Das zentrale Thema dieser Arbeit ist die Analyse der Anonymität in dem Roman Das Parfum von Patrick Süskind. Dieses Buch wurde sofort nach seiner Veröffentlichung 1985 zum Bestseller - und dies, obwohl der öffentlichkeitsscheue Autor bei seinem Verlag zuvor schüchtern angemerkt hatte, es lohne sich gewiss nicht, mehr als 5000 Exemplare davon zu drucken. Inzwischen sind weltweit mehr als 1,5 Millionen Exemplare verkauft und das Buch wurde in ca. 25 Sprachen übersetzt. Neben die hohen Verkaufszahlen traten die Lobeshymnen der Kritiker. Selten hat ein literarisches Werk sowohl bei der breiten Öffentlichkeit als auch bei den Kritikern gleichermaßen An-klang gefunden. Lobend hervorgehoben wurden die Gewandtheit des Erzählens, die intertextuellen Bezüge, der souveräne Umgang mit der litera-rischen Tradition, die satirische Tonlage, die Synthese aus Kriminal-, Bildungs- und Künstlerroman, kritisiert wurden mitunter das Epigonentum und der Eklektizismus. Erstaunlicherweise wurden die subtile und detaillierte Konstruktion der anonymen Hauptfigur, als auch die Anonymität und Beziehungslosigkeit der Nebenfiguren in Das Parfum bisher kaum Gegenstand von Untersuchungen. Literaturwissenschaftliche Arbeiten zu dem von mir gewählten Diskurs der Anonymität liegen nach meiner Kenntnis nicht vor. Dies überrascht umso mehr, als der Roman das komplexe, weitgehend kohärente Bild einer leeren, identitätslosen Persönlichkeit entwirft, die fast von Anfang an durch ihr geruchloses Selbst die Anonymität im Roman impliziert. In mehrfacher kontextueller Ausweitung werden, die gesellschaftlichen, sozialpsychologischen und ästhetischen Implikationen der Identitätslosigkeit und der Anonymität unter der Oberfläche des Erzählens sichtbar, sei es durch das postmoderne Spiel mit dem Bildungsroman, durch die Anlehnung an die Geniedarstellungen des Sturm und Drang oder die Vergleiche des Protago-nisten mit dem Teufel und dem Zeck. In dieser Arbeit werde ich zeigen, dass unter den Masken dieser Leitmotive der wahre, anonyme Charakter des Protagonisten durchscheint und dieser ist ebenso wie der Charakter der Nebenfiguren leer. Unter der Fassade des Künstlers, des Genies, des Teufels und des Zecks bleibt nichts übrig. In Das Parfum wird unter dem Deckmantel der Welt des achtzehnten Jahrhunderts das Bild einer gegenwärtigen, anonymen Welt der Oberflächlichkeiten erzeugt, in der die Simulation der Identität kaum mehr vom Original zu unterscheiden ist. [...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Hinführung zum Thema
- 1.2. Begriffsbestimmung
- 1.3. Vorgehensweise und Forschungsstand
- 2. Biographie und Werk
- 2.1. Biographie
- 2.2. Das Werk
- 2.2.1. Der Kontrabaß
- 2.2.2. Das Parfum
- 2.2.3. Die Taube
- 2.2.4. Die Geschichte von Herrn Sommer
- 2.2.5. Drei Geschichten und eine Betrachtung
- 2.2.6. Drehbücher
- 3. Das Parfum im Kontext der Postmoderne
- 3.1. Was ist Postmoderne?
