Brennende Frage
Im Jahre 1913 wurde die Novelle ‘Brennendes Geheimnis’ des damals 32jährigen Stefan Zweig zunächst im Zyklus ‘Erlebnisse aus dem Kinderland’ publiziert. Die Auflage erreichte bis 1932 170.000 Exemplare1, was für den großen Erfolg des Österreichers zunächst im deutschen Sprachraum, dann über die Sprachgrenzen hinaus spricht. Er hat es geschafft, die Menschen mit seinem Schreibstil, aber auch mit seinen Themen zu fesseln und zum Nachdenken anzuregen. Nicht selten greift er in seinen Werken den Geschlechtergegensatz auf. Dabei bevorzugt er vielfach die Sichtweise der Frauen, die aus dem gewohnten Umfeld ausbrechen.
Das Erscheinungsjahr der Novelle über den 12jährigen, unaufgeklärten Edgar, der den Urlaubsflirt seiner Mutter beobachtet und an der Ungewissheit der Hintergründe der Annäherung verzweifelt, stellt gleichzeitig sozialgeschichtlich einen Wendepunkt dar. Die geschichtliche Einteilung des 19. Jahrhunderts wird vor allem aufgrund der sich anschließenden sozialen Umwälzungen2 bis 1914 gesehen. Somit stellt ‘Brennendes Geheimnis’ rein chronologisch betrachtet den Schlusspunkt des langen 19. Jahrhunderts dar. Doch auch inhaltlich spiegelt die Novelle die Probleme der Sexualmoral in Europa vor dem 1. Weltkrieg wieder. Der damalige Leser weiß, in welcher Zeit er sich bewegt und kennt die gesellschaftlichen Umstände. So fehlt in ‘Brennendes Geheimnis’ nicht nur eine Zeitangabe, die die genaue Datierung ermöglichen würde, sondern auch eine Erklärung der bürgerlichen Welt und Weltanschauung. Genau dieses Fehlen ermöglicht es aber, die Handlung im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts zu verorten. Doch wie ist es für den Leser von heute? Kann er die Novelle problemlos zeitlich einordnen und kennt er die sozialen Gegebenheiten die Zweigs Textproduktion ermöglichten? Davon ist wohl gerade bei diesem Werk nicht auszugehen, denn dazu sind die textinternen Hinweise zu schwach.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Brennende Frage
- 2. Figurencharakterisierung
- 2.1. Die Gespielin
- 2.2. Die Mutter
- 2.3. Der Zusammenprall der beiden Rollen und die Entscheidung für die Mutterrolle
- 3. Das sich verändernde literarische Frauenbild und der Einfluss auf die Figur Mathilde
- 4. Frauenrolle und Sexualmoral der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts
- 4.1. Diese unehrliche und unpsychologische Moral
- 4.2. Die Sichtweise der Gender Studies
- 5. Die Frauenbilder in weiteren Novellen von Stefan Zweig
- 6. Die Aufgabe für die Welt von Heute
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das Frauenbild in Stefan Zweigs Novelle "Brennendes Geheimnis". Ziel ist es, die Rolle der Figur Mathilde im Kontext der gesellschaftlichen und literarischen Entwicklungen der Jahrhundertwende zu analysieren und deren Verständnis für heutige Leser zu beleuchten. Die Arbeit hinterfragt die scheinbar einfache Darstellung der Figur und untersucht die komplexen sozialen und moralischen Implikationen.
- Die Darstellung der Frau in Stefan Zweigs Werk
- Die gesellschaftliche Sexualmoral um 1900
- Die Entwicklung des Frauenbildes in der Literatur
- Interpretation der Figur Mathilde im Kontext der Novelle
- Der Einfluss gesellschaftlicher Normen auf die Handlung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Brennende Frage: Dieses einführende Kapitel stellt die Novelle "Brennendes Geheimnis" und ihren Erfolg vor. Es hebt den geschichtlichen Kontext von 1913 hervor, der als Wendepunkt im 19. Jahrhundert gesehen wird und die sozialen und moralischen Implikationen der Novelle im Hinblick auf die Sexualmoral vor dem Ersten Weltkrieg thematisiert. Das Kapitel endet mit der These, dass ein Verständnis der Rolle Mathildes ohne weitergehende Informationen schwierig ist, und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit.
