Bei einer Gegenüberstellung der Literatur des Hohen Mittelalters um 1200 nach Christus – vor der Medienrevolution durch Gutenberg – mit der in der frühen Neuzeit nach 1500 lässt sich schnell erkennen, dass sich in diesem relativ kurzen Zeitraum ein enormer Wandel im literarischen Leben vollzogen hat. Fürsten und adlige Herren als dominierende Auftraggeber für teure Handschriften und die höfische Gesellschaft als vorherrschende Rezipienten der literarischen Werke gehörten nunmehr der Vergangenheit an.
Ebenso kam es bei deren Inhalten innerhalb dieser 300 Jahre zu einer Neuorientierung: Minnesang im Bereich der Lyrik sowie das Arthusrittertum im Bereich der Prosa zur Idealisierung der höfischen Welt wurden abgelöst von einer neuen literarischen Richtung mit bürgerlichem und geistlichem Gehalt. Dieser kirchliche Bereich machte mit dem Meistergesang zudem deutlich, dass die bürgerlichen Rezipienten durchaus für feierliche und kunstvolle Formkunst offen waren.
Weiterhin fanden antike Werke durch den sich von Italien ausbreitenden Humanismus und die schnellere und kostengünstigere Herstellung gedruckter Werke leichter Zugang zu den Menschen. Mit der Übersetzung der Bibel durch Martin Luther und die darauf folgende Verbreitung der gedruckten Lutherbibel wurde die deutsche Literatur ab 1520 von den Auseinandersetzungen der katholischen Kirche mit dem neu entstandenen protestantischen Glauben bestimmt.
Darüber hinaus kam es neben dem Rückzug des Adels aus der Literatur, und der damit an Einfluss gewinnenden bürgerlichen Gesellschaft, allmählich zu einer weiteren Vergrößerung des Leserpublikums. Denn nicht mehr allein die jungen oder erfolgreichen und damit maßgebenden Rezipienten waren ein Richterwert für die Themen literarischer Werke. Vielmehr trat der alternde Mensch als Leser hervor, der logische und besonnene Forderungen in die Literatur mit einfließen ließ.
Auch die Aufmerksamkeit, die diese neuen Leser auf Religion, Unterricht und Fragen zu ihrem Leben richteten, spielten in der Themenwahl eine entscheidende Rolle. Diese Entwicklung des sich ausweitenden Rezipientenkreises in den verschiedensten Schichten der Bevölkerung hatte auch zur Folge, dass neue Handschiftenfabriken innerhalb Deutschlands entstehen konnten, wie beispielsweise die des Diebolt Lauber in Hagenau. Hier wurden literarische Werke nicht mehr nur nach Eingang eines Auftrags gefertigt, sondern auf Vorrat, um die gestiegene Nachfrage zu befriedigen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Beginn einer neuen Ära
- Kritik an den Druckern
- Die Druckkritik von Johannes Trithemius
- Francesco Petrarca und Desiderius Erasmus
- Trithemius' Sinneswandel
- Missbrauch am Buchdruck
- Hans Folz
- Die Zeitungsdebatte
- Das Narrenschiff von Sebastian Brant
- Heilsame Anleitung über die Ausübung der Buchdruckerkunst
- Humanistische Druckkritik
- Kirchliche Kritik am Buchdruck
- Zensuren
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die kritischen Stimmen zur Drucktechnik in der frühen Neuzeit und untersucht die Versuche, die neuen Medien und ihre Werke zu kontrollieren. Sie beleuchtet den Einfluss des Buchdrucks auf die Gesellschaft und das literarische Leben, die Veränderungen im Rezipientenkreis und die Angst vor Missbrauch der neuen Technik.
- Die Medienrevolution des Buchdrucks
- Kritik an der Verbreitung von Druckerzeugnissen
- Kontrolle und Zensur von gedruckten Werken
- Der Wandel im literarischen Leben und der Gesellschaft
- Die Auswirkungen des Buchdrucks auf den Rezipientenkreis
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den Einfluss der Medienrevolution auf das literarische Leben in der frühen Neuzeit. Es zeigt, wie der Buchdruck die Verbreitung von Wissen und die Bildung von neuen Leserschichten förderte. Das zweite Kapitel analysiert die Kritik an den Druckern und ihren Produkten. Es beleuchtet die Ängste der Geistlichen und der Obrigkeit vor Propaganda und dem Verlust der Kontrolle über Informationen. Die Kapitel 3 und 4 untersuchen verschiedene Beispiele für Missbrauch des Buchdrucks, wie etwa die Verbreitung von Flugschriften und die Kritik am Narrenschiff von Sebastian Brant. Das fünfte Kapitel widmet sich der Frage, wie die Buchdruckerkunst heilsam eingesetzt werden kann, und das sechste Kapitel behandelt die humanistische Kritik am Buchdruck. Das siebte Kapitel beleuchtet die Position der Kirche zum Buchdruck und die Entwicklung von Zensurmaßnahmen. Schließlich untersucht das achte Kapitel die verschiedenen Formen der Zensur, die in der frühen Neuzeit zum Einsatz kamen.
Schlüsselwörter
Buchdruck, Druckkritik, Frühe Neuzeit, Medienrevolution, Propaganda, Zensur, Flugschriften, Narrenschiff, Humanismus, Kirche, Rezipientenkreis, Gesellschaft, Literatur.
- Quote paper
- Rebecca Schwarz (Author), 2010, Die Druckkritik der Frühen Neuzeit. Der Buchdruck als trojanisches Pferd?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/301841