Georg Kerschensteiner, gelebt von 1854 bis 1932, zählt zu den bedeutendsten deutschen Pädagogen des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte um die Jahrhundertwende das Konzept einer Arbeitsschule, bei der der Lernende gegenüber der Buchschule selbsttätig wird und aktive Lerninhalte gemäß den Erfordernissen des Lebens bearbeitetet. Kerschensteiner unterschied die in der Buchschule vermittelten theoretischen Kenntnisse grundsätzlich vom sogenannten Erfahrungswissen, also den Erkenntnissen, die durch eigenes Handeln im praktischen Leben erworben werden. Kerschensteiner gilt als der Begründer der Berufsschule.
Mit der Frage: „Aus welchem Zweck hielt Kerschensteiner die Einführung einer Arbeitsschule für notwendig?“ möchte ich klären, wie die Arbeitsschule in seinem Sinne aussehen sollte und vor allem mit welchen Begründungen er eine Umstrukturierung des Schulsystems für sinnvoll erachtete.
In dieser Hausarbeit werde ich zur Klärung dieser Frage zunächst auf die staatsbürgerliche Erziehung eingehen, da sie die Grundlage der berufspädagogischen Überlegungen Kerschensteiners darstellt. Danach komme ich zum Kernpunkt der sogenannten Aktivitätspädagogik Kerschensteiners, der selbständigen Tätigkeit des Schülers. Er fordert statt bloßer Belehrung durch den Lehrer ein selbständiges Erarbeiten des Bildungsguts durch den Schüler. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Verbindung von geistiger und manueller Arbeit. Das praktische Tun wecke laut ihm erst die geistigen Interessen. Ein weiterer wichtiger Punkt seiner Pädagogik war die kritische Reflexion der eigenen Tätigkeit sowie die Charakterbildung, auf die ich zum Schluss meiner Arbeit komme.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Prinzip der Arbeitsschule
2.1. Aufgaben & Staatsbürgerliche Erziehung
2.2. Manuelles Arbeiten
2.2.1. Die Selbsttätigkeit
2.2.2. Die Arbeitsgemeinschaft
2.2.3. Die Selbstprüfung
2.2.4. Die Charakterbildung
3. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Georg Kerschensteiner, gelebt von 1854 bis 1932, zählt zu den bedeutendsten deutschen Pädagogen des 20. Jahrhunderts. Er entwickelte um die Jahrhundertwende das Konzept einer Arbeitsschule, bei der der Lernende gegenüber der Buchschule selbsttätig wird und aktive Lerninhalte gemäß den Erfordernissen des Lebens bearbeitetet. Kerschensteiner unterschied die in der Buchschule vermittelten theoretischen Kenntnisse grundsätzlich vom sogenannten Erfahrungswissen, also den Erkenntnissen, die durch eigenes Handeln im praktischen Leben erworben werden. Kerschensteiner gilt als der Begründer der Berufsschule.
Mit der Frage: „Aus welchem Zweck hielt Kerschensteiner die Einführung einer Arbeitsschule für notwendig?“ möchte ich klären, wie die Arbeitsschule in seinem Sinne aussehen sollte und vor allem mit welchen Begründungen er eine Umstrukturierung des Schulsystems für sinnvoll erachtete.
In dieser Hausarbeit werde ich zur Klärung dieser Frage zunächst auf die staatsbürgerliche Erziehung eingehen, da sie die Grundlage der berufspädagogischen Überlegungen Kerschensteiners darstellt. Danach komme ich zum Kernpunkt der sogenannten Aktivitätspädagogik Kerschensteiners, der selbständigen Tätigkeit des Schülers. Er fordert statt bloßer Belehrung durch den Lehrer ein selbständiges Erarbeiten des Bildungsguts durch den Schüler. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf die Verbindung von geistiger und manueller Arbeit. Das praktische Tun wecke laut ihm erst die geistigen Interessen. Ein weiterer wichtiger Punkt seiner Pädagogik war die kritische Reflexion der eigenen Tätigkeit sowie die Charakterbildung, auf die ich zum Schluss meiner Arbeit komme.
