Warum nehmen so viele Patienten in einer von der Aufklärung durchdrungenen Zeit, in der mythologische Ereignisse und Wunder nur mehr wenig gesellschaftliche Anerkennung besitzen alternative Methoden in Anspruch, wo doch keine Wirksamkeit bewiesen ist? Wieso gehen Krebspatienten, die durch konventionelle Methoden mit einer relativ großen Wahrscheinlichkeit geheilt werden könnten, das Risiko ihres Todes ein? Unterdrücken die Naturwissenschaften vielleicht durch ihr System, das jede Wunderheilung ausschließt, eine Sehnsucht im Menschen nach eben diesen unerklärbaren Phänomenen?
Um diese Fragen klären zu können, ist es nötig, sich zuerst eine konventionelle Methode anzusehen und daraus mögliche Schlüsse zu ziehen. Deshalb werde ich im Folgenden das Prinzip der Chemotherapie darstellen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Chemotherapie
2.1 Grundlagen der Chemotherapie
2.2 Funktionsmechanismus der Alkylanzien
2.3 Durchführung einer Chemotherapie
2.3.1 Arten der Chemotherapie
2.3.2 Zusammensetzung der Medikamente
2.3.3 Zytostatikaresistenz
2.4 Nebenwirkungen und deren Behandlung
2.5 Fazit
3 Komplementäre und Alternative Krebstherapie (CAM)
3.1 Definition
3.2 Stellenwert der CAM
3.3 Beweggründe der Patienten
3.4 Unkonventionelle Krebsdiagnostik
3.4.1 Irisdiagnostik
3.4.2 Dunkelfeldmikroskopie
3.4.3 Fazit
3.5 Supportivtherapien
3.5.1 Behandlung von Nausea und Emisis
3.5.2 Behandlung des Tumor-assoziierten Erschöpfungssyndroms (TAES)
3.6 Fazit
4 Diskussion
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Als Sein und Geschehen wird von der Aufklärung nur anerkannt, was durch Einheit sich erfassen lässt; ihr Ideal ist das System, aus dem alles und jedes folgt [1, p. 13].“ So lautet eine zentrale These des Hauptwerkes der „Frankfurter Schule“ mit dem Titel „Dialektik der Aufklärung“, dessen Autoren Theodor W. Adorno und Max Horkheimer waren, welche das Hauptmerkmal der Naturwissenschaften (hier mit Aufklärung umschrieben)
- nach der Meinung Adornos und Horkheimers - beschreibt, nämlich, dass diese durch logische Systeme die Welt als Einheit - so zum Beispiel durch die Gesetzte der Physik - beschreiben würden. Die Wirksamkeit naturheilkundlicher Verfahren zum Beispiel konnte jedoch selten durch diese Naturwissenschaften erfasst werden (z. B. durch Studien) und würde der These folgend ergo nicht als „Sein und Geschehen“ anerkannt werden; somit würden diese Verfahren als a priori nicht wirksam beschrieben werden; Spontanheilungen werden hier selbstverständlich ausgenommen, da der Begriff „System“ eine gewisse Reproduzierbarkeit und Häufigkeit fordert. Doch wieso nehmen dann so viele Patienten in einer von der Aufklärung durchdrungenen Zeit, in der mythologische Ereignisse und Wunder nur mehr wenig gesellschaftliche Anerkennung besitzen und so e contrario die Naturwissenschaften einen festen Platz im Bewusstsein der Menschen haben, wobei diesen als nahezu einzige Institution (neben der Religion) die Fähigkeit zur Erklärung der Welt und ihrer Phänomene zuerkannt wird, alternative Methoden in Anspruch, wo doch keine Wirksamkeit bewiesen ist? Wieso gehen Krebspatienten, die durch konventionelle Methoden mit einer relativ großen Wahrscheinlichkeit geheilt werden könnten, das Risiko ihres Todes ein? Unterdrücken die Naturwissenschaften vielleicht durch ihr System, das jede Wunderheilung ausschließt, eine Sehnsucht im Menschen nach eben diesen unerklärbaren Phänomenen?