- 3.2. Charakteristika postmoderner Literatur
- 3.2.1. Vielfachkodierung
- 3.2.2. Pluralismus
- 3.2.3. Gattungsmetemorphose und Intertextualität
- 3.2.4. Das Geschichtsverständnis der Postmoderne
- 3.2.5. Anachronistische Zeitstruktur
- 3.2.6. Die Wirklichkeit als Fiktion
- 3.2.7. Der Tod des Subjekts
- 3.2.8. Die Gesellschaftskritik der Postmoderne
- 4. Formale Interpretation von Das Parfum
- 4.1. Aufbau und Kompositionsstruktur
- 4.1.1. Gliederung des Romans
- 4.1.2. Das Erzähltempo
- 4.1.3. Die Erzählperspektive
- 5. Der Hauptcharakter
- 5.1. Jean-Baptiste Grenouille
- 5.1.1. Entwicklung der zentralen Gestalt
- 5.1.2. Die Kindheit
- 5.1.3. Die Lehrzeit
- 5.1.4. Die Wander- und Selbstfindungsjahre
- 5.1.5. Meisterjahre und Reifezeit
- 5.1.6. Zeit der Selbsterkenntnis und der Selbstzerstörung
- 5.2. Grenouille - Der Teufel
- 5.3. Grenouille - Das Genie
- 5.4. Grenouille - Der Zweck
- 6. Die Nebencharaktere
- 6.1. Grenouilles Mutter
- 6.2. Die Amme Jeanne Bussie
- 6.3. Der Pater Terrier
- 6.4. Madame Galliard
- 6.5. Grimal
- 6.6. Baldini
- 6.7. Der Marquis de la Taillade-Espinasse
- 6.8. Die Witwe Arnulfi und der Geselle Druot
- 6.9. Antoine Richis
- 6.10. Personengruppierungen
- 6.11. Das anonyme Ende der Nebenfiguren
- 7. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Motiv der Anonymität in Patrick Süskinds Roman "Das Parfum". Ziel ist es, die Bedeutung der Anonymität für die Charakterisierung der Figuren, die Darstellung der Gesellschaft und den Gesamtkontext des Romans im Lichte der Postmoderne zu ergründen. Die Arbeit untersucht, wie die Anonymität mit dem Leben und Werk Süskinds sowie mit postmodernen literarischen Konzepten in Verbindung steht.
- Die Darstellung von Anonymität als Identitätslosigkeit
- Die Beziehung zwischen Anonymität und Postmoderne
- Die Rolle der Anonymität in der Charakterisierung von Grenouille und den Nebenfiguren
- Die gesellschaftliche Kritik durch das Motiv der Anonymität
- Der Vergleich zwischen der Anonymität im Roman und dem Leben des Autors
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Anonymität in Patrick Süskinds "Das Parfum" ein. Sie betont den Erfolg des Romans und die bisherige Forschungslücke bezüglich des Motivs der Anonymität. Die Arbeit skizziert die Vorgehensweise, die Definition von Anonymität als Identitätslosigkeit und den Bezug zur postmodernen Literatur. Es wird die These aufgestellt, dass die Anonymität im Roman eine Kritik an einer oberflächlichen, identitätslosen Gesellschaft darstellt.
2. Biographie und Werk: Dieses Kapitel skizziert die Biographie Patrick Süskinds und stellt seine wichtigsten Werke vor, um Parallelen zur Thematik der Anonymität im "Parfum" aufzuzeigen. Es wird auf den autobiographischen Charakter von Süskinds Werken eingegangen und die Gemeinsamkeiten zwischen dem Leben des Autors und den von ihm dargestellten Charakteren im Hinblick auf ihre introvertierte und zurückgezogene Art beleuchtet. Dieser Abschnitt veranschaulicht den Kontext, in dem "Das Parfum" entsteht und seine zentralen Themen prägt.
3. Das Parfum im Kontext der Postmoderne: Dieses Kapitel definiert den Begriff der Postmoderne und untersucht, wie die Charakteristika postmoderner Literatur im "Parfum" zum Ausdruck kommen. Es analysiert Elemente wie Vielfachkodierung, Pluralismus, Gattungsmetemorphose, das Geschichtsverständnis und die Darstellung der Wirklichkeit als Fiktion, um den postmodernen Kontext des Romans zu beleuchten und den Einfluss dieser Strömung auf die Darstellung der Anonymität aufzuzeigen.
4. Formale Interpretation von Das Parfum: Der vierte Abschnitt widmet sich einer formalen Analyse des Romans. Er untersucht, wie Aufbau, Kompositionsstruktur, Erzähltempo und Erzählperspektive das Motiv der Anonymität unterstützen und verstärken. Dies beinhaltet eine genaue Betrachtung der narrativen Strategien und deren Wirkung auf die Leserezeption und das Verständnis des zentralen Themas.
5. Der Hauptcharakter: Dieses Kapitel analysiert die Entwicklung des Protagonisten Jean-Baptiste Grenouille. Es untersucht, wie sich seine Anonymität in verschiedenen Lebensphasen – Kindheit, Lehrzeit, Wanderjahre, Meisterjahre und die Zeit der Selbsterkenntnis – manifestiert und entwickelt. Grenouille wird dabei unter verschiedenen Aspekten beleuchtet (Teufel, Genie, Zweck), um seine komplexe und vielschichtige Persönlichkeit zu ergründen.
