Angesichts der rapiden Veränderung unserer Gesellschaft kommt im postmodernen Zeitalter eine neue Herausforderung auf uns zu. Wir befinden uns heutzutage in einem Stadium, in dem wir nach der ersten ‚Entzauberung’, die Religion anbetreffend, nun auch mit der zweiten ‚Entzauberung’, nämlich die der Wissenschaft, konfrontiert werden. Letztgenannte versucht, für die veränderte Lebenssituation der Menschheit, bedingt durch die fast ausgeschöpften Erkenntnisse von Wissenschaft und Technik, neue gesellschaftsfähige Konzepte zu finden. Angesichts aktueller gesellschaftlicher Probleme sieht sich so mancher Wissenschaftler mit mangelnder Aktualität und Flexibilität bezüglich von Paradigmen konfrontiert. Die Aufmerksamkeit der Wissenschaftler lenkt sich voller Hoffnung auf einzelne kleinere Theoriekonzepte. Doch dies kann insgesamt zum totalen Zerfall der Paradigmen führen. Durch die Vielfalt verschiedener Theoriekonzepte werden die bisher geltenden Paradigmen, Normen und Werte, welche jede Gesellschaft zu jeder Zeit bisher prägten, in Frage gestellt. Die Lage wird zunehmend konfus und unüberschaubar. Das führt zu Unsicherheit und zwangsweise zu Krisenerfahrungen. Die neostrukturalistische Bewegung propagiert sogar fröhlich das Ende der Vernunft.
Das Zusammenleben von Menschen verschiedenen Ursprungs, verschiedener Nationalitäten und Kulturen ist in unserer postmodernen und postkolonialen Welt längst Alltag geworden. Dies hat zur Folge, dass sich Nationalitäten und Kulturen mischen und es schwieriger wird, sich der eigene n Kultur bewusst zu bleiben. Die Entwicklung wendet sich weg von der nationalen Identität hin zur globalisierten Massengesellschaft, durch die eine ethnische Hybridität entsteht. Wir befinden uns in einem Moment des Übergangs, in welchem sich Raum und Zeit kreuzen und komplexe Konfigurationen von Differenz und Identität, von Vergangenheit und Gegenwart, Innen und Außen, Einbeziehung und Ausgrenzung erzeugen. Paradoxerweise dominiert nun in der postkolonialen Gesellschaft seitens der ehemaligen Kolonialmächte die Frage nach dem Erhalt der kulturellen Identität, während seitens der kolonisierten Völker verstärkt die Suche nach eigener kultureller Identität erfolgt, die von den Kolonialmächten lange Zeit durchsetzt und unterdrückt worden ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Postmoderne als kulturelles Phänomen
- Postkoloniale Situation Lateinamerikas
- Ziel dieser Arbeit
- Definition magisch-realistischer Literatur
- Zersetzung der üblichen Kausalitätslogik durch magische Elemente
- Ambivalente Realitätsbilder
- Magisch realistische Gegenmodelle
- Postmoderne
- Definition
- Philosophische Konzeption der Postmoderne
- Primärmerkmale der literarischen Postmoderne
- Verhältnis von Postmoderne und Postkolonialität
- Verschiedene Interpretationen des Magischen Realismus
- Magischer Realismus als postkolonialer Gegendiskurs
- Zentrum vs. Peripherie: Reversal of the European gaze
- Renarrativierung
- Textresistenz und Inkompetenz des Lesers
- Postmoderne Rezeption: Magischer Realismus als eine (selbst)referentielle Form der Exzentrizität
- Bedeutung von Mythen in magisch-realistischer und postmoderner Literatur
- Mythen als Zugang zum Begreifen einer Kultur
- Funktion von Mythen / literarische Verarbeitung von Mythen
- Dezentrierte Interpretation von Mythen
- Neugestaltung lateinamerikanischer Traditionen des Magischen Realismus
- Zwischen Post-boom und Postmoderne: „La Casa de los Espiritus“ von Isabel Allende
- Magie als Stilmittel vs. Magie als Denkweise
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen lateinamerikanischem magischem Realismus und postmodernen Denkweisen. Es wird analysiert, inwiefern postmoderne Konzepte in magisch-realistischen Texten erkennbar sind und wie diese literarische Gattung interpretiert werden kann. Die Arbeit beleuchtet verschiedene Lesarten des magischen Realismus und seine Bedeutung im postkolonialen Kontext.
- Magischer Realismus als postkolonialer Gegendiskurs
- Die Rolle der Mythen in magisch-realistischer und postmoderner Literatur
- Postmoderne Elemente in der lateinamerikanischen Literatur
- Die Ambivalenz von Realität und Magie im magischen Realismus
- Interpretation und Rezeption des magischen Realismus
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Herausforderungen der postmodernen Gesellschaft, insbesondere die „Entzauberung“ von Religion und Wissenschaft, und die daraus resultierende Unsicherheit und Krisenerfahrung. Sie beleuchtet die postkoloniale Situation Lateinamerikas und den damit verbundenen Prozess der kulturellen Identitätsfindung im Kontext der europäischen Kolonialgeschichte. Die Arbeit skizziert die Zielsetzung: die Untersuchung des postmodernen Gedankenguts in lateinamerikanischen magisch-realistischen Texten.
Definition magisch-realistischer Literatur: Dieses Kapitel definiert den magischen Realismus, wobei die nicht reduzierbare Magie als zentrales Merkmal hervorgehoben wird. Diese Magie unterliegt zwar Naturgesetzen, folgt aber nicht unbedingt den Gesetzen der menschlichen Ratio. Die Arbeit betont die ambivalenten Realitätsbilder, die durch die Verbindung von realistischen Details und magischen Elementen entstehen, und die dadurch entstandene Spannung zwischen vertrauten und unvertrauten Realitäten.