Um diese Fragen klären zu können, ist es nötig, sich zuerst eine konventionelle Methode anzusehen und daraus mögliche Schlüsse zu ziehen. Deshalb werde ich im Folgenden das Prinzip der Chemotherapie darstellen.
2 Chemotherapie
Die Chemotherapie stellt zusammen mit der Tumorresektion (operative Entfernung des Karzinoms) und der Bestrahlungstherapie eine der drei wichtigsten Behandlungsmethoden der Schulmedizin dar. Sie ist also eine Methode, die durch logische Systeme bereits analysiert, prädisponiert und deren Wirksamkeit folglich durch die Naturwissenschaften bewiesen worden ist. Zwar werden diese Methoden oftmals in Kombination mit einander angewendet, jedoch soll in diesem Kapitel meiner Arbeit die Chemotherapie stellvertretend für die anderen zwei Behandlungsmethoden stehen. Im Folgenden werde ich zuerst die Grundlagen einer Chemotherapie darstellen und besonders einen kleinen Einblick in die chemischen Vorgänge bei der Verwendung von Alkylanzien, einer Unterart der Zytostatika, gewähren, um dann am Ende des Kapitels im auf die Nebenwirkungen einer Therapie mit Zytostatika zu sprechen kommen, da diese, wie man dann sehen wird, auch zum Erfolg der CAM-Methoden beitragen.
2.1 Grundlagen der Chemotherapie
Das Grundprinzip der Chemotherapie basiert auf der Verabreichung von sogenannten Zytostatika, das bedeutet dem Patienten werden Medikamente verabreicht, die das Zellwachstum durch die Inhibition der DNA-, RNA- und Proteinsynthese hemmen oder den Stoffwechsel der Zellen stören und damit das Wachstum der Zellen hemmen. Durch diese Inhibition soll die Nekrose (Zelltod) beziehungsweise Apoptose (Selbstzerstörung) der Tumorzellen erreicht werden [2, p. 401] 3. Zytostatika haben eine geringe therapeutische Breite, das bedeutet, dass diese auch gesunden Zellen schädigen. Jedoch funktionieren die Reparatursysteme zum Beispiel für die Behebung von Schäden an der DNA (die durch die oben genannte Inhibition der DNA-Synthese auftreten) bei den Tumorzellen nicht so gut wie bei Nicht-Tumorzellen, wobei Tumorzellen zudem eine hohe Proliferationsrate aufweisen, wodurch mehr zellschädigende Vorgänge als im Vergleich zu Zellen mit niedrigen Zellteilungsraten ablaufen, denn bei jeder Zellteilung kommt es zu Fehlern 3. Somit werden Tumorzellen bevorzugt geschädigt [2, p. 403], wobei es aber auch zu erheblichen Nebenwirkungen kommen kann (Kapitel 2.4). Durch diese geringe therapeutische Breite lässt sich auch erklären, dass der Erfolg der Chemotherapie zwar durch die Wahl der Zusammensetzung der verabreichten Medikamente beeinflusst werden kann, aber jedes Stoffwechselsystem (und damit jeder Patient) reagiert auf andere Weise auf Zytostatika, wodurch die Affinität der Medikamente beeinträchtigt wird und somit zusätzlich zum Effekt der Normalzellschädigung auch noch eine hohe Varianz in der Verarbeitung der Medikamente auftritt, was zusätzliche Probleme bereiten kann. Zum Beispiel werden bei einem Patienten die Medikamente schneller ausgeschieden als bei einem anderen Patienten. Somit ergibt sich die Problematik der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik [2, p. 402], was ich kurz in Kapitel 2.3 erwähnen werde.
Man kann grob zwischen den verschiedenen Wirkungsarten der Zytostatika unterscheiden, die ich im Folgenden in aller Kürze darstellen werde, um einen Eindruck von der Vielfalt der Wirkungsweisen zu bekommen.
