Mit seinen „Forschungen eines Hundes“ schreibt sich Kafka in eine Jahrtausende alte literarische Tradition sprechender Hunde ein, die ebensowenig wie Kafkas Erzählung der Gattung der Fabel zuzurechnen ist. Die Motivgeschichte wird in der vorliegenden Arbeit skizziert, um einen Einblick in das Sujet zu ermöglichen. Zahlreiche Übereinstimmungen in Inhalt und Formulierungen zwischen den „Forschungen eines Hundes“ und E.T.A. Hoffmanns Rezeption der Cervantinischen Novelle „El Collo-quio de los Perros“ unter dem Titel „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“ weisen darauf hin, dass Kafka das Motiv des sprechenden Hundes“ von E.T.A. Hoffmann übernommen hat. Um diese These zu belegen, werden die intertextuellen Bezüge zwischen den Texten von E.T.A. Hoffmann und Kafka herausgearbeitet. Bei aller Übereinstimmung sind es aber schließlich die signifikanten Unterschiede zu der Hoffmannschen Erzählung, die die Darstellung der Kafkaschen Hundewelt prägen. So wird in dieser Arbeit analysiert, wie die programmatische Unentschiedenheit zwischen Distanz und Nähe die komplexe universelle Weltsicht der Erzählung repräsentiert. Die Machtinstanz, die der Forscherhund als äußeren Zwang wahrnimmt, aber nicht deuten kann, ist der Mensch. Das Prinzip der hündischen Nähe (Abhängigkeit) und gleichzeitigen Ferne (fehlende Wahrnehmung) zum Menschen setzt sich bei Kafka sprachlich und inhaltlich fort, was der Schwerpunkt dieser Arbeit, die Textanalyse der „Forschungen eines Hundes“ zeigen wird.
Inhaltsverzeichnis
- Danksagung
- 1. Einleitung
- 2. Das Motiv der sprechenden Hunde
- 2.1 Platons,,Politeia“
- 2.2 Lukians,,Totengespräche“
- 2.3 Das „Cymbalum Mundi“
- 2.4 Cervantes „El Colloquio de los Perros“
- 2.5 E.T.A. Hoffmann: „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“
- 3. Die „,Forschungen eines Hundes“ als Fabel?
- 4. Kafka und E.T.A. Hoffmann
- 4.1 „Forschungen eines Hundes“ und die „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“
- 4.2 Zusammenfassung
- 4.3 Unterschiede
- 5. Der fehlende Mensch
- 5.1 Die These Winkelmans’
- 5.2 Die Musikerhunde
- 5.3 Die Lufthunde
- 5.4 Die Quelle der Nahrung
- 5.5 Der Jägerhund
- 5.6 Die Fragen des Forscherhundes
- 5.7 Zusammenfassung
- 6. Exkurs: Hunde in den Texten Kafkas
- 7. Interpretation
- 7.1 Isolation und Kommunikation
- 7.1.1 Zwischen Fragen und Schweigen
- 7.1.2 Isolation im Erzählen – zwischen Distanz und Nähe
- 7.1.2.1 Das Hungerexperiment
- 7.1.3 Fokalisierung - Erzählen aus dem Off
- 7.1.3.1 Autor – Leser
- 7.1.3.2 Figuren und Erzähler
- 7.2 Natur, Gesetz und Wissenschaft
- 7.2.1 Wider die Natur: Die Musikerhunde
- 7.2.2 Die Wissenschaft von der Nahrung
- 7.2.3 Zwischen Natur und Zwang: Der Jägerhund
- 7.3 Erkenntnis oder Resignation?
- 7.4 Schuld am Hundeleben
- 7.1 Isolation und Kommunikation
- 8. Schluss
- 9. Bibliographie
- Erklärung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Franz Kafkas „Forschungen eines Hundes“ im Hinblick auf die literarische Tradition sprechender Hunde. Sie beleuchtet die Einbettung der Erzählung in die Motivgeschichte und untersucht die intertextuellen Bezüge zu E.T.A. Hoffmanns „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“. Dabei geht es um die Erforschung der Beziehung zwischen Distanz und Nähe, die sich sowohl sprachlich als auch inhaltlich in der Erzählung manifestiert.
- Das Motiv des sprechenden Hundes in der Literaturgeschichte
- Die intertextuellen Bezüge zwischen Kafkas „Forschungen eines Hundes“ und E.T.A. Hoffmanns „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“
- Die Darstellung der hündischen Nähe (Abhängigkeit) und gleichzeitigen Ferne (fehlende Wahrnehmung) zum Menschen
- Die Rolle des fehlenden Menschen in der Erzählung
- Die Themen Isolation und Kommunikation in Kafkas Text
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Erzählung „Forschungen eines Hundes“ ein und beleuchtet deren Entstehungszeit und die Rezeption in der Forschung. Kapitel 2 untersucht die literarische Tradition sprechender Hunde, beginnend bei Platons „Politeia“ und endend bei E.T.A. Hoffmanns „Nachricht von den neusten Schicksalen des Hundes Berganza“. Kapitel 3 stellt die Frage, ob Kafkas „Forschungen eines Hundes“ als Fabel zu betrachten sind. Kapitel 4 untersucht die intertextuellen Bezüge zwischen Kafkas und E.T.A. Hoffmanns Texten, wobei sowohl Übereinstimmungen als auch Unterschiede herausgearbeitet werden. Kapitel 5 analysiert die Rolle des fehlenden Menschen in der Erzählung und beleuchtet die verschiedenen Kategorien von Hunden: die Musikerhunde, die Lufthunde, die Quelle der Nahrung und der Jägerhund.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen sprechender Hunde, Intertextualität, Franz Kafka, E.T.A. Hoffmann, Distanz und Nähe, Isolation und Kommunikation, fehlender Mensch, hündische Perspektive, Motivgeschichte, Erzählperspektive, Weltanschauung.
- Quote paper
- Patrick Körber (Author), 2004, Franz Kafkas "Forschungen eines Hundes" - Eine motivgeschichtliche Untersuchung, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/33820