essen, noch lassen sie die Ameisen ihre Eier bewachen, sie leben ausschließlich in den Nestern, deshalb kann man hiervon Mimese und nicht von Mimikry sprechen.
Ein bekannter Sonderfall sind die Seeigelfische, die, wie der Taucher Hands Fricke entdeckte, sich als Seeigel tarnen, um für Raubfische uninteressant zu werden. Dabei rücken diese auf einem Seeigel extrem dicht zusammen, sodass eine kompakte Gesamtform entsteht, die dem Äußeren eines normalen Seeigels, auch wegen der gleichen Farbe, verblüffend ähnlich sieht. Hier handelt es sich um einen Sonderfall, da sich die Tiere als Gruppe tarnen; es liegt also eine kollektive Tarnung vor.[6] Ein weiteres Beispiel für die Zoomimese sind verschiedene Insekten, die Ameisen nachahmen, wie die Ameisengrille, die nicht nur die Form und Farbe von Ameisen nachahmt, sondern auch den Geruch dieser annehmen kann.[7]
2.1.2 Phyto mi mese: Ähnlichkeit mit Pflanzen oder ihren Teilen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wandelndes Blatt
Viele Tiere tarnen sich als Pflanzen bzw. als Pflanzenteile, um dadurch von Feinden unerkannt zu bleiben und somit ihre überlebenschancen zu erhöhen.
Auf dem Bild sieht man das wohl bekannteste Beispiel für die Phytomimese: Eine Gespenstschrecke der Familie der Wandelnden Blätter{lat. Phylliidae). In diesem Fall spricht man auch von Blattmimese. Da sich kein fleischfressendes Tier für Blätter interessiert und blattfressende Tiere dagegen nach dem ersten Kontakt mit einer Gespenstschrecke diese nicht mehr angreifen werden, da diese keine Insekten fressen, können diese ihre überlebenschancen drastisch erhöhen. Durch die natürliche Auslese konnten sich die Tiere immer exakter an ihre Umwelt anpassen, da immer nur die am besten getarnten Exemplare überleben konnten. Bei den Wandelnden Blättern sind nicht nur Form und Farbe blattähnlich, sondern es werden auch einige Details wie Blattnerven ausgebildet, wodurch die Nachahmung nahezu perfekt ist. Dabei ist es ausgesprochen wichtig, dass sich die Tiere auch wie Blätter verhalten.[8] ’[9] ’[10]
Es gibt noch viele weitere Beispiele für Phytomimese, wie die Stabschrecken (lat. Carausius morosus), jedoch sind die Wandelnden Blätter die wohl am besten angepassten und dadurch auch bekanntesten Exemplare.
2.1.3 Allomimese: Tarnung als unbelebter Gegenstand
Da Steine sowohl für Pflanzen- als auch Fleischfresser uninteressant sind, ahmen einige Tiere diese nach, um ihr überleben zu sichern. Am bekanntesten sind die in der Kalahari vorkommenden Lebenden Steine.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Lebende Steine
Diese Pflanze, der Gattung Lithops, tarnt sich als Stein und ist durch ihre runde Form und graugrüne bis rotbraunen Farbe, die immer dem Untergrund entspricht, sehr gut vor möglichen Fressfeinden getarnt, so dass sie eine sehr hohe Überlebenschance hat. Da die Pflanze meist in größeren Steinfeldern lebt, fällt sie beim groben überschauen nicht auf. Nur wenn man explizit nach ihr sucht, kann man Unterschiede zu echten Steinen fest- stellen.[11]