Alkylanzien verursachen durch Strukturänderungen und Vernetzungen der DNA-Stränge Strangbrüche und Änderungen der Basensequenz und verhindern beziehungsweise Beeinflussen somit die DNA-Replikation und DNA-Transkription, wodurch es zu Fehlern in der Zellteilung kommt, was so schwerwiegend ist, dass dann die Apoptose eingeleitet wird [2, p. 404].
Antimetabolite hemmen Enzyme, die für die Synthese von Bauteilen für die Nukleotide von Bedeutung sind, wodurch die DNA in der Interphase nicht repliziert werden kann, weshalb dann keine Zellteilung stattfinden kann [2, p. 405].
Vinca-Alkaloide und Taxane verändern die Mikrotubuli der Zellen, die bei einer Zellteilung die beiden Chromatiden eines Chromosoms im doppelten Chromosomensatz voneinander trennen und somit für die genaue Verteilung des Erbmaterials auf die beiden Tochterzellen verantwortlich sind. Vinca-Alkaloide verhindern den Aufbau der Mikrotubuli, weshalb eben diese Verteilung des Erbmaterials nicht erfolgen kann und dadurch keine funktionstüchtigen Tochterzellen entstehen können, währenddessen Taxane den Abbau der Mikrotubuli verhindern, wodurch die Tochterzellen zwischen der Mitosephase und der Wachstumsphase arretiert werden und nicht so wachsen können, dass wieder eine Zellteilung möglich wäre [2, pp. 408-409]4.
Es existieren noch weitere Unterarten der Zytostatika, aber ich glaube, dass das Grundprinzip der Wirkmechanismen der verwendeten Zytostatika ersichtlich wurde.
Wichtig ist auch, dass Zytostatika zellphasenspezifisch sein können, das bedeutet, dass diese nur in bestimmten Phasen der Zelle wirksam sind und somit auch nur zu bestimmen Zeiten verabreicht werden sollten. Ein Beispiel wären die Vinca-Alkaloide und Taxane, da diese nur in der M-Phase (Mitose-Phase) wirksam sind [2, p. 407].
Auch können Zytostatika zellphasenunspezifisch sein, also ist es folglich unbedeutend in welcher Zellphase sich die Zelle befindet. Ein Beispiel wären hier die Alkylanzien und Metaboliten [2, p. 407].
Es gäbe sicherlich noch viel zu sagen, jedoch glaube ich, dass ich die Grundlagen dargestellt habe, die für das Verständnis der weiteren Kapitel und vor allem in Bezug auf den Schwerpunkt meiner Arbeit, die CAM-Methoden, wichtig sind.
2.2 Funktionsmechanismus der Alkylanzien
Alkylanzien bewirken durch kovalente Bindungen an der DNA Strangbrüche [5, p. 12]. Ich habe als Beispiel dieser Gruppe der Chemotherapeutika das am meisten verwendete Alkylans Cyclophosphamid (Abb. 1) ausgewählt, das bei einem breiten Spektrum von Karzinomen angewendet wird [5, p. 19].
Cyclophosphamid ist jedoch noch nicht bioaktiv, sondern dieses wird
Abbildung 1:
Cyclophosphamid 34
in zwei Schritten, erst in der Leber zu 4-Hydroxycyclophosphamid umgewandelt, das dann endgültig in Phosphoramidmustard (Abb. 2) und Acrolein zerfällt [5, p. 12] [2, p. 405].
Wichtig für die Funktionsweise des Alkylans ist nur das Phosphoramidmustard; das Nebenprodukt Acrolein ist für dieses Kapitel unwichtig, jedoch versursacht es einige Nebenwirkungen.
