Fühlen sich Menschen ungerecht behandelt, so wird der Ruf nach Gerechtigkeit laut. Fragt man jedoch unterschiedliche Menschen danach, was Gerechtigkeit genau ist, erhält man wahrscheinlich unzählig unterschiedliche Erklärungen. Wie soll nun jedoch ein Staat eine Politik der Gerechtigkeit betreiben, wenn dieser Begriff solch vielseitige Interpretationen zulässt? Genau mit dieser Frage beschäftigt sich die politische Gerechtigkeitsphilosophie. Diese in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts für tot geglaubte politische Philosophie wurde mit John Rawls A Theory of Justice und der kurz darauf gefolgten Antwort Robert Nozicks in seinem Werk Anarchie, Staat und Utopie wiederbelebt. Mit ihren Werken stellten beide Autoren die Gerechtigkeit zwar wieder in den Mittelpunkt der politischen Philosophie, jedoch taten sie dies auf eine Weise, die unterschiedlicher nicht sein könnte. Kurz gefasst plädiert Rawls für gleiche Grundfreiheiten und den Ausgleich naturgegebener Unterschiede durch Institutionen, also für einen Sozialstaat, wohingegen Nozick genau dieser Auffassung entgegentritt. Er tritt für einen Minimalstaat ein, der lediglich die Sicherheit und den Eigentumsschutz seiner Bürger gewährleistet. Vor dem Hintergrund dieser sehr gegensätzlichen Gerechtigkeitsansätze stellt sich nun die Frage was denn nun als gerecht verstanden werden kann. Ist es gerecht, dass der Staat in das Eigentumsrecht einzelner besser Gestellten eingreift, um dadurch zu einer fairen Verteilung zu kommen, oder ist dies per se ungerecht, da das Recht auf Eigentum über der Macht des Staates steht, sofern es gerecht angeeignet oder übertragen wurde? Dieser Fragestellung werde ich mit dieser Arbeit auf den Grund gehen. Die Arbeit gliedert sich in drei Teile. Im ersten Teil werden die zwei Gerechtigkeitstheorien kurz umrissen, im zweiten Teil werden sie dann einander gegenübergestellt und etwaige Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet. Der dritte Teil befasst sich dann mit einer kritischen Auseinandersetzung mit den beiden Theorien zur Beantwortung der oben genannten Leitfrage.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- John Rawls „Gerechtigkeit als Fairness“
- Robert Nozicks Plädoyer für den Minimalstaat
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Theorien
- Sozialstaat oder Minimalstaat - was ist denn nun gerecht?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit setzt sich mit der Frage auseinander, was Gerechtigkeit in der Politik bedeutet und wie sie in einem Staat verwirklicht werden kann. Die Arbeit vergleicht dazu die Gerechtigkeitskonzeptionen von John Rawls und Robert Nozick, die im 20. Jahrhundert die politische Philosophie wiederbelebt haben.
- Gerechtigkeitstheorien von John Rawls und Robert Nozick
- Der „Schleier des Nichtwissens“ bei Rawls
- Naturrechte und der Minimalstaat bei Nozick
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Theorien
- Kritik der beiden Theorien in Bezug auf die Frage nach der „gerechten“ Staatsform
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in die Thematik der politischen Gerechtigkeit ein und stellt die zentrale Frage nach der „gerechten“ Staatsform. Sie beleuchtet den historischen Kontext der Wiederbelebung der politischen Philosophie durch John Rawls und Robert Nozick und zeigt die Gegensätzlichkeit ihrer Gerechtigkeitsansätze auf.
John Rawls „Gerechtigkeit als Fairness“
Dieses Kapitel stellt die Gerechtigkeitskonzeption von John Rawls vor. Es beschreibt die Grundidee der Gesellschaft als faires System der Kooperation und die zentrale Rolle des „Schleier des Nichtwissens“ als Mittel zur Erzeugung fairer Bedingungen. Zudem werden die beiden Gerechtigkeitsgrundsätze von Rawls vorgestellt und erläutert.
Robert Nozicks Plädoyer für den Minimalstaat
Dieses Kapitel widmet sich Robert Nozicks Gerechtigkeitskonzept. Es beleuchtet die Ableitung des Staates aus dem Naturzustand und die zentralen Naturrechte, insbesondere das Recht auf Eigentum. Das Kapitel beleuchtet auch Nozicks Theorie der gerechten Aneignung von Besitz.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit zentralen Themen der politischen Philosophie, insbesondere mit den Gerechtigkeitskonzeptionen von John Rawls und Robert Nozick. Wichtige Schlüsselwörter sind: Gerechtigkeit, Fairness, Sozialstaat, Minimalstaat, Naturzustand, Naturrechte, Eigentum, Verteilungsgerechtigkeit, „Schleier des Nichtwissens“, Differenzprinzip.
- Quote paper
- Anne-Karen Fischer (Author), 2014, Sozialstaat oder Minimalstaat? Ein Vergleich der Gerechtigkeitstheorien von John Rawls und Robert Nozick, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/424087