Das traditionelle, durch Max Weber geprägte, bürokratische Steuerungsmodell ist insbesondere im Rahmen der Reform des öffentlichen Dienstes unter dem Leitbild des Neuen Steuerungsmodells massiv in die Kritik geraten (vgl. Jann 2011: 100). Bemängelt wird in diesem Zusammenhang vor allem die Rigidität und unzureichende Leistungsorientierung des deutschen Verwaltungsapparates, welche Effizienzverluste sowie eine mangelhafte Umsetzung politischer Zielvorgaben bedingten (vgl. ebd.: 99f.). Für Weber stellt die bürokratische Verwaltung hingegen „die formal rationalste Form der Herrschaftsausübung“ (Weber 1976: 65) dar.
Im Folgenden wird zunächst dargestellt, welcher Bedeutungsinhalt der Rationalität als Charakteristikum der Bürokratie nach Weber zukommt und woraus er diese Eigenschaft begründet. Aufbauend auf dem von Weber postuliertem Menschenbild des Beamten wird darauffolgend diskutiert, inwiefern eine entsprechend Weber organisierte Verwaltung diesem Rationalitätskriterium tatsächlich genügen kann.
Inhaltsverzeichnis
- Essay I, Einleitung
- Die Rationalität bürokratischer Organisationen
- Vollständige Determinierung des Individuums durch die Organisation?
- Handlungsspielräume und Kontrolle
- Motivationale Voraussetzungen
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay analysiert das klassische Bürokratiemodell nach Max Weber und hinterfragt dessen Behauptung, dass die Bürokratie die „formal rationalste Form der Herrschaftsausübung“ darstellt. Der Essay untersucht die Rationalität der Bürokratie anhand von Webers Definition und analysiert, ob eine entsprechend Weber organisierte Verwaltung diesem Rationalitätskriterium tatsächlich gerecht werden kann.
- Rationalität der Bürokratie nach Weber
- Kritik an der vollständigen Determinierung des Individuums durch die Organisation
- Handlungsspielräume und Kontrolle in der Bürokratie
- Motivationale Voraussetzungen für effektives Verwaltungshandeln
- Dysfunktionen des klassischen Bürokratiemodells
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Kritik am klassischen Bürokratiemodell im Kontext der Reform des öffentlichen Dienstes dar und führt in die Fragestellung des Essays ein. Im zweiten Kapitel wird die Rationalität der Bürokratie nach Weber anhand seiner Definition und Begründung erläutert. Dabei wird die Effizienz, Berechenbarkeit, Leistungsfähigkeit und generelle Anwendbarkeit der Bürokratie als formale Rationalität hervorgehoben. Weber argumentiert, dass die Bürokratie aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften effizienter auf die Anforderungen moderner Gesellschaften reagieren könne und den politischen, sozioökonomischen und technischen Fortschritt der Gesellschaft fördere.
Das dritte Kapitel hinterfragt die Annahme Webers, dass die formale Struktur einer bürokratischen Organisation den einzelnen Angestellten vollständig kontrollieren und steuern kann. Es wird argumentiert, dass Individuen in Organisationen über freie Handlungsräume verfügen und nicht ausschließlich durch die von Weber beschriebenen formalen Organisationsstrukturen auf die Organisationsziele ausgerichtet werden können.
Das vierte Kapitel analysiert die Handlungsspielräume und Kontrollmöglichkeiten in der Bürokratie. Es wird argumentiert, dass die vollständige Steuerung der Individuen in Organisationen nicht möglich ist und dass es immer freie Handlungsräume gibt, die einer Kontrolle durch das Hierarchieprinzip entzogen sind.
Das fünfte Kapitel untersucht die motivationalen Voraussetzungen für effektives Verwaltungshandeln. Es wird argumentiert, dass die Annahme Webers, Verwaltungsbedienstete seien ideell vollständig an die Organisation gebunden, nicht zutrifft und dass die Beeinflussung von Individuen durch intrinsische und extrinsische Anreize sowie die Auswirkungen von Motivationsverlusten auf die Leistung von Individuen berücksichtigt werden müssen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das klassische Bürokratiemodell nach Max Weber, formale Rationalität, Herrschaft, Effizienz, Kontrolle, Handlungsspielräume, Motivation, Dysfunktionen, Reform des öffentlichen Dienstes, Neuer Steuerungsmodell, Verwaltungswissenschaft.
- Quote paper
- Elisa Callsen (Author), 2013, Das klassische Bürokratiemodell nach Max Weber. Die formal rationalste Herrschaftsform?, Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/286595