In der zweiten Avantgarde der Kunst des 20. Jahrhunderts wird die Grundfrage danach, was Kunst ist, wie in der ersten Avantgarde zu Beginn des Jahrhunderts, neu gestellt und neu beantwortet. Im Zentrum dieser Frage steht ein neues Verständnis von Künstler, Werk und Betrachter, sowie deren Verhältnis zueinander. [...] Sucht man nach den Quellen für diese Entgrenzungen in der Kunst, nennen viele der Künstler aus dem Kreis um Fluxus und Happening immer wieder das ästhetische Verständnis und die Denkansätze des amerikanischen Komponisten John Cage (1912-1992) als eine ihrer zentralen Inspirationen. In der Tat lehrt Cage zum Ende der 1950er Jahre an verschiedenen Institutionen in den USA und Deutschland, und vermittelt dort seine Gedanken zu Musik und Komposition. Zu seinen Studenten zählen unter anderem wichtige Vertreter der Happening- und Fluxus-Kunst.
Im Rahmen der vorliegenden Bachelorarbeit widmet sich die folgende Ausführung der Frage, ob und auf welche Art der Komponist John Cage Happening und Fluxus durch sein Musikverständnis um 1960 beeinflussen konnte. Dabei wird der Blick immer wieder auf die Wechselwirkung zwischen Musik und bildender Kunst gelenkt. Zunächst wird John Cages eigener wesentlicher künstlerischer Werdegang bis um 1960 verfolgt und auch auf außermusikalische Einflüsse hin untersucht. Daran anschließend wird John Cages musikästhetisches Verständnis zur Zeit seiner einflussreichen Lehrtätigkeiten um 1960 samt Hintergründen aufgefächert und anhand von Werkbeispielen belegt. Das abschließende Kapitel untersucht die Zusammenhänge zwischen der Ästhetik John Cages und Werken dreier wichtigen Vertreter aus der Kunst von Happening und Fluxus. Diese exemplarische Analyse umfasst ein Happening Allan Kaprows, zwei 'Events' George Brechts, sowie Nam June Paiks erste Einzelausstellung Exposition of Music – Electronic Television als auch Paiks Film Zen for Film. In der Zusammenfassung der Ergebnisse wird außerdem überlegt, ob das Verhältnis zwischen Musik und Bildender Kunst ein singuläres Phänomen zur Zeit der zweiten Avantgarde des 20. Jahrhunderts darstellt, oder ob es lohnenswert sein kann den Blick in dieser Hinsicht auch für frühere und spätere Strömungen zu schärfen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. John Cages Werdegang zwischen der Musik und den Künsten
- 1. Früher Kontakt mit Dada und musikalische Ausbildung
- 2. Cage in Seattle und San Francisco
- 3. Cage in New York
- 4. Zufallskompositionen, Entgrenzung der Musik zum Theater, Lehraufträge
- III. John Cage: Ästhetik und Werkbeispiele
- 1. Philosophischer Einfluss
- 1. Amerikanischer Transzendentalismus: Ralph Waldo Emerson
- 2. Zen-Buddhismus
- 2. Formen der Absichtslosigkeit: Zufall und Unbestimmtheit
- 1. Zufall
- 2. Unbestimmtheit
- 3. Simultanität der Ereignisse: Untitled Event (1952)
- 4. Stille: 4'33" (1952)
- 1. Philosophischer Einfluss
- IV. Die Rezeption der Ästhetik John Cages in Happening und Fluxus
- 1. Happening und Fluxus
- 1. Happening
- 2. Fluxus
- 2. Allan Kaprows 18 Happenings in 6 Parts (1959)
- 1. Kaprow in Cages Kursen an der New School for Social Research, 1956-1958
- 2. 18 Happenings in 6 Parts (1959)
- 3. Auswertung
- 3. George Brecht - Events
- 1. Brecht in Cages Kursen an der New School for Social Research, 1958-1959
- 2. George Brechts Word Event (1961) und Solo for Violin, Viola or Contrabass (1962)
- 4. Nam June Paiks Exposition of Music - Electronic Television (1963) und Zen for Film (1964)
- 1. Nam June Paik – Musik, Fluxus und Anti-Musik
- 2. Exposition of Music - Electronic Television (1963)
- 3. Zen for Film (1964)
- 1. Happening und Fluxus
- V. Zusammenfassung und Ausblick
- 1. Zusammenfassung
- 2. Ausblick
- Abbildungsverzeichnis
- Bildanhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht den Einfluss des Komponisten John Cage auf die Kunstströmungen Happening und Fluxus um 1960. Sie analysiert, inwiefern Cages Musikverständnis und seine ästhetischen Ansätze die Entwicklungen in der bildenden Kunst beeinflusst haben. Die Arbeit beleuchtet die Wechselwirkung zwischen Musik und bildender Kunst und untersucht, ob und in welcher Weise Cages Ideen in den Werken von Allan Kaprow, George Brecht und Nam June Paik zum Ausdruck kommen.
