"Wer Steuern hinterzieht, der handelt unrecht. Wer sich besinnt, dem wird verziehen“. Nach dieser Maxime wird seit jeher die strafbefreiende Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung in Deutschland durchgeführt. Die Selbstanzeige hat sich seit ihrer Einführung im Jahr 1919 durch die Reichsabgabenordnung als Ausnahmemöglichkeit für den Steuerhinterzieher bewährt, sein steuerliches Fehlverhalten zu berichtigen und straffrei zur Steuerehrlichkeit zurückzukehren.
Durch den Ankauf von sogenannten „Steuerdaten-CDs“ wurde eine neue politische Debatte über das Bestehen der Selbstanzeigemöglichkeit in Deutschland entfacht, die zuletzt durch die mediale Präsenz des Strafprozesses wegen Steuerhinterziehung im Fall Hoeneß ihren Höhepunkt gefunden hat. Daraufhin wurde regelrecht eine Flut strafbefreiender Selbstanzeigen ausgelöst. Allein im ersten Quartal 2014 wurden bei der Finanzverwaltung mehr als 13.000 eingegangene Selbstanzeigen gezählt, gleich dreimal so viele wie im Vorjahr.
Seitdem ist sowohl im Bereich der Politik als auch in den Reihen der Gesellschaft eine Kontroverse über die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Selbstanzeigeprivilegs entstanden. Sogar das generelle Bestehen des Rechtsinstituts der Selbstanzeige wurde in Frage gestellt. Mit der Novellierung der strafbefreienden Selbstanzeige durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung, welches mit Wirkung zum 1. Jan. 2015 in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber erneut eine weitere Verschärfung der Selbstanzeigeregelung vorgenommen und die seinerzeit mit dem Schwarzgeldbekämpfungsgesetz eingeschlagene Richtung, die Hürden an eine wirksame Selbstanzeige zu verschärfen, weiter verfolgt.
Zur Würdigung der bestehenden Diskussion, soll im Folgenden zunächst eine nähere Betrachtung des Rechtsinstituts der Selbstanzeige und deren Hintergründe erfolgen, um anschließend darauf basierend die einzelnen Neuregelungen bewertend darzustellen und in der Gesamtschau das Bestehen des Selbstanzeigeinstituts zu beurteilen.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht
- I. Begriff
- II. Sinn und Zweck
- III. Rechtsnatur und Aufbau des § 371 AO
- IV. Strafrechtssystematische Einordnung
- V. Generelle Würdigung des Selbstanzeigeinstituts
- 1. Verfassungsmäßige Ungleichbehandlung
- 2. Anhaltende Diskussion
- 3. Hypothetische Folgen einer Abschaffung
- C. Die Novellierung der Selbstanzeige zum 1.1.2015
- I. Entstehung
- II. Neuregelungen im Einzelnen
- 1. Änderung der positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen
- a) Erweiterung des Berichtigungszeitraums
- b) Hinterziehungs- und Nachzahlungszinsen
- 2. Verschärfung und Erweiterung der Sperrgründe
- a) Neue Sperrgründe
- aa) Erscheinen eines Amtsträgers zur USt- und LSt-Nachschau
- bb) Besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung
- b) Verschärfung bestehender Sperrgründe
- aa) Bekanntgabe der Prüfungsanordnung, § 371 II Nr. 1a
- bb) Bekanntgabe der Einleitung des Strafverfahrens, § 371 II Nr. 1b
- a) Neue Sperrgründe
- 3. Reduzierung der Betragsgrenze in § 371 II Nr. 3 AO und gestaffelte Erhöhung der Strafzuschläge nach § 398a AO
- 4. Wiedereinführung der Teilselbstanzeige bei Steueranmeldungen
- 5. Anlaufhemmung für Kapitalerträge, § 170 VI AO
- 1. Änderung der positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen
- III. Beurteilung der Neuregelung
- D. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung gemäß § 371 AO und ihrer Neuregelung zum 1. Januar 2015. Ziel ist eine kritische Würdigung des Instituts der Selbstanzeige vor und nach der Novellierung. Dabei werden die rechtlichen Grundlagen, die Sinnhaftigkeit und die Auswirkungen der Änderungen analysiert.
- Rechtsgrundlagen und -natur der Selbstanzeige (§ 371 AO)
- Sinn und Zweck der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht
- Auswirkungen der Novellierung zum 1.1.2015 auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen
- Bewertung der neuen Sperrgründe und deren Auswirkungen
- Gesamtbeurteilung der Neuregelung und deren Konsequenzen
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einführung: Dieses einleitende Kapitel dient der Vorstellung des Themas und der Forschungsfrage. Es skizziert den Kontext der Arbeit und die Bedeutung der Selbstanzeige im Steuerstrafrecht. Die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Institut der Selbstanzeige und seiner jüngsten Reform wird herausgestellt, um die nachfolgenden Kapitel zu kontextualisieren und den Leser auf die zentralen Fragestellungen einzustimmen. Die methodische Vorgehensweise wird kurz umrissen, um die Struktur und den Ablauf der folgenden Analysen transparent darzustellen.
