In dieser Arbeit werden zunächst die zentralen Punkte der „Theorie der stillen Revolution“ von Ronald Inglehart als Grundlage für weitere Überlegungen umrissen. Anschließend wird untersucht, ob ein rückläufiger Trend hin zu traditionellen Wertbeimessungen zu beobachten ist. Dabei wird zunächst auf die Theorien europäischer Soziologen Bezug genommen, die einen solchen Trend feststellen und anschließend Ingleharts eigene Theorie der „Silent Revolution in Reverse“ herangezogen, die er im Jahr 2017 aufgrund des Erfolgs rechtspopulistischer Parteien veröffentlichte.
In der Folge der Industrialisierung erlebte die westliche Welt ökonomische, technologische und kulturelle Veränderungen in rasender Geschwindigkeit. Im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts wurden traditionelle Verhaltensmuster radikal aufgegeben und tradierte Werte verändert, beispielsweise während der „68er Bewegung“ oder im Zuge der Frauenbewegung Anfang der 70er Jahre. Das Selbstverständnis der Bürger entwickelte sich weiter, und so waren viele der Proteste primär politisch motiviert und zielten auf mehr Gleichberechtigung. Beobachtet man solche Werteveränderungen innerhalb einer Gesellschaft, spricht man von einem „Wertewandel“, ein Begriff, der vor allem durch Helmut Klages und Ronald Inglehart geprägt wurde. In seiner häufig zitierten „Theorie der stillen Revolution“ beschreibt Inglehart die steigenden Erwartungen an die Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung sowie an die Steigerung der nichtmateriellen Lebensqualität, beobachtet also einen fortschreitenden Wandel weg von materialistischen hin zu postmaterialistischen Werten.
Sprechen Wähler rechtspopulistischer Parteien von einem Werteverlust, meinen sie jedoch vielmehr die Herabsetzung traditioneller Werte als veraltet sowie das als Bedrohung empfundene Eindringen liberaler Werte, eine Entwicklung, die sie beispielsweise durch kulturelle Vielfalt begünstigt sehen. Dies ist allerdings eine Perspektive, die nach der Theorie von Inglehart eigentlich längst überwunden sein müsste. Es stellt sich deshalb die Frage, ob es seit einigen Jahren einen regressiven Wertewandel in den Gesellschaften vieler Länder dieser Welt gibt und inwiefern ein solcher rechtspopulistischen Parteien zum Aufstieg verhilft bezeihungsweise verholfen hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Die Welt im permanenten Wandel
- Die Stille Revolution nach Ronald Inglehart
- Der Wertewandel vom Materialismus zum Postmaterialismus
- Gibt es eine Umkehr des Wertewandels?
- Der ALLBUS Postmaterialismus-Index (nach Inglehart)
- "The Silent Revolution in Reverse" (R. Inglehart und P. Norris)
- Der aktuelle gesellschaftliche Wandel in Deutschland
- Die Adaptiv - Pragmatischen
- Die Expeditiven (Digitale Individualisten in Österreich, Digitale Kosmopoliten in der Schweiz)
- Globalisierungsangst vs. Wertekonflikt
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die These eines möglichen regressiven Wertewandels in westlichen Gesellschaften, insbesondere im Kontext des Aufstiegs rechtspopulistischer Parteien. Sie analysiert, ob der von Ronald Inglehart beschriebene Wandel von materialistischen zu postmaterialistischen Werten rückläufig ist und welche Faktoren diesen Wandel beeinflussen.
- Ronald Ingleharts Theorie der stillen Revolution
- Empirische Befunde zum Wertewandel in Deutschland (ALLBUS-Daten)
- Der Einfluss ökonomischer und politischer Unsicherheit auf Wertprioritäten
- Der Zusammenhang zwischen Wertewandel und dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien
- Konzepte wie Materialismus, Postmaterialismus und deren Bedeutung im aktuellen gesellschaftlichen Diskurs
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Welt im permanenten Wandel: Die Einleitung führt in die Thematik des Aufstiegs rechtspopulistischer Parteien ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach den Ursachen dieses Phänomens. Sie verknüpft den Aufstieg dieser Parteien mit einer vermeintlichen Angst vor Werteverlust in der Bevölkerung. Der Begriff des Wertewandels wird eingeführt, wobei besonders die Arbeiten von Helmut Klages und Ronald Inglehart hervorgehoben werden. Die Einleitung legt den Fokus auf die kontroverse Debatte in der Politikwissenschaft und kündigt die Untersuchung eines möglichen regressiven Wertewandels an, der durch die "Theorie der stillen Revolution" von Inglehart beleuchtet wird.
