Johann Wolfgang von Goethe ist in ein Jahrhundert hineingeboren worden, das zwar maßgeblich unter dem Einfluss von wissenschaftlichen und geistlichen Fortschritten in Medizin, Astronomie und Philosophie stand, aber gleichzeitig noch immer an den traditionellen gesellschaftlichen Strukturen als von Gott angeordnet verhaftet blieb. Zusammen mit einer Vielzahl von jungen Dichtern (wie Matthias Claudius, Johann Gottfried Herder und natürlich Friedrich Schiller), rebellierte Goethe im Zuge des parallel zur Aufklärung entstehenden Sturm und Drangs gegen die Beschränkungen der Vätergeneration und postulierte dabei die individuelle Freiheit als höchstes Ideal. Als Urbild des freien, aus seinen persönlichen Empfindungen heraus schaffenden Menschen gebraucht er die Figur des Prometheus, die fortan als Prototyp des sogenannten „Originalgenies“ gilt.
Mit dem Übergang zur Klassik wendet sich Goethe allerdings zunehmend von diesem bedingungslosen Emanzipationsgedanken ab und setzt in Abgrenzung zu seinen früheren Werken vermehrt auf Werte wie Humanität, Toleranzbereitschaft, maßvolles Empfinden, Harmoniestreben und Bodenständigkeit. Eines der Werke, die an der Schnittstelle zwischen Sturm und Drang einerseits und Weimarer Klassik andererseits steht, ist das Weltanschauungsgedicht Grenzen der Menschheit aus dem Jahr 1780 (Entstehungszeitpunkt), wo der Fokus vom individuellen Fühlen und Denken des Einzelnen zurück auf das Weltganze verlegt wird.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit diesen beiden unterschiedlichen Sichtweisen auf das Verhältnis von Mensch und Gott und versucht dabei einen Vergleich zwischen den in den Gedichten formulierten Weltbildern. In einem ersten Schritt wird sich die Arbeit also der Hymne Prometheus widmen und dort ins Besondere auf die Rolle des Prometheus sowie auf Stürmisch und Drängische Elemente achten. Im zweiten Teil folgt dann eine Analyse von Grenzen der Menschheit, bei der die veränderte klassische Geisteshaltung im Vordergrund stehen soll. Darauf aufbauend werden im dritten Teil dann Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Gedichte diskutiert, ehe die Arbeit in einer letzten Zusammenfassung zu einem Fazit über das innere Verhältnis, das diese Gedichte zueinander haben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Prometheus
- Eine verkehrte Hymne
- Die Rolle des Prometheus
- Stürmisch und Drängische Elemente
- Grenzen der Menschheit
- Das Verhältnis von Gott und Mensch
- Das Weltbild
- Vergleich
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die unterschiedlichen Perspektiven auf das Verhältnis zwischen Mensch und Gott in Goethes Gedichten „Prometheus“ und „Grenzen der Menschheit“. Sie analysiert, wie sich Goethes Sichtweise auf diese Thematik im Laufe seiner Entwicklung vom Sturm und Drang zur Weimarer Klassik verändert hat.
- Die Rolle des Prometheus als Symbol der individuellen Freiheit und Selbstbestimmung
- Der Einfluss des christlichen Weltbildes auf die Zeit Goethes
- Die Kritik am traditionellen Götterbild und die Heraushebung der menschlichen Eigenständigkeit
- Die Veränderung von Goethes Weltbild und die Hinwendung zu Humanität und Harmonie in „Grenzen der Menschheit“
- Der Vergleich zwischen den beiden Gedichten und ihre Bedeutung für Goethes Entwicklung als Dichter
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung
Die Einleitung stellt den historischen Kontext von Goethes Werk vor und beleuchtet die „Lehre von der Eitelkeit der Welt“, die im Barock vorherrschte. Sie beschreibt die Beeinflussung des Weltbildes durch den christlichen Glauben trotz wissenschaftlicher Fortschritte. Goethes Rebellion gegen die Beschränkungen der Vätergeneration im Sturm und Drang und die Hervorhebung der individuellen Freiheit werden vorgestellt. Der Wandel von Goethes Sichtweise zur Weimarer Klassik und die Bedeutung des Gedichts „Grenzen der Menschheit“ werden beleuchtet.
2. Prometheus
Das zweite Kapitel widmet sich der Analyse von Goethes „Prometheus“. Die traditionelle Hymnenform wird beschrieben und die Umdeutung zu einer „verkehrten Hymne“ mit einem radikalen Ausstieg aus der klassischen Gebetform analysiert. Die Kritik des lyrischen Ichs am Verhalten der Götter und die fehlende Empfindungskraft der Götter werden im Detail betrachtet. Der „parasitäre Charakter“ der Götter und ihre Abhängigkeit von den Menschen wird hervorgehoben.
3. Grenzen der Menschheit
Im dritten Kapitel wird das Weltanschauungsgedicht „Grenzen der Menschheit“ untersucht. Der Schwerpunkt liegt auf der veränderten klassischen Geisteshaltung, die sich von der individuellen Freiheit abwendet und Werte wie Humanität und Toleranz in den Vordergrund stellt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themenbereiche Mensch-Gott-Verhältnis, Sturm und Drang, Weimarer Klassik, Hymne, Freiheit, Selbstbestimmung, Religion, Christentum, Götterbild, Empfindung, Humanität, Toleranz, Weltbild, klassische Geisteshaltung.
- Quote paper
- Ann-Kathrin Latter (Author), 2017, Das Verhältnis von Mensch und Gott In Goethes "Prometheus" und "Grenzen der Menschheit", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/371148