„Wir können heute auf eine rund dreitausendjährige Geschichte der Philosophie zurückblicken. In dieser Geschichte kommen Frauen nicht vor. Nie hat jemand von einer Philosophin, einer anerkannt großen Denkerin gehört. Das Denken war seit jeher eine Domäne der Männer...“ (Pieper 1998, S.7) Das Bestürzende an der jahrtausendealten Diffamierung des weiblichen Denkvermögens besteht nach Pieper darin, dass weniger der gewöhnliche Mann von der Straße den Frauen das Mitspracherecht auf intellektueller Ebene absprach, sondern dass die Philosophen es waren, ausgerechnet diejenigen also, die es aufgrund ihres geschulten rationalen Urteilsvermögen und aus der Distanz des sachgerechten kritischen Beobachters eigentlich besser hätten wissen müssen. So behauptet zum Beispiel ein großer Denker und Philosoph wie Aristoteles, das männliche Geschlecht sei das bessere und daher zum Herrschen über das Weibliche bestimmt, welches selbst lediglich dienende Funktionen beanspruchen könne. Eine Frau die zu mehr im Stande ist, ist nach Aristoteles widernatürlich veranlagt und in diesem Punkt besteht ein großer Konsens unter den Philosophen die lediglich Göttinnen, Seherinnen und Musen herrschende Funktionen zusprechen. (Pieper 1998 S.10) „Oder was hat Kant zu der Annahme bewogen, die Frau sei zum wissenschaftlichen Studium ungeeignet?“, fragt Pieper. „Weshalb bestreitet Schopenhauer, dass die Frau Genie besitzen könne?“ (Pieper 1998 S.8) Ohne den geringsten Anflug von Zweifeln vertritt auch Boenhoeffer die Geschlechtsrollenverteilung frauendiskriminierender biblischer Texte. (Kramer 1994, S.123) Hin und wieder tauchen jedoch im Bereich der Göttinnen, Nonnen, Seherinnen und Musen positive Frauengestalten in der philosophischen Literatur auf. Die Frauenforschung ist heute auf der Suche nach Spuren von ihnen.
Es gab sie also schon vereinzelt, die philosophischen Denkerinnen, wie Hildegard von Bingen, auch wenn es sie offiziell nicht geben durfte. (Pieper 1998, S.11) Resümierend lässt sich sagen, dass die, durch männliche Interessen geprägten Denkmuster, die sich in den vergangenen 3000 Jahren de facto durchgesetzt haben, nicht schlechthin repräsentativ für menschliches Handeln sind. Es wird aber auch deutlich, wie schwer es ist und war, derart internalisierte Denkstrukturen und Verhaltensmuster durch neuere Ansätze feministischer Ethik zu modernisieren und langfri stig zu verändern. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was bedeutet feministische Ethik?
- Ursprung und Ausgangspunkt feministischer Ethik
- Eine Definition feministischer Ethik
- Verortung feministischer Ethik
- Neuere Geschichte der feministischen Ethik
- Kontroversen feministischer Ethikdiskussion
- Universale versus kontextuelle Begründung
- Deontologische und teleologische Konzepte
- Geschlechtergleichheit versus sexuelle Differenz
- Gender-Perspektive: Ethik der geschlechtsspezifischen Moral
- Definition und Grundgedanken von Gender
- Anwendung in einem Feld der Sozialen Arbeit
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Bereich der feministischen Ethik und verfolgt das Ziel, ein grundlegendes Verständnis dieses Themas zu vermitteln. Die Arbeit analysiert und kritisiert traditionelle ethische Ansätze aus feministischer Perspektive und beleuchtet die Entwicklung feministischer Ethik in Europa und den USA seit den 1950er Jahren.
- Kritik traditioneller ethischer Ansätze aus feministischer Perspektive
- Entwicklung feministischer Ethik in Europa und den USA
- Kontroversen in der feministischen Ethikdiskussion
- Gender-Perspektive und Ethik der geschlechtsspezifischen Moral
- Anwendungen feministischer Ethik in der Sozialen Arbeit
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt das Thema feministische Ethik vor und beleuchtet die jahrhundertelange Diskriminierung von Frauen in der Philosophie. Sie zeigt auf, wie schwer es war und ist, internalisierte Denkstrukturen und Verhaltensmuster durch neuere Ansätze feministischer Ethik zu verändern.
- Was bedeutet feministische Ethik?: Dieses Kapitel erörtert den Ursprung und Ausgangspunkt feministischer Ethik, die Analyse und Kritik traditioneller ethischer Ansätze aus feministischer Perspektive. Es beleuchtet den normativen Charakter feministischer Ethik und deren herrschaftskritisches Interesse.
- Neuere Geschichte der feministischen Ethik: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die Entwicklung feministischer Ethik in Europa und den USA seit den 1950er Jahren. Es stellt verschiedene Strömungen und Denkerinnen vor und verdeutlicht die Vielfalt der feministischen Ethik.
- Kontroversen feministischer Ethikdiskussion: Dieses Kapitel beleuchtet die unterschiedlichen Positionen innerhalb der feministischen Ethikdiskussion. Es geht auf die Debatten um universale versus kontextuelle Begründung, deontologische und teleologische Konzepte sowie Geschlechtergleichheit versus sexuelle Differenz ein.
- Gender-Perspektive: Ethik der geschlechtsspezifischen Moral: Dieses Kapitel erklärt die Gender-Perspektive und deren Bedeutung für die Ethik. Es zeigt auf, wie die Gender-Perspektive in der Sozialen Arbeit Anwendung finden kann und wie sie die ethische Reflexion von Geschlechtsspezifität beeinflusst.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit zentralen Themen der feministischen Ethik, darunter die Analyse und Kritik traditioneller ethischer Ansätze, die Entwicklung feministischer Ethik, die Kontroversen in der feministischen Ethikdiskussion, die Gender-Perspektive und deren Anwendung in der Sozialen Arbeit.
- Quote paper
- Lisa Sarholz (Author), 2005, Feministische Ethik, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/40034