Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) veröffentlichte im Herbst 2001 den neuen Prüfungsstandard „IDW PS 900: Grundsätze für die prüferische Durchsicht von Abschlüssen“. Ursächlich waren zum einen internationale Tendenzen vornehmlich in den USA und Großbritannien und andererseits gesteigerte Anforderungen des Aktienhandels in Deutschland, nicht nur Jahresabschlüsse von Unternehmen fachlich prüfen zu lassen, sondern auch Zwischenabschlüsse und andere veröffentlichte Mitteilungen einer Prüfung zu unterziehen. IDW PS 900 enthält sowohl Grundsätze zur beruflichen Verantwortung des Wirtschaftsprüfers bei der Durchführung einer prüferischen Durchsicht als auch Angaben zu Form und Inhalt der zu erstellenden abschließenden Bescheinigung als Ergebnis der prüferischen Durchsicht.
Durch diese neue nationale Regelung entfällt nunmehr die Notwendigkeit des vorher praktizierten Rückgriffs auf Standards außerhalb des deutschen Rechtskreises wie die United States Generally Accepted Auditing Standards (US GAAS) oder die International Standards on Auditing (ISA).
Aufbau und Inhalt des IDW PS 900 stellen eine direkte Umsetzung des internationalen Konzepts der prüferischen Durchsicht nach ISA 910 und damit nach US GAAS dar. Dies ist das Ergebnis einer Entwicklung mit dem Ziel, die Aussagefähigkeit der traditionellen Finanzberichterstattung der Unternehmen zu erhöhen und die Grundsätze für Prüfungen in Deutschland an internationale Standards anzupassen. Der international gebräuchliche Begriff Review wird daher in Deutschland als Synonym für die prüferische Durchsicht verwendet.
Von Wichtigkeit ist bei der Betrachtung des Instruments der prüferischen Durchsicht die strenge Abgrenzung zu der ebenfalls von Wirtschaftsprüfern durchzuführenden Abschlussprüfung gemäß §§ 316 ff. HGB. Zwar ist die prüferische Durchsicht ebenfalls als eine betriebswirtschaftliche Prüfung im Sinne von § 2 Abs. 1 WPO zu verstehen, sie stellt jedoch „keine, auch keine in ihrem Umfang reduzierte Abschlussprüfung“ dar. Schon der Wortlaut gibt Hinweise „auf einen andersartigen Prüfungsansatz und die grundsätzlich verschiedenen Kategorien von Prüfungsurteilen.“ Es handelt sich hier somit um eine andere Art der Prüfung, die in vielen Aspekten von den bei einer Jahresabschlussprüfung gegebenen Umständen und Anforderungen abweicht. So ist die Auswahl an zu verfügbaren Prüfungsinstrumenten stark beschränkt und das abschließende Urteil weicht in seinem Aufbau von dem der Abschlussprüfung ab.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Gang der Untersuchung
- Die prüferische Durchsicht in der Prüfungstheorie
- Die Bedeutung der Prüfungstheorie für die Praxis
- Prüferische Durchsicht und Prüfungstheorie
- Die Agency-Theorie
- Charakterisierung der Agency-Theorie
- Prüferische Durchsicht und Agency-Theorie
- Problemstellung
- Lösungsansätze
- Zwischenergebnis
- Die Spieltheorie
- Charakterisierung der Spieltheorie
- Spieltheorie und prüferische Durchsicht
- Die prüferische Durchsicht aus internationaler Sicht
- Überblick
- Internationale Standardsetter als Einflussgrößen
- Überblick
- Harmonisierung der Rechnungslegungsstandards
- Harmonisierung der Prüfungsstandards
- Die IFAC
- AICPA und SEC
- Die prüferische Durchsicht in den USA und Großbritannien
- US GAAS
- UK GAAS
- Die prüferische Durchsicht in den ISA
- IDW PS 900 als Ergebnis internationalen Einflusses
- Die prüferische Durchsicht in Deutschland
- Einordnung und Entwicklung
- Gegenstand einer prüferischen Durchsicht
- Prüfungspflichtige Abschlüsse
- Nicht prüfungspflichtige Unternehmensmitteilungen
- Nicht prüfungspflichtige Jahresabschlüsse
- Zwischenabschlüsse
- Pro-Forma Angaben
- Weitere Unternehmensverlautbarungen
- Die Adressaten einer prüferischen Durchsicht
- Der zeitliche Rahmen
- Beauftragung zur prüferischen Durchsicht
- Der Prüfer
- Prüfungstiefe
- Prüfungsergebnis
- Der Grad an Sicherheit des gewonnenen Prüfungsurteils
- Prüfungsplanung
- Prüfungsmaßnahmen
- Berichterstattung
- Das Berichtsmedium
- Einschränkung und Versagung der Bescheinigung
- Interne Qualitätssicherung und Peer Review
- Abweichungen zwischen IDW PS 900 und ISA 910
- Problemfelder der prüferischen Durchsicht
- Berichtsmedium und Erwartungslücke
- Definition des Begriffs der Erwartungslücke
- Die Erwartungslücke als Problem der prüferischen Durchsicht
- Lösungsansätze
- Überblick
- Verschärfung des Peer Review
- Einführung einer Enforcement-Institution
- Modifikation des Prüfungsurteils
- Initiativen der Gesetzgeber
- Sarbanes-Oxley Act
- Corporate Governance Kodex und weitere Maßnahmen
- Zwischenergebnis
- Fehlende gesetzliche Regelung
- Das Prüfungsrecht in Deutschland
- Anforderungen an eine gesetzliche Regelung zur prüferischen Durchsicht
- Zwischenergebnis
- Pflicht zur prüferischen Durchsicht jeder Unternehmensmitteilung?