2. Das Prinzip der Arbeitsschule
2.1. Aufgaben & Staatsbürgerliche Erziehung
Nach Kerschensteiner kann Bildung nur in „Verbindung von Gemeinschaft und Staat verwirklicht werden“1. Dabei ist der Staat „höchstes äußeres sittliches Gut“2 für die Gesellschaft. Der Einzelne als Glied der Gesellschaft kann hier „zum höchsten inneren sittlichen Gut“3, der freien Persönlichkeit, gelangen. Zweck und Aufgabe der öffentlichen Schulen dürfen vom Staat bestimmt werden. Laut Kerschensteiner ist dieser Zweck die Erziehung zu einem brauchbaren Staatsbürger. „Brauchbarer Staatsbürger“ ist nur jemand, der im Staat eine positive Funktion erfüllt. Das heißt, die Erziehung muss dem Heranwachsenden zunächst helfen, eine Arbeit bzw. einen Beruf zu finden und diesen so gut als möglich auszuführen. Dieser Beruf soll nun vom Einzelnen als ein „Amt“ betrachtet werden, das nicht nur im eigenen Interesse sondern auch im Interesse des Staatsverbandes auszuüben ist. Durch die Berufsarbeit soll der Einzelne zur Verwirklichung der Idee des sittlichen Gemeinwesens beitra- gen.4 Die Arbeitsschule spielt in diesem Zusammenhang die wichtige Rolle, einen Jeden auf diese Aufgabe im Staat vorzubereiten. Durch selbsttätige Arbeit, die jedoch nicht im Sinne einer Buchschule verrichtet wird, lernt das Individuum sich sozial zu verhalten. Diese Aufgaben nennt Kerschensteiner „die Versittlichung der Berufsauf- gabe“ und die „Versittlichung des großen Gemeinwesens“5. Er sagte:
„Das Bewusstsein, dass man eine Arbeit, und wäre es auch die kleinste und niedrigste, zum Wohle der Gemeinschaft ausführt, der man angehört, leitet immer die Versittlichung unserer Tätigkeit ein.“6
In Arbeitsgemeinschaften wird das gemeinsame Arbeiten ebenfalls zu einem Instrument für die staatsbürgerliche Erziehung: gemeinsames Handeln in der Arbeitsgemeinschaft wird auf die Gemeinschaft des Volkes übertragen.7
2.2. Manuelles Arbeiten
Kerschensteiner führt aus, dass die Begabung der meisten Menschen in den Arbeitsgebieten der manuellen Arbeit, nicht in den der geistigen liegt. Laut ihm ent- wickelte sich die geistige Tätigkeit überhaupt erst im Laufe der Kultur aus der manuellen Arbeit heraus. Da die Mehrzahl der Menschen eher rein manuelle Berufe ausführen, hat die öffentliche Schule nicht nur auf die geistigen Berufe vorzube- reiten. Dafür braucht man Einrichtungen, die die manuellen Fähigkeiten des Heranwachsenden fördern, denn gerade im 3. bis 14. Lebensjahr betätigt man sich gern aktiv. Aus diesen Gründen führte Kerschensteiner in den Volksschulen den Arbeitsunterricht ein.8
2.2.1. Die Selbsttätigkeit
Das wichtigste und entscheidendste Motiv des Arbeitsschulgedankens bei Kerschensteiner war es, die alte Buchschule und deren Passivität zu überwinden. Laut ihm verkümmert die Fähigkeit zum praktischen Lernen in den Volksschulen, sowie die Eigeninitiative, der Mut zur Selbständigkeit und die Freude sich mit etwas Neuem zu beschäftigen. Lernen wird mit Dingen verbunden, wofür das Interesse erst künstlich geweckt werden muss. Erfahrungen, die das Kind bereits gemacht hat und kennt, werden im Unterricht kaum benutzt. Kerschensteiner verurteilt die Buchschu- le, wenn auch nicht völlig. Sie bringt für die Schüler auch positive Eigenschaften ans Licht, wie Pünktlichkeit, Sorgfalt, Gewissenhaftigkeit etc. Hier wird allerdings fremdes Wissen nur passiv aufgenommen und man konzentriert sich lediglich aufs „Hören“.9 Man darf das Lernen nicht nur auf Worte und Bücher beschränken, sondern der Schüler muss seinen natürlichen Erkundungsdrang entfalten können10.
Lernfelder nach Kerschensteiner sind: Werkstatt, Küche, Garten etc. Besonders hier kann man neue Fertigkeiten erlernen. Aber man erlernt auch Fähigkeiten des sozialen Lebens.
[...]
1 Kötteritz 1981, S. 83.
2 Kerschensteiner 1911/1982, S. 39.
3 ebd.
4 vgl. Kerschensteiner 1911/1982, S. 40 - 41.
5 Kerschensteiner 1911/1982, S. 42.
6 Kerschensteiner 1911/1982, S. 65.
7 vgl. Kötteritz 1981, S. 84.
8 vgl. Kerschensteiner 1911/1982, S. 41f.
9 vgl. Kerschensteiner 1908/1982, S. 27 - 29.
10 vgl. Paffrath 1984, S. 76.
- Quote paper
- Maria Krasel (Author), 2012, Georg Kerschensteiner und das Prinzip der Arbeitsschule. Die Selbsttätigkeit des Kindes im Fokus, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/304766