Abbildung 2:
Phosphoramid-Mustard 32
Ich möchte die Wirkungsweise des Phosphoramid-Mustards anhand Abbildung 3 beschreiben; dabei orientiere ich mich wie auch auf der Abbildung im Uhrzeigersinn. Es
Abbildung 3: Funktionsmechanismus des Cyclophosphamids durch Verknüpfung von Guanin-Basen33
existieren auch noch andere Wirkmechanismen des Cyclophosphamids, jedoch stelle ich hier nur den Mechanismus der Verknüpfung von Guanin-Basen dar.
Im ersten Reaktionsschritt findet eine SN2-Reaktion (bimolekulare nucelophile Substitution) statt, das bedeutet, dass das nucleophile Stickstoff-Atom die Bindung der CH3-Gruppe zu einem der beiden Chlor-Atome begehrt, wobei ein Chlor-Anion abgespalten wird und -wie in Schritt 2 zu sehen- das zentrale Stickstoff-Nucleophil nun eine Bindung mit der nun freigeworden CH3-Gruppe eingeht.
Im zweiten Reaktionsschritt erfolgt wieder eine SN2-Reaktion, jedoch zwischen Guanin, einer Nucleinbase der DNA, und dem Reaktionsprodukt des vorherigen Reaktionsschrittes. Das Nucleophil ist bei diesem Schritt das elektronenreiche Stickstoffatom an der N-7-Position des Guanins (gekennzeichnet durch zwei Punkte, welche das nicht-bindende Elektronenpaar darstellen) [2, p. 404]. Dieses Nucleophil begehrt die selbe CH3-Gruppe des Phosphoramidmustards wie in Schritt 1, wobei dann -wie auf dem dritten Bild zu sehen- Guanin und Phosphoramidmustard eine Bindung eingegangen sind.
Der dritte Reaktionsschritt ist im Grunde genommen derselbe wie in Schritt eins, es findet also wieder einer SN2-Reaktion zwischen einem Chlor-Anion (dieses Mal jedoch das Chlor-Anion am anderen „Ast“ des Phosphoramid-Mustards), wobei dann das ChlorAnion abgespalten wird und das zentrale Stickstoff-Nucleophil des PhosphoramidMustards eine Bindung mit der freigewordenen CH3-Gruppe eingeht.
Schritt vier läuft ebenso wie Schritt drei ab, jedoch findet dieses Mal die SN2-Reaktion mit einer anderen Guanin-Base statt, sodass dann -wie in Bild 5 zu sehen- durch das Phosphoramid-Mustard eine Verknüpfung von zwei Guanin-Basen erfolgt ist.
Eben durch diese Verknüpfung von zwei sonst nicht miteinander verbunden Basen kommt es bei der Replikation und Transkription zu schwerliegenden Fehlern, da das veränderte Guanin Fehlbindungen mit Thymin, einer anderen Nucleinbase, eingeht, wodurch die Basenfolge verändert wird. Insofern die richtige Dosis eingesetzt wird, kommt es zur Überlastung der Reparatursysteme der Zelle, wodurch nicht alle Fehler korrigiert werden können. Zusätzlich kann es bei Reparaturversuchen der Zelle zu Strangbrüchen kommen [5, p. 16].
Diese Strangbrüche und Fehler in der Basenfolge veranlassen die Zelle nun dazu die Apoptose einzuleiten und somit die Zelle zu zerstören.
2.3 Durchführung einer Chemotherapie
Im Folgenden werde ich einen kurzen Einblick in die Durchführung einer Chemotherapie geben. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass eine gute Ausbildung des behandelnden Arztes, eine fundierte Diagnose und die Aufklärung des Patienten Grundvoraussetzung für jede Karzinomtherapie ist [2, p. 412].
Auch muss vor einer Behandlung festgestellt werden, ob nicht etwas gegen eine Chemotherapie spräche, was zum Beispiel gegeben wäre, wenn der Patient in einem zu schlechten Zustand für eine Chemotherapie wäre oder der Patient schwanger wäre [2, p. 413].
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- Quote paper
- Moritz Nicklas (Author), 2016, Komplementäre und alternative Behandlungsmethoden von Karzinomen, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/388642