Mit der Spartacus-Inszenierung, die im Dezember 2016 am Münchner Staatsballett Premiere feierte und damit zum ersten Mal den Weg in einen westlichen Spielplan fand, gewinnt dieser Themenkomplex wieder an Bedeutung – vor allem, weil das Staatsballett auf eine historische Kontextualisierung und damit auf eine Auseinandersetzung mit der propagandistischen Vergangenheit des Stückes verzichtet. Dies nehme ich zum Anlass, in der vorliegenden Arbeit zu erörtern, wie das Ballett in der Sowjetunion als Propagandainstrument genutzt wurde, wie die Inszenierung von Spartacus zur “Visitenkarte” des sowjetischen Balletts avancierte und weshalb ich die fehlende Kontextualisierung der Münchner Spartacus-Inszenierung als problematisch ansehe. Aus Platzgründen verzichte ich auf eine Darstellung der Kulturpolitik unter W.I. Lenin und beginne mit der Ära Stalin. Außerdem habe ich mich dazu entschieden, das Mariinski-Theater, das zwischen 1935 und 1992 in Kirow-Theater umbenannt worden war, zwecks besserer Verständlichkeit in meinen Ausführungen mit seinem heutigen Namen zu bezeichnen.
Die lange und wechselhafte Geschichte der Sowjetunion wurde in der Vergangenheit bereits ausführlich erörtert, auch die Künste und deren Funktion innerhalb des Staates haben in diesen Analysen eine wichtige Rolle gespielt. Die Bedeutung des Balletts im Speziellen wurde jedoch erst in den vergangenen Jahren von der Wissenschaft aufgegriffen und untersucht, etwa von Christina Ezrahi in ihrem 2012 erschienenen Buch Swans of the Kremlin, das sich mit der Verbindung von “ballet and power” beschäftigt und eindrucksvoll offenlegt, wie wichtig der Tanz für die Aufrechterhaltung des sowjetischen Regimes war.
Inhaltsverzeichnis
- Zur Einführung
- Sowjetisches Ballett in der Ära Stalin
- Drambalet - die Sowjetisierung des Balletts
- Sozialistischer Realismus als kulturelle Norm
- Musik während des sozialistischen Realismus
- Kulturelles "Tauwetter" und Öffnung nach Außen
- Der Bruch mit dem Drambalet
- Sowjetisches Ballett auf Tournee
- Spartacus
- Ein problematischer Entstehungsprozess
- Yuri Grigorovichs Spartacus
- Die Münchner Spartacus-Inszenierung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die propagandistische Bedeutung des Balletts in der Sowjetunion am Beispiel der Spartacus-Inszenierung. Dabei werden die Entwicklungen des sowjetischen Balletts im Kontext der stalinistischen Kulturpolitik sowie der Einfluss von Drambalet und sozialistischem Realismus auf die Gestaltung und Produktion von Tanzstücken beleuchtet.
- Die Rolle des Balletts als Propagandainstrument in der Sowjetunion
- Die Entwicklung des sowjetischen Balletts von der klassischen Form zum Drambalet
- Der Einfluss des sozialistischen Realismus auf die Gestaltung und Produktion von Tanzstücken
- Die Spartacus-Inszenierung als Beispiel für die propagandistische Funktion des Balletts
- Die Bedeutung der fehlenden Kontextualisierung der Münchner Spartacus-Inszenierung
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und beschreibt die historische Entwicklung des Balletts in der Sowjetunion. Es beleuchtet die Verwendung des Balletts als Instrument der Propaganda während der stalinistischen Ära. Kapitel 2 fokussiert auf die Entwicklung des sowjetischen Balletts im Kontext der stalinistischen Kulturpolitik. Die Einführung des Drambalet und des sozialistischen Realismus als kulturelle Norm werden detailliert dargestellt.
In Kapitel 3 werden die Veränderungen des Balletts nach dem Tod Stalins und die Öffnung der Sowjetunion gegenüber dem Westen beleuchtet. Die Kapitel 4 und 5 behandeln die Geschichte der Spartacus-Inszenierung, ihrer Entstehung und Bedeutung für das sowjetische Ballett.
Schlüsselwörter
Sowjetisches Ballett, Propaganda, Drambalet, Sozialistischer Realismus, Spartacus, Kulturpolitik, Yuri Grigorovich, Münchner Staatsballett, Kontextualisierung.
- Quote paper
- Juliane Becker (Author), 2017, Die Bedeutung des Balletts für die Sowjetunion im Hinblick auf die "Spartacus"-Inszenierung am Bayerischen Staatsballett, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/375777