Die Stille Revolution nach Ronald Inglehart: Dieses Kapitel beschreibt Ingleharts Theorie der stillen Revolution, die einen Wandel von materialistischen zu postmaterialistischen Werten in der westlichen Welt postuliert. Es erläutert die Konzepte des Materialismus und Postmaterialismus detailliert und präsentiert Ingleharts Mangel- und Sozialisationshypothese zur Erklärung dieser Werteverschiebung. Die unterschiedlichen Weltanschauungen von Materialisten und Postmaterialisten werden skizziert, wobei der Fokus auf deren unterschiedliche politische Präferenzen liegt. Die "Stille Revolution" wird als ein gradueller Prozess über mehrere Generationen hinweg dargestellt, der tiefgreifende Auswirkungen auf gesellschaftliche Strukturen und politische Orientierungen hat.
Gibt es eine Umkehr des Wertewandels?: Dieses Kapitel befasst sich kritisch mit der Frage, ob ein regressiver Wertewandel stattfindet. Es analysiert den ALLBUS Postmaterialismus-Index, um den Wertewandel in Deutschland über die letzten Jahrzehnte zu untersuchen. Die Daten unterstützen zwar die These von Inglehart, zeigen aber auch Schwankungen, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit. Der Einfluss von Faktoren wie Globalisierungsangst und Wertekonflikten auf die Verschiebung von Wertprioritäten wird angedeutet. Das Kapitel bereitet den Boden für die Schlussfolgerungen, indem es empirische Evidenz sowohl für als auch gegen einen kontinuierlichen postmaterialistischen Trend präsentiert.
Schlüsselwörter
Wertewandel, Materialismus, Postmaterialismus, Stille Revolution, Ronald Inglehart, Rechtspopulismus, ALLBUS, Globalisierung, politische Unsicherheit, ökonomische Krisen, Deutschland, Wertprioritäten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Text: Wertewandel und Rechtspopulismus
Was ist der zentrale Gegenstand dieses Textes?
Der Text untersucht die These eines möglichen regressiven Wertewandels in westlichen Gesellschaften, insbesondere im Zusammenhang mit dem Aufstieg rechtspopulistischer Parteien. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob der von Ronald Inglehart beschriebene Wandel von materialistischen zu postmaterialistischen Werten rückläufig ist und welche Faktoren diesen Wandel beeinflussen.
Welche Theorien werden im Text behandelt?
Der Text befasst sich hauptsächlich mit Ronald Ingleharts Theorie der "Stillen Revolution", die einen Wandel von materialistischen zu postmaterialistischen Werten beschreibt. Es werden Ingleharts Mangel- und Sozialisationshypothese zur Erklärung dieses Wandels erläutert. Zusätzlich werden die Auswirkungen von ökonomischer und politischer Unsicherheit auf Wertprioritäten analysiert.
Welche Daten werden verwendet?
Der Text analysiert den ALLBUS Postmaterialismus-Index, um den Wertewandel in Deutschland über die letzten Jahrzehnte zu untersuchen. Diese Daten dienen dazu, die These eines regressiven Wertewandels empirisch zu überprüfen.
Welche Faktoren beeinflussen den Wertewandel laut dem Text?
Der Text untersucht den Einfluss von ökonomischer und politischer Unsicherheit, Globalisierungsangst und Wertekonflikten auf die Verschiebung von Wertprioritäten. Der Zusammenhang zwischen Wertewandel und dem Erfolg rechtspopulistischer Parteien wird ebenfalls analysiert.
Was sind Materialismus und Postmaterialismus?
Der Text beschreibt Materialismus und Postmaterialismus als gegensätzliche Wertorientierungen. Materialisten priorisieren materielle Sicherheit und Wohlstand, während Postmaterialisten eher Werte wie Selbstverwirklichung, Umweltschutz und Partizipation betonen. Der Text beleuchtet die unterschiedlichen politischen Präferenzen dieser Gruppen.
Gibt es eine eindeutige Schlussfolgerung zum regressiven Wertewandel?
Der Text präsentiert empirische Evidenz sowohl für als auch gegen einen kontinuierlichen postmaterialistischen Trend. Er kommt nicht zu einer eindeutigen Schlussfolgerung, sondern zeigt die Komplexität der Thematik und die Notwendigkeit weiterer Forschung auf. Die Daten unterstützen zwar die These von Inglehart, zeigen aber auch Schwankungen, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher und politischer Unsicherheit.
Welche Kapitel umfasst der Text?
Der Text gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zu Ingleharts Theorie der Stillen Revolution, ein Kapitel zur Frage nach einer Umkehr des Wertewandels und ein Fazit. Jedes Kapitel wird im Text zusammengefasst.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Text?
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- Arbeit zitieren
- Mariella Kockler (Autor:in), 2018, Die Wertewandeltheorie von Ronald Inglehart. Der Aufstieg populistischer Parteien in Europa, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/417449