Postmoderne: Dieser Abschnitt behandelt die Definition und die philosophischen Konzeptionen der Postmoderne, sowie deren Primärmerkmale in der Literatur. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis zwischen Postmoderne und Postkolonialität, und wie beide Konzepte in den nachfolgenden Analysen von magisch-realistischen Werken zusammenspielen.
Verschiedene Interpretationen des Magischen Realismus: Dieses Kapitel beleuchtet verschiedene Lesarten des magischen Realismus. Es wird der magische Realismus sowohl als postkolonialer Gegendiskurs, als auch als eine (selbst)referentielle Form der Exzentrizität aus postmoderner Perspektive betrachtet. Die Begriffe "Zentrum vs. Peripherie" und "Renarrativierung" werden im Kontext der postkolonialen Kritik diskutiert.
Bedeutung von Mythen in magisch-realistischer und postmoderner Literatur: Dieses Kapitel untersucht die Funktion und Bedeutung von Mythen in beiden literarischen Strömungen. Es analysiert Mythen als Zugang zum Verständnis einer Kultur und deren literarische Verarbeitung, und die dezentrierte Interpretation von Mythen.
Neugestaltung lateinamerikanischer Traditionen des Magischen Realismus: Dieser Abschnitt behandelt die Entwicklung des magischen Realismus im lateinamerikanischen Kontext, insbesondere die "Neugestaltung" lateinamerikanischer Traditionen. Die Arbeit vergleicht die Verwendung von Magie als Stilmittel und Magie als Denkweise und analysiert diese im Kontext der post-boom Literatur.
Schlüsselwörter
Magischer Realismus, Postmoderne, Postkolonialität, Lateinamerikanische Literatur, Mythen, Identitätsfindung, Realität, Magie, Gegendiskurs, (Selbst-)Referenzialität, Exzentrizität, Interpretation.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Lateinamerikanischer Magischer Realismus und Postmoderne
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese wissenschaftliche Arbeit untersucht das Verhältnis zwischen lateinamerikanischem magischem Realismus und postmodernen Denkweisen. Sie analysiert, inwiefern postmoderne Konzepte in magisch-realistischen Texten erkennbar sind und wie diese literarische Gattung interpretiert werden kann. Ein Schwerpunkt liegt auf der Bedeutung des magischen Realismus im postkolonialen Kontext.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet verschiedene Aspekte, darunter: Magischer Realismus als postkolonialer Gegendiskurs, die Rolle von Mythen in beiden literarischen Strömungen, postmoderne Elemente in der lateinamerikanischen Literatur, die Ambivalenz von Realität und Magie im magischen Realismus, sowie die Interpretation und Rezeption des magischen Realismus. Es wird auch die Neugestaltung lateinamerikanischer Traditionen des Magischen Realismus untersucht.
Wie wird der magische Realismus definiert?
Die Arbeit definiert den magischen Realismus als literarische Gattung, in der nicht-reduzierbare Magie ein zentrales Merkmal ist. Diese Magie unterliegt zwar Naturgesetzen, folgt aber nicht unbedingt den Gesetzen der menschlichen Ratio. Besonders hervorgehoben wird die Ambivalenz der Realitätsbilder, die durch die Verbindung von realistischen Details und magischen Elementen entsteht.
Welche Rolle spielt die Postmoderne?
Die Arbeit behandelt die Definition und philosophischen Konzeptionen der Postmoderne und deren Primärmerkmale in der Literatur. Der Fokus liegt auf dem Verhältnis zwischen Postmoderne und Postkolonialität und wie beide Konzepte in der Analyse magisch-realistischer Werke zusammenspielen. Die postmoderne Rezeption des magischen Realismus als (selbst-)referentielle Form der Exzentrizität wird ebenfalls betrachtet.
Welche Bedeutung haben Mythen?
Die Arbeit untersucht die Funktion und Bedeutung von Mythen in magisch-realistischer und postmoderner Literatur. Mythen werden als Zugang zum Verständnis einer Kultur und deren literarische Verarbeitung analysiert, mit besonderem Augenmerk auf deren dezentrierte Interpretation.
Wie wird der postkoloniale Kontext berücksichtigt?
Der magische Realismus wird als postkolonialer Gegendiskurs verstanden. Konzepte wie "Zentrum vs. Peripherie" und "Renarrativierung" werden im Kontext der postkolonialen Kritik diskutiert, um die kulturelle Identitätsfindung Lateinamerikas im Kontext der europäischen Kolonialgeschichte zu beleuchten.
Welche Werke werden exemplarisch behandelt?
Die Arbeit analysiert exemplarisch „La Casa de los Espiritus“ von Isabel Allende, um die Entwicklung des magischen Realismus im lateinamerikanischen Kontext und die "Neugestaltung" lateinamerikanischer Traditionen zu verdeutlichen. Der Vergleich von Magie als Stilmittel und Magie als Denkweise wird im Kontext der Post-Boom-Literatur diskutiert.
Welche Schlüsselbegriffe werden verwendet?
Schlüsselbegriffe der Arbeit sind: Magischer Realismus, Postmoderne, Postkolonialität, Lateinamerikanische Literatur, Mythen, Identitätsfindung, Realität, Magie, Gegendiskurs, (Selbst-)Referenzialität, Exzentrizität, Interpretation.
- Arbeit zitieren
- Silke Nufer (Autor:in), 2001, Postmoderne Betrachtungsweisen des 'Realismo Magico', München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/35994