2. Die Figurencharakterisierung: Mathilde: Dieses Kapitel analysiert die Figur Mathilde, zunächst getrennt in ihren Rollen als "Gespielin" und "Mutter". Es wird die äußere Beschreibung Mathildes durch den Erzähler untersucht und deren gesellschaftliche Stellung diskutiert. Die Analyse beleuchtet die Ambivalenz der Figur, die zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und eigenen Bedürfnissen gefangen ist. Die Beschreibung Mathildes als Jüdin wird im Kontext des Antisemitismus der damaligen Zeit diskutiert. Das Kapitel analysiert Mathildes Verhalten gegenüber dem Baron und zeigt ihre zunehmende Hilflosigkeit auf.
Schlüsselwörter
Stefan Zweig, Brennendes Geheimnis, Frauenbild, Sexualmoral, Jahrhundertwende, Mathilde, Literatur, Gender Studies, Gesellschaft, Interpretation.
Häufig gestellte Fragen zu Stefan Zweigs "Brennendes Geheimnis"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das Frauenbild in Stefan Zweigs Novelle "Brennendes Geheimnis". Sie untersucht die Rolle der Hauptfigur Mathilde im Kontext der gesellschaftlichen und literarischen Entwicklungen um die Jahrhundertwende und beleuchtet deren Relevanz für heutige Leser. Die Analyse geht über eine oberflächliche Betrachtung hinaus und untersucht die komplexen sozialen und moralischen Implikationen der Darstellung Mathildes.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: Die Darstellung der Frau in Stefan Zweigs Werk, die gesellschaftliche Sexualmoral um 1900, die Entwicklung des Frauenbildes in der Literatur, die Interpretation der Figur Mathilde im Kontext der Novelle und den Einfluss gesellschaftlicher Normen auf die Handlung. Besondere Aufmerksamkeit wird der Ambivalenz der Figur Mathilde gewidmet, die zwischen gesellschaftlichen Erwartungen und eigenen Bedürfnissen gefangen ist.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert: Kapitel 1 führt in die Novelle und ihren Kontext ein. Kapitel 2 analysiert die Figurencharakterisierung Mathildes, getrennt in ihren Rollen als "Gespielin" und "Mutter". Kapitel 3 betrachtet das sich verändernde literarische Frauenbild und seinen Einfluss auf die Figur Mathilde. Kapitel 4 befasst sich mit der Frauenrolle und Sexualmoral der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts, inklusive der Perspektive der Gender Studies. Kapitel 5 untersucht Frauenbilder in weiteren Novellen von Stefan Zweig. Kapitel 6 schließt mit einem Ausblick auf die Relevanz des Themas für die Gegenwart.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Stefan Zweig, Brennendes Geheimnis, Frauenbild, Sexualmoral, Jahrhundertwende, Mathilde, Literatur, Gender Studies, Gesellschaft, Interpretation.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine literaturwissenschaftliche Analysemethode, die die Figur Mathilde im Kontext der historischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Zeit untersucht. Sie berücksichtigt auch die Perspektive der Gender Studies, um die Darstellung der Frau in der Novelle kritisch zu beleuchten.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit kommt zu dem Schluss, dass das Verständnis der Rolle Mathildes im "Brennenden Geheimnis" eine detaillierte Analyse ihrer Ambivalenz und der gesellschaftlichen Normen erfordert, die ihr Handeln prägten. Die scheinbar einfache Darstellung der Figur enthüllt bei genauer Betrachtung komplexe soziale und moralische Implikationen, die auch heute noch relevant sind.
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- Christoph Nikolaus Felt (Author), 2004, Überraschende Wende? Das Frauenbild in Stefan Zweigs Novelle "Brennendes Geheimnis", Munich, GRIN Verlag, https://www.hausarbeiten.de/document/28629