- John Cages Werdegang und seine musikalischen Einflüsse
- Cages musikästhetisches Verständnis und seine Werkbeispiele
- Die Rezeption von Cages Ästhetik in Happening und Fluxus
- Die Rolle der Intermedialität und des Alltags in der Kunst
- Die Bedeutung von Zufall und Unbestimmtheit in der Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Fragestellung der Arbeit vor und erläutert den Kontext der zweiten Avantgarde des 20. Jahrhunderts. Sie beleuchtet die Bedeutung von Dada, Surrealismus und Futurismus für die Entwicklung von Happening und Fluxus und zeigt auf, wie diese Strömungen die traditionellen Grenzen der Kunst aufbrechen. Die Einleitung führt außerdem die zentralen Figuren der Arbeit, Allan Kaprow, George Brecht und Nam June Paik, ein.
Kapitel II verfolgt John Cages künstlerischen Werdegang bis um 1960. Es beleuchtet seine frühen Kontakte mit Dada und seine musikalische Ausbildung. Das Kapitel beschreibt Cages Zeit in Seattle und San Francisco sowie seinen Umzug nach New York. Es analysiert Cages Entwicklung von Zufallskompositionen und die Entgrenzung der Musik zum Theater. Außerdem werden Cages Lehraufträge und seine Einflüsse auf die Kunstwelt der 1950er Jahre beleuchtet.
Kapitel III widmet sich John Cages musikästhetischem Verständnis. Es untersucht die philosophischen Einflüsse auf Cages Werk, insbesondere den amerikanischen Transzendentalismus und den Zen-Buddhismus. Das Kapitel analysiert Cages Konzept der Absichtslosigkeit und die Rolle von Zufall und Unbestimmtheit in seiner Musik. Es beleuchtet Cages Werkbeispiele, wie Untitled Event (1952) und 4'33" (1952), und zeigt auf, wie diese Werke die traditionellen Grenzen der Musik aufbrechen.
Kapitel IV untersucht die Rezeption von John Cages Ästhetik in Happening und Fluxus. Es beschreibt die Entstehung und Entwicklung dieser beiden Kunstströmungen und analysiert die Werke von Allan Kaprow, George Brecht und Nam June Paik. Das Kapitel beleuchtet Kaprows 18 Happenings in 6 Parts (1959) und analysiert dessen Entstehung im Kontext von Cages Lehraufträgen. Es untersucht Brechts Events, insbesondere Word Event (1961) und Solo for Violin, Viola or Contrabass (1962), und zeigt auf, wie diese Werke von Cages Ideen beeinflusst sind. Das Kapitel analysiert außerdem Paiks Exposition of Music - Electronic Television (1963) und Zen for Film (1964) und zeigt auf, wie Paik Cages musikästhetisches Verständnis in seine eigenen Werke integriert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen John Cage, Happening, Fluxus, Musikästhetik, Zufall, Unbestimmtheit, Intermedialität, Allan Kaprow, George Brecht, Nam June Paik, Performance-Kunst, Avantgarde, zweite Avantgarde, 20. Jahrhundert, Kunst und Leben, Kunst und Alltag.
- Quote paper
- Sebastian Halle (Author), 2013, Cage. Happening. Fluxus., Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/286558