Die Vorstellung in unserer Gesellschaft ist es, dass die Allokation von Individuen auf bestimmte Positionen im Gesellschaftssystem ausschließlich über die Leistung eines jeden erfolgt. Wer in einem Bereich mehr leistet als andere, hat gleichsam mehr Aufstiegschancen als jemand mit geringeren Leistungen.
Dieses sogenannte meritokratische Prinzip bzw. diese Grundannahme beim Allokationsprozess schließt aus, dass bei der Bewertung des Geleisteten andere Variablen, die ohne das Zutun des Individuums existieren, wie z.B. die Herkunft und eine eventuell mit ihr verbundene „Nachteilsprogrammierung von individuellen Lebensverläufen“ , einfließen. Die Verteilung von gesellschaftlichen Positionen wird über den Arbeitsmarkt und damit über berufliche Erwerbstätigkeit geregelt. Der Erwerb von Qualifikationen, welche im Rahmen institutionell organisierter Bildungsprozesse erworben werden, stellt eine essentielle Voraussetzung hierfür dar, denn ohne Bildung und den entsprechenden Erwerb von Bildungszertifikaten ist der Zugang zum Arbeitsmarkt nicht möglich. Die individuelle Schulkarriere ebnet oder versperrt den Weg für anschließende Lebensläufe und Arbeitsmarktchancen, und das Bildungssystem erweist sich als wichtigste Instanz zur Verteilung von sozialen Positionen. Die Verteilung von Gütern und Positionen erfolgt – so jedenfalls der gesellschaftliche Konsens – im Sinne von Chancengleichheit im Bildungserwerb nach dem Leistungsprinzip, mit welchem soziale Ungleichheiten in Bezug auf Bildung, Beruf, Status und Einkommen legitimiert werden. Diese meritokratische Verteilung wird als „legitimer Mechanismus für die Verteilung von Gütern und des gesellschaftlichen Status“ betrachtet. Privilegien sind an Bildung geknüpft und demzufolge sind sie auch Indikator für durch individuelle Leistungen einer Person im (Bildungs-)Wettbewerb erworbene Verdienste. „Wer viel leistet, verdient viel“ – so der Grundsatz der Meritokratie. Dieser scheint, wenn man die Geschichte betrachtet, im Gegensatz zur Ständegesellschaft und einer auf althergebrachten Privilegien beruhenden Sozialstruktur um einiges fairer zu sein, da damit eine gesellschaftliche Schichtung aufgrund von sozialer Herkunft durch eine Schichtung nach individueller Leistung ersetzt wird.
Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob eine Gesellschaft tatsächlich nach meritokratischen Prinzipien funktionieren kann und wirklich Chancengleichheit bietet. Oder leben wir heute sogar schon in einer Meritokratie?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Begriffsbestimmung
- Die Meritokratie
- Bedingungen für eine Meritokratie
- Kritik am Modell
- Herkunft
- Biologische Begabungsunterschiede
- Ungleichheit als gesellschaftliches Funktionserfordernis
- Die Messbarkeit von Leistungen und Verdiensten
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit dem Konzept der Meritokratie und analysiert, ob eine Gesellschaft tatsächlich nach meritokratischen Prinzipien funktionieren kann und wirkliche Chancengleichheit bietet. Die Arbeit beleuchtet das theoretische Konzept der Meritokratie, reflektiert dieses und kritisiert es an ausgewählten Punkten. Dabei werden empirische Befunde mit dem Ideal des meritokratischen Prinzips verglichen.
- Definition und Analyse des meritokratischen Prinzips
- Kritik an der Annahme gleicher Startbedingungen in einer meritokratischen Gesellschaft
- Untersuchung der Rolle von Herkunft, Begabung und Leistung im meritokratischen System
- Diskussion der Messbarkeit von Leistungen und der Objektivität von Bewertungskriterien
- Bewertung der Folgen des meritokratischen Prinzips für die soziale Ungleichheit
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt das Thema der Chancengleichheit im Kontext des Grundgesetzes und der meritokratischen Prinzipien vor. Es wird der Widerspruch zwischen dem Anspruch auf Chancengleichheit und der tatsächlichen gesellschaftlichen Positionierung von Individuen thematisiert.
Begriffsbestimmung
Die Meritokratie
Dieser Abschnitt erläutert den Begriff der Meritokratie, definiert ihn etymologisch und beschreibt die Grundprinzipien einer meritokratischen Gesellschaft. Die Bedeutung von Leistung, Begabung und Bildung im meritokratischen System wird hervorgehoben, und der Einfluss von Michael Youngs „The Rise of Meritocracy“ auf die Diskussion wird dargestellt.
Bedingungen für eine Meritokratie
Dieser Abschnitt beleuchtet die notwendigen Bedingungen für die Realisierung einer meritokratischen Ordnung. Es werden die Aspekte gleicher Freiheitsrechte, formalen und materiellen Chancengleichheit sowie die objektive Bewertung von Leistungen diskutiert.
Kritik am Modell
Herkunft
Dieser Abschnitt kritisiert die Annahme, dass in einer meritokratischen Gesellschaft die Herkunft keine Rolle spielt. Es wird argumentiert, dass soziale und ökonomische Unterschiede in der Herkunft erheblichen Einfluss auf Bildungserfolg und Lebenschancen haben können.
Biologische Begabungsunterschiede
Dieser Abschnitt befasst sich mit der Rolle biologischer Begabungsunterschiede im meritokratischen System. Es wird hinterfragt, inwieweit Unterschiede in der Begabung gerechtfertigt sind und ob sie zu ungleichen Lebenschancen führen.
Ungleichheit als gesellschaftliches Funktionserfordernis
Dieser Abschnitt kritisiert die Annahme, dass soziale Ungleichheit ein notwendiges Funktionserfordernis einer meritokratischen Gesellschaft ist. Es wird argumentiert, dass die Legitimation von Ungleichheit auf der Basis von Leistung problematisch ist.
Die Messbarkeit von Leistungen und Verdiensten
Dieser Abschnitt diskutiert die Schwierigkeit, Leistungen und Verdienste objektiv und fair zu messen. Es werden die Probleme der Bewertungskriterien und der Objektivität von Leistungsmessungen im Bildungssystem thematisiert.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Hausarbeit sind: Meritokratie, Chancengleichheit, Leistung, Begabung, Bildung, soziale Ungleichheit, Herkunft, Bewertungskriterien, Objektivität, Funktionserfordernis, Lebenschancen.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2015, Das meritokratische Prinzip der Leistungsgesellschaft. Bildung als reiner Erfolgsgarant?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/426560