Ein weiteres Beispiel wäre der Steinbutt, der zur Ordnung der Plattfische gehört. Plattfische schwimmen seitlich, knapp über dem Meeresgrund, sodass sie schwer zu entdecken sind. Die Augen eines Steinbuttes liegen beide auf der linken Körperflanke. Die Unterseite des Fisches ist weiß, während die schuppenlose Oberseite sich an die Umgebung anpasst. Dadurch ist der Steinbutt kaum von dem darunter liegenden Boden abzugrenzen. Dazu ist die Oberseite mit herausstehenden Knochenhöckern versehen, die wie kleine Steine aussehen. Durch dieses Merkmal hat der Steinbutt auch seinen Namen erhalten.[12]
2.2 Täuschen im Tierreich: Mimikry
Unter Mimikry versteht man, dass eine harmlose Art die Gestalt, die Farbe oder auch die Bewegung einer giftigen, ungenießbaren oder wehrhaften Art nachahmt oder dass mehrere wehrhafte Tiere eine ähnliche Musterung aufweisen. Dadurch können Fressfeinde getäuscht und abgeschreckt werden, sodass die Tiere wiederum ihre Überlebenschancen steigern können. Es gibt viele verschiedene Formen der Mimikry; auf die bekanntesten werde ich im Folgenden eingehen und diese erläutern.[13]
Jedes Mimikrysystem besteht aus mindestens zwei Signalsendern und einem Signalempfänger. Die Signalsender unterscheiden sich in Vorbild und Nachahmer.[14]
2.2.1 Der Anfang: Bates'sche Mimikry
Der englische Naturforscher Henry Walter Bates ging 1859 auf eine elfjährige Forschungsreise in die tropischen Regenwälder Brasiliens. Dabei entdeckte er zwei nicht verwandte Schmetterlinge, die sich jedoch bis ins Detail glichen. Durch Untersuchungen der Schmetterlinge stellte er fest, dass eine Familie der Schmetterlinge (lat. Heliconidae) giftig war, sodass sie von Vögeln und anderen Fressfeinden gemieden wurden; die andere dagegen war vollkommen harmlos (lat. Pieridae). Daraus schloss Bates, dass der harmlose Schmetterling den giftigen Schmetterling nachahmt, um von dessen Wehrhaftigkeit zu profitieren und dadurch ebenfalls von Fressfeinden gemieden zu werden. Damit dieses Mimikrysystem jedoch funktioniert, ist es wichtig, dass die giftige Art in diesem Lebensraum in Überzahl ist, damit die Vögel häufiger zuerst einen giftigen Schmetterling fressen und dadurch diese zukünftig meiden.[15] ’[16] Einen 100-prozentigen Schutz können die Tiere nie erlangen, da es immer Fressfeinde gibt oder geben wird, die auch die giftige Art nicht meiden, so dass dann auch der Nachahmer häufig gefressen wird. In Abbildung 3 werden diese Schmetterlinge verglichen. Jeweils die 1. und die 3. Reihe, sowie die 2. und 4. Reihe stellen eine Familie dar.
[...]
[1] Im Folgenden B.b
[2] Vgl. D. Lohmann 2013 S.104f.
[3] Vgl. K. Lunau 2011 S.124f.
[4] Brockhaus Enzyklopädie 199119, 14. Band s. 617, s.v. Mimese
[5] Vgl. Brockhaus Enzyklopädie 199119, 14. Band s. 617, s.v. Mimese
[6] Vgl. H. Zebka 1990 s.70f
[7] Vgl. http://www.naturdetektive.de/natdet_tamung_mimikry.html
[8] Vgl. H. Zebka 1990 S.65
[9] Vgl. K. Lunau 2011 S.125
[10] Vgl. http://www.scinexx.de/dossier-detail-189-6.html
[11] Vgl. H. Zebka 1990 S.66 f.
[12] Vgl. http://www. tiere -online, de/fische/fischarten/fische-in-der-freien-natur/ salzwasserfische/steinbutt
[13] Vgl. Brockhaus Enzyklopädie 199119, 14. Band s. 618, s.v. Mimikry
[14] Vgl. K. Lunari 2011 s.ll f
[15] Vgl. K. Lunau 2011 S.14f
[16] Vgl. D. Lohmann 2013 S.106 f
- Quote paper
- Philipp Wohlmuth (Author), 2017, Mimese und Mimikry als Selektionsfaktoren im Tierreich, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/436023