B. Die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht: Dieses Kapitel beleuchtet das Institut der Selbstanzeige vor der Novellierung von 2015. Es definiert den Begriff der Selbstanzeige, untersucht ihren Sinn und Zweck im Steuerstrafrecht und analysiert die rechtliche Natur und den Aufbau des § 371 AO. Die strafrechtssystematische Einordnung wird diskutiert, und es folgt eine umfassende Würdigung des Instituts, inklusive einer Auseinandersetzung mit verfassungsrechtlichen Aspekten, der anhaltenden Debatte um seine Wirksamkeit und den hypothetischen Folgen einer Abschaffung. Hier werden verschiedene Argumente für und gegen das Institut detailliert betrachtet und gegeneinander abgewogen.
C. Die Novellierung der Selbstanzeige zum 1.1.2015: Dieser zentrale Teil der Arbeit behandelt die Änderungen der Selbstanzeige zum 1. Januar 2015. Die Entstehung der Novelle wird nachvollzogen, und die einzelnen Neuregelungen werden detailliert analysiert. Dies beinhaltet die Änderungen der positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen (Erweiterung des Berichtigungszeitraums, Hinterziehungs- und Nachzahlungszinsen), die Verschärfung und Erweiterung der Sperrgründe (einschließlich neuer Sperrgründe wie das Erscheinen eines Amtsträgers zur Steuernachschau und der Verschärfung bestehender Sperrgründe), die Reduzierung der Betragsgrenze, die Wiedereinführung der Teilselbstanzeige und die Anlaufhemmung für Kapitalerträge. Für jede dieser Änderungen wird die rechtliche Grundlage und ihre praktische Relevanz erläutert.
Schlüsselwörter
Selbstanzeige, Steuerhinterziehung, § 371 AO, Steuerstrafrecht, Novellierung, Wirksamkeitsvoraussetzungen, Sperrgründe, Steuernachschau, Strafzuschläge, Rechtsnatur, Verfassungsmäßigkeit, Steuerrecht, Wirtschaftsstrafrecht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Selbstanzeige im Steuerstrafrecht
Was ist der Gegenstand dieses Dokuments?
Dieses Dokument ist eine umfassende Übersicht über die Selbstanzeige im deutschen Steuerstrafrecht, insbesondere die Neuregelung zum 1. Januar 2015. Es beinhaltet ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Kapitelzusammenfassungen und Schlüsselwörter.
Was sind die zentralen Themen des Dokuments?
Die zentralen Themen sind die rechtlichen Grundlagen der Selbstanzeige (§ 371 AO), ihr Sinn und Zweck, die Auswirkungen der Novellierung zum 1.1.2015 auf die Wirksamkeitsvoraussetzungen und Sperrgründe, sowie eine Gesamtbeurteilung der Neuregelung und deren Konsequenzen. Es wird eine kritische Würdigung des Instituts der Selbstanzeige vor und nach der Novellierung vorgenommen.
Welche Aspekte der Selbstanzeige werden im Detail behandelt?
Das Dokument behandelt detailliert den Begriff und die Rechtsnatur der Selbstanzeige, ihren Sinn und Zweck im Steuerstrafrecht, die strafrechtssystematische Einordnung, verfassungsrechtliche Aspekte, die anhaltende Debatte um ihre Wirksamkeit und hypothetische Folgen einer Abschaffung. Die Novellierung von 2015 wird umfassend analysiert, einschließlich der Änderungen der positiven Wirksamkeitsvoraussetzungen (Berichtigungszeitraum, Zinsen), der Verschärfung und Erweiterung der Sperrgründe (z.B. Steuernachschau, besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung), der Betragsgrenze, der Teilselbstanzeige und der Anlaufhemmung für Kapitalerträge.
Welche Kapitel umfasst das Dokument?
Das Dokument gliedert sich in folgende Kapitel: A. Einführung, B. Die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht, C. Die Novellierung der Selbstanzeige zum 1.1.2015 und D. Fazit und Ausblick. Kapitel B beleuchtet die Selbstanzeige vor der Novellierung, Kapitel C die Änderungen durch die Novelle, und Kapitel A und D bieten Einleitung und Schlussfolgerungen.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Selbstanzeige, Steuerhinterziehung, § 371 AO, Steuerstrafrecht, Novellierung, Wirksamkeitsvoraussetzungen, Sperrgründe, Steuernachschau, Strafzuschläge, Rechtsnatur, Verfassungsmäßigkeit, Steuerrecht, Wirtschaftsstrafrecht.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist eine kritische Würdigung des Instituts der Selbstanzeige vor und nach der Novellierung von 2015. Es soll die rechtlichen Grundlagen, die Sinnhaftigkeit und die Auswirkungen der Änderungen analysiert werden.
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- Benedikt Hausscheidt (Author), 2015, Eine kritische Würdigung der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung (§ 371 AO), Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/340942