In der Presse und anderen Medien wird häufig der Verfall von Werten und Normen beklagt. Das Fehlen von gemeinsamen Normen und Wertvorstellungen liefert dabei eine Erklärungsmöglichkeit für abweichendes bzw. kriminelles Verhalten, welche besonders im Zusammenhang mit Jugendlichen (die im Allgemeinen unter einem kritischeren Auge stehen) in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Die Soziologie kennt für dieses gesellschaftliche Phänomen den Begriff der Anomie, welcher erstmals bei Emile Durkheim auftritt und den man „vorläufig als Regellosigkeit oder Normlosigkeit fassen kann“ (Lamnek 2001, S.108). Der amerikanische Soziologe Robert K. Merton hat seine Anomietheorie 1938 im Kapitel „Sozialstruktur und Anomie“ seiner Aufsatzsammlung „Social Theory and Social Strukture“ veröffentlicht. Da diese Theorie breit rezipiert und diskutiert wurde, folgten weitere modifizierte Ausgaben in den Jahren 1957 und 1968. Die vorliegende Arbeit stützt sich vornehmlich auf die Edition von 1957. Merton nimmt in der Traditionslinie der Anomietheorie, welche bei Durkheim beginnt und in zahlreichen Nachfolgern und Kritikern wie Cloward, Opp (u.a.) noch viele Modifikationen erfährt, eine zentrale Stellung ein. Zielsetzung dieser Arbeit ist es nun zu klären, was Merton unter Anomie versteht, welche ja zunächst vereinfacht als „Normlosigkeit“ aufgefasst werden kann (vgl. oben), wenn er gleichzeitig behauptet: „In keiner Gesellschaft fehlen Normen, die das Verhalten regeln“ (Merton 1968, S.289). In einem ersten Schritt soll daher seine Theorie abweichenden Verhaltens dargestellt werden. Sodann folgt eine kritische Würdigung seiner Theorie. Abschließend wird untersucht, inwiefern dieser theoretische Ansatz brauchbare Erkenntnisse im Bezug auf die oben angeführte öffentliche Diskussion über Ursachen abweichenden Verhaltens liefert.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Die Anomietheorie nach Robert K. Merton
- Die Ausgangssituation
- Das begrifflich-theoretische Gerüst
- Anomie - Ein eindeutiger Begriff?
- Die Typologie der Arten individueller Anpassung
- Innovation – Der kreativer Verbrecher?
- Die amerikanische Gesellschaft - Do it yourself!
- Robert K. Merton - Ein Schlussplädoyer
- Eine Kritische Würdigung
- Theoretische Überlegungen zur Theorie
- Das Verhältnis von Theorie und Realität
- Schlusswort
- Literaturangaben
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Anomietheorie von Robert K. Merton, die eine soziologische Erklärung für abweichendes Verhalten bietet. Sie analysiert Mertons Konzepte von Anomie, kulturellen Zielen und institutionalisierten Mitteln, um zu verstehen, wie gesellschaftliche Strukturen Individuen zu abweichendem Verhalten drängen können.
- Mertons Definition von Anomie als Spannungszustand zwischen kulturellen Zielen und institutionalisierten Mitteln
- Die Rolle der sozialen Struktur bei der Entstehung von abweichendem Verhalten
- Die Typologie der Anpassungsformen nach Merton (Konformität, Innovation, Ritualismus, Rückzug, Rebellion)
- Die Kritik an Mertons Theorie und die Diskussion ihrer empirischen Relevanz
- Die Anwendung der Anomietheorie auf die gesellschaftliche Diskussion über abweichendes Verhalten von Jugendlichen
Zusammenfassung der Kapitel
Vorwort
Das Vorwort beleuchtet die Relevanz der Anomietheorie im Kontext der gesellschaftlichen Diskussion über abweichendes Verhalten, insbesondere im Zusammenhang mit Jugendlichen. Es stellt die Anomie als Phänomen der Normlosigkeit vor und führt die Anomietheorie von Robert K. Merton ein.
Die Anomietheorie nach Robert K. Merton
Dieses Kapitel präsentiert Mertons Theorie abweichenden Verhaltens, indem es seine Grundannahmen und Kernkonzepte erläutert. Es beleuchtet die Ausgangssituation, das begrifflich-theoretische Gerüst, die Definition von Anomie und die Typologie der Anpassungsformen.
Eine Kritische Würdigung
Dieses Kapitel beleuchtet die Kritik an Mertons Anomietheorie, indem es theoretische Überlegungen und das Verhältnis von Theorie und Realität analysiert. Es untersucht die Schwächen und Stärken der Theorie sowie ihre empirische Relevanz.
Schlüsselwörter
Anomietheorie, Robert K. Merton, abweichendes Verhalten, soziale Struktur, kulturelle Ziele, institutionalisierte Mittel, Anpassungsformen, Konformität, Innovation, Ritualismus, Rückzug, Rebellion, Kritik, empirische Relevanz, Jugendkriminalität.
- Quote paper
- Stefan Dettl (Author), 2003, Die Anomietheorie von Robert K. Merton - Eine normenlose Gesellschaft?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/32470