In Rumänien führt man gern Meinungsumfragen durch. Es werden die „größten“, die „bittersten“ oder die bedeutendsten Rumänen gewählt. 1999 wurden in einer Umfrage die „wichtigsten historischen Persönlichkeiten, die das Schicksal der Rumänen positiv beeinflusst haben“, ermittelt. Der Walachenfürst Țepeș erhielt dabei 4,1 Prozent der Stimmen. Er lag damit zwischen dem Moldaufürsten Stefan dem Großen (13,4 Prozent) und dem ersten König Rumäniens, Carol I. (3,1 Prozent).
Vlad III. Drăculea ist populär. In Rumänien, wovon sein damaliges Herrschaftsgebiet einen Teil bildet, widmete man sich ihm in verschiedenen Phasen der historischen Forschung. Heute ist er allgemein bekannt und auch verehrt für seine starke Herrschaft in der spätmittelalterlichen, von den Osmanen bedrohten und den Ungarn unterworfenen Walachei. Die derartige Popularität Țepeș‘ hat ihren Ausgangspunkt in der Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts, die im Gefolge des damaligen rumänischen Nation-Building-Prozesses etabliert worden ist. Obwohl schon damals seine Person und sein Wirken kontrovers diskutiert wurden, setzte sich die Meinung durch, er sei ein mutiger Fürst gewesen, der im Innern für Ordnung und nach außen für Stabilität gesorgt habe.
Vlad III. Drăculea ist populär. Nicht ohne Stolz weist man in Rumänien auf seine internationale Bekanntheit hin. So spricht etwa Giurescu davon, dass Țepeș wegen seiner Taten in außergewöhnlicher Weise die Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit auf sich gezogen habe. Boia nennt ihn den „in Europa am meisten mediatisierte[n] rumänischen Herrscher des Mittelalters“. Der Kontext des spätmittelalterlichen Europas spielt für die Popularität Țepeș‘ in ganz anderer Weise eine Rolle als das rumänische Bedürfnis nach Nationalhelden im 19. Jahrhundert.
Drăculeas Zeitgenossen sind diejenigen, die mit ihren literarischen Werken seine Grausamkeit betonen und in dieser Hinsicht vermutlich die Grundlage für Bram Stokers „Dracula“ bilden. Dieses verzerrte Bild über ihn ist in einen dauerhaften Widerstreit mit dem ebenfalls verzerrten Herrscher-Bild über Țepeș getreten. Die Grundfrage für die Debatte lautet nicht, wie Vlad III. wirklich war, sondern wie die Geschichten- und Geschichtsproduktion über ihn abgelaufen und wovon sie möglicherweise beeinflusst ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Quellenlage
- Walachische Quellen
- Osmanische/byzantinische Quellen
- Deutschsprachige Quellen
- Michael Beheims Gedicht
- St. Gallener,, Dracula \"-Handschrift
- Nürnberger Wiegendruck
- Russische Quelle(n)
- Vlad III. in der rumänischen Historiographie
- Vorgeschichte der Nationswerdung im 19. Jahrhundert
- Vlad III. als Alexandru Ioan Cuza
- Königreich Rumänien
- Mihai Eminescu
- Dimitrie Onciul
- Nachgeschichte
- Bram Stokers „Dracula“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Historiographie über Vlad III. Drăculea, bekannt als Vlad Tepes, und beleuchtet, wie sein Bild in verschiedenen historischen Epochen und Kulturen geprägt wurde. Sie untersucht die Quellenlage, die verschiedenen Interpretationen seiner Herrschaft und die Entstehung des Dracula-Mythos.
- Entwicklung des Bildes von Vlad III. Drăculea in der Historiographie
- Analyse der Quellenlage und ihrer Bedeutung für die Geschichtsschreibung
- Einfluss von politischer und gesellschaftlicher Kontext auf die Interpretationen
- Entstehung des Dracula-Mythos und seine Rezeption in der Literatur
- Bedeutung von Vlad III. Drăculea für die rumänische Nation und Identität
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Vlad III. Drăculea als historische Figur vor und beleuchtet seine Popularität in Rumänien. Sie führt in die Thematik der Arbeit ein und skizziert die zentralen Fragestellungen.
Kapitel 2 analysiert die Quellenlage und die verfügbaren Quellen über Vlad III. Drăculea. Es werden walachische, osmanische/byzantinische, deutschsprachige und russische Quellen betrachtet. Die Arbeit geht besonders auf das Gedicht von Michael Beheim ein, das als eine der ersten schriftlichen Quellen über Vlad III. gilt.
Kapitel 3 untersucht die Darstellung von Vlad III. Drăculea in der rumänischen Historiographie. Es beleuchtet die Entwicklung seines Bildes im Kontext der rumänischen Nation-Building-Prozesse und analysiert die Interpretationen verschiedener rumänischer Historiker.
Kapitel 4 befasst sich mit Bram Stokers Roman „Dracula“ und analysiert, wie der Mythos um Vlad III. Drăculea in der Literatur verarbeitet wurde.
Das Fazit fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen über die vielfältigen Interpretationen von Vlad III. Drăculea in der Geschichte.
Schlüsselwörter
Vlad III. Drăculea, Vlad Tepes, Historiographie, Quellenlage, rumänische Geschichte, Nation-Building, Dracula-Mythos, Bram Stoker, Literatur, Mittelalter, Osmanisches Reich, Walachei, Pfähler, Grausamkeit, Herrscherbild, nationale Identität.
- Quote paper
- Janka Vogel (Author), 2015, Historiographie über Vlad III. Drăculea, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/303962