6. Die Nebencharaktere: Der Fokus liegt hier auf den Nebenfiguren und deren Rolle im Kontext der Anonymität. Das Kapitel beschreibt die einzelnen Charaktere und beleuchtet, wie ihre Anonymität und Beziehungslosigkeit das Gesamtbild der Gesellschaft im Roman prägen. Die Analyse beleuchtet den Kontrast zwischen dem außergewöhnlichen Grenouille und den unbedeutenden, namenlosen Nebenfiguren.
Schlüsselwörter
Anonymität, Identitätslosigkeit, Postmoderne, Patrick Süskind, Das Parfum, Jean-Baptiste Grenouille, Gesellschaftskritik, Bildungsroman, Geniedarstellung, Geruch, Simulation, Oberflächlichkeit.
Häufig gestellte Fragen zu "Das Parfum" - Analyse der Anonymität
Was ist der Gegenstand dieser wissenschaftlichen Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das Motiv der Anonymität in Patrick Süskinds Roman "Das Parfum". Sie untersucht die Bedeutung der Anonymität für die Charakterisierung der Figuren, die Darstellung der Gesellschaft und den Gesamtkontext des Romans im Lichte der Postmoderne.
Welche Ziele verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, die Bedeutung der Anonymität für die Charakterisierung der Figuren, die Darstellung der Gesellschaft und den Gesamtkontext des Romans im Lichte der Postmoderne zu ergründen. Es wird untersucht, wie die Anonymität mit dem Leben und Werk Süskinds sowie mit postmodernen literarischen Konzepten in Verbindung steht.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit befasst sich mit der Darstellung von Anonymität als Identitätslosigkeit, der Beziehung zwischen Anonymität und Postmoderne, der Rolle der Anonymität in der Charakterisierung von Grenouille und den Nebenfiguren, der gesellschaftlichen Kritik durch das Motiv der Anonymität und dem Vergleich zwischen der Anonymität im Roman und dem Leben des Autors.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem Kapitel?
Die Arbeit umfasst sieben Kapitel: Kapitel 1 (Einleitung) führt in die Thematik ein; Kapitel 2 (Biographie und Werk) skizziert Süskinds Leben und Werk; Kapitel 3 ("Das Parfum" im Kontext der Postmoderne) untersucht den postmodernen Kontext; Kapitel 4 (Formale Interpretation) analysiert den Aufbau des Romans; Kapitel 5 (Der Hauptcharakter) analysiert Grenouille; Kapitel 6 (Die Nebencharaktere) analysiert die Nebenfiguren; Kapitel 7 (Resümee) fasst die Ergebnisse zusammen.
Wie wird Grenouille in der Arbeit charakterisiert?
Grenouille wird unter verschiedenen Aspekten beleuchtet (Teufel, Genie, Zweck), um seine komplexe und vielschichtige Persönlichkeit zu ergründen. Seine Anonymität wird in verschiedenen Lebensphasen untersucht.
Welche Rolle spielen die Nebenfiguren im Kontext der Anonymität?
Die Nebenfiguren und ihre Anonymität und Beziehungslosigkeit prägen das Gesamtbild der Gesellschaft im Roman. Der Kontrast zwischen dem außergewöhnlichen Grenouille und den unbedeutenden, namenlosen Nebenfiguren wird analysiert.
Wie wird die Postmoderne in Bezug auf den Roman "Das Parfum" behandelt?
Die Arbeit definiert den Begriff der Postmoderne und untersucht, wie die Charakteristika postmoderner Literatur (Vielfachkodierung, Pluralismus, Gattungsmetemorphose etc.) im "Parfum" zum Ausdruck kommen und die Darstellung der Anonymität beeinflussen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Anonymität, Identitätslosigkeit, Postmoderne, Patrick Süskind, Das Parfum, Jean-Baptiste Grenouille, Gesellschaftskritik, Bildungsroman, Geniedarstellung, Geruch, Simulation, Oberflächlichkeit.
- Arbeit zitieren
- Anette Biele (Autor:in), 2004, Die Anonymität im Roman: Das Parfum von Patrick Süskind, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/35793