- Nutzenzuwachs vs. Kosten
- Prüfung von Ad-hoc Mitteilungen
- Prüfung von Zwischenberichten
- Haftung des Prüfers
- Die Durchführung einer prüferischen Durchsicht in der Praxis
- Grundlagen
- Analytische Prüfungshandlungen
- Durchführung von Befragungen
- Beispielhandlungen
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert das Instrument der prüferischen Durchsicht aus internationaler und nationaler Sicht. Ziel ist es, die Bedeutung der prüferischen Durchsicht in der heutigen Zeit zu beleuchten und die Herausforderungen und Problemfelder, die mit diesem Instrument verbunden sind, zu diskutieren.
- Die Bedeutung der Prüfungstheorie für die prüferische Durchsicht
- Die Rolle internationaler Standardsetter und die Harmonisierung der Prüfungsstandards
- Die Entwicklung und Anwendung der prüferischen Durchsicht in Deutschland
- Die Herausforderungen, die mit dem Berichtsmedium und der Erwartungslücke verbunden sind
- Die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung für die prüferische Durchsicht
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung
Die Einleitung stellt die Problemstellung der Arbeit dar und gibt einen Überblick über den Gang der Untersuchung.
- Kapitel 2: Die prüferische Durchsicht in der Prüfungstheorie
Dieses Kapitel erläutert die Bedeutung der Prüfungstheorie für die Praxis und beleuchtet die Rolle der prüferischen Durchsicht in diesem Kontext. Es werden die Agency-Theorie und die Spieltheorie als wichtige theoretische Rahmenbedingungen für die prüferische Durchsicht vorgestellt.
- Kapitel 3: Die prüferische Durchsicht aus internationaler Sicht
Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die internationale Entwicklung der prüferischen Durchsicht. Es analysiert die Rolle internationaler Standardsetter und deren Einfluss auf die Harmonisierung der Prüfungsstandards.
- Kapitel 4: Die prüferische Durchsicht in Deutschland
Dieses Kapitel befasst sich mit der Einordnung und Entwicklung der prüferischen Durchsicht in Deutschland. Es erläutert den Gegenstand einer prüferischen Durchsicht, die Adressaten, den zeitlichen Rahmen und die verschiedenen Phasen des Prüfungsvorgangs.
- Kapitel 5: Problemfelder der prüferischen Durchsicht
Dieses Kapitel untersucht die Problemfelder, die mit der prüferischen Durchsicht verbunden sind, insbesondere die Erwartungslücke und die fehlende gesetzliche Regelung. Es werden verschiedene Lösungsansätze diskutiert.
- Kapitel 6: Die Durchführung einer prüferischen Durchsicht in der Praxis
Dieses Kapitel erläutert die praktischen Aspekte der Durchführung einer prüferischen Durchsicht, beispielsweise die Anwendung analytischer Prüfungshandlungen und die Durchführung von Befragungen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen der prüferischen Durchsicht, darunter Prüfungstheorie, Agency-Theorie, Spieltheorie, internationale und nationale Prüfungsstandards, Erwartungslücke, gesetzliche Regelung und praktische Durchführung. Wichtige Begriffe sind: Prüfungstiefe, Prüfungsurteil, Berichtsmedium, interne Qualitätssicherung, Peer Review, Ad-hoc Mitteilungen, Zwischenberichte, Haftung des Prüfers.
- Arbeit zitieren
- Arne Facilides (Autor:in), 2004, Analyse des Instruments der prüferischen Durchsicht aus internationaler und nationaler Sicht, München, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/34172